Musterkonzept bewegungseinschränkende Massnahmen

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Transkript:

Herzlich Willkommen Musterkonzept bewegungseinschränkende Massnahmen Dr. Regula Ruflin 1 1. Einleitung 2 Dr. Regula Ruflin 1

Musterkonzept: Zweck Das entwickelte Musterkonzept soll die Alters- und Pflegeheime bei der Formulierung ihres entsprechenden Konzepts zu bewegungseinschränkenden Massnahmen unterstützen: bei der Gliederung des Konzepts, mit Textbausteinen und Beispielen, mit Leitfragen. 3 Musterkonzept: Quellen Qualitätsstandards zum Umgang mit freiheitsbeschränkenden Massnahmen in Institutionen des Alters- und Behindertenamts ALBA, Gesundheits- und Fürsorgedirektion GEF, vom 16. Januar 2013 Richtlinien, Praxisanleitungen und Merkblätter von Verbänden, Institutionen und Gesellschaften: CURAVIVA Schweiz, Konferenz der Kantone für Kindes- und Erwachsenenschutz KOKES, Nationaler Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken ANQ, Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften SAMW, Schweizerische Gesellschaft für Gerontologie SGG. 4 Dr. Regula Ruflin 2

2. Regelungsbereiche im Musterkonzept 5 Regelungsbereiche: Überblick 1. Definition der in der Institution in Frage kommenden bm 2. Prävention 3. Anwendung 4. Überprüfung der bm 5. Dokumentation von bm 6. Information 7. Einbindung ins Qualitätsmanagement 6 Dr. Regula Ruflin 3

1. Definition von bewegungseinschränkenden Massnahmen a) konzeptionell vorgesehene generelle Einschränkungen, welche die gesamte Institution oder Abteilungen betreffen: im Betreuungsvertrag pro Bewohner/in spezifisch aufzuführen Einwilligung der betroffenen Person resp. von deren vertretungsberechtigter Person erforderlich b) individuelle Einschränkungen, die nicht vertraglich vereinbart sind: Vorgehen der Institution gemäss Musterkonzept. 7 Keine bewegungseinschränkende Massnahme (im Sinne des Erwachsenenschutzrechts) Bewegungseinschränkende Hilfsmittel, z.b. Steckbrett zur Unterstützung beim selbständigen Essen Die medikamentöse Bewegungseinschränkung ist eine medizinische Massnahme (im ZGB separat geregelt) 8 Dr. Regula Ruflin 4

Konzeptionell vorgesehene generelle Einschränkungen geschlossene Abteilungen; abgeschlossene Ausgänge; Lichtschranken/ Bewegungsmelder; Elektronische Raumüberwachung. Verlegung einer Person von einer offenen auf eine geschlossene Station Anpassung des Betreuungsvertrags 9 Individuelle bewegungseinschränkende Massnahmen (mechanische/ elektronische Einschränkungen) Abschliessen von Türen im Einzelfall Fixation durch Körpergurte oder Sicherheitswesten Feststellen von Rollstuhlbremsen Wegnahme des Elektrorollstuhles hochgestellte Bettgitter Pflegebody Spezialdecke (z.b. Zevi-Decke) Sitzmöbel, die das selbstständige Aufstehen verunmöglichen Sensormatten als Bettvorlage oder im Bett Funkortung 10 Dr. Regula Ruflin 5

2. Prävention Leitfrage: welche Massnahmen, Arbeitsmittel und -material werden eingesetzt, um bm zu vermeiden? Konzepte zur Vermeidung von bm Sensibilisierung und Erweiterung der Handlungskompetenz betroffener Personen, ihrer Angehörigen sowie der Mitarbeitenden Bauliche, strukturelle und personelle Massnahmen 11 3. Anwendung: Verantwortlichkeiten und Kriterien Entscheidungsprozess (Muster-Ablauf) Prüfung der Urteilsfähigkeit (Kriterien) Prüfung der Behandlungsmöglichkeiten (Leitfragen) Zuständigkeit für Anordnung (ordentlich, im Notfall) Durchführung einer bm Begleitmassnahmen Mögliche Folgen und Umgang damit 12 Dr. Regula Ruflin 6

4. Überprüfung der Massnahmen bei jeder Veränderung des Zustandes spätestens nach 6 Monaten ist zu dokumentieren 13 5. Dokumentation Leitfrage: Wie, wo und durch wen werden die bewegungseinschränkenden Massnahmen und deren Überprüfung protokolliert? (Muster-Ablauf) E-Dok (Pflegedokumentation) durch Pflegefachperson (Funktionsstufe III) 14 Dr. Regula Ruflin 7

6. Information Instruktion und Information der betroffenen Person Mittels Gespräch (von wem?) unmittelbar vor der Anwendung einer bewegungseinschränkenden Massnahme Protokollierung des Gesprächs (von wem, wo, wie?) Information der vertretungsberechtigten Person / Vertrauensperson nach der Anordnung und Durchführung einer bewegungseinschränkenden Massnahme (von wem, wann, wie?) über Inhalt und Form der Massnahme mit Hinweis auf das Recht zur Einsicht in Protokoll. Protokollierung der Information (von wem, wo, wie?) 15 7. Einbindung ins Qualitätsmanagement Statistische Auswertung: wer, wann, was, nach welchen Kriterien woraufhin? Entwicklung von Verbesserungsmassnahmen: In welchem Gefäss/in welchem Prozess? Wie wird deren Wirksamkeit überprüft? Generelle Reflexion und Schulung: Wie und wann? Aktualisierung des Konzepts 16 Dr. Regula Ruflin 8

3. Diskussion in Gruppen 17 Arbeitsfragen Welche individuellen bewegungseinschränkenden Massnahmen wenden wir in unserer Institution an? Welche generellen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit sind bei uns konzeptionell vorgesehen? Wo sind diese festgehalten? Welche Formen der Prävention (Sensibilisierung, bauliche, strukturelle, personelle Massnahmen) wenden wir derzeit schon an? Sind die beiden Muster-Abläufe (Entscheidungsprozess, Dokumentation) für uns verständlich? Bestehen noch offene Fragen? 18 Dr. Regula Ruflin 9

4. Umsetzung in den Institutionen 19 Schritte bei der Umsetzung (I) Verantwortlichkeiten in der Institution klären: wer entwickelt Konzept, welche Funktion/Person ist für welche Entscheidungen bei der Anwendung von bewegungseinschränkenden Massnahmen verantwortlich wer prüft, ob das Konzept umgesetzt wird? Musterkonzept für die Institution umschreiben: möglichst inhaltlich und vom Format her den weiteren Konzepten in der Institution anpassen (kann auch Teil eines bestehenden Konzepts sein) Bei Listen und Beispielen streichen, was auf die Institution nicht zu trifft und mit eigenem ergänzen Abläufe und Prozesse für Entscheidung, Betreuung und Dokumentation entwickeln und/oder anpassen 20 Dr. Regula Ruflin 10

Schritte bei der Umsetzung (II) Vorhandene Vorlagen, Checklisten, Briefe gemäss Konzeptinhalt anpassen Betreuungsverträge ergänzen mit konzeptionell vorgesehenen bewegungseinschränkenden Massnahmen Präventive Massnahmen überprüfen, entwickeln, standardisieren (z.b. Austauschgefässe für Mitarbeitende, Weiterbildungen, Sensibilisierung der Bewohner/innen) Controllinginstrumente definieren: was wird von wem ausgewertet? Integration ins bestehende Qualitätsmanagement entwickeln 21 Schritte bei der Umsetzung (III) Schulung für Mitarbeitende entsprechend ihrer Funktionen organisieren und durchführen, Auffrischungsveranstaltung planen Information über Änderungen und Anpassungen an Bewohner/innen und deren vertretungsberechtigte Personen Erfahrungsaustausch mit anderen Alters- und Pflegeheimen 22 Dr. Regula Ruflin 11

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit socialdesign ag www.socialdesign.ch 23 Dr. Regula Ruflin 12