FFH-Erheblichkeitsprüfung hinsichtlich eines. NABU Vorschlaggebietes und Tierökologische. Relevanzprüfung zum geplanten Baugeblet.

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NATURA 2000-VORPRÜFUNG

D. Liebert BÜRO FÜR FREIRAUMPLANUNG

Transkript:

FFH-Erheblichkeitsprüfung hinsichtlich eines NABU Vorschlaggebietes und Tierökologische Relevanzprüfung zum geplanten Baugeblet Esslingen-Zell Stuttgart, Januar 2003 Auftraggeber: Planung+Umwelt Felix-Dahn-Straße 6 70597 Stuttgart Auftragnehmer: Gruppe für ökologische Gutachten Detzel & Matthäus Dreifelderstr. 31 70599 Stuttgart Bearbeitung: Gunther Matthäus (Dipl. Biologe) Arne Stappen (Dipl. Ing. FH Landespflege) Inhaltsverzeichnis 1 Vorbemerkung 4 1.1 Vorhaben 4 1.2 Ziel und 4 2. FFH-Erheblichkeitsprüfung 5

2.1 Hintergrund und Vorgaben 5 2.2 Grundlagen 5 2.2.1 Gebietsinformationen 5 2.2.2 Habitatstruktur und vorkommende Lebensräume 7 2.3 Ergebnisse 9 3. Tierökologische Relevanzprüfung 13 3.1 Biotoppotenzial 13 3.2 Habitateignung 13 4. Literaturverzeichnis 15 1. VORBEMERKUNG 1.1 VORHABEN Die Stadt Esslingen am Neckar plant die Umlegung eines Neubaugebietes im Ortsteil Esslingen-Zell. Die beplante Fläche liegt auf einem Plateau an der oberen Hangkante zum Neckartal. Die Hangkante selber ist bereits mit einzelnen Gebäuden bebaut. An diese einzeilige Bebauung schließt sich die geplante Bebauung, die sich bis zum Wald und der bestehenden Kleingartenanlage ausdehnen wird. Die Planung sieht eine relativ enge, teilweise auch vierstöckige Bebauung vor. Der städtebauliche Entwurf besitzt einen Reihenhauscharakter, der durch Begrünung aufgelockert werden soll. Zudem sind im nördlichen Teil Retentionsbecken geplant. Über den Entwurf lässt sich eine Einwohnerzahl von >500 ablesen. Weiterhin ist für die Erschließungsstrasse ein durchschnittliches Aufkommen von 5 Fahranlässen pro Haushalt und Tag und somit insgesamt rund 1000 Fahrten pro Tag anzusetzen. 1.2 ZIEL UND AUFGABE Der Inhalt dieser Arbeit besteht aus zwei Themenkomplexen: der FFH- Erheblichkeitsprüfung und der tierökologische Relevanzprüfung. Die FFH-Erheblichkeitsprüfung untersucht, ob Beeinträchtigungen eines NATURA 2000-Gebiets möglich sind. In diesem speziellen Fall war Gegenstand der Betrachtung die Möglichkeit einer Beeinträchtigung eines Schattengebietes. Ziel der tierökologischen Relevanzprüfung ist die überschlägige Betrachtung des beplanten Gebiets auf Eignung als Lebensraum für Tiere.

2. FFH-ERHEBLICHKEITSPRÜFUNG 2.1 HINTERGRUND UND VORGABEN Aufgrund der Vorgaben der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) sind durch die Mitgliedstaaten der EU Gebietsvorschläge an die EU-Kommission zu melden. So wurde von der Landesverwaltung Baden-Württemberg eine Gebietskulisse gemeldet und im Juli 2001 veröffentlicht. Diese Meldung von NATURA 2000-Gebieten beinhaltet sowohl FFH-Gebiete nach der FFH-Richtlinie als auch Vogelschutzgebiete nach der Vogelschutz-Richtlinie. Zudem sind von den Naturschutzverbänden Gebietsvorschläge präsentiert worden, die als sogenannte Schattengebiete bezeichnet werden, da diese keinen offiziellen Meldecharakter besitzen. Sie gewinnen jedoch im Hinblick auf eine durch die EU- Kommission geforderte Nachmeldung erheblich an Bedeutung und sind in diesem Sinne als potentielle FFH- bzw. Vogelschutzgebiete zu sehen. Im Hinblick auf die Gebietsmeldungen und durch die Vorgaben der FFH-Richtlinie sind Vorhabensträger verpflichtet, ihre Planungen auf mögliche Konfliktpotenziale im Zusammenhang mit NATURA 2000-Gebieten zu prüfen und ggf. eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen. 2.2 GRUNDLAGEN 2.2.1 GEBIETSINFORMATIONEN Abgrenzung Durch das geplante Baugebiet ist kein offizielle NATURA 2000-Gebiet betroffen. Allerdings liegt das Vorhaben teilweise innerhalb des NABU-Vorschlaggebietes Nr. 89 (pffh/iba-gebiet) mit der Bezeichnung "Vorland der Mittleren Schwäbischen Alb". Das Vorschlagsgebiet hat eine Größe von insgesamt 30119 ha. Im Bereich des Vorhabens umfasst das NABU-Vorschlagsgebiet im Wesentlichen die an den Ortsrand von Esslingen angrenzenden weitläufigen Streuobstwiesen. Die Abgrenzung ist dabei nur großmaßstäblich durch den NABU vorgenommen worden, so dass die Grenzlinie nicht als präzise Gebietsgrenze zu verstehen ist. Es ist davon auszugehen, dass die Grenzlinie am Ortsrand verläuft und die gesamten Streuobstwiesen in der Vorschlagsfläche enthalten sein sollen. Lebensräume und Arten Der Gebietsvorschlag des NABU beinhaltet Auflistungen von Lebensräumen und Arten, für die das entsprechenden Gebiete vorgeschlagen wurden. Mit dem Vorschlagsgebiet Nr. 89 sind folgende Lebensraumtypen nach Anhang 1 der FFH-Richtlinie aufgeführt: Code Lebensraum

3210 Natürliche und halbnatürliche Fließgewässerabschnitte 6430/6431 Feuchte Hochstaudensfluren 9160 Sternmieren-Eichen-Heinbuchenwald 91 EO* Erlen- und Eschenwälder und Weichholzauenwälder an Fließgewässern *prioritärer Lebensraum Folgende Arten nach Anhang 11 der FFH-Richtlinie sind aufgeführt: Code Art lat. Name 1163 Groppe Cottus gobio 1193 Gelbbauchunke Bombina variegata 1166 Kammmolch Triturus eristatus 1032 Kleine Flußmuschel Unio crassus Großer Abendsegler Nyctalus noctula *prioritäre Art Folgende Arten nach Anhang 1 der Vogelschutz-Richtlinie sind aufgeführt: Code A099 A229 A234 A321 A238 A338 A122 A233 A072 Art Baumfalke Eisvogel Gartenrotschwanz Grauspecht Halsbandschnäpper Mittelspecht Neuntöter Wachtelkönig Wendehals Wespenbussard Erhaltungsziele Für die Gebietsvorschläge der Naturschutzverbände werden keine konkreten Erhaltungsziele erarbeitet. Nach der FFH-Richtlinie ist allerdings ein generelles Schutzziel definiert worden. Dieses besteht in der Erhaltung und Herstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der gemeldeten Lebensraumtypen und Arten der FFH-Richtlinie sowie der Arten nach der Vogelschutzrichtlinie. Entsprechend sind auch für die vorgeschlagenen Arten des FFH-Gebietes als Erhaltungsziel die Sicherung der Population bzw. Bewahrung und Wiederherstellung der Habitate dieser Arten abzuleiten.

2.2.2 HABITATSTRUKTUR UND VORKOMMENDE LEBENSRÄUME Im Gebiet selber sind aufgrund der aktuell überwiegend vorhandenen Ackerflächen, die vereinzelt von Kleingärten unterbrochen sind, sowie der im Süden bestehenden einzeiligen Häuserreihe keine der vorgeschlagenen Lebensraumtypen vertreten. In unmittelbarer Nähe sind außer dem Forstbach mit dem Lebensraumtyp Natürliche und halbnatürliche Fließgewässerabschnitte keine weiteren vorgeschlagenen Lebensraumtypen festzustellen. Das Gebiet selber beinhaltet keine attraktiven Habitate für die für das Vorschlagsgebiet aufgeführten Vogelarten (siehe Abbildung 3 Seite 12). Allerdings bieten insbesondere die umliegenden Streuobstwiesen potenziellen Lebensraum sowohl für die Vögel, als auch für den Abendsegler (genauere Angaben siehe im Kapitel Tierökologische Relevanzprüfung). 2.3 ERGEBNISSE Mögliche Auswirkungen durch das Vorhaben Auswirkungen in der Bauphase Die durch den Baubetrieb entstehenden Lärmimmissionen und störende Betriebsamkeit ergeben eine nicht ausschließbare Beeinträchtigung der für das Gebiet benannten Vogelarten. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Bauphase sich ganzjährig über einen langen Zeitraum erstreckt, sind Beeinträchtigungen während der sensiblen Paarbildungs- und Revierbildungsphase nicht auszuschießen. Anlagebedingte Auswirkungen Durch die Errichtung der Gebäude und Straßen werden zwar keine Lebensraumtypen direkt betroffen, es können sich jedoch durch Versiegelung, Kulissenbildung und Lebensraumzerschneidung indirekte Auswirkungen auf benachbarte Standorte ergeben. Zudem stellen die z.t. 4-stöckigen Gebäude eine massive optische Änderung der Landschaft dar, die zu einer Beeinträchtigung der Vogelarten führen kann. Auswirkungen in der Nutzungsphase Infolge der hohen Einwohnerdichte wird es zu einem erheblichen Anstieg des Nutzungsdrucks auf die umliegenden Streuobstwiesen kommen. Damit sind Beeinträchtigungen infolge eines erhöhten Freizeitdrucks sowie durch streunende Haustiere nicht auszuschließen. Weiterhin ist mit siedlungs- und verkehrsbedingten Lärmimmissionen sowie optischen Störreizen zu rechnen. Insbesondere eine Beeinträchtigung der genannten Vogelarten ist in Folge einer optischen Störung, die durch die geplanten, teilweise vierstöckigen, Häuserzeilen ausgeht, nicht auszuschließen.

Für die Streuobstwiesen, die durch die Erschließungsstrasse zerschnitten werden, sind Beeinträchtigungen nicht auszuschließen, da hier infolge der höheren Einwohnerdichte mir erhöhtem Verkehrsaufkommen und damit auch erhöhten Lärmund Abgasimmissionen zu rechnen ist. Ableitung der Prüfpflicht des Vorhabens Die FFH-Erheblichkeitsprüfung dient der überschlägigen Betrachtung möglicher Beeinträchtigungen des NATURA 2000-Gebiets durch das geplante Vorhaben. Für die Pflicht zu Prüfung der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung reicht die nicht ausschließbare Möglichkeit einer Beeinträchtigung. Damit ist im Rahmen der FFH- Erheblichkeitsprüfung nicht eingehend zu untersuchen, inwieweit sich Beeinträchtigungen durch das Vorhaben ergeben, sondern ob die Möglichkeit einer Beeinträchtigung gegeben ist. Bereits bestehende Beeinträchtigungen und der aktuelle Erhaltungszustand sind dabei irrelevant, da diese im Rahmen der Entwicklungspläne behandelt werden. Orientiert an den oben skizzierten möglichen Auswirkungen des Vorhabens besteht die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der mit dem Vorschlagsgebiet genannten Vögel - insbesondere durch den erhöhten Freizeitdruck. Zudem sind auch indirekte Beeinträchtigungen weiterer genannter Tierarten sowie genannter Lebensraumtypen grundsätzlich vorstellbar. Weiterhin können Behinderungen von Entwicklungsmaßnahmen, die der Verwirklichung der Erhaltungsziele dienen, vorhabensbedingt entstehen. Infolge der genannten nicht ausschließbaren Möglichkeiten einer Beeinträchtigung des Vorschlagsgebietes Nr. 89, das ein potenzielles FFH- bzw. Vogelschutzgeblet darstellt, ist ggf. für das geplante Wohnbaugebiet eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchzuführen. 3. TIERÖKOLOGISCHE RELEVANZPRÜFUNG 3.1 BIOTOPPOTENZIAL Das Planungsgebiet ist durch einen z.t. kleinräumigen Wechsel von Biotoptypen und -strukturen gekennzeichnet, der für zahlreiche Tierarten geeignete Habitate bietet. Dabei sind neben den Flächen des geplanten Baugebietes auch angrenzende Nachbarflächen zu betrachten. Den größten Teil des Planungsgebietes nehmen Ackerflächen ein, die unterbrochen von zwei Klein- und Feldgartenzeilen, das Kernstück bilden. In den Randbereichen liegen im Süden eine bestehende Bauzeile mit Einfamilienhäusern in parkartigen Gärten und im Norden ein Kleingartengebiet sowie Feldgärten und Ackerflächen. Angrenzend finden sich im Westen und Süden flächenhafte Obstwiesenbestände, die auch von der vorgesehenen Erschließungsstraße durchschnitten werden. An das Kleingartengebiet im Norden grenzt die tief und steil eingeschnittene Klinge des Forstbaches mit Eichen-Hainbuchenwald. Im Osten schließen Ackerflächen an.

3.2 HABITATEIGNUNG Die Habitateignung des Gebietes ist unmittelbar an die Nutzungsintensität und die strukturelle Ausstattung der jeweiligen Standorte gebunden. Während die Ackerflächen im wesentlichen als Nahrungshabitat für Vögel von Bedeutung sind und die Kleingärten nahezu als unbedeutend betrachtete werden müssen, finden Vögel und Fledermäuse in den Gehölzbiotopen der Hausgärten der Kirchstraße attraktive Habitate. Insgesamt sind jedoch alle diese Standorte nutzungsbedingt einem erhöhten Störungsgrad ausgesetzt, so dass im allgemeinen nur mit Vorkommen anspruchsärmerer und störungsunempfindlicherer Arten zu rechnen ist. Hinweise auf besondere Artenvorkommen konnten hier einzig für Fledermäuse recherchiert werden. So liegen Beobachtungen zu Zwergfledermäusen und Abendseglern vor. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass das Gebiet Nahrungshabitat des Großen Mausohr ist (HILZINGER mdl. 2002). Empfindlichere Bereiche finden sich beiderseits der Erschließungsstraße. Hier wird derzeit bereits ein flächenhafter und strukturreicher Obstwiesenbestand durchschnitten, wobei das Verkehrsaufkommen hier sehr gering ist und einzig den 6 Einfamilienhäusern und den landwirtschaftlichen Nutzflächen im Egert zuzuordnen ist. Die Obstwiesen beinhalten ein großes Habitatpotenzial für anspruchsvolle gefährdete und geschützte Vogel- und Fledermausarten. Mit entsprechenden Vorkommen ist grundsätzlich zu rechnen, wenngleich keine differenzierten Artnachweise vorliegen. Mit dem Ausbau der Erschließungsstraße und einer erheblichen Verkehrszunahme wären deutliche Zerschneidungswirkungen verbunden, die zu einer nachhaltigen und deutlichen Entwertung dieser Obstwiesenbestände führen würden. Für die umgebenden Flächen sind die typischen siedlungsbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, die sich im wesentlichen durch Freizeit- und Erholungsaktivitäten der Anwohner ergeben. In diesem Zusammenhang sind v.a. die oben beschriebenen flächenhaften Obstwiesenbestände sowie die Forstbachklinge als vglw. empfindliche Landschaftsteile hervorzuheben. Bisher sind diese Bereiche verhältnismäßig störungsarm. LITERATURVERZEICHNIS ALBERS + CERLIANI (2002): Städtebaulicher Entwurf "Egert" Esslingen-Zell, unveröffentlicht DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT (1979): Richtlinie 791409/EWG vom 2 April 1979 über die Erhaltung wildlebenden Vogelarten. - Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Reihe L 103: 1-6. DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT (1992): Richtlinie 92/43/EWG vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. - Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Reihe L 206: 7-50

LANDESANSTALT FÜR UMWELTSCHUTZ BADEN-WÜRTTEMBERG (2001): Arten, Biotope, Landschaft - Schlüssel zum Erfassen, Beschreiben, Bewerten. 3. Auflage. LANDESANSTALT FÜR UMWELTSCHUTZ HRSG. (2002): PEPL-Handbuch NATURA 2000Gebiete. Auszüge des Entwurfs 2002 unveröffentlicht. Karlsruhe MINISTERIUM LÄNDLICHER RAUM BADEN-WORTTEMBERG UND LANDESANSTALT FÜR UMWELTSCHUTZ BADEN-WURTTEMBERG (2001): NATURA 2000 BadenWürttemberg. CD-ROM. MINISTERIUM LÄNDLICHER RAUM BADEN-WURTTFMBERG UND LANDESANSTALT FÜR UMWELTSCHUTZ BADEN-WÜRTTEMBERG (2001): NATURA 2000 in BadenWürttemberg. Europa gestalten - Natur erhalten, Baden- Württemberg Lebensräume und Arten von A bis Z im Europäischen Verbund. NABU (2000): Vorschlagsliste NATURA 2000-Gebiete. Naturschutzbund Deutschland Landesverband Baden-Württemberg e.v. Stuttgart. GELLERMANN, M. (2001): Natura 2000 - Europäisches Habitatschutzrecht und seine Durchführung in der BRD, Schriftenreihe Natur und Recht Band 4 Blackwell Verlag, Berlin. GRUPPE FÜR ÖKOLOGISCHE GUTACHTEN (1996): Umweltverträglichkeitsstudie zum geplanten Hochwasserrückhaltebecken Forstbach - Esslingen; unveröffentlicht Knoll Ökoplan (1999): Biotopentwicklungskonzept Esslingen am Neckar - 1. Teil; unveröffentlicht PLANUNGSGRUPPE LANDSCHAFTSARCHITEKTUR+ÖKOLOGIE (1997): Umweltverträglichkeitsstudie und Planungsempfehlungen zum Hochwasserrückhaltebecken Forstbach; unveröffentlicht