Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit afrikanischen Biosphärenreservaten

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Transkript:

Workshop Biosphärenreservate in Afrika Erfolgversprechendes Instrument für Nachhaltige Entwicklung am 3.12.2012 im BfN in Bonn, veranstaltet in Kooperation mit BMU, BMZ, DUK, GIZ und KfW Entwicklungsbank Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit afrikanischen Biosphärenreservaten Protokoll der Podiumsdiskussion 13:30 14:30 Uhr I. Vorstellung der Podiumsteilnehmer Podiumsgäste: Augustin Berghöfer (Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Helmholtz Umweltforschungszentrum) Dr. Ralph Kadel (Senior Projektmanager der KfW Entwicklungsbank) Dr. Mitslal Kifleyesus-Matschie (Geschäftsführerin von Ecopia) Dr. Doris Pokorny (stellvertretende Leiterin der Bayerischen Verwaltungsstelle für das Biosphärenreservat Rhön) Moderation: Prof. Dr. Susanne Stoll-Kleemann (Inhaberin des Lehrstuhls für Nachhaltigkeitswissenschaft und Angewandte Geographie der Universität Greifswald) II. Fragen der Moderatorin Berghöfer zum Mehrwert des Ansatzes der Biosphärenreservate, insbesondere in Bezug auf Äthiopien: Da es zum Biosphärenreservat Yayu und zur Initiative am Tanasee im Laufe des Tages bereits ausführliche Informationen gab, konzentrierte Herr Berghöfer sich in seinen Ausführungen auf das Biosphärenreservat Kafa. Der NABU ist bereits seit mehr als 5 Jahren in dem Gebiet aktiv. Das Gebiet hatte eine extrem hohe Entwaldungsrate und es ging zentral um die Frage, wie die noch vorhandenen Reste des Waldes effektiv geschützt werden könnten. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Äthiopien noch gar keine Biosphärenreservate. Warum entschied man sich für ein Biosphärenreservat und nicht ein anderes Schutzgebietskonzept? Insbesondere, da keinerlei nutzbare Strukturen für ein Biosphärenreservat vorhanden waren und es in einem föderalen Staat wie Äthiopien besonders schwierig werden würde, eine nationale Bewerbung bei der UNESCO einzureichen. Hierfür gab es zwei zentrale Gründe: 1. Es war von Anfang an klar, dass der Mensch bei den Bemühungen um den Schutz der Wälder im Mittelpunkt stehen muss. Durch Umsiedlungsprogramme, Migrationsströme und hohe Geburtenzahlen ist die Bevölkerungsdichte in der Region in den letzten Jahrzehnten deutlich gewachsen. Die Eröffnung alternativer Einkommensmöglichkeiten und eine nachhaltige

Bewirtschaftung der Pufferzonen erschienen damit als wichtige Schutz-Strategie für die noch intakten Waldstücke in den Kernzonen. 2. Ein zweiter Grund für die Entscheidung für ein Biosphärenreservat war die Bedeutung von internationaler Anerkennung: Das UNESCO-Logo führt Regierungsverantwortlichen, insbesondere auf der unteren und mittleren Ebene vor Augen, dass der Rest der Welt Interesse an ihrer Region hat und deren Schutz Bedeutung beimisst. Das hilft, Unterstützung für den Erhalt von Waldgebieten zu sichern, im Kontext eines nationalen Diskurses, der zumeist Entwicklung mit Investitionen für intensive Nutzung gleichsetzt. Dies sei aber gerade auch die große Schwäche der UNESCO-Auszeichnung. Die UNESCO prüft die Übereinstimmung mit den Statuten bei Antrag auf Aufnahme in das BR-Weltnetzwerk, danach passiere aber nicht mehr viel, weder in Form von Kontrolle noch von Unterstützung. Dafür gibt es bei der UNESCO weder Personal noch Ressourcen. Austausch und Advocacy in regionalen und thematischen Netzwerken basieren auf sporadischer Finanzierung und sehr viel persönlichem Engagement. Für viele neue BRs folge aber ein schwarzes Loch nach der Aufnahme in das BR- Weltnetzwerk. Hier liege ein sehr großes Potential für Unterstützung durch Partner, da die Implementierung des UNESCO-Konzepts für Biosphärenreservate typischerweise einen mehrjährigen Prozess erfordert. Nicht nur in Afrika sind noch viele BRs weit entfernt von dem in den Statuten verfassten Idealzustand. In den Jahren direkt nach der Nominierung können Partner effektiv helfen, denn das Interesse und Engagement, sich weiterzuentwickeln, sei aufgrund der Vorbereitungsbemühungen und der internationalen Anerkennung in dieser Phase besonders hoch. Kadel zum KAZA-Projekt, der Rolle der KfW darin sowie der Frage, ob die Einrichtung weiterer BR in der KaZa-Region sinnvoll wäre: KAZA TFCA (Kavango-Zambesi Transfrontier Conservation Area) ist mit einer Fläche, die so groß ist wie Deutschland und Österreich zusammen, das größte Schutzgebiet Afrikas und erstreckt sich anteilig über fünf Länder (Angola, Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe). Im Gebiet liegen 36 Nationalparks, die in Zukunft über ökologische Korridore verbunden werden sollen. Das Projekt wurde zwischen den jeweiligen Umweltministern der beteiligten Staaten vereinbart und so top-down etabliert. Ziel des Projektes ist es, durch Regionalentwicklung die Bewohner dazu zu bringen, ihre Natur zu schützen und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, durch die Natur wirtschaftliche Erfolge zu erzielen. Das multilaterale Projekt wird von BMZ und KfW finanziell unterstützt und fachlich begleitet. Die KfW ist beteiligt an der Entwicklung von Verfahren zur Einbindung der Bevölkerung, Beratung der beteiligten Staaten im Hinblick auf die Organisationsstruktur sowie die Begleitung der Staaten bei der Umsetzung der geplanten Strukturen. In Bezug auf die Frage, ob die Einrichtung eines BR in der KAZA-Region sinnvoll wäre, zählte Herr Kadel zunächst alle Punkte auf, die dagegen sprächen: 1. Das Vorhaben sei bereits enorm komplex mit derart vielen beteiligten Staaten und bereits vorhandenen Schutzgebieten und integrativen Entwicklungsplänen. Mache man es nicht mit dem Label BR noch komplizierter, als es sowieso schon sei? 2. Zudem bestehe die Gefahr, dass ein Land gegen die Einrichtung eines UNESCO-BR sei und der resultierende Streit das Projekt als Ganzes gefährde. 2

3. Das MAB-Spiegelei (die BR-Konzeption mit Kernzone, Pflegezone und Entwicklungszone) passe nicht für KAZA, wo es mehrere, verstreute bestehende Schutzgebiete (potentielle Kernzonen) gebe. 4. Die Manager von Schutzgebieten im Projektgebiet haben bereits jetzt sehr viel zu tun und sind eigentlich voll ausgelastet. Die zusätzlichen Anforderungen für das Management eines BR wären zu viel. 5. Die bisher bestehenden Parks und Schutzgebiete im KAZA-Gebiet verfügen über einen unterschiedlichen Schutzstatus und werden unterschiedlich genutzt; einige zum Beispiel für Trophäenjagd. Wie solle man sich in der Folge verhalten, wenn einige Schutzgebiete gegen die Regularien eines BR verstoßen? Für die Einrichtung eines BR sprächen hingegen folgende Punkte: 1. Naturschutz funktioniert nur, wenn man die Menschen einbezieht. 2. Die beteiligten Länder haben teilweise sehr unterschiedliche Conservancy-Modelle. Ein Streit darüber, welches das beste Modell für die gesamte Region ist, könnte das Projekt zurückwerfen. Bei dem BR-Konzept handelt es sich hingegen um ein international anerkanntes Modell. Mit dem Anreiz einer internationalen Anerkennung könnten die beteiligten Länder sich leichter auf ein solches Konzept einigen. 3. UNESCO besitzt einen starken Markenwert für Naturerbe und Biosphärenreservate, insbesondere auch in Richtung Europa und Nordamerika. Touristen wüssten so, dass die Menschen in diesen Gebieten den Schutz ihrer Natur tatsächlich ernst nehmen würden. 4. Das BR-Konzept ermöglicht eine Vernetzung mit anderen BR und Lernen voneinander. Dies sei ein wichtiger Punkt und sollte auch von der UNESCO stärker gefördert werden. Kifleyesus-Matschie zur Gründung und zu den Geschäftsbereichen ihres sozialen Unternehmens Ecopia : Frau Kifleyesus-Matschie hat Ecopia (Ecological Products of Ethiopia) 2007 gegründet. Es geht darum, Menschen zu helfen, das, was ihnen an Ressourcen zur Verfügung steht, zu Produkten zu verarbeiten, die einen Gewinn erzielen und somit Einkommen für Kleinerzeuger in Äthiopien zu generieren. Gleichzeitig ist Ecopia ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das ebenso wie andere nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung arbeitet. Die Geschäftsbereiche sind ökologisch erzeugte Lebensmittel sowie Naturkosmetik. Da die Gewinnmargen insbesondere für Lebensmittel gerade in Deutschland sehr hoch sind, konzentriere sich Ecopia eher auf Kosmetik sowie traditionelle pflanzliche Heilmittel. Wichtig sind vor allem folgende Aspekte: ökologischer Anbau und Produktion, Garantie von Sozialstandards und die Vertrauenskomponente : Jeder Kunde kann nachverfolgen, wer sein Produkt wo und unter welchen Bedingungen produziert hat. Ecopia sei das erste Unternehmen, das BR-Produkte vermarktet und für diese großen Märkte öffnet. 3

Pokorny zur Partnerschaft des BR Rhön mit dem BR Kruger to Canyons in Südafrika: Allgemeine Anmerkung: Die Idee der Biosphärenreservate zählt zu den zukunftsfähigsten und innovativsten Ansätzen für die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung. Insbesondere, da der BR-Ansatz so anpassungsfähig ist. So ist zum Beispiel ein BR möglich, dessen Zonierung dem klassischen Spiegelei-Modell (siehe Beitrag Kadel) folgt, mit einer großen Kernzone in der Mitte, umgeben von einer Pflege- und Entwicklungszone. In den meisten Fällen sieht in der Realität die Zonierung eines Biosphärenreservates jedoch anders aus mit einer Vielzahl von kleineren Kern- und Pflegezonen. Die Zonierung muss auf die jeweilige Region individuell und optimal angepasst werden, damit die Ziele für das Gebiet optimal erfüllt werden können. Projekte zur Etablierung neuer BR (in Afrika und anderswo) sollten auf keinen Fall hinsichtlich ihres Aufwandes unterschätzt werden. Die Aufnahme in das Weltnetz der BR ist zwar oft das angestrebte Projektziel und damit häufig dessen Ende, aber tatsächlich ist dies erst der Anfang: Die eigentliche Arbeit kommt danach und ist ein langwieriger Prozess, der mindestens 5-10 Jahre möglichst in personeller Kontinuität erfordert. Die Unterstützung darf nach Erreichung dieses Teilziels also nicht abreißen, sonst ist der Erfolg aufs Spiel gesetzt und das neue Biosphärenreservat existiert nur auf dem Papier. Zur Partnerschaft mit dem Kruger to Canyons Biosphärenreservat in Südafrika: Die Partnerschaft besteht seit 2008 und geht auf eine Initiative der GIZ zurück. Sie wird als sehr intensive und gegenseitig befruchtende Partnerschaft wahrgenommen. Der Schwerpunkt liegt in den BR als Lernplattform. Beteiligte Akteure sollen voneinander und miteinander lernen. Der Gedanke des gemeinsamen Lernens geht dabei weit über die vorhandenen Schulpartnerschaften hinaus und versucht im Sinne des lebenslangen Lernens alle Akteure in den jeweiligen Regionen einzubeziehen. Es geht konkret auch um den Austausch von jungen Berufstätigen und ggf. künftig auch von Auszubildenden, um im Kontext des BR zu lernen, was nachhaltige Entwicklung für einen Handwerksbetrieb bedeutet. Es hat ein intensiver Erfahrungsaustausch zum Thema Erneuerbare Energien stattgefunden, da auch in Südafrika diesbezüglich ein neues Gesetz (mit der Möglichkeit der vergüteten Einspeisung ins Stromnetz) verabschiedet wurde. Handelsbeziehungen zwischen privatwirtschaftlichen Akteuren aus beiden Regionen stehen nicht im Mittelpunkt, obwohl auch dies Ziel der Partnerschaft ist. Derzeit gibt es zwei Betriebe in einer wirtschaftlichen Kooperation im Naturkosmetikbereich. Hier liefern die BR-Koordinatoren lediglich den Rahmen und die logistische Unterstützung. Vor allem steht der Erfahrungsaustausch zwischen den regionalen Akteuren im Vordergrund. Zu den problematischen Aspekten gehört die Finanzierung von Kooperationsprojekten. Zum Erhalt einer guten Partnerschaft ist es notwendig, dass man sich zumindest ab und zu von Angesicht zu Angesicht sieht. Dies erfordert jedoch aufgrund der hohen Flugkosten erhebliche finanzielle Ressourcen. Die Zusammenarbeit des Freistaates Bayern mit Südafrika (und damit das Potential einer Finanzierung von Kooperationsprojekten), konzentriert sich jedoch auf andere geographische Regionen des Landes. Es ist deshalb auch für die Biosphärenreservatsverwaltung in der bayerischen Rhön schwer, wenn nicht unmöglich, für die BR-Partnerschaft Mittel des Freistaates zu erhalten. 4

Besuch und Gegenbesuch im Rahmen der Partnerschaftsanbahnung waren durch die GIZ finanziert worden, die ihr Engagement für das BR jedoch inzwischen eingestellt hat. Durch Förderung des BMU konnte 2012 der Besuch einer vierköpfigen Akteursgruppe aus Kruger to Canyons zu einem einwöchigen Workshop in der Rhön finanziert werden, was wertvolle Impulse für die weitere Zusammenarbeit brachte. Kadel zu der Frage, welche positiven bzw. negativen Erfahrungen er mit dem BR-Konzept in Afrika gemacht habe: Im Pendjari Nationalpark (Benin) war die Einrichtung eines BR sehr fruchtbar. Bereits sehr früh wurde damit ein moderner Ansatz zu Schutz und Pflege der vorhandenen Wildtiere etabliert: Die Bevölkerung übernimmt Verantwortung für den Erhalt der Wildtiere und wird gleichzeitig an den Gewinnen durch die Nutzung der Tiere beteiligt. Nach einem Ministerwechsel wurden diese Spielregeln plötzlich geändert, die Beteiligung der Bevölkerung an den Erträgen durch die Tiere wurde abgeschafft. In der Folge haben sich die betroffenen Menschen massiv gewehrt und eine zivilgesellschaftliche Kampagne gestartet. So wurde ein Runder Tisch mit dem Ministerium etabliert, um so die eigenen Rechte durchzusetzen. Dies sei ein sehr guter Erfolg des BR-Prinzips: Den Gedanken zu verankern, dass die Bevölkerung bei der Nutzung des Landes beteiligt werden muss und die Rechte an den natürlichen Ressourcen der lokalen Bevölkerung zustehen. Berghöfer zu der Frage, welches eine angemessene Organisationsstruktur für ein BR sei: Ein BR muss Querschnittsaufgaben wahrnehmen, die oft quer zu den normalen Sektorverantwortungen lägen. Dies sei auch der große Unterschied zu Nationalparks, die im Regelfall von einer Behörde mit einem konkreten Mandat gemanagt würden. Bei BR hingegen ist oft eine Vielzahl von Institutionen, Behörden etc. inhaltlich zuständig. Besonders wichtig seien deshalb ein regelmäßiger Konsultationsmechanismus und die Bereitstellung von finanziellen Mitteln für gemeinsame Aktivitäten der verschiedenen Institutionen. Sinnvoll sei ein Sekretariat, das anderen beteiligten Akteuren Anstöße gibt, sich regelmäßig zu treffen und regelmäßig nach den Ergebnissen fragt. Hierzu sei jedoch eine langfristige Finanzierung erforderlich. Pokorny dazu: Die Stärke von BRs ist gerade der institutionelle Rahmen: BRs sind obwohl bottom-up orientiert kein zeitlich begrenztes Projekt, sondern auf Dauer angelegt. Die größte Herausforderung ist es, diesen institutionellen Rahmen mit Akzeptanz der lokalen Bevölkerung aufzubauen. Das ist ein Prozess, der auf Vertrauen gründet und Zeit braucht, um sich tragfähig zu entwickeln. Um das Erreichte den Zielen gegenüberstellen zu können und Prozesse zu optimieren, ist es für alle UNESCO- Biosphärenreservate verpflichtend, im Abstand von zehn Jahren eine Evaluation durchzuführen. Im BR Kruger to Canyons gibt es anders als in Deutschland bzw. der Rhön keine hauptamtliche Struktur für das Biosphärenreservat im Sinne einer BR-Verwaltung. Alle erforderliche Arbeit muss somit ehrenamtlich (oder über Projekte) erbracht werden. Trotz dieser widrigen und stark limitierenden Bedingungen ist das Engagement der Akteure in der Region enorm, weil es ihnen wichtig ist, die Idee voranzutreiben, auch wenn es dafür keine bezahlten Stellen gibt. Daraus könne man in Deutschland lernen: Wie kann ein BR stärker auch ehrenamtliches Engagement in die Arbeit der Verwaltungsstelle einbeziehen und nutzen? 5

Beim Aufbau eines BR in Afrika ist es wichtig, die neuen Koordinations- und Managementstrukturen für das BR so aufzubauen, dass sie die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung finden. Es muss darauf geachtet werden, dass keine der beteiligten Institutionen und Personen als parteiisch wahrgenommen wird (z.b. als Naturschutzverband oder Landwirtschaftsverband). Oft sind es zwar gerade solche Verbände, die die Initiative für die Anerkennung einer Region als BR ergreifen, aber dann müssen sie sich ggf. zurücknehmen, um die Koordination neutralen Partnern zu überlassen. III. Fragen aus dem Publikum: Sind Conservation Trust Funds realistische Finanzierungsinstrumente für BR? Kadel: Die wichtigste Frage hierbei ist: Sind die Betriebskosten darstellbar und die Mittelverwendung überprüfbar? Außerdem muss der Antrag vom Land selbst gestellt werden. Allerdings seien die Zinsen im Moment alles andere als gut, so dass ein endowment fund utopische Summen bräuchte. Evtl. sollte deshalb bis zum Ende der Finanzkrise auf andere Modelle zurückgegriffen werden. Mack (GIZ, aus dem Publikum): Eine Warnung zu Trust Funds: Es handelt sich um sehr große Summen, die angelegt werden müssen. Die notwendige Überzeugungsarbeit ist nicht einfach zu bewerkstelligen. Auch im Fall von Schuldenumtausch seien primäre Bereiche wie Bildung und Gesundheit wichtig. Bevor ein Trust Fund erwogen werde, müssten bereits sehr früh Zahlen recherchiert und kalkuliert werden. Der Prozess sei sehr transparent und deswegen auch besonders kritisch: Wie viele Autos hat beispielweise die Verwaltung und was kostet das? Heute gäbe es jedoch bereits Erfahrungswerte, was das Management eines Schutzgebiets in etwa koste. Als Unterstützung bzw. Ergänzung zum Beitrag von Frau Pokorny: Das Wichtigste, das bei der Konzeption von Vorhaben zu bedenken ist: BR sind kein Projekt mit definiertem Ende sondern ein langfristiger und kontinuierlich zu betreuender und zu aktivierender Prozess. Wird diesen Vorhaben also nur ein zeitlich befristeter Projektstatus zugestanden, ist das Problem eher die Laufzeit als das zur Verfügung stehende Geld. Wie man zum Beispiel die Bevölkerung effektiv beteiligt, ist sehr auf die Gegebenheiten in der jeweiligen Region zuzuschneiden und kann Ergebnis langwieriger Aushandlungsprozesse sein, für die die Zeit in (Projekt-) Finanzierungsplänen leicht fehlt. Strukturen (z.b. Netzwerke und Partizipationskultur, Arbeitsgruppen und Akteursverbünde) sind die tragenden Säulen für erfolgreiche Projekte, Aktivitäten und Initiativen. Doch wenn Fehler bei der Etablierung von Strukturen gemacht werden, wirkt sich das langfristig negativ für die weitere Arbeit aus und kann den Erfolg des BR insgesamt in Frage stellen. Protokoll: Sonja Mühlenfeld, Deutsche UNESCO-Kommission e.v. 6