7 Bedeutung und Logik

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Transkript:

7.1 Logische Eigenschaften von Sätzen 7.2 Logische Beziehungen zwischen Sätzen 7.3 Logische Beziehungen und Bedeutungsbeziehungen 7.4 Formale Semantik 7.1 Logische Eigenschaften von Sätzen Ein Satz φ ist logisch wahr oder eine Tautologie gdw φ in jedem möglichen ÄK und damit notwendig wahr ist. (1) Paul ist klug oder nicht klug. klug '( Paul ') klug '( Paul ') (2) Jede Frau ist eine Frau. (3) Zwei plus zwei ist gleich vier. (4) Ein Dackel ist ein Hund.? Was sind die logischen Formen von (2) und (4)? Satz (1) und (2) sind allein wegen ihrer logischen Form, d.h. aus Gründen der Logik wahr. Satz (3) ist aus Gründen der Mathematik wahr. Satz (4) ist auf Grund einer Bedeutungsbeziehung, genauer: der Hyponymie-Beziehung, zwischen den Ausdrücken Dackel und Hund wahr. Unter einem strengeren Blickwinkel sind nur Sätze wie (1) und (2) logisch wahr. Deshalb wird häufig zwischen solchen logisch wahren Sätzen im engeren Sinne und analytisch wahren Sätzen unterschieden.

Analytisch wahre Sätze (oder logisch wahre Sätze im weiteren Sinne) sind allein wegen ihrer syntaktischen Struktur und der Bedeutung der in ihnen vorkommenden Ausdrücke, unabhängig vom ÄK wahr. Der Philosoph und Logiker Rudolf Carnap (1891-1970) nahm an, dass analytisch wahre Sätze, die nicht ausschließlich auf Gesetzen der Logik oder Mathematik beruhen, auf Grund von Bedeutungspostulaten gelten. Bedeutungspostulate (BP) sind Konventionen mit Bezug auf die Bedeutung von Ausdrücken. Sie gelten mit analytischer Notwendigkeit ( : es ist analytisch notwendig, dass ). BP 1: x[ Junggeselle '( x) verheiratet '( x ) erwachsen '( x) männlich '( x) Mensch '( x )] BP 2: x[ Dackel '( x) Hund '( x)] Basis für die analytische Wahrheit von Satz (4) Analytisch bzw. logisch wahre Sätze enthalten keine spezielle Information über einzelne Situationen; sie sind also nicht informativ. Von ihnen werden synthetisch wahre Sätze unterschieden, die nur deshalb wahr sind, weil sie auf die Situation im gegebenen ÄK zutreffen. Sie liefern damit spezielle Information über die betreffende Situation. Es ist nicht immer leicht zu entscheiden, ob Sätze wegen der Bedeutung der in ihnen vorkommenden Ausdrücke gelten oder nicht.? Welche der folgenden Sätze sind analytisch bzw. logisch wahr? Worauf gründet sich dies jeweils? (1) Ein Junggeselle ist unverheiratet. (2) Jeder Mensch wird sterben. (3) Dieser Dackel ist ein Hund. (4) Rot ist eine Farbe. (5) Ein Vogel kann fliegen. (6) Nur Frauen können schwanger werden. Ein Satz φ ist logisch falsch oder eine Kontradiktion gdw φ in jedem möglichen ÄK und damit notwendig falsch ist. (1) Paul ist klug und nicht klug. (2) Es gibt eine Frau, die keine Frau ist. (3) Zwei plus zwei ist gleich fünf. (4) Ein Junggeselle ist verheiratet.? Was sind die logischen Formen von (2) und (4)?? Worauf gründet sich jeweils die Kontradiktion?

Logisch falsche Sätze sind allein wegen ihrer syntaktischen Struktur und der Bedeutung der in ihnen vorkommenden Ausdrücke, unabhängig vom ÄK falsch. Ein Satz φ ist kontingent gdw φ weder logisch wahr noch logisch falsch ist, d.h. wenn er je nach ÄK sowohl wahr als auch falsch sein kann. (1) Paul ist klug. (2) Einige Frauen sind blond. (3) Ein Hund bellt. (4) Jeder Junggeselle darf heiraten. Streng genommen können nur kontingente Sätze eine Information über die Welt liefern. Wenn nichtkontingente Sätze tatsächlich verwendet werden, um etwas über die im ÄK gegebene Situation auszusagen, sorgt das Prinzip der kontextangemessenen Interpretation dafür, dass sie zu kontingenten Sätzen uminterpretiert werden. Paul ist in der einen Hinsicht klug und in einer anderen nicht. 7.2 Logische Beziehungen zwischen Sätzen 7.2.1 Logische Implikation Die logische Implikation oder Folgerung ist die grundlegende logische Beziehung zwischen Sätzen. Ein Satz φ impliziert logisch einen Satz ψ bzw. ψ folgt logisch aus φ gdw in jedem möglichen ÄK gilt: Wenn φ wahr ist, dann ist auch ψ wahr. Notation: φ ψ (alternativ: φ ψ) (1) Paul ist klug und faul. Paul ist klug. (2) Jeder Student lacht. Ein Student lacht. (3) Carla ist verheiratet. Carla ist nicht ledig. (4) Emil ist Junggeselle. Emil ist unverheiratet.? Worauf gründet sich jeweils die logische Implikation? Logische Implikation ist Denotationseinschluss. φ ψ gdw φ ψ, d.h. φ impliziert logisch ψ gdw die Denotation von φ eine unechte Teilmenge der Denotation von ψ ist.

Jeder Student lacht. Ein Student lacht. gdw { s Jeder Student lacht in s } { s Ein Student lacht in s} Hyponymie ist eine mögliche Basis von logischer Implikation. Wenn α hyponym zu β ist, dann gilt: xistein(e) α xistein(e) β und xistein(e) β xistein(e) α d.h. xistein(e) α xistein(e) β (1) Jeder Student lacht. Kein Student lacht nicht. (2) Fritz ist größer als Karl. Karl ist kleiner als Fritz. (3) Jeder ist ledig. Keiner ist verheiratet. (4) Carla ist die Gattin von Paul. Carla ist die Ehefrau von Paul.? Worauf gründet sich jeweils die logische Äquivalenz? Logische Äquivalenz ist wechselseitige logische Implikation. φ ψ gdw φ ψ und ψ φ. Weil Nelke ein Hyponym von Blume ist, gilt: Das ist eine Nelke. Das ist eine Blume. und Das ist eine Blume. Das ist eine Nelke. d.h. Das ist eine Nelke Das ist eine Blume. 7.2.2 Logische Äquivalenz Zwei Sätze φ und ψ sind logisch äquivalent gdw in jedem möglichen ÄK gilt: φ ist wahr gdw ψ wahr ist. Notation: φ ψ (alternativ: φ ψ) Logische Äquivalenz ist Denotationsgleicheit. φ ψ gdw φ = ψ. Synonymie ist eine mögliche Basis von logischer Äquivalenz. Wenn α und β synonym sind, dann φ φ[ β/ α], wobei φ und φ[ β/ α] sich nur dadurch voneinander unterscheiden, dass α durch β ersetzt worden ist. Weil Vetter und Cousin Synonyme sind, gilt: Paul ist Claras Vetter. Paul ist Claras Cousin.

7.2.3 Kontrarietät Kontrarietät ist neben Subkontarietät und Kontradiktion eine Beziehung des logischen Gegensatzes zwischen Sätzen. Zwei Sätze φ und ψ sind (zueinander) konträr gdw φ und ψ nicht zusammen wahr sein können. Für zwei konträre Sätze φ und ψ gilt: Immer wenn φ (ψ) wahr ist, ist ψ (φ ) falsch. φ und ψ sind konträr gdw φ ψ. Es ist möglich, dass zwei konträre Sätze zusammen falsch sind. (1) Paul ist klug. Paul ist dumm. (2) Jeder Student lacht. Kein Student lacht. (3) Fritz ist größer als Karl. Fritz ist kleiner als Karl.? Worauf gründet sich jeweils die Kontrarietät? Inkompatibilität ist eine mögliche Basis von Kontrarietät. Wenn zwei Ausdrücke α und β inkompatibel sind, dann xistα xist β. Weil rot ein Heteronym von blau ist, gilt: Der Ball ist rot. Der Ball ist nicht blau. und damit Der Ball ist rot. Der Ball ist blau. Aus der Kontrarietät von Sätzen φ und ψ ergibt sich ihre Inkompatibilität und damit auch die Disjunktheit ihrer Denotationen. φ und ψ sind konträr gdw φ und ψ inkompatibel sind. φ und ψ sind konträr gdw φ ψ =. 7.2.4 Subkontrarietät Zwei Sätze φ und ψ sind (zueinander) subkonträr gdw φ und ψ nicht zusammen falsch sein können. Für zwei subkonträre Sätze φ und ψ gilt: Immer wenn φ (ψ) falsch ist, ist ψ (φ ) wahr. φ und ψ sind subkonträr gdw φ ψ.

Es ist möglich, dass zwei subkonträre Sätze zusammen wahr und damit kompatibel sind. (1) Paul ist nicht klug. / Paul ist nicht dumm. (2) Einige Studenten lachen. / Einige Studenten lachen nicht. (3) Fritz ist nicht größer als Karl. / Fritz ist nicht kleiner als Karl. 7.2.5 Beziehung der Kontradiktion Zwei Sätze φ und ψ sind zueinander kontradiktorisch gdw φ und ψ nicht zusammen wahr und nicht zusammen falsch sein können. (1) Paul ist klug. Paul ist nicht klug. (2) Einige Studenten lachen. Kein Student lacht. (3) Fritz ist größer als Karl. Fritz ist nicht größer als Karl.? Worauf gründet sich in (1) (3) die Beziehung der Kontradiktion? Die Beziehung der Kontradiktion ist ein Sonderfall der Kontrarietät. Alle Sätze, die zueinander kontradiktorisch sind, sind auch konträr, aber nicht umgekehrt (weil konträre Sätze beide falsch sein können). Für zwei zueinander kontradiktorische Sätze φ und ψ gilt: Immer wenn φ (ψ) wahr ist, ist ψ (φ ) falsch; immer wenn φ (ψ) falsch ist, ist ψ (φ ) wahr. φ und ψ sind zueinander kontradiktorisch gdw φ ψ, d.h. wenn φ ψ und φ ψ.? Ist es möglich, dass zwei zueinander kontradiktorische Sätze kompatibel sind? Die Beziehung der Kontradiktion ist auch ein Sonderfall der Subkontrarietät. Alle Sätze, die zueinander kontradiktorisch sind, sind auch subkonträr, aber nicht umgekehrt (weil subkonträre Sätze beide wahr sein können). Einen Gesamtüberblick über die betrachteten Beziehungen zwischen Sätzen liefert das logische Quadrat, in dem die möglichen logischen Verhältnisse von quantifizierenden Sätzen dargestellt werden.

Das logische Quadrat xφ xφ x φ x φ konträr 7.3 Logische Beziehungen und Bedeutungsbeziehungen Logische Beziehungen zwischen Sätzen sind streng genommen keine Bedeutungsbeziehungen. Sie betreffen lediglich das Verhältnis der Wahrheitsbedingungen bzw. der Denotationen der jeweiligen Sätze. impliziert impliziert kontra diktorisch logisch logisch Zwischen Sätzen können logische Beziehungen bestehen, ohne dass die Sätze in ihren Bedeutungen etwas miteinander zu tun haben. 7.3.1 Logische Implikation vs. Bedeutungseinschluss Eine logische Implikation φ ψ kann darauf beruhen, dass die Bedeutung von φ die von ψ einschließt. Carla ist eine blonde Frau. Carla ist blond. subkonträr xφ xφ x φ x φ Der Bedeutungseinschluss von ψ in φ ist aber keine notwendige Bedingung für φ ψ. Die Definition der logischen Implikation sagt nur etwas über den Wahrheitswert von ψ für den Fall, dass φ wahr ist.

Falls φ falsch ist, könnte ψ sowohl wahr als auch falsch sein; falls ψ wahr ist, könnte φ sowohl wahr als auch falsch sein. Damit gilt: Aus einem logisch falschen Satz folgt Beliebiges. Es regnet und es regnet nicht. Der Mond ist ein Käse. Ein logisch wahrer Satz folgt aus Beliebigem. Der Mond ist ein Käse. Es regnet oder es regnet nicht. Logische Implikationen dieser Art scheinen kontraintuitiv zu sein, weil in beiden Fällen die Bedeutungen der beteiligten Sätze φ und ψ unabhängig voneinander sind. Man spricht deshalb auch von Paradoxien der logischen Implikation. Es gibt zahlreiche logische Theorien, in denen diese wahrheitskonditional völlig korrekten Implikationen ausgeschlossen oder zumindest isoliert werden sollen. Für das praktische Schließen sind solche Sonderfälle ungefährlich: Normalerweise werden nur kontingente Sätze φ und ψ als Prämissen und Konklusionen von Schlüssen verwendet. Wenn φ und ψ beide kontingent sind und φ ψ, aber nicht ψ φ, dann liefert ein Schluss von φ auf ψ Information über einen Sachverhalt derart, dass die Information von ψ allgemeiner als die von φ ist. Selbst wenn φ und ψ beide kontingent sind, muss φ ψ nicht einen Bedeutungseinschluss von ψ in φ zum Ausdruck bringen. Heute ist Donnerstag. Vorgestern war nicht Sonntag. Die Beziehung des Bedeutungseinschlusses (der semantischen Implikation, des semantischen Enthaltens, des Entailment ) ist spezieller als die Beziehung der logischen Implikation. 7.3.2 Logische Äquivalenz vs. Bedeutungsgleichheit Eine logische Äquivalenz φ ψ kann darauf beruhen, dass φ und ψ synonym, d.h. in ihrer Bedeutung gleich sind. Es gibt logisch äquivalente Sätze φ und ψ, die zwar deskriptiv synonym sind, sich aber in ihrer nicht-deskriptiven Bedeutung unterscheiden.

(1) Carla ist eine Frau. Carla ist ein Weib. (2) Herr Meier, Sie sind faul. Meier, Du bist faul. Die Entscheidung für jeweils einen der beiden Sätze in (1) und (2) ist nicht eine Frage der deskriptiven Adäquatheit, sondern der Angemessenheit. Die Sätze in (1) und (2) sind nur partiell deskriptiv synonym. Sie drücken zwar jeweils denselben Sachverhalt aus. Dies geschieht aber auf verschiedene Weise. In (1) bezieht sich Satz A auf den Inhalt des Glases, Satz B auf das, was im Glas fehlt. In (2) bezieht sich Satz A auf den Tag der Äußerung, Satz (B) auf den Tag danach. Die deskriptive Synonymie von φ und ψ ist eine hinreichende, aber keine notwendige Bedingung für φ ψ. Die Definition der logischen Äquivalenz fordert nur, dass φ und ψ immer denselben Wahrheitswert haben. Damit sind auch einerseits alle logisch wahren und andererseits alle logisch falschen Sätze logisch äquivalent. (1) Ein Dackel ist ein Hund. Zwei plus zwei ist vier. (2) Ein Dackel ist kein Hund. Zwei plus zwei ist fünf. Fazit Die Beziehung der Bedeutungsgleichheit (der semantischen Äquivalenz, der Synonymie) ist spezieller als die Beziehung der logischen Äquivalenz. Da die Wahrheitsbedingungen bzw. Denotationen von Sätzen durch deren Bedeutungen, d.h. die von ihnen ausgedrückten Propositionen determiniert werden, lässt sich folgende wichtige semantische Arbeitshypothese formulieren: Selbst wenn φ und ψ beide kontingent sind, muss φ ψ nicht die deskriptive Synonymie von φ und ψ zum Ausdruck bringen. (1) A. Das Glas ist halb voll. B. Das Glas ist halb leer. (2) A. Heute ist Donerstag. B. Morgen ist Freitag. Wenn zwischen zwei kontingenten Sätzen φ und ψ eine der betrachteten logischen Beziehungen besteht, dann basiert diese Beziehung auf einem Bedeutungszusammenhang zwischen φ und ψ.

7.4 Formale Semantik Der logische Ansatz der Bedeutungsanalyse bildet die Basis von formal-semantischen Untersuchungen. Die formale (oder wahrheitskonditionale) Semantik trifft die folgende Grundvoraussetzung: Die Bedeutung eines beliebigen Satzes kann mit seinen Wahrheitsbedingungen bzw. seiner Denotation identifiziert werden. Allgemein wird in der formalen Semantik die Bedeutung eines beliebigen Ausdrucks mit seiner Denotation identifiziert. Die formale Semantik ist auf Grund von Annahme (2) folgenden Beschränkungen unterworfen: Soziale, expressive und andere nicht-deskriptive Bedeutungsanteile werden ausgeblendet. Die deskriptive Bedeutung wird nicht direkt erfasst, sondern nur ihre Auswirkung auf Wahrheitsbedingungen und Denotation. Unterschiede in der deskriptiven Bedeutung bei identischen Wahrheitsbedingungen bzw. Denotationen gehen verloren. Der Zusammenhang mit anderen Phänomenen der Kognition wie Perzeption, Konzeptualisierung, Lernen, Planen etc. bleibt unberücksichtigt. Die Identifizierung der Bedeutung eines Satzes mit seinen Wahrheitsbedingungen beinhaltet zwei Annahmen: (1) Durch die Bedeutung des Satzes ist festgelegt, unter welchen Bedingungen er wahr ist. gerechtfertigt (2) Durch die Wahrheitsbedingungen des Satzes ist festgelegt, was er bedeutet. Ausdruck bedeutet bedeutet = denotiert determiniert Konzept Denotation ungerechtfertigt

Zugleich weist die formale Semantik gegenüber anderen Herangehensweisen an Bedeutung entscheidende Vorzüge auf: Sie ist die bisher einzige Theorie, die es erlaubt, die Bedeutung (sprich: Denotation) von Ausdrücken unter Zugrundelegung des Kompositionalitätsprinzips zu beschreiben. Sie verwendet eine explizit definierte Sprache der semantischen Struktur oder Repräsentation, d.h. der logischen Form von Ausdrücken. Sie enthält eine detaillierte Theorie logischer Wörter wie und, nicht, alle, einige usw. Sie liefert eine präzise Beschreibung der logischen Eigenschaften und Beziehungen von Sätzen. Sie berücksichtigt die systematische Bezogenheit von Bedeutung auf die Welt. Lektüre Löbner: 4.2, 4.3, 4.5, 4.6 Saeed: 4.1 4.4 Zusatz: Jaszczolt: 3.1 3.4 Meibauer et al.: 5.3.2 Portner: 1. 3. Bach, E. (1989): Informal Lectures on Formal Semantics. Chierchia, G. & McConnell-Ginet, S. (1990): Meaning and Grammar. An Introduction to Semantics. Dowty, D. R. & Wall, R. E. & Peters, St. (1981): Introduction to Montague Semantics. Heim, I. & Kratzer, A. (1998): Semantics in Generative Grammar. Link, G. (1979): Montague-Grammatik. Die logischen Grundlagen. Lohnstein, H. (1996): Formale Semantik und natürliche Sprache. Partee, B. (1976): Montague Grammar. de Swart, H. (1998): Introduction to Natural Language Semantics. Diese Vorzüge machen formale Analysen zu einem äußerst leistungsfähigen Instrumentarium in der Semantik.