Einführung in die Sprachwissenschaft des Deutschen Einstieg: Sprache und Sprachwissenschaft. PD Dr. Alexandra Zepter

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Transkript:

Einführung in die Sprachwissenschaft des Deutschen Einstieg: Sprache und Sprachwissenschaft PD Dr. Alexandra Zepter

Sprache und Sprachwissenschaft Sprachwissenschaft als Wissenschaft von der Sprache wirft zwei Fragen auf: Was verstehen wir in diesem Zusammenhang eigentlich unter Sprache? Was heißt es, Sprache wissenschaftlich zu erforschen?

Sprache und Sprachwissenschaft Sprachwissenschaft als Wissenschaft von der Sprache Was verstehen wir unter Sprache? Gesamtes Bemühen der Sprachwissenschaft ist letztlich seit ihren Anfängen bis heute darauf gerichtet, ebendiese Frage zu beantworten! The whole point of setting up a [linguistic theory] is to provide a definition of [language] that is, a systematic account of [its] nature. (Geoffrey Leech, Karl Heinz Wagner)

Sprache als Alltagsbegriff: mehrdeutig Die Begriffe Sprache und Sprechen begegnen uns (im Alltag) in unterschiedlichen Verwendungsweisen und bezeichnen dann unterschiedliche Phänomene. Welche Bedeutungen fallen Ihnen ein? Übung: Welche unterschiedlichen Ebenen oder Phänomene von Sprache und Sprechen können Sie in den folgenden Beispielen differenzieren?

Sprache als Alltagsbegriff: mehrdeutig 1) Kinder fangen normalerweise im Alter von einem Jahr an zu sprechen. 2) Lola spricht fünf Sprachen: Deutsch, Türkisch... 3) Als ich zur Tür hereinkomme, spricht Cem gerade türkisch mit seinen Kindern. 4) Sprich bitte lauter! Ich verstehe dich nicht! 5) Ich liebe die Sprache Goethes. 6) Ich kann die jungen Leute heute kaum noch verstehen das ist ja gar kein Deutsch mehr, das die sprechen.

Sprachfähigkeit langage 1) Kinder fangen normalerweise im Alter von einem Jahr an zu sprechen. Nur Menschen sind in der Lage, zu sprechen: Tiere (Pflanzen, Computer...) besitzen keine natürliche, kognitiv und biologisch bedingte Fähigkeit, Sprache zu produzieren und zu verstehen. In einigen europäischen Sprachen gibt es für diese Bedeutung von Sprache ein eigenes Wort: Französisch langage, Italienisch linguaggio, Spanisch lenguaje

Einzelsprache langue 2) Lola spricht fünf Sprachen: Deutsch, Türkisch... Von verschiedenen Sprechergemeinschaften werden verschiedene Einzelsprachen gesprochen. Wir können eine Einzelsprache X als ein abstraktes Sprachsystem mit jeweils eigenen Einheiten und Verknüpfungsregeln auffassen. Und/oder annehmen, dass jeder Sprecher, der X beherrscht, auch über kognitives Wissen über X (ein abstraktes Regelsystem?) verfügt. Spezielle Wörter für Einzelsprache : Französisch langue, Italienisch lingua, Spanischen lengua

Sprache im tatsächlichen Gebrauch parole 3) Als ich zur Tür hereinkomme, spricht Cem gerade türkisch mit seinen Kindern. Wenn wir (in einer Einzelsprache X) miteinander sprechen, produzieren wir konkrete akustisch messbare, auditiv oder durch andere Kanäle wahrnehmbare Sprachdaten. Wir können annehmen, dass dabei unser kognitives Wissen über X zum Tragen kommt. Im Deutschen schreiben wir in diesem Fall den Sprachnamen klein, im Französischen gibt es erneut ein eigenes Wort: parole

Sprechweise paraverbale Aspekte 4) Sprich bitte lauter! Ich verstehe dich nicht! Spricht ein Mensch z.b. deutsch, kann er dabei, ohne in eine andere Sprache zu wechseln, Aspekte wie Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke, Deutlichkeit der Artikulation, Stimmlage etc. variieren. Vgl. Spanisch oír (hören, akustisch verstehen) vs. escuchar (zuhören, kognitiv verstehen): Oigo la radio pero no la estoy escuchando. Ich höre das Radio, aber ich höre nicht zu.

Individueller Sprachstil 5) Ich liebe die Sprache Goethes. Verschiedene Menschen entfalten sich sprachlich auf unterschiedliche Weise, können einen eigenen sprachlichen Stil mit besonderen linguistischen Eigenheiten entwickeln. Individuelle Formen des Ausdrucks: So wie jedes menschliche Gesicht einzigartig ist, so spricht auch jeder Mensch einen Idiolekt.

Soziolekte, Dialekte, Sprachgebrauchsnorm 6) Ich kann die jungen Leute heute kaum noch verstehen das ist ja gar kein Deutsch mehr, das die sprechen. Die Idee, dass Menschen Einzelsprachen wie das Deutsche sprechen, ist letztlich bereits eine Abstraktion: Das Deutsche kann auch als Konglomerat aus diversen Dialekten, Soziolekten bzw. Varietäten und Registern aufgefasst werden.

Soziolekte, Dialekte, Sprachgebrauchsnorm In jeder Gesellschaft gibt es dabei bevorzugte sprachliche Verwendungsformen, die als Norm (für einen bestimmten Kontext) gelten: Ein ARD Tagesschau Sprecher verwendet keine Ausdrücke wie echt krass der Flugzeugabsturz und spricht auch kein Sächsisch. Eine (überregional) geltende Norm wird von der Gesellschaft bestimmt und ist wie die Gesellschaft selber ständigem Wandel unterlegen!

Präskriptiv vs. deskriptiv Beachte die Mehrdeutigkeit des Normbegriffs: Differenzieren wir nach Soziolekten, Dialekten etc., so hat jede Varietät wieder ihre eigenen (systemintern geltenden) Normen Regeln/grammatischen Muster! Norm als willkürlich gesetztes Gebot Präskription = ein anderen Menschen Vorschreiben, wie sie zu sprechen (zu schreiben) haben! Beispiel: eine amtlich festgesetzte Rechtschreibreform Gegensatz Deskription = Beschreibung, wie Menschen sprechen (schreiben)/ Beschreibung der systeminternen Normen, die sie dabei verwenden!

Metasprachliche Ebene Was ist an der folgenden Äußerung doppeldeutig? (1) Lola beherrscht die deutsche Grammatik. (1) kann bedeuten:?

Primär vs. metasprachliche Ebene (a) Primärsprachliches Wissen, implizites Sprachwissen: Lola beherrscht das Deutsche im Gebrauch; sie verfügt über umfassendes entsprechendes kognitives Wissen und spricht daher regelkonform! (b) Metasprachliches Wissen: Lola weiß viel über die deutsche Sprache, weil sie sich z.b. in der Schule explizites Grammatikwissen angeeignet hat; sie kann Einheiten und Strukturen bzw. deren Funktionen erkennen, beschreiben und benennen!

Primär vs. metasprachliche Ebene Frage an einen deutschen Muttersprachler: Erzählen Sie uns in ein paar kurzen Sätzen, was Sie am Wochenende gemacht haben! Gemeinsam: Analyse der geäußerten Sätze

Primär vs. metasprachliche Ebene Beachte: Weder impliziert primärsprachliches Wissen notwendig metasprachliches Wissen noch umkehrt! 1) Ich kann fließend Deutsch sprechen, ohne zu wissen, dass das Deutsche eine Verbzweitsprache ist. 2) Ich kann wissen, dass Deutsch eine Verbzweitsprache ist (und wissen, was das bedeutet), ohne ein Wort Deutsch sprechen zu können.

Objektsprache vs. Metasprache Normalerweise verwendet man Sprache, um sich über Gegenständer, Handlungen, Sachverhalte etc. zu äußern. Man kann sich aber auch über Sprache äußern und sie somit zum Gegenstand der Aufmerksamkeit selbst manchen: 1) Lola und Cem wohnen in einem blauen Haus. 2) Haus ist ein komisches Wort. 3) Dieser Satz ist gelogen.

Objektsprache vs. Metasprache Metasprache Sprachlicher Ausdruck 2 Substantiv Sprachlicher Ausdruck 1 Haus Welt Objektsprache (nach Bredel 2007)

Sprache als Gegenstand der Linguistik Alle bis dato aufgeführten Betrachtungsaspekte und Ebenen von Sprache spielen in (unterschiedlichen) sprachtheoretischen Forschungen eine Rolle; z.b.: Generelle Sprachfähigkeit ist Teilgegenstand der Spracherwerbsforschung (ebenso der Psychologie, Biologie, Neurologie) Soziolinguisten erforschen Varietäten und Register Sprechwissenschaftler analysieren paraverbale Aspekte Die metasprachliche Ebene ist die Beschreibungs und Theoriebildungsebene der Linguistik!

Sprache als Gegenstand der Linguistik Übung: Stellen Sie sich vor, Sie wären Linguist: Definieren Sie Sprache in einem Satz! Tauschen Sie sich mit Ihrem Nachbarn aus und entwerfen Sie auf der Basis Ihrer beider Definitionen gemeinsam eine neue (finale) Definition!

Sprache als Gegenstand der Linguistik Sprachwissenschaftler kommen, indem sie sich dem Phänomen Sprache aus je unterschiedlichen Blickwinkeln nähern, möglicherweise zu sehr unterschiedlichen Definitionen von Sprache (wenn wie überhaupt einen fixierten Definitionsversuch machen)! Beispiele für Definitionen bedeutender Sprachforscher, die die Paradigmen der Disziplin (bzw. die wissenschaftsgeschichtliche Herausbildung von linguistischen Teildisziplinen) mehr oder minder geprägt haben:

Sprache als Zeichensystem zur Kommunikation Language is a purely human and noninstinctive method of communicating ideas, emotions and desires by means of a system of voluntarily produced symbols. (Sapir 1921: 8) Deskriptiver Strukturalismus nordamerikanischer Prägung: Sapir erforschte synchron zahlreiche Indianersprachen Nordamerikas: Sprachen als statische Systeme von Zeichen (Symbolen) mit kommunikativem Zweck Er erzielte eklatante Fortschritte in der Sammlung und Klassifizierung sprachlicher Daten. Er trug entscheidend bei, mit dem alltagsgebräuchlichen Vorurteil aufzuräumen, man könne Sprachen in zivilisierte vs. primitive ( rückständige ) einteilen. Edward Sapir, nordamerikanischer Sprachwissenschaftler und Anthropologe (1884 1939)

Sprache als Gesamtheit möglicher Äußerungen The totality of utterances that can be made in a speech community in the language of that speech community (Bloomfield 1926: 153) Nordamerikanischer, behavioristischer Strukturalismus: Bloomfield bemühte sich in den 1920er Jahren, die Sprachwissenschaft methodisch nach dem Stand der damals entwickelten Wissenschaftstheorie zu systematisieren: Orientierung am europäischen Strukturalismus und am Behaviorismus des Psychologen John B. Watson (1878 1958) Sprache wird als Verhalten gefasst, erworben auf der Basis von Imitation: Stimulus, Response, Reinforcement: Sprachliche Äußerungen im Umfeld (imi erende) Reak on Feedback aus dem Umfeld Leonard Bloomfield, nordamerikanischer Sprachwissenschaftler (1887 1949)

Sprache als algorithmisch generierte Satzmenge From now on I will consider a language to be a set (finite or infinite) of sentences, each finite in length and constructed out of a finite set of elements. (Chomsky 1957: 13) Kognitive, generative, nativistische Linguistik: Kritik am Behaviorismus; Wegbereiter der kognitiven Wende und der modernen theoretischen Linguistik Von der Außen zur Innenperspektive: Sprache wird von Chomsky als biologisch verankertes kognitives Modul analysiert. Natürliche Sprache als ein Untertyp möglicher Sprachsysteme statt Fokus auf kommunikativer Funktion oder symbolischer Natur: Fokus auf Strukturabhängigkeit der Prozesse, nach denen Sätze algorithmisch konstruiert/generiert werden! Noam Chomsky, nordamerikanischer Linguist und Politikwissenschaftler (*1928); lehrt nach wie vor am MIT in Cambridge (Boston)

Sprache als dynamische Tätigkeit Language does not exist, it happens. It is neither an organism, as many nineteenth century linguists saw it, nor an edifice [Gebäude], as it was regarded in the early modern structuralist period of linguistics. Language is an activity basically of four kinds: speaking, listening, writing and reading. (Halliday et al. 1964: 9) Systemische, funktionale Linguistik: Halliday fokussiert erneut auf das Bedeutungspotenzial von Sprache und auf den sozialen Aspekt: Sprache wird dabei als systemische Ressource für Bedeutung und als dynamische Kreation und Kreator menschlicher Gesellschaften gefasst. Linguistik als das Studium of how people exchange meanings by languaging Michael A. K. Halliday (*1925), britischer Sprachwissenschaftler, lebt als Emeritus Professor University of Sydney in Australien

Wissenschaft als Theoriebildung Verschiedene Linguisten definieren den Gegenstand Sprache aus je unterschiedlichen Perspektiven und kommen derart auch zu unterschiedlichen Definitionen! Wissenscha Theoriebildung über einen Gegenstand involviert stets einen Beobachter und Abstraktionsprozesse Theorie des Gegenstands impliziert per se auch alternative Theorien!

Die Blinden und der Elefant Es war einmal, so erzählt Buddha, ein König von Benares, der rief zu seiner Zerstreuung etliche Bettler zusammen, die von Geburt an blind waren, und setzte einen Preis aus für denjenigen, der ihm die beste Beschreibung eines Elefanten geben würde. Zufällig geriet der erste Bettler, der den Elefanten untersuchte, an dessen Bein, und er berichtete, dass der Elefant ein Baumstamm sei. Der zweite, der den Schwanz erfasste, erklärte, der Elefant sei wie ein Seil. Ein anderer, welcher ein Ohr griff, beteuerte, dass der Elefant einem Palmenblatt gleiche, und so fort. Die Bettler begannen untereinander zu streiten und der König war überaus belustigt. Aus: Neumüller, G. und Niel, F (1977): Gott und Gottesbilder, Reihe Konzepte 2 (Materialien für den Religionsunterricht in der Sekundarstufe 2), Verlag Moritz Diesterweg und Köselverlag; S. 1; zitiert nach K. H. Wagner, Grundkurs Sprachwissenschaft, WS 1997/98

Wissenschaft als Theoriebildung Wir verstehen noch besser, was wissenschaftliche Theoriebildung (generell und für die Sprachwissenschaft im Besonderen impliziert), wenn wir nach Ferdinand de Saussure unterscheiden zwischen: 1) Materialobjekt (Stoff der Linguistik) 2) Formalobjekt (Gegenstand der Linguistik)

Sprache als abstrahiertes Zeichensystem Ferdinand de Saussure Begründer des europäischen Strukturalismus: Sein einflussreichstes Werk: Cours de linguistique générale, posthum (1916, 1922) von einigen seiner Studenten veröffentlicht Saussure analysierte bzgl. Sprache mehrere Dichotomien, die noch heute grundlegend für die linguistische Theoriebildung (und die Art und Weise, wie über Sprache nachgedacht wird) sind! U.a. Differenzierung zwischen la matière und l objet der Linguistik wobei der Gegenstand von der Betrachtungsweise des Forschers abhängt! Ferdinand de Saussure (1857 1913), Schweitzer Sprachwissenschaftler

Materialobjekt vs. Formalobjekt Materialobjekt (Definition nach K. H. Wagner) = Das Materialobjekt (der Stoff) einer Wissenschaft besteht aus der Gesamtheit der zu untersuchenden konkreten Erscheinungen der objektiven Realität, die vor einer Wissenschaft und unabhängig von ihr, vom Forscher, seinem Bewusstsein und seinen Betrachtungsweisen existieren.

Sonagramm Messung des Stoffs Sprachsignal gemessen nach Zeit (ms; X Achse), Tonhöhe (Hz; y Achse) und Intensität/Lautstärke (Schwärzungsgrad) d g t b t

Physikalische Messung des Stoffs Veränderungen des Signals (Frequenz/Hertz; Schwärze) deuten darauf hin, dass zu diesem Zeitpunkt ein anderer Laut gebildet wird. Derart kann man das Signal in Segmente einteilen auch wenn es tatsächlich keine klaren Grenzen von Segmenten gibt! Über weitere Messmethoden, die Bewegungen der Artikulationsorgane aufzeichnen, kann man beschreiben, wie die Segmente artikuliert werden.

Analyse von Lauten: abstrakte Objekte Auch die Analyse der Artikulationsbewegungen fokussiert auf bestimmte (maximale) Positionen, während andere als irrelevant erachtet werden! Laute (Phone) sind wie die meisten Gegenstände der Wissenschaft durch Abstraktion erzeugte Objekte! Die Menge der abstrakten Objekte bilden das Formalobjekt einer Wissenschaft!

Materialobjekt vs. Formalobjekt Formalobjekt (Definition nach K. H. Wagner) = Das Formalobjekt (das Objekt, der Gegenstand) einer Wissenschaft ist die Gesamtheit der Abstraktionen, die dadurch geschaffen werden, dass das Materialobjekt aus unterschiedlichen Blickwinkeln und mit unterschiedlichen Erkenntnisinteressen untersucht wird.

Übung: Abstraktion und Analyse In einem Korpus von (erfundenen) Daten findet ein Linguist folgende Wörter: ek gure thu gurst han gurt vi guren ek tare thu tarst han tart vi taren Welche Wortarten liegen hier wohl vor? Woran erkennt der Linguist das? Welche Wortstämme kann er isolieren?

Entstehensbedingungen wiss. Gegenstände Indem das Formalobjekt einer Wissenschaft durch die Betrachtungsweise entsteht, ist es deren geschichtlichen Entwicklung unterworfen und zu bestimmten Zeitpunkten von diversen Faktoren abhängig, z.b.: 1) Entwicklungsstand der Wissenschaft 2) Subjektive und objektive Erkenntnisinteressen 3) Wissenschafts und erkenntnistheoretische Grundpositionen des Forschers 4) Abgrenzungsprobleme zu anderen Disziplinen

Erkenntnistheoretische Grundpositionen Beispiel Empirismus: Theoriebildung auf der Grundlage (großer) Mengen empirischer Daten; Theorie wird durch beobachtbare Daten verifiziert induktives Vorgehen, Bezug zum Behaviorismus vs. Rationalismus: Theoriebildung auf der Grundlage von (wenigen) Daten; Überprüfung und Testen der Theorie durch Falsifika on deduktives Vorgehen, Bezug zu kognitiver Psychologie, Mentalismus

Abgrenzungsprobleme Linguistik? Was rechtfertigt die Etablierung einer eigenen Wissenschaft von der Sprache? Linke et al. 2004: 5f.: 1) Sprachbetrachtung um der Sprache willen: Sprache im Zentrum des Analyseinteresses 2) Vollständigkeit der Beschreibung: Sprache soll in ihrer Gesamtheit zum Thema werden: a) Was bedeutet Sprache? b) Welche Phänomene sind als sprachliche zu bezeichnen und wie hängen diese zusammen? 3) Neuartige Fragestellungen

Teildisziplinen der theoretischen Linguistik Sprache wird in der theoretischen Linguistik als System aus mehreren Teilsystemen gefasst Teilsysteme, die aufeinander aufbauen und miteinander interagieren. Übung Beispielssatz: Die Hütte wird achtsam von den feuchtfröhlichen Damen mit den grünen Hüten betreten. 1) Über welche Strukturkenntnisse des Deutschen muss der Sprecher verfügen? 2) Und welchen sprachlichen Strukturebenen könnten wir diese Kenntnisse zuordnen?

Sprachliche Strukturebenen Beispiele Phonologie, Phonetik: Z.B. Lautung von achtsam Allophon [x] nach zentral/tiefem Vokal Schriftsystem, Orthographie Z.B. Schärfungsgraphie in Hütte Verdopplung des Konsonantengraphems bei Silbengelenken Morphologie Flexion z.t. mit Stammmodifikation (Allomorph Hüt in Hüt#e); Komposition und Derivation in feuchtfröhlich Syntax Verbzweitsprache mit Satzklammer

Teildisziplinen der theoretischen Linguistik

Linguistische Disziplinen (nach Christian Lehmann)

Sprachbegriffe von Saussure und Chomsky Von den zahlreichen Versuchen, den Gegenstand der Sprachwissenschaft näher zu bestimmen, wollen wir noch zwei näher betrachten, da sie den Gang der neueren theoretischen Linguistik entscheidend geprägt haben: 1) Ferdinand de Saussure: Langue und Parole 2) Noam Chomsky: Kompetenz und Performanz

Dichotomie: Synchronie vs. Diachronie Ferdinand de Saussure (vgl. Saussure 2001: 121): Differenzierung zwischen diachronischer und synchronischer Sprachwissenschaft Diachronischer Sprachwissenschaftler: erforscht die historische Entwicklung einzelner Sprachen. Synchronischer Sprachwissenschaftler: nimmt eine statische Perspektive ein und untersucht einen gegebenen Zustand von Sprache.

Synchronische Sprachwissenschaft Der synchronische Sprachwissenschaftler befasst sich mit logischen und psychologischen Verhältnissen, welche zwischen gleichzeitigen Gliedern, die ein System bilden, bestehen, so wie sie von einem und demselben Kollektivbewusstsein wahrgenommen werden. (Saussure 2001: 119)

Synchronische Sprachwissenschaft Saussures Logik allein die synchronische Sprachwissenschaft vermag das Systemhafte von Sprache zu erfassen: Zu jedem gegebenen Zeitpunkt befindet sich eine Sprache in einem Sprachzustand X. X stellt ein bestimmtes, in sich strukturiertes Zeichensystem dar, dessen Strukturen wir untersuchen und das wir in seiner synchronen, d.i. simultanen Ordnung erfassen können.

Dichotomie: Syntagmatik vs. Paradigmatik Die Zeichen von X können dabei zueinander in Z paradigmatischer oder syntagmatischer Relation stehen! Z Z Z Z Z Z Z

Syntagmatik vs. Paradigmatik Syntagmatische Achse (und Achse) Vor dem Haus steht ein Baum. Z Neben dieser Schule ist der Kiosk. Paradigmatische Z Achse (oder Achse) Z Z Elemente einer syntagmatischen Z Relation sind linear angeordnet und bilden eine Einheit. Elemente einer paradigmatischen Relation können füreinander substituiert werden.

Synchronische Sprachwissenschaft Saussures Logik Primat der Synchronie: Ein System lässt sich ausschließlich dann erkennen und beschreiben, wenn wir uns auf den Standpunkt eines gewissen Zustandes X stellen. Diachronische Perspektive setzt die synchronische voraus: Untersuchung von Relationen zwischen Gliedern, die zu jeweils unterschiedlichen Systemen von zeitlich einander nachfolgenden Sprachzuständen X und Y gehören

Dichotomie: Langue vs. Parole Nach Saussure soll nun,die Sprache begrifflich gefasst als Langue und explizit verstanden als ein in sich strukturiertes bzw. geordnetes Zeichensystem, und nicht das Sprechen begrifflich gefasst als Parole der erklärte primäre Forschungsgegenstand der Sprachwissenschaft bzw. Linguistik werden. Saussures Perspektive:

Wissenschaftsfokus: Primat der Langue Saussures Perspektive: Sprachzeichen ordnen sich durch kollektive Übereinstimmung vieler Sprecher zu einem System dabei stellen sie keine abstrakten Gebilde, sondern Realitäten im menschlichen Gehirn dar (vgl. Saussure 2001: 18). Das Sprachsystem kommt im Sprechakt zur Anwendung und ist derart dem Sprechakt/dem Sprechen als ein an sich existierendes Gebilde logisch vorzuordnen!

Saussure: Langue vs. Parole Phänomen der menschlichen Sprache bzw. Rede in seiner Gesamtheit = Langage kein mögliches Forschungsobjekt; zu vielförmig, zu ungleichartig Langue = das überindividuelle, soziale Sprachsystem einer Einzelsprache autonomes System von Zeichen mit autonomer innerer Ordnung Anwendung der langue Parole = dynamische, individuelle und soziale Aktivität in Zeit und Raum; Sprechen

Saussure vs. Chomsky Das Paradigma Sprache/Sprachsystem vor Sprechen/Sprachgebrauch überlebt und erreicht gerade durch den amerikanischen Linguisten seinen wissenschaftstheoretischen Höhepunkt, der selbst gegen das offizielle Saussure sche Erbe bzw. im Besonderen gegen den amerikanischen, behavioristisch orientierten Strukturalismus opponiert und damit seinerseits erneut eine sprachwissenschaftliche Revolution auslöst: Noam Chomsky

Chomskys Kritik am Behaviorismus Erinnere die Grundidee des behavioristischen Strukturalismus Sprache als reines (äußerlich wahrnehmbares) Verhalten: Zurückweisung jeglicher innerer, mentaler Zustände; allein das objektiv/intersubjektiv zugängliche und wissenschaftlich messbare Verhalten wird als real erachtet Bedeutung sprachlicher Zeichen wird in strikter Weise auf Reize und Reaktionen während des Sprachgebrauchs zu reduzieren ersucht

Chomskys Kritik am Behaviorismus Burrhus Frederic Skinner (1904 1990) Verbal Behavior (1957): strikt funktionale Analyse sprachlichen Verhaltens, in Hinordnung auf Beobachtungen oder Beeinflussungen der physikalischen Umgebung des Sprechers Reiz: Hunger Übertragung der Reaktion auf eine andere Person qua sprachlicher Äußerung Ich hab Hunger O.K. Ich hol dir was.

Chomskys Kritik am Behaviorismus Der behavioristische Strukturalist negiert jegliche psychischen Zustände und Prozesse somit auch solche, die Sprache betreffen! Chomskys Kritik: Amerikanische Strukturalisten häufen allein Daten an, ordnen und katalogisieren diese Erkenntniswert bleibt auf der Ebene traditioneller Grammatiken. Es wird nicht das reale mentale Regelwissen eines Menschen, der eine bestimmte Sprache vollständig beherrscht, offengelegt (vgl. Chomsky 2004: 53).

Chomskys Kritik am Behaviorismus [ ] Skinner could only say that each of these responses is under the control of some other stimulus property of the physical object. If we look at a red chair and say red, the response is under the control of the stimulus redness; if we say chair, it is under the control of the collection of properties (for Skinner, the object) chairness (110), and similarly for any other response. This device is as simple as it is empty. Since properties are free for the asking (we have as many of them as we have nonsynonymous descriptive expressions in our language, whatever this means exactly), we can account for a wide class of responses in terms of Skinnerian functional analysis by identifying the controlling stimuli. But the word stimulus has lost all objectivity in this usage. Stimuli are no longer part of the outside physical world; they are driven back into the organism. We identify the stimulus when we hear the response. [ ] We cannot predict verbal behavior in terms of the stimuli in the speaker's environment, since we do not know what the current stimuli are until he responds. (Chomsky 1959: III)

Sprachkompetenz vor Performanz Chomskys Position: Eine Sprache zu beherrschen, sie sprechen und verstehen und als Kleinkind erwerben zu können, setzt mentale, kognitive Strukturen voraus, die pränatal gegeben bzw. genetisch festgelegt sind: Mentales Sprachorgan = Sprachkompetenz ( linguistic competence, Faculty of language, internal language ) vor Aktueller Sprachgebrauch = Sprachperformanz ( linguistic performance, external language )

Sprachkompetenz vor Performanz Kognition: Sprachkompetenz Sprachgebrauch: Performanz

Sprachkompetenz vor Performanz Chomskys radikale Position: Alles, was Sprache ausmacht und hervorbringt, ist der mentalen Sprachkompetenz geschuldet. Forschungsfokus der Linguistik muss allein die Sprachkompetenz sein. (Vgl. auch Chomsky 1973: 15, 48f.)

Hintergrund der Position Chomskys Bis dato ungestellte Fragen: Wie gelangt ein Muttersprachler zu Grammatikalitätsurteilen? Woher weiß der Muttersprachler, dass (1) grammatisch, (2) aber ungrammatisch (obwohl semantisch sinnvoll) ist? 1) The dog looks terrifying. Der Hund sieht furchterregend aus. 2) *The dog looks lamb. Der Hund sieht Lamm aus.

Bis dato ungestellte Fragen Warum kann jeder Sprecher in seiner Muttersprache nie zuvor gehörte oder geäußerte, grammatisch korrekte Sätze formulieren und verstehen? Warum kann er theoretisch unendlich viele neue Sätze produzieren, selbst wenn sein sprachliches Wissen endlich sein muss? ( Kreativität der Sprache ; vgl. Chomsky 2004: 53)

Bis dato ungestellte Fragen Wie können gesunde Kleinkinder in einem Alter, in dem sie gerade erst des Laufens mächtig sind, unabhängig 1) von der Ethnie ihrer genetischen Eltern, 2) von ihrem eigenen genauen Intelligenzgrad 3) von der Qualität des sprachlichen Inputs das orale Sprachsystem ihrer jeweiligen Caretaker in einem äußerst kurzen Zeitraum erwerben (vgl. u.a. Chomsky 1977: 12f.)?

Chomskys Lösung: Universalgrammatik Chomskys Antwort: eine allem Gebrauch vorausgehende, ergo angeborene, und dann auch folglich allen Menschen gleichermaßen angeborene, ergo universale Sprachfähigkeit These der genetisch festgelegten, rein kognitiven und jeglicher Sprachproduktion und Sprachrezeption vorgeordneten Sprachkompetenz

Chomskys Lösung: Universalgrammatik Man beachte: Inzwischen liegen durchaus auch alternative Theorien bzw. Differenzierungen seines Ansatzes vor; zurzeit Chomskys Eintreten in den wissenschaftlichen Diskurs löste dieser allerdings einen Paradigmenwechsel aus:

Chomskys Lösung: Universalgrammatik Chomsky wird zum Initiator einer neuen kognitiv orientierten Linguistik und zu einem der bedeutendsten Linguisten seines Jahrhunderts. Er war maßgeblich an der Demontage des Behaviorismus und am damit verbundenen Aufstieg der so genannten Cognitive Science beteiligt, welche eine zahlreiche Disziplinen durchströmende Kognitive Wende konstituierte.

Saussures Langue vs. Chomskys Kompetenz Langue = das einer sozialen Sprachgemeinschaft angehörige System einer Einzelsprache, das dem Gebrauch dieser Einzelsprache vorgeordnet ist Faculty of Language = eine universale psychologische Fähigkeit, die in allen gesunden menschlichen Gehirnen auf die gleiche Weise kognitiv verankert ist und damit die notwendige Voraussetzung für jeden Sprachgebrauch bzw. für jede mögliche natürliche Sprache bildet

Abschlussdiskussion In 4 Gruppen: Beziehen Sie Position für und gegen Chomskys These einer Faculty of Language auf der Basis von Pro und Contra Argumenten! Slam: Je zwei Gruppen treten gegeneinander an.

Literatur zur Nachbereitung Sprache und Sprechen : Kessel und Reimann 2012: Kap. V Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft : Saussure in Hoffmann 2010: S. 39 57