Der Luchs. 1. Hintergrund

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Transkript:

Der Luchs 1. Hintergrund Der Luchs (Lynx lynx) verschwand aus dem Bayerischen Wald um 1850. Ursächlich dafür war direkte Nachstellung, nicht die Zerstörung des Lebensraumes. Wenig Schalenwild führte zu großer Konkurrenzangst unter den jagdlich motivierten Landesfürsten, Übergriffe auf Kleinvieh wie Schafe und Ziegen schwor auch die ländliche Bevölkerung auf die Ausrottung der großen Katze ein. Im angrenzenden Böhmerwald hielt sich der Luchs noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Erste Hinweise auf seine Rückkehr stammen aus den fünfziger und sechziger Jahren, so im Fichtelgebirge und im Bayerischen Wald. Anfang der 70er Jahre werden in einer nicht genehmigten Aktion etwa 10 Luchse im Gebiet des Nationalpark Bayerischer Wald freigelassen. Diese Aussetzung führt zu massivem Protest in der Bevölkerung vor Ort, der sich im allmählichen Verschwinden der Tiere manifestiert. Nur im Bereich des Falkenstein können sich auch bis in die achtziger Jahre hinein Luchse halten. Foto: M. Wölfl 1982 bis 1989 setzen die tschechoslowakischen Behörden insgesamt 17 Tiere im Bereich des heutigen Sumava-Natinonalparkes frei. Diese Individuen bilden den Grundstock für die

heutige Luchspopulation im Bayerisch-Böhmischen Grenzgebirge. Seit Anfang der 90er Jahre ist der Luchs fester Bestandteil des Bayerischen Waldes, abwandernde Jungtiere versuchen immer wieder, sich die dem Grenzkamm vorgelagerten Bereiche als Lebensraum zu erschließen. Für den langfristigen Schutz des Luchses in der Region sind Lebensraumverbesserungen im klassischen Sinn nicht notwendig. Vielmehr muss das Misstrauen der Bevölkerung vor Ort gegenüber dem Artenschutz, das vor allem durch die Altlast der Wiedereinbürgerung entstanden ist, aufgearbeitet werden. Dem Luchs fehlt es im Bayerischen Wald nicht an Lebensraum, sondern an Toleranz und Akzeptanz. Der oft sehr emotional geprägte Umgang mit dieser Tierart macht eine sachliche Diskussion äußerst schwer und behindert eine interessensübergreifende, faktenorientierte Bearbeitung der Thematik. 2. Artenschutzprojekt Luchs 2.1. Organisation und Zielsetzung Das Artenschutzprojekt Luchs der Regierung von Niederbayern beginnt 1995 mit der Vergabe von Werkverträgen für die Erfassung der Verbreitung des Luchses und die Skizzierung der vorherrschenden Konflikte um diese Tierart vor Ort. Im Frühjahr 1996 wird der Schwerpunkt der Arbeit auf den Naturpark Bayerischer Wald e.v. übertragen, der seitdem das Artenschutzprojekt vor Ort umsetzt. Darüber hinaus widmet sich auch die Arbeitsgemeinschaft Fischotter/Luchs der Thematik. Die Zielsetzung des Artenschutzprojektes Luchs lässt sich wie folgt charakterisieren: Der generelle Ansatz lautet, durch fachlich fundierte und transparente Arbeit das in der Region vorherrschende Misstrauen aufzuarbeiten und dadurch den Boden für mehr Akzeptanz und Toleranz für den Luchs zu bereiten. Darauf aufbauend sollen die Voraussetzungen für ein langfristiges Miteinander von Mensch und Luchs in der Region geschaffen werden. Die offene Herleitung und Bereitstellung von Fakten führen zu Vertrauensbildung vor Ort; Verfügbarkkeit von Entscheidungsgrundlagen; Entscheidungsbildung und Maßnahmenumsetzung. 2.2. Arbeitsinhalte und Ergebnisse Status und Verbreitung Zu Beginn des Artenschutzprojektes Luchs steht die Erfassung des Luchsbestandes im Vordergrund. In Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald und den

Naturschutzverbänden in der Region werden Verbreitungsdaten zusammengetragen und ausgewertet. Dabei wird deutlich, dass sich der Luchsbestand in Bayern seit 1990 aufgebaut und mittlerweile bei 20 bis 30 Tieren stabilisiert hat. Skizzierung der vorherrschenden Konfliktpotentiale Im wesentlichen fehlt im Umgang mit den Luchs das Vertrauen zwischen den verschiedenen Interessensgruppen wie Artenschutz, Jagd, Forst und Landwirtschaft. Zwischen den Luchsbefürwortern gibt es massive Reibungsverluste aufgrund von ungeklärten Zuständigkeiten. Von der Landnutzerseite werden Schäden an Haustier- und Wildtierbeständen befürchtet. Öffentlichkeitsarbeit Wissensdefizite und Wunschdenken sowohl bei Luchsbefürwortern als auch gegnern machen eine faktenorietierte Öffentlichkeitsarbeit notwendig. Eine 14seitige Broschüre mit einer Auflage von 8 000 Stück ist mittlerweile fast vergriffen. Mit Stand vom 30.10.2001 ist das Artenschutzprojekt Luchs in der Region über Vorträge und Präsenz in Veranstaltungen (ca. 150), Presse (ca. 60), Hörfunk (11) und Fernsehen (6) in der Region präsent. Seit Frühjahr 2001 werden Schulklassen im Rahmen von Projekttagen in die Öffentlichkeitsarbeit miteinbezogen (22). Posterdarstellungen und eine Ausstellung komplettieren die Informationsarbeit. Vermittlung zwischen den Interessensgruppen Schnell wird deutlich, dass eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Interessengruppen für eine sachlich orientierte Diskussion notwendig wird. In einer Art Pendeldiplomatie werden die verschiedenen Interessensgruppen aufgesucht und über den aktuellen Stand der Luchsverbreitung und die vorherrschenden Konfliktpotentiale informiert. Als Meilenstein im Umgang mit dem Luchs gilt das Deggendorfer Luchssymposium, das im Herbst 1997 von den drei Artenschutzverbänden Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz und Landesjagdverband durchgeführt wird. Diese Allianz spricht sich eindeutig für den Erhalt und Förderung des Luchses aus, lehnt jedoch weitere Aussetzungen von Tieren ab. Als Folge des Symposiums finden diverse Rundtischgespräche mit Behörden- und Verbandsspitzen statt, auf denen weitere Maßnahmen zum Luchsschutz diskutiert werden (z.b. Luchs und Reh, Abgeltung von Luchsübergriffen auf Haustiere und Gatterwild Das Artenschutzprojekt Luchs übernimmt die Verwaltung und Umsetzung des beim Deggendorfer Symposiums eingerichteten Fonds über insgesamt 12 000 DM, der ab Anfang 1998 greift. In der Folge finden zwei Schulungen statt, in der vor allem Jäger vor Ort über Luchsökologie und Risserkennung ausgebildet werden. Dieses Netz von Luchsberatern gilt als Voraussetzung für eine fundierte Begutachtung gemeldeter Übergriffe. Mit Stand vom 30. September 2001 sind insgesamt 79 Begutachtungen durchgeführt und dabei 19mal der Luchs als Verursacher festgestellt worden (8 Schafe, Gehegewild: 6x Damwild, 2x Rotwild, 2

Mufflon, 1x Sikawild). Die Übergriffe wurden mit einer Gesamtsumme von 4 150 DM ausgeglichen. Abfrage der Gehegehaltungen in Nordostbayern Aufgrund der Vorwürfe, dass in der Region immer noch Luchse illegal ausgesetzt werden, führt das Artenschutzprojekt Luchs seit 1998 jährliche Abfragen der bekannten Luchsgehegehaltungen in Nordostbayern durch. Im Zuge der Umfrage, die sich bis auf den jeweiligen Beginn der Gehegehaltung bezog, wird bekannt, dass sich letztmals 1992 der Verbleib von zwei Tieren nicht nachweisen lässt. Internationale Zusammenarbeit Intensive Kontakte zu den Luchsexperten aus Tschechien bestehen seit Anfang des Projektes. Im Zuge der Radiotelemetrie, die im Nachbarland schon 1996 beginnt, werden nach Bayern einwechselnde Tiere von dem Naturpark Bayerischer Wald e.v. überwacht. Der Status und die Verbreitung der Luchspopulation werden erstmalig über die Grenzen hinweg dargestellt und publiziert. Für 1998 geht man von etwa 70 erwachsenen Luchsen im Raum zwischen Linz in Österreich, Pilsen in Tschechien und Hof in Deutschland aus. Die Daten werden im zweijährigen Turnus aufeinander abgestimmt und publiziert. Die vom Artenschutzprojekt Luchs herausgegebene Informationsbroschüre wird 1999 auf die tschechische und 2000 auf die österreichische Situation übertragen. Radiotelemetrie Seit dem Jahr 2000 verwendet das Artenschutzprojekt Luchs die Radiotelemetrie als erhobenen Eckpfeiler für eine faktenorientierte und ortsbezogene Öffentlichkeitsarbeit. Die Arbeiten verstehen sich als Ergänzung zu den von den Tschechen durchgeführten Arbeiten in den waldreichen Bereichen des Grenzkammes. In enger Abstimmung mit den örtlichen Jagdpächtern werden Luchse in freier Wildbahn gefangen und mit einem Funksender ausgestattet. Dann können die Tiere jederzeit geortet und Daten über ihre Raumnutzung und Nahrungswahl erhoben werden. Andra wird am 29.12.2000 bei Drachselsried im Zellertal besendert. Sie wiegt zum Fangzeitpunkt 16 kg, hat eine Schulterhöhe von 68 cm und wird als 2-3jähriges Weibchen klassifiziert. Mit Stand vom 30. September 2001 lassen sich folgende, jedoch noch vorläufige Ergebnisse aus der Überwachung des Tieres ableiten: Andra nutzt das Gebiet zwischen Kötzting, Drachselsried, Arber und dem tschechischen Nyrsko und ist regelmäßig auf einer Fläche von 240 km² unterwegs. Die durchschnittliche Distanz zwischen zwei aufeinanderfolgenden Tageslagern beträgt 4.8 km und variiert zwischen 0 und 16.5 km. Insgesamt 16 Risse (14 Rehe, 2 Hasen) können der Luchsin zugeschrieben werden, allesamt zu 100% genutzt. 15 Losungen werden derzeit von den tschechischen Kollegen im Rahmen einer dortigen Diplomarbeit analysiert.

3. Ausblick Die Arbeit des Artenschutzprojekt Luchs im Bayerischen Wald hat zu einer deutlichen Versachlichung der öffentlichen Diskussion geführt. Dazu haben Maßnahmen wie fachlich fundierte Information, die Einrichtung des Luchsfonds und die Ausbildung von Luchsberatern beigetragen. Die regionale, überregionale und internationale Zusammenarbeit wurde wesentlich verbessert und als Folge ein erster Überblick über den Status und die Verbreitung des Luchses in der Böhmerwald-Region geschaffen. Die Radiotelemetrie liefert weitere Fakten und trägt zur Vertrauensbildung bei. Diesen Weg will das Artenschutzprojekt Luchs weitergehen. Zukünftig werden folgende Schwerpunkte gesetzt: Radiotelemetrie als Eckpfeiler für eine fachlich fundierte Öffentlichkeitsarbeit und einer Vertrauensbildung vor Ort Ausweitung der Informationsmedien (Projektzeitung, Website) Vorstellung des Artenschutzprojektes in Schulen Diskussion, Abstimmung und Umsetzung eines länderübergreifenden Managements der Luchsthematik Das Artenschutzprojekt Luchs betreut federführend den Kern der bayerischen Luchspopulation. Das Projekt strebt den ausgewogenen Umgang mit der Luchsthematik an und kann hier Beispiel sein für den Umgang mit einer Großtierart in Deutschland. Als Drehscheibe der Luchsthematik fokussiert das Artenschutzprojekt Luchs auf eine transparente und fachlich fundierte Öffentlichkeitsarbeit. Auf dieser Grundlage werden Managementstrategien erarbeit und umgesetzt, um eine langfristige Koexistenz von menschlichen und tierischen Nutzungsansprüchen zu schaffen. Dipl.-Biol. Manfred Wölfl Trailling 1a 93462 Lam

Der Fischotter Seit 1988 wird im Bayerischen Wald das Artenhilfsprogramm Fischotter umgesetzt. Das Projekt wird seit 1995 von einer Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz, der Regierung von Niederbayern, des Naturparks und der Arbeitsgemeinschaft Fischotterschutz begleitet. Foto: F. Leibl Auf Grundlage der bis 1992 durchgeführten Kartierungen wurde ein Konzept zur Erhaltung und Stabilisierung des Fischotters in Bayern, für das Bayerische Landesamt für Umweltschutz erarbeitet. Flächenscharfe Sicherungs- und Optimierungskonzepte wurden für einen Abschnitt der Fortpflanzungsgewässer Tausendbach (Landkreis Regen) und 15 km der Mitternacher Ohe (Landkreis Freyung-Grafenau) erstellt. Kartierung Für Maßnahmen zugunsten des Otters, ebenso wie bei Eingriffen an Gewässern ist die Kenntnis vom Vorkommen des Fischotters unerlässlich. Aus diesem Grund nahm die Kartierung einen breiten Raum ein. In den ersten Jahren wurden große Gewässerabschnitte oder den gesamten Wasserlauf abgespürt, von 1995 an im Wesentlichen unter Brücken nach Indizien für den Otter (Losung, Sekret, Trittsiegel, Scharrhäufchen) gesucht. Untersuchungsgebiete waren in Niederbayern die

2 Landkreise Freyung-Grafenau, Regen, Deggendorf und Passau. Ausgesuchte Gewässer standen aber auch in der Oberpfalz, in Oberfranken, Schwaben und Oberbayern auf dem Programm. Ergebnis: Das Fischottervorkommen in Ostbayern erstreckt sich in einem nahezu geschlossenen, bis etwa 50 km breiten Band von der österreichisch-bayerischen Grenze entlang der Grenze zu Tschechien bis zur Further Senke und erreicht im Landkreis Passau über Ilz und Erlau vermutlich die Donau. Gegenüber den ersten Kartierungen ist eine Zunahme der vom Otter bewohnten Gewässer zu verzeichnen. Die übrigen Nachweise aus der Oberpfalz (Haidenaab) und Oberfranken (Eger, Thüringische, Muschwitz) dürften auf Einzeltiere zurückzuführen sein.

3 Betreuersystem Um einen Überblick über die vom Otter bewohnten Areale bzw. Veränderungen in ihnen zubekommen, ist eine langfristige Beobachtung erforderlich. Als Stichprobenpunkte bieten sich Brücken an, da sie vom Otter gerne zur Markierung aufgesucht werden. Aus Mitgliedern von Naturschutz-, Fischereivereinen und der Jägerschaft wurde ein Betreuerstab aufgebaut. Die freiwilligen Helfer kontrollieren regelmäßig "ihre" Brücken, Zur Zeit sind 28 Betreuer zur Kontrolle von 119 Brücken in den Landkreisen Regen, Deggendorf, Freyung-Grafenau und Passau im Einsatz. Mit 61 Brückenbauwerken beteiligten wir uns an der "deutschlandweiten" Kartierung der Aktion Fischotterschutz/Hankensbüttel. Für einen reibungslosen Ablauf der Kartierungen ist es notwendig, mit den Betreuern ständig Kontakt zu halten. Totfunde Seit 1995 werden Totfunde im Naturpark Bayerischer Wald registriert. Rechnet man 2 Meldungen aus dem Jahr 1994 hinzu, so beläuft sich in Niederbayern die Anzahl der tot und verletzt aufgefundenen Tiere bis Anfang Oktober dieses Jahres auf 22. Davon gehen 20 Tiere auf das Konto des Straßenverkehrs. Im Landkreis Freyung-Grafenau starben 19 Individuen, im Landkreis Regen 3. Aus der Oberpfalz liegen 5 Meldungen aus den Jahren 1997 und 2000 vor, unter ihnen 3 Verkehrsopfer.

4 In einem Beitrag in der Zeitschrift "Jagd in Bayern" wurde an die Jagdpächter appelliert, bei Auffinden eines toten Otters Schädel und Kern für wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung zu stellen. Zur unentgeltlichen Analyse der Schadstoffbelastung konnte die Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach, zur Altersbestimmung das Naturkundemuseum in Görlitz gewonnen werden. Von den bisher eingesandten Kernen liegen aus Kulmbach erst die Ergebnisse von 6 Tieren vor, während 12 noch ausstehen. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Der in den Fischo t- tern nachgewiesene Radiocäsiumgehalt ist gering. Unter den Schwermetallen weist Cadmium erhöhte Werte auf, was aber nicht für eine Belastung des Lebensraumes spricht, da Cadmium lebenslang angereichert wird. Ein Tier zeigte einen erhöhten Kupferwert, offenbar aufgrund eines erhöhten Kupfergehaltes im Lebensraum. Bei allen untersuchten Tieren war die Belastung mit PCBs ziemlich hoch, vor allem mit dem gefährlichsten dem PCB-126. Ein Einfluss auf die Fortpflanzung ist nicht auszuschließen. Dr. Hecht führt die PCB-Belastung auf die Allgegenwart dieser Schadstoffe zurück. Bislang konnte das Alter von 15 Tieren mittels Zahnanschliff bestimmt werden. Fünf Individuen starben im ersten und zweiten Lebensjahr. Vier Otter befanden sich bei ihrem Tod im fünften bis achten Lebensjahr und 6 Tiere erreichten ein beachtliches Alter von 10 und mehr Jahren. Brückenoptimierung Brücken können zur tödlichen Gefahr werden, wenn sie dem Otter keine Markiermöglichkeit bieten. Nach einer Studie der Aktion Fischotterschutz/Hankensbüttel geschehen mehr als 50 % der Verkehrsunfälle an solchen Bauwerken. Seit 1996 bemühte ich mich daher, Straßenbau-, Tiefbau-, Wasserwirtschaftsämter und Gemeinden auf dieses Damoklesschwert hinzuweisen und von der Notwendigkeit zu überzeugen, solche Brücken zu optimieren bzw. neue Brückenottergerecht zu bauen. Auch die Höhere Naturschutzbehörde unterstützte diese Forderung. Normalerweise genügt das Einbringen von Steinen, um den Otter zur Unterquerung

5 eines Brückenbauwerkes zu bewegen. Bei hohem Wasserstand unter der Brücke sind Laufstege, in Form von Holzbohlen, die bessere Lösung. Brücke optimiert durch einen Steg Foto: Mau Inzwischen wurden in den Landkreisen Freyung-Grafenau, Passau, Regen, Deggendorf und Straubing-Bogen 32 Brücken für den Otter passierbar gemacht. Auc h scheint sich otterfreundlicher Brückenneubau durchzusetzen. Die teuerste Umgestaltung einer Brücke für den Otter erfolgte am Multiplate-Durchlass über den Pfeffermühlbach bei Waldkirchen, wofür ca. 50.000 DM der Wasserabsturz von 3-4m über die Böschung umgeleitet wurde. Diese Maßnahme war als Ausgleich für Straßenbau anerkannt worden. Fischteiche Schadensmeldungen an Fischteichen gingen aus dem Landkreis Regen in den letzten beiden Jahren gehäuft im Naturpark ein. Im Landkreis Freyung-Grafenau wandten sich Teichbesitzerdirekt an Herrn Poost. Konnte der Otter als "Täter" bestätigt werden, so regelte Herr Poost die Angelegenheit. Mehrmals ließen sich Teichbesitzer überreden, ihre Anlage zumindest zeitweise für Besatzmaßnahmen zugunsten des Otters zur Verfügung zu stellen. Ein kleiner Teich vor einer Fischzuchtanlage in Frauenau dient dem Otter, während der Wintermonate als Speisekammer und fungiert zugleich als Ablenkteich. Ebenfalls am Kleinen Regen liegt der im Winter besetzte, naturparkeigene Nahrungsteich. Stellungnahmen, Beratung In Stellungnahmen im Zusammenhang mit der geplanten Neuerrichtung von E-Werken und der Planung von Umgehungsstraßen konnten die Bedürfnisse des Otters deutlich gemacht werden. Die Beratung reichte über Auskunft zu Ottervorkommen (Planungsbüros bei Erstellen von Landschaftsplänen, bei Flächenankäufen, der Vergabe von Fischereirechten oder bei der Anlage von Loipen) und die Beantwortung verschiedenster Fragen zum Fischotter, die aus Ba y- ern und anderen Bundesländern eingingen, bis zur Hilfestellung bei Fach- und Diplomarbei-

6 ten, der Bereitstellung von Literatur zum Otter bzw. zu ottergerechten Brückenbau, von Bildmaterial oder Otterlosung. Öffentlichkeitsarbeit Die Darstellung des Otters in der Öffentlichkeit erfolgte in Vorträgen, Literaturbeiträgen, einer Fischotterbroschüre und Wanderausstellung des Naturparks, (die in Zusammenarbeit mit Herrn Hofmann und dem Büro "atelier & friends" entstanden ist) ebenso wie bei einer Exkursion an den Schwarzen Regen. Außerdem schrieb ich Artikel für die Presse und gab Interviews. Es wurden 2 Filmbeiträge anlässlich der Herausgabe der Naturpark-Broschüre zum Otter, sowie über Aktivitäten zugunsten des Otters im Bayerischen Wald gedreht. Ausblick Handlungsbedarf besteht bezüglich Sicherheit und Nahrungsangebot. Sicherheit für den Fischotter heißt ungefährdeter Aufenthalt an Gewässern und Uferzonen. Sie schließt gute Deckung, Durchgängigkeit der Wasserläufe, Verzicht auf Fallen und gering möglichste Gefährdung durch Straßen ein. Von essentieller Bedeutung für eine Stabilisierung und Ausbreitung des ostbayerischen Fischotterbestandes ist die Verfügbarkeit von Nahrung. Dabei ist der Erhalt und die Wiederherstellung von Lebensraum für Amphibien (Feuchtwiesen, Amphibientümpel) ebenso wichtig, wie der von Fischen (Unverbaute Wasserläufe und Uferzonen, ausreichendes Restwasser, Passierbarkeit bestehender Wehre). Wichtig scheint mir die Akzeptanz des Otters von Fischereivereinen. Auch sollte Öffentlichkeitsarbeit in Zukunft wieder Bestand des Artenhilfsprogrammes sein. Dipl. Biologin Dr. H. Mau Naturpark Bayer. Wald e.v. Infozentrum 3 94227 Zwiesel

Fledermausschutz im Bayerischen Wald 1. Veranlassung: Warum Fledermausschutz? Fledermäuse sind seit den 30er Jahren unter Schutz Die Tiere sind wichtige Mitglieder der heimischen Natur und die effektivsten nächtlichen Insektenvertilger Fledermäuse sind seit den 60er Jahren in ihren Beständen um 80-90 % zurückgegangen, vier Arten sind vom Aussterben bedroht, die Ursachen sind auf menschliche Einflüsse zurückzuführen Viele Fledermäuse leben in Gebäuden, dagegen lehnte ein Großteil der Bevölkerung die Fledermäuse wegen alter Vorurteile ab In Südostbayern waren bis in die 80ger Jahre keinerlei Fledermausvorkommen bekannt, nur bekannte Fledermausquartiere sind jedoch geschützte Quartiere Eine Erfassung der Bestände und direkte Hilfsmaßnahmen zur Unterstützung der Bestände waren dringend notwendig Bechsteinfledermaus Foto: Morgenroth 2. Maßnahmen: Was ist passiert? Seit 1990 wurde begonnen die Fledermausbestände in den Landkreisen Passau, Freyung-Grafenau, Regen, Straubing-Bogen und Deggendorf flächendeckend zu erfassen. Es wurden dabei z.b. alle Kirchen und viele Biotope und Ortschaften

2 kontrolliert, Kontakte mit verschiedenen Ämtern aufgenommen, Aufrufe in die Zeitung gesetzt, Keller und Stollen kontrolliert Es wird begleitend intensive Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Es wurden z.b. jährlich ca. 14 Artikel in die lokalen Zeitungen gesetzt, Vorträge gehalten, 4 Fernsehfilme gedreht, Radiointerviews gegeben, Exkursionen durchgeführt, eine erfolgreiche Wanderausstellung und Fledermausbroschüren erstellt. Es werden Beratungsgespräche und Schutzmaßnahmen durchgeführt. Es wurden z.b. Beratung zum Erhalt der Fledermäuse an Häusern durchgeführt, Stollen und Keller vergittert, Höhlenbäume erhalten, Fledermauskästen aufgehängt, Kirchen geöffnet. Es werden Renovierungen und Holzschutzbehandlung in Quartieren betreut. Es werden z.b. in Zusammenarbeit mit den Diözesanbauämtern und den Holzschutzfirmen Maßnahmen an Kirchen fachlich betreut. Renovierungen in Privathäusern werden intensiv begleitet Es wurde ein Betreuerkreis aus ehrenamtlichen Betreuern für jeden Landkreis aufgebaut. Um die Betreuung der bekannten Quartiere vor Ort zu verbessern wurden ehrenamtliche Betreuer gesucht. Es finden z.b. regelmäßige Betreuertreffen statt, Schulungen und Exkursionen werden durchgeführt. 3. Ergebnisse: Was ist dabei herausgekommen? Das Untersuchungsgebiet erwies sich als ausgesprochen bedeutendes Rückzugsgebiet für Fledermäuse, besonders für seltene und stark geschützte Arten Alle Fledermausarten stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten, von 19 regelmäßig in Bayern vorkommenden Arten wurden 18 in Südostbayern gefunden. Die fehlende Art "Große Hufeisennase" ist an Kalksteingebiete gebunden. Für 8 seltene und stark bedrohte Arten hat der Ostbayerische Raum besondere Bedeutung: Fledermausart Häufigkeit in Ostbayern Häufigkeit bayernweit Schutzstatus FFH-Art Kleine selten selten Vom Aussterben nein Hufeisennase bedroht, FFH Wimperfledermaus selten selten Vom Aussterben bedroht, FFH nein Mopsfledermaus häufig selten Vom Aussterben bedroht, FFH ja Große häufig zerteilt Stark gefährdet ja Bartfledermaus Kleine häufig häufig gefährdet ja Bartfledermaus Fransenfledermaus häufig zerteilt gefährdet ja Bechsteinfledermaus zerteilt selten gefährdet, FFH ja Wasserfledermaus häufig häufig Vorwarnliste ja Fortpflanzung

3 Großes Mausohr zerteilt zerteilt Gefährdet, FFH ja Braunes Langohr häufig häufig gefährdet ja Graues Langohr häufig zerteilt Stark gefährdet ja Nordfledermaus häufig selten Stark gefährdet ja Zweifarbfledermaus häufig selten Extrem selten ja Breitflügelfleder zerteilt zerteilt Vorwarnliste ja maus Großer häufig häufig gefährdet? Abendsegler Kleiner zerteilt selten Stark gefährdet ja Abendsegler Rauhhautfledermaus selten selten Stark gefährdet nein Zwergfledermaus häufig häufig Vorwarnliste ja Die Quartiere in den Privathäusern sind erst teilweise erfasst, die Meldungen nehmen zu. Die Bevölkerung erwartet Resonanz Die Bestandserfassung der Waldfledermäuse liegt noch in den Anfängen, seltene Arten wurden gefunden und sind weiter zu erwarten (z.b. Kleinabendsegler und Bechsteinfledermaus.) Nach einer langfristigen Öffentlichkeitsarbeit ist die Anteilnahme in der Bevölkerung deutlich gestiegen, die Einstellung hat sich wesentlich gebessert. Es wurde z.b. eine stark gestiegene Anfrage bezüglich Schutz- und Verbesserungsmaßnahmen für Fledermäuse registriert, insbesondere hinsichtlich Renovierungen, und aufgefundenen Fledermäusen, es gehen dauerhaft Meldungen von Tierärzten, Polizei, Feuerwehr, verschiedenen Organisationen, Vereinen und Privatleuten ein. Einstellung gegenüber Fledermäusen 1990 11% 60% 29% Auswertungen aller Gespräche seit Kartierungsbeginn 1990 Gelb = negative Einstellung, Rot = gleichgültige Einstellung, Blau = positive Einstellung

4 Einstellung gegenüber Fledermäusen 1999 10% 33% 57% Es werden zunehmend Meldungen registriert die keiner Anzeige (sonst. Meldung, rot) folgen, eine Folge verbesserter Aufklärung und Betreuertätigkeit, Beispiel LKR PASSAU Meldungen und Anfragen 1990-2000 Anzahl 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Kartierungsjahr sonst. Meldung Anzeige Die Kirchenquartiere sind zu fast 100 % erfasst, es fehlen jedoch die größeren Kapellen und einige Schlösser, es wurde ein Monitoringprogramm zur Bestandskontrolle und Entwicklung in einzelnen Kirchen etabliert. Die Anzahl der Kirchen-Fledermäuse in Ostbayern ist hoch und nimmt zu. Seit 1990 wurden 15 Kirchen mit neuen Langohrkolonien und einer Mausohrwochenstube besiedelt, die Anzahl der Tiere in den Kolonien ist stabil oder steigt an. Bei fachlich begleiteter Renovierung oder Holzschutzbehandlung bleiben die Kolonien erhalten. Durch die begleitenden Maßnahmen liegt der Verlust von wichtigen Quartieren bei weniger als 5%. Diese Quartiere wurden in der fledermausfreien Zeit verschlossen und Ersatzquartiere geschaffen.

5 Anteil besetzter Kirchen 22% 6% 12% 60% Der Anteil der mit Fledermäusen besetzten Kirchen ist hoch Gelb = Einzeltiere Grün = Wochenstuben/Kolonien Blau = ehem. Kolonien nach Renovierung erloschen Rot = nicht besetzt (meist fledermausfeindliche Renovierung) Zunahme zweier Mausohrkolonien im Landkreis Straubing seit 1989 400 350 300 250 Anzahl 200 150 100 50 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Kartierungsjahr Falkenfels Degernbach Bestandsentwicklung der unter fachlicher Leitung renovierten Kirchen Falkenfels und Degernbach im Landkreis Straubing-Bogen, die Renovierung Falkenfels (blau) erfolgte im 1. Jahr, die Renovierung Degernbach (rot) im 11 Jahr. Der Rückgang der Zahlen in Falkenfels im 11 Jahr ist durch die falsche Zählung einer Betreuerin entstanden. Im Jahr 2000 sind in fünf Landkreisen und zwei kreisfreien Städten jetzt 65 ehrenamtliche Fledermausbetreuer im Einsatz. Die Betreuer übernehmen 1-8 verschiedene Gemeinden. Sie arbeiten selbständig, werden bei Bedarf fachlich unterstützt. Schulungen werden mehrmals jährlich vorgenommen, das Betreuersystem ist sehr effektiv. Sehr aufgeschlossene Quartierbesitzer betreuen ihr eigenes Fledermausquartier Neben den ehrenamtlichen Fledermausbetreuern wurden aufgeschlossene Quartierbesitzer für Ausflugszählungen geschult. Sie teilen ihre Beobachtungen den Betreuern mit.

6 Der Bayerische Wald verfügt über vergleichsweise sehr gut besetzte Winter- und Balzquartiere. Besonders der Silberberg hat als Winterquartier europaweite Bedeutung. Die Schutzmaßnahmen v.a. in den Winterquartieren zeigten Erfolg, in den Quartieren war eine deutliche Zunahme der Tiere zu verzeichnen. 4. Schlussfolgerung: Wie soll es weitergehen? Die große Bedeutung des Ostbayerischen Raumes für seltene und bedrohte Fledermausarten lässt uns eine hohe Verantwortung für den Schutz und weiteren Bestand dieser Tiere tragen! Ausbau, Fortführung und Koordinierung des Betreuersystems. Ziel ist eine langfristige Betreuung aller Gemeinden, eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und Betreuung vor Ort. Die Betreuer müssen dabei kontinuierlich betreut, geschult und fachlich unterstützt werden. Weitere Suche nach Wochenstuben in Privathäusern. Die Dunkelziffer liegt hier noch sehr hoch und nur bekannte Quartiere können gesichert und geschützt, Beratungsgespräche durchgeführt und Probleme gelöst werden, nur bekannte Quartiere sind sichere Quartiere. Verstärkte Suche von seltenen Waldfledermäusen, Ausweisung von Höhlenbäumen, Anbringung von Nistkästen. Die Dunkelziffer ist hier noch höher, es drohen Bestandsverluste durch die rein wirtschaftlich orientierte Waldnutzung, eine Zusammenarbeit mit Forstämtern, Waldbesitzern und Verbänden wird angestrebt. Fortsetzung der Öffentlichkeitsarbeit. Dem wachsenden öffentlichen Interesse muß Rechnung getragen werden, die Öffentlichkeitsarbeit wird fortgesetzt, angedacht wurde z.b. eine Fledermausnotrufnummer und der Ausbau unserer bestehenden Aufnahmestation, evtl. ein Fledermauszentrum. Weitere fachliche Betreuung der Renovierungen und Holzschutzmaßnahmen. Dem Quartierverlust muss durch Maßnahmen entgegengewirkt werden. Kirchen müssen für eine wachsende Zahl an Kirchenfledermäusen geeignet bleiben. Weiterführung des Monitorigprogrammes zur Bestandsentwicklung. Die Winterquartiere und Wochenstuben sind ausgesprochen gefährdete Quartiere, sie müssen in regelmäßigen Abständen kontrolliert und gezählt werden um Unfälle und Verluste zu vermeiden. Forschung mit neuen Methoden an den seltenen Arten. Mit neuen Techniken wie Telemetrie und besseren Detektoren kann die Lebensweise der Tiere besser erforscht und weitere Information zur Verbreitung und Schutz erhalten werden. Es wird eine internationale Kooperation mit den tschechischen Kollegen angestrebt. Erstellen eines Fledermausatlas für Ostbayern und Sumava. Die Fledermausforschung in Tschechien ist ebenfalls sehr weit fortgeschritten und die Zusammenarbeit ist bereits sehr gut. Es sollen die Daten beidseitig der Grenze aufbereitet und populärwissenschaftlich publiziert werden. Eine Internetseite ist geplant.

7 Weiterführung der Schutzmaßnahmen. Die Beratungsgespräche vor Ort erweisen sich als überaus effektive Schutzmaßnahmen und sollten fortgesetzt werden. Weitere Schutzmaßnahmen, Verschluss von Winterquartieren, die Öffnung von Kirchen, Aufhängung von Kästen, Ausweisung von Bäumen etc. sind sinnvoll. Interessierte Hausbesitzer werden hinsichtlich Fledermausschutz in Haus und Garten beraten. Jede Renaturierung von Gewässern und Schaffung von Vernetzungsstrukturen und Biotopen als Jagd- und Nahrungsgebiet unterstützt den Fledermausbestand. Dipl. Biol. S. Morgenroth Holzheim 16 92331 Parsberg

Wasseramsel und Flussuferläufer im Bayerischen Wald Wasseramsel und Flussuferläufer sind Charakterarten für saubere, naturnahe und noch weitgehend ungestörte Bäche und Flüsse. Von den vielfältigen Eingriffen in die Gewässerlandschaften während der letzten Jahrzehnte sind beide Arten deshalb besonders negativ betroffen. Wasseramsel wie Flussuferläufer sind auf den Roten Listen der gefährdeten Tiere der Bundesrepublik und Bayerns zu finden. Während die Wasseramsel in Bayern als im Bestand gefährdet eingestuft werden muss, hat sie im Bayerischen Wald noch einen ihrer Verbreitungsschwerpunkte. Vor allem im Inneren Bayerischen Wald gibt es noch relativ stabile Bestände. Hier gilt es durch entsprechende Schutzmaßnahmen eine Kernpopulation zu erhalten, die auch als Ausbreitungszentrum für die Wiederbesiedlung ehemals aufgegebener Standorte fungieren kann. Anders gelagert ist die Situation beim Flussuferläufer. Schon immer selten im Bayerischen Wald, war er früher anscheinend aber zumindest an den größeren Flüssen wie Regen oder Ilz ein regelmäßiger Brutvogel. Heute muss er als vom Aussterben bedrohte Art eingestuft werden. Bei der erst 1990 (wieder)entdeckten Population am Regen handelt es sich um ein isoliertes Vorkommen, das nur dann weiter bestehen wird, wenn eine Mindestanzahl von geeigneten Brutrevieren erhalten werden kann. Da es sich zugleich um das bedeutendste außeralp i- ne Flussuferläufer-Vorkommen in der Bundesrepublik handelt, ist der Artenschutz hier besonders gefordert. 1. Wasseramsel Habitatansprüche Die Wasseramsel brütet an schnell fließenden Gebirgs- und Mittelgebirgsbächen mit kiesigem und steinigem Grund und klarem Wasser. Hauptsächlich ernährt sie sich von im Wasser lebenden Invertebraten, die sie meist tauchend erbeutet. Die höchsten Besiedlungsdichten werden in den oberen Gewässerabschnitten, d.h. in der Forellen- und der Äschenregion erreicht. Neben dem Nahrungsangebot ist das Vorhandensein von sicheren Nist- und Schlafplätzen für ihr Vorkommen wichtig. Zur Nestanlage werden zumeist Nischen und Höhlen unter Brücken oder sonstigen Bauwerken am Gewässer gewählt. An diesen Stellen ist das charakteristische kugelförmige Moosnest der Wasseramsel vor Feinden und Hochwasser oft besser geschützt als an natürlichen Standorten wie etwa auf Steinen oder Felsen in den Gewässern oder unterspülten Uferbereichen. Vorkommen im Bayerischen Wald Die Wasseramselbestände im Bayerischen Wald dürften als relativ stabil einzustufen sein, auch wenn lokale Verluste durch verschiedene Gefährdungsursachen zu verzeichnen sind. Obwohl Wasseramseln wegen ihrer strengen Bindung an Gewässer relativ leicht zu erfassen sind, lagen flächige Bestandserfassungen aus dem Bayerischen Wald lange Zeit nur für das

2 Nationalparkgebiet vor (LANGE & ZIMMERMANN 1975, SCHERZINGER 1978 in WÜST 1986). Neuere Untersuchungen 1990 und 1991 wurde deshalb im Auftrag des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern e.v. (LBV) der Wasseramselbestand an den morphologisch als Brutgewässer geeigneten Bächen im Naturparkgebiet (damals die Landkreise Regen sowie Deggendorf und Straubing-Bogen nördlich der Donau) kartiert. Im einzelnen waren dies der Große Regen, der Kleine Regen unterhalb der Talsperre Frauenau, die Flanitz, der Schwarze Regen, die Teisnach unterhalb Gotteszell, der Rothbach, die Mehnach, der Bogenbach mit Quellbächen, der Kollbach bei Bogen und die Hengersberger Ohe mit Quellbächen und Zuflüssen. 1991 wurden zudem alle weiteren potentiell geeigneten Bäche mit einer Mindestbreite von einem Meter abgesucht. Es ist davon auszugehen, dass damit alle potentiellen Brutgewässer der Wasseramsel im Naturparkgebiet erfasst wurden. Ergebnisse Insgesamt wurden 181 Wasseramselreviere festgestellt. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Dichte von 1 Revier pro 3,3 km Gewässerkilometer. Dieser Wert entspricht in etwa den Ergebnissen aus Untersuchungen in anderen Mittelgebirgen und den Alpen. Die meisten Wasseramsel-Reviere fanden sich an Gewässern im Einzugsbereich des Regens, einige Abschnitte des Großen und des Schwarzen Regens und des Rothbaches waren im Vergleich mit Literaturwerten extrem dicht von Wasseramseln besiedelt. An den zur Donau hin abfließenden Bächen brüteten dagegen nur wenige Paare (Abb. 1). Verteilung der Wasseramsel-Reviere im Bay. Wald Quelle: OAG Ostbayern (19/1992)

3 Die Gründe dafür sind hauptsächlich in den sedimentologischen Eigenschaften der Gewässer zu sehen: Während sich die Gewässer im Einzugsbereich des Regens durch hohe Fliessgeschwindigkeit, Flachwasserbereiche und kiesiges Substrat auszeichnen und damit als Nahrungshabitate der Wasseramsel hervorragend geeignet sind, sind die zur Donau abfließenden Bäche aufgrund des meist geringen Gefälles über große Strecken mit Schlick und Sand sedimentiert und fallen somit in diesen Bereichen als Nahrungshabitate weitgehend aus. Weitere Gründe für Bestandseinbußen im Untersuchungsgebiet führt SCHLEMMER (1992) auf Wasserausleitungen und Stauhaltungen zurück. Daneben sind vor allem an Gewässern im Vorwaldbereich Reviere wegen des Wegfalls geeigneter Brutplätze in Folge von Brückenund Mühlenmodernisierung aufgegeben worden. Gewässerbegradigung, Uferverbauung, Gewässerverschmutzung und -versauerung haben im Bayerischen Wald derzeit nur an wenigen Stellen negative Auswirkungen auf den Wasseramselbestand. Wichtigste Schutz- und Förderungsmaßnahmen für die Wasseramsel im Bayerischen Wald sind nach SCHLEMMER (1992): - Schaffung von sicheren Nistplätzen durch das Anbringen von Nistkästen an geeigneten Gewässerabschnitten. - Verzicht auf einschneidende wasserbauliche Veränderungen wie Begradigung, Uferverbau, Aufstauung oder Ableitung. - Einschränkung von Störungen während der Brutzeit durch Freizeitaktivitäten wie Kanufahren, Angeln etc. Nistkasten-Aktion Von LBV-Mitarbeitern und -Mitgliedern wurde im Jahr 1992 begonnen, geeignete Gewässerabschnitte mit Wasseramselnistkästen auszustatten. Es wurden insgesamt über 280 Kästen angebracht und alljährlich kontrolliert. Während des achtjährigen Kontrollzeitraumes von 1992 bis 1999 stieg die Prozentzahl der besetzten Nistkästen leicht an: Von 22 % im ersten Jahr auf 32,2 % im achten Jahr. Die Jahre 1997 und 1998 erscheinen dabei als besonders gute "Wasseramsel-Jahre" mit Belegungsquoten von 35,7 bzw. 35,9%. Indirekt lässt dieses Ergebnis nicht nur auf eine Bestandssicherung, sondern auch auf eine leichte Zunahme des Wasseramselbestandes im Untersuchungsgebiet schließen. Aufgrund der sehr personal- und zeitaufwendigen Nistkasten-Kontrollen werden die Kontrollen seit 1999 nur noch im Abstand von 2-3 Jahren durchgeführt. Eine weitere Beobachtung der Bestandsentwicklung sollte aber in jedem Fall sichergestellt werden. Fazit Während die Förderung der Wasseramselbestände durch das Anbringen von Nistkästen relativ einfach zu realisieren ist, sollten auch die anderen Schutzvorschläge sukzessive in die Tat umgesetzt werden, auch wenn dies aufgrund der unterschiedlichen Nutzungsinteressen nur durch langwierige Konsensgespräche oder auch naturschutzrechtliche Eingriffe möglich sein wird.

4 Literatur: LANGE, L. & W. ZIMMERMANN (1975): Die Wasseramsel im Bayerischen Wald. Nationalpark: 29-33 o SCHLEMMER, R. (1992): Untersuchungen zu Vorkommen, Brutbiologie, Gefährdung und Schutz der Wasseramsel (Cinclus cinclus) im Naturpark Bayerischer Wald. Jber. OAG Ostbayern 19: 103-144 o WÜST, W. (1980): Avifauna Bavariae II, München 2. Flussuferläufer Habitatansprüche Der Flussuferläufer ist eine Charakterart locker bewachsener Flussschotter und kiesiger Seeufer. Zur Nahrungssuche werden vor allem regelmäßig überschwemmte, nicht oder nur spärlich bewachsene Kiesbänke genutzt. Die Nahrung wird häufig entlang der Wasserkante gesucht. Hauptsächlich werden Imagines von Insekten, vor allem Käfer und Fliegen erbeutet. Das Nest wird am Boden, meist gut versteckt zwischen krautiger Vegetation oder unter kle i- nen Büschen auf Flussinseln oder an geeigneten Uferstellen angelegt. Allgemeine Bestandssituation In Mitteleuropa nehmen die Bestände seit dem 19. Jahrhundert kontinuierlich ab. Als Ursachen werden vor allem Zerstörung des Lebensraumes durch Flussregulierung, Uferverbauung und Überstauung sowie Störungen durch intensive Freizeitnutzung (Wassersport, Badebetrieb, Angler, Camper etc.) genannt. Hinzu kommen natürliche Verluste durch Überschwemmungen und das Zuwachsen freier Kiesbänke (BAUER & BERTHOLD 1996). Aufgrund der anhaltend negativen Tendenz blieben in den meisten Regionen Mitteleuropas nur noch kleine Restvorkommen erhalten. Maximal werden 5.000 bis 8.000 Brutpaare mit Schwerpunkten in den Alpen, Sudeten und Karpaten mit ihren jeweiligen Vorländern geschätzt. Der Flussuferläufer wird in der Roten Liste der gefährdeten Tiere der Bundesrepublik Deutschland ebenso wie in der Roten Liste der gefährdeten Tiere Bayerns als "Vom Aussterben bedroht" eingestuft. Der bundesdeutsche Bestand wird mit 400 bis 600 Brutpaaren angegeben (BAUER & BERTHOLD 1996). In Nordbayern kommen nur noch wenige vereinzelte Brutpaare vor (NITSCHE & PLACHTER 1987, THEISS & GLÄNZER 1987). Den südbayerischen Bestand veranschlagt BEZZEL (1995) mit etwa 150 Brutpaaren. Die hier beschriebene Population im Naturpark Bayerischer Wald ist darin noch nicht berücksichtigt. Vorkommen im Bayerischen Wald Angaben über Brutvorkommen im Bayerischen Wald liegen kaum vor. Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts hat LANKES (1925) den Flussuferläufer am Schwarzen Regen bei

5 Viechtach als Brutvogel festgestellt. Seither fanden keine speziellen Nachforschungen mehr statt und die Art wurde für den Bayerischen Wald lediglich als "brutverdächtig" eingestuft. Neuere Untersuchungen 1990 wurde im Rahmen der Wasseramselkartierung ein bis dahin nicht bekanntes Flussufe r- läufer-vorkommen am Schwarzen Regen entdeckt. 1991 wurde daher vom LBV eine gezielte Flussuferläufer-Kartierung für diesen Bereich in Auftrag gegeben. Ziel dieser Untersuchung war es, den Brutbestand des Flussuferläufers im Naturpark Bayerischer Wald zu erfassen und damit die Grundlage für die Erarbeitung eines Schutzkonzeptes für diese Art in der Region zu schaffen. Ergebnisse Bei dieser Kartierung wurden von SCHLEMMER am Schwarzen Regen zwischen Zwiesel und dem Höllensteinsee unterhalb von Viechtach 25 besetzte Reviere und zusätzlich 9 Reviere am Trinkwasserspeicher Frauenau festgestellt. Damit liegt das bedeutendste außeralpine deutsche Brutvorkommen des Flussuferläufers im Bayerischen Wald (1998 wurden von SCHLEMMER auch am Großen Regen zwischen Bayerisch Eisenstein und Zwiesel noch zwei weitere Brutreviere entdeckt). Als Gefährdungsfaktoren wurden vor allem Störungen während der Brutzeit und speziell am Trinkwasserspeicher Frauenau das Zuwachsen der Brutplätze - weitgehend vegetationsfreie Uferstreifen aus groben Schottern und Sand - im Lauf der natürlichen Sukzession angesehen. Am Trinkwasserspeicher wurden daraufhin von der zuständigen Wasserwirtschaftsverwaltung die Pflegevorschläge von SCHLEMMER aufgegriffen und der Fichtenaufwuchs auf einer Länge von ca. 100 m auf der Ostseite beseitigt. 1996 wurden die Brutreviere am Regen zwischen Zwiesel und dem Höllensteinsee sowie am Trinkwasserspeicher Frauenau erneut kartiert, um die Bestandsentwicklung zu dokumentieren. Außerdem wurden vorhandene Störungen durch Freizeitaktivitäten erfasst und ein detailliertes Schutzkonzept erarbeitet. Am Regen wurden statt der 1991 festgestellten 25 Brutreviere nur noch 16 Reviere aufgefunden. Am Trinkwasserspeicher wurden 1996 noch 7 Brutreviere gezählt. Ursache für den drastischen Bestandsrückgang am Regen dürfte wahrscheinlich ein durch mehrere Hochwässer bedingter nahezu totaler Brutausfall im Jahr 1995 gewesen sein. An einigen Stellen wurden massive Störungen durch Angler, Camper, Badegäste oder freilaufende Hunde festgestellt, so dass ein erfolgreiches Brüten des Flussuferläufers dort nicht möglich war. Eine Überprüfung der Auswirkungen der Beseitigung des Fichtenaufwuchses am Ostufer des Trinkwasserspeichers durch SCHLEMMER im Jahr 1998 zeigte, dass dadurch die Attraktivität dieses Uferbereiches als Brutplatz für den Flussuferläufer gesteigert werden konnte, z.b. war ein 1996 bereits verwaistes Brutrevier in diesem Bereich wieder besetzt. Aufgrund der beiden Kartierungsdurchgänge wurden von SCHLEMMER (1996) die folgenden Schutzmaßnahmen vorgeschlagen:

6 - Abgestuftes System von Sperrzeiten und -zonen am Regen für Freizeitaktivitäten wie Boot- oder Kanufahren, Angeln etc. zur Vermeidung von Störungen während der Brutzeit - Erhöhung der Restwassermengen an Ausleitungsstellen - Unterbindung der natürlichen Sukzession auf den Schotterflächen und Inseln durch entsprechende Pflegemaßnahmen bei Bedarf Fazit Während sich die Biotoppflegemaßnahmen mehr oder weniger problemlos durchführen lassen, sind die übrigen Maßnahmenvorschläge nur im Rahmen von naturschutzrechtlichen Verfahren realisieren. Seit 2001 wird - wiederum im Auftrag des LBV - in Zusammenarbeit mit dem LfU ein erneutes Gutachten mit einer Laufzeit von drei Jahren durchgeführt. Dabei soll geklärt werden, inwieweit sich Freizeitaktivitäten konkret auf den Reproduktionserfolg des Flussuferläufers auswirken, ob und welche potentiellen Habitatverbesserungen durch wasserbauliche Maßnahmen in Frage kommen und ob das Flussuferläufer-Vorkommen im Bayerischen Wald sich selbst erhält oder auf Zuwanderung angewiesen ist. Ausblick Grundlagenuntersuchungen sind spätestens 2003 in ausreichendem Maß vorhanden. Damit gibt es dann auch eine tragfähige Basis für die Realisierung von Schutzmaßnahmen, die nur im Rahmen von naturschutzrechtlichen Verfahren, z.b. einer NSG-Ausweisung möglich sind. Dipl. Biol. Alois Hofmann Naturpark Bayerischer Wald e.v. Infozentrum 3 94227 Zwiesel Literatur: BAUER, H.-G. & P. BERTHOLD (1996): Die Brutvögel Mitteleuropas - Bestand und Gefährdung. Wiesbaden o BEZZEL, E., H.J. FÜNFSTÜCK & J. KIRCHNER (1995): Der Flussuferläufer Actitis hypoleucos im Werdenfelser Land 1966 bis 1994: Lebensraum, Durchzug, Brutbestand und Schutzprobleme. Garmischer Vogelkundl. Ber. 24: 47-60 o

7 LANKES,K. (1925): Ornithologisches aus Niederbayern, besonders dem Bayerischen Wald. Verh. Orn. Ges. Bayern 16:246-264 o NITSCHE, G. & H. PLACHTER (1987): Atlas der Brutvögel Bayerns 1979-1983. München SCHLEMMER, R. (1992): Brutvorkommen des Flussuferläufers (Actitis hypoleucos) im Naturpark Bayerischer Wald. Unveröffentlichtes Gutachten. o SCHLEMMER, R. (1996): Kartierung des Flussuferläufers Actitis hypoleucos am Schwarzen Regen zwischen Zwiesel und Höllenstein und am Trinkwasserspeicher Frauenau und Schutzvorschläge. Unveröffentlichtes Gutachten. O SCHLEMMER, R. (1998 a): Effizienzkontrolle der Pflegemaßnahmen für den Flussuferläufer - Actitis hypoleucos - am Trinkwasserspeicher Frauenau. Unveröffentlichtes Gutachten. o SCHLEMMER, R. (1998 b): Schutzkonzept für den Flussuferläufer - Actitis hypoleucos - am Großen Regen. Unveröffentlichtes Gutachten. o THEISS, N. & G. GLÄNZER (1987): Bestandsentwicklung des Flussuferläufers Actitis hypoleucos von 1981-1986 im Oberen Maintal. Anz. Orn. Ges. Bayern 26: 137-139

Wachtelkönig im Inneren Bayerischen Wald 1. Einleitung, Untersuchungsgebiet und Methode Der Wachtelkönig zählt zu den am stärksten gefährdeten Vogelarten Mitteleuropas (BAUER, H.-G. & P. BERTHOLD (1996). Neben Moorente, Großtrappe und Seggenrohrsänger ist er die einzige in Deutschland brütende Vogelart, deren Bestand weltweit als gefährdet gilt (SCHÄFFER 1994, LANDESBUND FÜR VOGELSCHUTZ IN BAYERN, LBV 1999). Seit 1993 werden im südlichen Böhmerwald (BÜRGER et al. 1997, 1999; BÜRGER & PYKAL 2000) und seit 1994 in Oberösterreich (UHL 1999a) Wachtelkönige kartiert und teilweise auch beringt. Ziel der vorliegenden Untersuchung war, die Wachtelkönigrufplätze im Inneren Bayerischen Wald von 1999 bis 2001 jährlich in drei flächendeckenden Durchgängen zu erfassen und ein Schutzkonzept für die Art zu erarbeiten. 2. Bestand, Verteilung und Standorttreue Im Inneren Bayerischen Wald wurden 1999 mindestens 46, 2000 mindestens 25 und 2001 mindestens 22 rufende Männchen festgestellt. Die Anzahl besetzter Rufplätze war mit 63, 29 bzw. 26 deutlich höher. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Männchen im Verlauf der Brutperiode mehrere Rufplätze besetzen können. An fünf Stellen wurden Brutnachweise erbracht. Wichtigstes Verbreitungsgebiet des Wachtelkönigs im Landkreis Regen und im gesamten Untersuchungsgebiet ist das Zellertal von Bodenmais nach Westen bis in den Landkreis Kötzting mit Zentrum um Arnbruck. Ansonsten kommen Wachtelkönige im Landkreis Regen nur noch vereinzelt und sporadisch vor, wobei das Gebiet um Lindberg und Altpocher noch am regelmäßigsten besiedelt ist. Im Landkreis Freyung-Grafenau findet sich das stärkste Wachtelkönigvorkommen entlang des Grenzstreifens von Hinterfirmiansreut, über Schnellenzipf bis Haidmühle, wobei jedoch der größte Teil der Rufplätze bereits auf böhmischer Seite liegt. Ein zweiter Schwerpunkt im Landkreis Freyung-Grafenau liegt im Bereich Schönbrunn - Raimundsreut. Hier sind die Brachflächen entlang des Reschwassers die wichtigsten Attraktionsflächen für Wachtelkönige. In der weiteren Umgebung werden von Jahr zu Jahr wechselnd vor allem Brachflächen, daneben auch Wiesen im Bereich von Glashütte, Schönbrunnerhä u- ser, in der Gegend von Kirchl, um Kreuzberg und im Reschwasser- und Rothbachtal und den angrenzenden Hängen in der Gemarkung Mauth besetzt (Tab. 1). Von den 30 Gebieten, in denen von 1999 bis 2001 Wachtelkönige festgestellt wurden, waren nur 6 in allen drei, 8 in zwei und 16 in nur einem Jahr besetzt. Selbst Gebiete, in denen Wachtelkönige in einem Jahr in größerer Dichte vorkommen, können im nächsten Jahrvollständig verwaist sein (vgl. Tab. 1: Zellertal westlich Bodenmais). Auch bei der Besiedlung einzelner Wiesen bzw. Brachflächen innerhalb eines Gebietes waren die Wachtelkönige kaum standorttreu. So waren von den insgesamt 1 00 kartierten Rufplätzen nur 4 in allen drei Jahren und nur 13 in zwei Jahren besetzt. Die überwältigende Zahl von 83 Rufplätzen war dagegen von 1999 bis 2001 nur einmal besetzt. Andererseits deuten langjährige Beobachtungen von Anwohnern darauf hin, dass einzelne Gebiete über Jahrzehnte hinweg unregelmäßig besetzt bleiben. Gebiet vor 1999 1999 2000 2001

2 Wiesing + 1 1 Zellertal östlich Niederndorf + 1 1 Zellertal bei Arnbruck + 5 5 2 Zellertal bei Röhrlhof + 1 Zellertal bei Drachselsried 1 1 Zellertal bei Grafenried 2 Zellertal westlich Bodenmais + 7 Etzendorf + 1 Schwarzachtal bei Burgstall + Rabenstein-Lindberg-Altpocher-Oberzwieselau + 1 2 Buchenau 2 Rodungsinsel Neuhütte 2 Hänge bei Haslach, Elmberg und Grünbach + 2 Rodungsinsel Glashütte + 1 1 Schönbrunnerhäuser 1 Schönbrunn/Raimundsreut + 1 3 3 Kirchl 1 1 Kreuzberg 2 1 Herzogsreut 1 Grainet/Rehberg 1 Vierhäuser/Neuhütte 1 1 Reschwassertal bei Mauth 1 Hänge bei Hohenröhren 1 Rothbachtal bei Kühreuten 2 Saußwassertal südwestlich Annathal 1 Grenzbereich bei Hinterfirmiansreut 2 2 1 Grenzbereich bei Marchhäuser (Philippsreut) 1 Grenzbereich bei Schnellenzipf + 2 1 2 Grenzbereich bei Marchhäuser (Bischofsreut) + 1 4 3 Grenzbereich bei Auerbergsreut/Haidmühle 6 4 2 Summe 46 25 22 Tab.1: Bestand rufender Wachtelkönigmännchen im Inneren Bayerischen Wald 1999 bis 2001 (+: Gebiete in denen Wachtelkönige vor 1999 nachgewiesen wurden; vgl. Abs. 5) 3. Habitat Im Inneren Bayerischen Wald werden vor allem Mähwiesen und Wiesenbrachen, seltener auch nicht bestoßene Viehweiden und ausnahmsweise auch Getreide- und Futteräcker von Wachtelkönigen besiedelt (Abb. 1). Unter Berücksichtigung des geringen Flächenanteils von Brachflächen gegenüber Mähwiesen, werden Brachflächen von Wachtelkönigen stark bevo r- zugt besiedelt. Für die Besetzung eines Rufplatzes wird eine Mindesthöhe des grasigen Bewuchs von 20 bis 30 cm angegeben (LBV 1999). Den bisherigen Beobachtungen zu folge sche inen Wachtelkönige darüber hinaus wenig Ansprüche an die Ausstattung des Bruthabitates zu stellen. Eine

3 Bevorzugung feuchter oder nasser Wiesen gegenüber trockeneren Standorte wurde im Untersuchungsgebiet nicht festgestellt. Die meisten "Mähwiesen-Rufplätze" waren in trockenen Wiesen. Auch wurde keine Bevorzugung von Talwiesen gegenüber Hangwiesen beobachtet. In einzelnen Fällen wurden trockene Hangwiesen besiedelt, obwohl diese unmittelbar an feuchtere und reich strukturierte Talwiesen angrenzen. Auch deuten die vier erbrachten Brutnachweise, die alle in wenig strukturierten, trockenen Fettwiesen lagen, auf geringe Ansprüche der Art hinsichtlich des Feuchtegrades und der strukturellen Ausstattung hin. Wesentlich für den Bruterfolg ist jedoch der Schnittzeitpunkt der Wiesen. Dieser muss so spät liegen, dass die jungen Wachtelkönige bereits fliegen können oder zumindest laufend den Mähmaschinen ausweichen können. Derzeit werden die Wiesen im Inneren Bayerischen Wald in der Regel für eine erfolgreiche Jungenaufzucht zu früh gemäht. Hecken- und Waldrandnähe werden von Wachtelkönigen stärker toleriert als dies bei Braunkehlchen der Fall ist. 4. Brutbiologie und Brutzeiten Aus den 1999 im Inneren Bayerischen Wald festgestellten Brutnachweisen lassen sich für das Vorkommen von Gelegen und Jungvögeln aus Erstbruten folgende Eckdaten ableiten. Mit der Eiablage wird in der letzten Maidekade begonnen. Sie zieht sich bei späteren Erstgelegen mindestens bis Anfang Juni hin. Die Jungen der ersten Brut schlüpfen Mitte bis Ende Juni und werden zwischen Mitte und Ende Juli flugfähig. Nachgelege bzw. Eier von Zweitbruten sind bis Ende Juli zu erwarten. Die letzten Jungen sollten Ende August fliegen können (Abb. 2).