Verlauf der Gemeindegebietsreform

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Transkript:

Verlauf der Gemeindegebietsreform Stand: 03.03.2005 (Rechts-)Grundlagen: Beschluss der Landesregierung zur Verwaltungs- und Gebietsreform in Thüringen (ThürVBL. 1993 Sonderheft vom 17. Juni 1993) Thüringer Gesetz über Maßnahmen zur kommunalen Gebietsreform (Thüringer Maßnahmegesetz ThürMaßnG) vom 3. Januar 1994 (GVBl. S. 5) Thüringer Gesetz zur Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden (Thüringer Gemeindeneugliederungsgesetz ThürGNGG-) vom 23. Dezember 1996 (GVBl. S. 333) Gesetz zur Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Städte in Thüringen (Thüringer Neugliederungsgesetz ThürNGG -) vom 16. August 1993 (GVBl. S. 545) Thüringer Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung der Städte Eisenach und Nordhausen (GesESA/NDH) vom 25. März 1994 (GVBl. S. 354) Thüringer Gemeinde- und Landkreisordnung (Thüringer Kommunalordnung ThürKO -) vom 16. August 1993 (GVBl. S. 501) in der jeweils geltenden Fassung Inhaltsübersicht 1. Ausgangssituation 2. Vorgaben der Thüringer Kommunalordnung 3. Freiwilligkeitsphase 4. Gesetzgebungsphase 5. Tragfähigkeit der kommunalen Strukturen 6. Fortführung der Gebietsreform auf freiwilliger Basis 1. Ausgangssituation Die neuen Landkreise und kreisfreien Städte, deren Zuschnitt durch das Thüringer Neugliederungsgesetz (- ThürNGG -) vom 16. August 1993 und das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung der Städte Eisenach und Nordhausen (-GesESA/NDH -) vom 25. März 1994 bestimmt wurde, bildeten die Grundlage und den Rahmen der nachfolgenden Gemeindegebietsreform. Die Siedlungsstruktur in Thüringen, deren ländlicher Raum von einer Vielzahl von kleinen und kleinsten Orten geprägt war, musste so neu strukturiert werden, dass

flächendeckend leistungs- und verwaltungsstarke Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften entstanden, die in der Lage sein würden, die an sie gestellten Aufgaben effektiv und rechtssicher zu erfüllen und in denen kraft Einwohnerzahl und Flächengröße eine moderne Infrastruktur vorgehalten werden kann. Die am 3. Oktober 1990 bestehenden 1 707 Gemeinden, von denen 1 314 (ca. 77%) weniger als 1 000 Einwohner, 916 (ca. 54 %) weniger als 500 Einwohner hatten, konnten dies nicht leisten. Auch die am 1. Juli 1994 noch bestehenden 1 247 Gemeinden nicht. 2. Vorgaben der Thüringer Kommunalordnung Der Gesetzgeber legte in der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO), die am 1. Juli 1994 in Kraft trat und die gesetzliche Grundlage der Gemeindegebietsreform darstellte, folgende Mindestgrößen für die kommunalen Strukturen fest: Nach 46 Abs. 1 Satz 3 ThürKO müssen Gemeinden mit weniger als 3 000 Einwohnern einer Verwaltungsgemeinschaft angehören, es sei denn, dass Gründe des öffentlichen Wohls eine Ausnahme von dieser Verpflichtung fordern. Die Gesamteinwohnerzahl von Verwaltungsgemeinschaften (VGS) muss nach 46 Abs. 2 ThürKO mindestens 5 000 betragen, es sei denn, Gründe des öffentlichen Wohls fordern ausnahmsweise eine Anerkennung einer Verwaltungsgemeinschaft mit weniger Einwohnern. Weiterhin können nach 51 ThürKO benachbarte Gemeinden vereinbaren, dass eine Gemeinde mit mindestens 3 000 Einwohnern, deren Bürgermeister hauptamtlich tätig ist, für Nachbargemeinden die Aufgaben der Verwaltungsgemeinschaft wahrnimmt. 3. Freiwilligkeitsphase Die Gemeinden sollten sich diesen Vorgaben der ThürKO zunächst in einer so genannten Freiwilligkeitsphase angleichen. Aufgrund der existenziellen Bedeutung für die Gemeinden räumte ihnen das Land dabei größtmögliche Gestaltungsfreiheit ein. 2

Gleichzeitig wurde aber auch signalisiert, dass die Gemeinden ab dem 1. Juli 1995 mit ihrer Einbeziehung in die Vorbereitung eines Gesetzgebungsverfahrens zu rechnen hatten, wenn sie bis dahin nicht den Vorgaben der ThürKO hinsichtlich der Mindest-Einwohnergrößen entsprachen. Viele Gemeinden nutzten die ihnen gegebenen Möglichkeiten zur freiwilligen Bildung größerer Gemeinden, zum Zusammenschluss zu Verwaltungsgemeinschaften oder zur Zuordnung zu erfüllenden Gemeinden. Sie fassten die erforderlichen Gemeinderatsbeschlüsse, auf deren Grundlage der Innenminister die entsprechenden Rechtsverordnungen erlassen konnte. Die Landesregierung unterstützte in den Haushaltsjahren 1992 bis 1996 auf der Grundlage entsprechender Förderrichtlinien die freiwillige Bildung größerer Gemeinden und gemeindeübergreifender Kooperationen mit mehr als 75 Mio DM. 4. Gesetzgebungsphase Nur die Gemeinden, die sich in der so genannten Freiwilligkeitsphase der Gemeindegebietsreform nicht auf kommunale Strukturen einigen konnten, die den Vorgaben der ThürKO entsprachen, wurden in das Gesetzgebungsverfahren zur Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden einbezogen. Der größte Teil des Thüringer Gesetzes zur Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden (Thüringer Gemeindeneugliederungsgesetzes - ThürGNGG) vom 23. Dezember 1996 trat am 1. Januar 1997, 9 am 1. April 1997 und die 7, 10, 16, 17 und 35 am 1. Juli 1999 in Kraft. Das Ziel der flächendeckenden Angleichung der kommunalen Strukturen an die Vorgaben der ThürKO hinsichtlich der Mindest-Einwohnerzahlen von Verwaltungsgemeinschaften, erfüllenden Gemeinden und eigenständigen Gemeinden, die keiner kommunalen Struktur angehören müssen, wurde damit grundsätzlich erreicht. Die Entwicklung der kommunalen Strukturen in Thüringen stellt sich seit 1990 bis heute wie folgt dar: 3

Strukturen per 03.10.1990 Strukturen per 01.02.2005 (bislang letzte Änderung) Landkreise/ 35 / 5 17 / 6 kreisfreie Städte kreisangehörige Gemeinden (ohne kreisfreie Städte) 1 702 992 Verwaltungsgemeinschaften - 91 mit 731 Mitgliedsgemeinden erfüllende Gemeinden - 38 für 105 übertragende Gemeinden 124 Städte und Gemeinden (einschließlich der kreisfreien Städte) mit überwiegend mehr als 3000 Einwohnern gehören keiner Verwaltungsgemeinschaft oder erfüllenden Gemeinde an (so genannte eigenständige Gemeinden ). Aktuelle Angaben über die kommunale Struktur des Freistaates Thüringen können auch den Veröffentlichungen des Thüringer Landesamtes für Statistik entnommen werden. http://www.tls.thueringen.de/datenbank/landblatt.asp 5. Leistungsfähigkeit der kommunalen Strukturen Die Leistungsfähigkeit einer Verwaltungsgemeinschaft hängt wesentlich von ihrer inneren Struktur ab. Die Verwaltungskraft einer VGS wird in erster Linie von der Anzahl ihrer Mitgliedsgemeinden und deren Größenverhältnissen bestimmt. Der Thüringer Gesetzgeber hat dazu keine Vorgaben gemacht. Verwaltungsgemeinschaften in Thüringen sind sehr unterschiedlich strukturiert. Die Anzahl der Mitgliedsgemeinden schwankt zwischen zwei und zweiundzwanzig. Im Durchschnitt haben VGS derzeit acht zu ihnen gehörende Gemeinden. Diese Zahl ist relativ hoch. Je größer jedoch die Anzahl der Mitgliedsgemeinden ist, umso höher ist der Verwaltungsaufwand (z.b. Vielzahl von Haushalten, aufwändiger Sitzungsdienst, unterschiedliche Vorgaben in den Satzungen bei der Erstellung von Bescheiden und bei der Besorgung der laufenden Verwaltungsangelegenheiten) und umso teuerer ist in der Regel die Verwaltung insgesamt. 4

Je mehr Gemeinden einer VGS angehören und je unterschiedlicher ihre Größen sind, desto verschiedener können auch die Interessenlagen sein. Dies kann ein erhebliches Konfliktpotenzial darstellen und bedeutet dann für die VGS einen hohen zusätzlichen Koordinations- und Einigungsaufwand. In den vergangenen Jahren wurde außerdem immer deutlicher, dass die Finanzkraft der kleinen und sehr kleinen Gemeinden in Thüringen häufig nicht ausreicht, um die weiterhin in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben des eigenen Wirkungskreises gemäß den gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. So ist es diesen Gemeinden oft nicht möglich, die aus der Errichtung von modernen Gemeindeeinrichtungen entstehenden Folgekosten zu tragen bzw. diese Einrichtungen wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen (Feuerwehr, Kindergärten, Bibliotheken, Kultur- und Sporteinrichtungen, Bauhöfe u.ä.). Besonders problematisch sind die Übernahme freiwilliger Aufgaben und größere Investitionsmaßnahmen (z.b. moderne Infrastruktur zur Schaffung und zum Erhalt von Arbeitsplätzen). Hinzu kommt, dass die finanzielle Situation der öffentlichen Hand in Thüringen derzeit und wohl auch in Zukunft sehr angespannt ist. Die gegenwärtige und die prognostizierte demographische Entwicklung verstärkt die vorgenannten Probleme in der Regel noch. 6. Fortführung der Gebietsreform auf freiwilliger Basis Die Thüringen Kommunen haben einerseits immer umfangreicher und komplizierter werdende Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge zu erfüllen (u.a. auf Grund staatlicher Vorschriften und den stärker werden europäischen Einflüssen). Dies zwingt zu Kosten-/Leistungsoptimierungen und zur Schaffung noch größerer Struktureinheiten. Andererseits gewinnen aber auch und gerade wegen der zunehmenden Europäisierung und Liberalisierung demokratische und politische Bürgerbeteiligung, ehrenamtliches Engagement und Bürgernähe, die möglichst kleine Struktureinheiten erfordern, wieder an Bedeutung. Es kommt entscheidend darauf an, Geld für Investitionen statt für konsumtive Zwecke und für reine Verwaltungstätigkeit auszugeben, damit die Thüringer Gemeinden den Anforderungen der kommunalen Daseinsvorsorge in Gegenwart und Zukunft 5

noch besser gerecht werden und so auch im internationalen Vergleich als Investitionsstandort wettbewerbsfähig sein und bleiben können. Die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Kommunalverwaltungen ist in erster Linie durch Schaffung größerer Struktureinheiten möglich. Dabei dürfen allerdings die Belange nicht außer Acht gelassen werden, die Bürgerbeteiligung, ehrenamtlichem Engagement und Bürgernähe ermöglichen. In den Verwaltungsgemeinschaften kann eine Verbesserung ihrer inneren Struktur durch Reduzierung der Anzahl ihrer Mitgliedsgemeinden erreicht werden. Die freiwillige Fortführung der Gebietsreform auf der Ebene der kreisangehörigen Gemeinden, innerhalb der Verwaltungsgemeinschaften und der erfüllenden Gemeinden durch Zusammenschlüsse oder Eingliederungen war und ist möglich und wird vom Innenministerium befürwortet. 6