Der niederländische Fall

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Transkript:

Fachtagung: Europäisches Sozialmodell der österreichische Wohnbau als Best Practice? Alexis Mundt Der niederländische Fall Konsequenzen für EU-Staaten Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen GmbH. PF 2, A 1020 Wien +43 1 968 6008 mundt@iibw.at

Überblick Grundlegendes zum niederländischen Wohnungsmarkt EU-Recht und soziale Wohnungssektoren Der niederländische Fall: Chronologie Ergebnis: mögliche Auswirkungen auf EU-Staaten und Österreich

Grundlegendes zum niederländischen Wohnungsmarkt Starker staatlicher Eingriff über indirekte Förderungen, mittlerweile vor allem im Eigentumssegment Umstellung auf Wohnbeihilfen Starke Dynamik bei Wohnungspreisen Dominierende Bedeutung des sozialen Mietsegments

Das soziale Mietsegment 430 Wocos ( Woningcoperaties ) Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen, Wien Dominante Position, aber Rückgang des Bestandes 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Niederlande d Österreich Dänemark Schweden England Il Irland Ungarn Spanien Unabhängiger Sektor, aber gestützt durch Fonds Weites Tätigkeitsfeld Weitreichende Mietenregulierung Soziale Miete Private Miete Eigentümer Daten ca. 2008, IIBW

EU-Recht und soziale Wohnungssektoren Subsidiaritätsprinzip versus Wettbewerbsrecht Liegt eine staatliche Beihilfe vor? (Art. 107 Reformvertrag) Unternehmen (wirtschaftliche Tätigkeit)? Finanzierung aus öffentlichen Mitteln (dem Staat zuzurechnen)? Selektive Begünstigung? Verfälschung des Wettbewerbs? Beeinträchtigung des internationalen Handels?

Handelt es sich um eine Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse: DAWI? (Art. 106 (2) Reformvertrag) Altmark-Kriterien von 2003: Gemeinwohlverpflichtung? Betrauungsakt? Berechnung der Ausgleichszahlungen? Vorkehrungen gegen Überkompensierung (d.h. Überwachung)? Monti-Kroes-Paket 2005 bis 2007: Entfall der Notifizierungspflicht und Sonderregelungen für Sozialen Wohnbau

Der niederländische Fall: Chronologie Erste Beschwerde des Verbands institutioneller Investoren bei der Kommission (IVBN) 14. Juli 2005: Brief der Kommission an die niederländische Regierung Konsultationen zwischen niederländischer Regierung und Kommission Seit 2005 bis aktuell: Breite Diskussion über Rechte und Pflichten sowie Zukunft der Wocos (Minister kommen und gehen) 3. Dezember 2009: Brief der niederländischen Regierung mit Änderungsplänen 14. Jänner 2010: Endgültige Kommissionsentscheidung 30. April 2010: Beschwerde zahlreicher Wocos beim EuGH

Endgültige Kommissionsentscheidung Jänner 2010 Sozialer Wohnbau für benachteiligte Bürger und sozial schwache Gruppen Kommerzielle Aktivitäten auf Marktbasis Angebot an sozialen Wohnungen anpassen Details (Vorschlag Regierung!): Einkommensgrenze 33.000 Maximale Sozialmiete: 650 90/10-Belegungsregel Mechanismus der Überwachung und Sanktionen Getrennte Buchführung

Auswirkungen auf die Niederlande? Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen, Wien Umsetzung über nationale Gesetze, vor allem ab 2011 Exklusion von mittleren Einkommensbeziehern Segregation? Residualisierung? Schwierigkeiten bei der Finanzierung kommerzieller Tätigkeiten Schwierigkeiten bei sozialen Tätigkeiten Einbruch beim Neubau Abbau von Überkapazitäten Wachsende Probleme bei der Leistbarkeit!

Auswirkungen auf EU-Staaten? Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen, Wien Unterschiede zwischen wohnungspolitischen Systemen universelle Systeme SE DK NL zielgerichtete Systeme (manche) neue Mitgliedsstaaten t t Arbeiter, Angestellte, Beamte, Risikogruppen unterste Einkommen, Risikogruppen

Wohnungseinheiten im sozialen sozialen Sektor pro 1000 Einwohner L. Ghekieres Zukunftsszenario 160 140 120 offenkundiger Fehler 100 80 60 40 20 Art.107 Art.106 (2) 0 NL AT DK SE CZ UK FIN FR PL BE IE DE SI MT EE IT PT BG SK HU CY LT RO LU LV ES EL

Auswirkungen auf Österreich? Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen, Wien Die Details der Entscheidung sind sicher nicht 1:1 für Österreich relevant Unterschiede: NL Regierung war an Neuregelung des Sektors interessiert WBF-Gesetze und Kostenmieten Aufsicht durch Bundesländer Einkommensgrenzen vorhanden

Einkommensgrenzen (2009) Salzburg Steiermark Burgenland Oberösterreich Wiener Wohnen Wien Sonstige Mietwohnungen nach 12 oder 14 WWFSG Niederlande 1 Person 2.300 2.800 2.700 3.100 2.300 2.800 2.750 2 Personen 3.600 4.300 4.000 4.600 3.500 4.200 3 Personen 3.900 4.600 4.400 5.000 3.900 4.700 4 Personen 4.400 5.000 4.600 5.400 4.400 5.300 Nettoeinkommen 12mal

Aber: Die Notwendigkeit der Altmark-Kriterien wurde hervorgehoben Antizipatives Verhalten ist möglich: Klare Betrauung mit Gemeinwohlverpflichtung? Bevorzugung von Risikogruppen? Klare Trennung zwischen Gemeinwohlverpflichtung und kommerzieller Tätigkeit? Bündnispartner?

Ergebnisse: EU-Kommission befürwortet zielgerichtete Definition von DAWIs im Bereich des Sozialen Wohnbaus Universelle Gemeinwohlverpflichtungen in der Defensive Wettbewerbsrecht mit Auswirkungen auf des Europäische Sozialmodell Aber: Entscheidung basiert auf Vorschlägen der Regierung Entscheidung entsteht im Zuge von Verhandlungen Einbindung von Akteuren ist notwendig Antizipative Anpassung ist möglich

Danke für die Aufmerksamkeit! Rückfragen: mundt@iibw.at