Das Geschacher um den Brexit beginnt

Ähnliche Dokumente
Informationen aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln

EU-Sparpolitik: Geld her!

SUMMIT-Quiz zum Europäischen Rat

Starkes Bayern starkes Europa. Brexit Gefahr für Europas Wirtschaft?

ab abend Abend aber Aber acht AG Aktien alle Alle allein allen aller allerdings Allerdings alles als Als also alt alte alten am Am amerikanische

Europäische UNION = EU. Wie funktioniert sie, wer macht was?

Wortformen des Deutschen nach fallender Häufigkeit:

Reaktionen in den EU-Institutionen und einigen nationalen Parlamenten zum Ausgang des Referendums im Vereinigten Königreich

38. Bayerisches Wirtschaftsgespräch mit Greg Hands, Minister of State for International Trade & Investment

Die Geschichte der Europäischen Union. EUROPA DIREKT Informationszentrum Mannheim

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: "Brexit" - Die Europäische Union auf dem Prüfstand

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU).../... DER KOMMISSION. vom

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Nachfrage und Angebot auf dem Devisenmarkt

Die EU startet in eine neue Ära

Wie die Europäische Union entstanden ist (1)

Europa weiß-blau: Wirtschaftstreff

BayernTREND Mai 2014 Eine Umfrage im Auftrag von Kontrovers vom Bayerischen Rundfunk

GOING INTERNATIONAL OSTWESTFALEN

Empfehlung für einen BESCHLUSS DES RATES

Frauen global. Das außenpolit ische J o ur n al

Parteien wollen Europa reformieren

ARD-DeutschlandTREND: Juli ARD- DeutschlandTREND Juli 2016 Eine Studie im Auftrag der tagesthemen. themen

Griechenland: Versprochen, gebrochen

BULLETIN DER BUNDESREGIERUNG

BREXIT - Was die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz belastet

Wer lebt in Europa? Die Entstehung der Europäischen Union

Anmerkungen zum EU-Vertrag von Lissabon

Die EU zerstört die europäische Idee

Der Brexit und die Folgen

Nach dem Brexit-Referendum. Informationen für Unternehmen

Erweiterung und Reform der Institutionen

Britische Wünsche bleiben unerfüllt

Brexit Was ist den Unternehmen wichtig?

PRESSESTATEMENT. von. Anton F. Börner. Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e. V. (BGA)

Die Europäische Union

EZB-Maßnahmen: Karlsruhe scheut den Konflikt

um Uhr EUROPÄISCHE KOMMISSION OJ(2018) 2275 final Brüssel, Dienstag, den 4. Dezember 2018 Nur der französische Text ist verbindlich Tagesordnung

Mitglieder der Europäischen Union

Europa in der Krise?

CAPITAL - F.A.Z. ELITE-PANEL

Norddeutsche Meisterschaften 2006 Praktikerklasse 2 in Lüneburg

zu der Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zum Europäischen Rat am 24./25. März 2011 in Brüssel

Griechenland und EU: Spiel mit dem Feuer

Die Bevölkerung fragen? Undenkbar!

Grundwissen der Kommunalpolitik Baden-Württemberg Die EU aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger

VIER SEITEN DER EU GESCHICHTE INSTITUTIONEN ÖSTERREICH IN DER EU GELD UND WÄHRUNG. Nr. 779

Grundlagen zur Europäischen Union

ARD-DeutschlandTREND: Juni ARD- DeutschlandTREND Juni 2014 Eine Studie im Auftrag der tagesthemen

Goodbye, Großbritannien

1. Die Europäische Union in Zahlen

Hashtags aus dem Bundestag

DOWNLOAD. Die wichtigsten Politiker. Politik ganz einfach und klar. Sebastian Barsch. Downloadauszug aus dem Originaltitel:

Ersteinschätzung der Unternehmen in Deutschland zum Brexit

BREXIT Mathias Dubbert, DIHK

WIR BEKOMMEN DIE EU ERKLÄRT

ARD-DeutschlandTREND: März ARD- DeutschlandTREND März 2014 Eine Studie im Auftrag der tagesthemen

ARD-DeutschlandTREND: November ARD- DeutschlandTREND November 2016 Eine Studie zur politischen Stimmung Im Auftrag der tagesthemen.

Brexit und die Auswirkungen auf die Automobilbranche

ARD-DeutschlandTREND: Februar ARD- DeutschlandTREND Februar 2014 Eine Studie im Auftrag der tagesthemen

Pressespiegel Rassegna stampa

Brief aus Berlin. Michael Donth Mitglied des Bundestages. Nr Juli Liebe Leserin, lieber Leser,

Brexit: Herausforderung für britische Hochschulen

eupinions brief Februar 2019 Wir schaffen das. Wie die Kontinentaleuropäer zum Brexit stehen.

Auswirkungen des Brexits

Was bedeutet ein harter Brexit für die Finanzinstitute?

5. September 2014 Nr Der Brexit. Antworten auf zentrale Fragen

Wer hat denn jetzt das Sagen? Grundwissen Regieren in der Bundesrepublik VORANSICHT

Integrationsbestrebungen versus nationaler Interessen

Frank Piplat BBE Europa-Newsletter 1/2014. Diesmal geht's um mehr. Europawahl 2014: Eine Chance für das europäische bürgerschaftliche Engagement

WIR GESTALTEN DIE EU MIT

Mittelstand infoservice

FAQs zum Thema Brexit Stand: Hintergrund: Wie kam es zu dem Referendum? S Wer durfte worüber abstimmen? S. 2

WIR NEHMEN EUROPA UNTER DIE LUPE!

Wie man die Auswirkungen der Entscheidung der Eurozone, Großbritannien zu verlassen, versteht und versteht

Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbandes der. Deutschen Volksbanken und. Raiffeisenbanken (BVR) Statement

Die Zukunft Europas: Integrationsbestrebungen versus konkurrierender Nationalstaaten

Christian Schmidt MdB

Die Europäische Union

Politisches System der Bundesrepublik Deutschland

Datum und Zeichen Ihres Schreibens Mein Zeichen Datum November Europaquiz Mitmachen lohnt sich!

Das britische EU-Referendum das Wichtigste auf einen Blick

Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei dominierten die deutschen Fernsehnachrichten im März

VORTRAGSFOLIEN ZUM EUROPÄISCHEN PARLAMENT

Post-Brexit: Aktuelle Lage und Perspektiven für die Wirtschaft in Europa

Britische Premierministerin bekennt sich zum Brexit

Die 8. Wahlen zum Europäischen Parlament

WO BLEIBEN DIE FRAUEN? Partizipation und Repräsentation von Frauen auf europäischer Ebene. PD Dr. Beate Hoecker

12. Eine europäische Scheidung

Presseticker. +++ Italien droht mit Austritt aus der EU+++

Flüchtlinge in der EU

WIRTSCHAFTSPRESSE PLUS

Die Zukunft Europas: Integrationsbestrebungen versus konkurrierender Nationalstaaten

eupinions Brief Januar 2018 Kalte Liebe

auf Visafreiheit und EU-Beitritt besteht

Preisbremse Bundestag verabschiedet Gesetz zur Koalition legt Streit über

Britisches Gutachten: Vernichtendes Urteil über TTIP

Separatismus und Regionalismus: Tendenzen in der Europäischen Union. Dipl. Jur., Dipl. Pol. Birgit Schmitz-Lenders HERZLICH WILLKOMMEN!

Programm der Deutschen Opposition für Deutschland und Europa. Mai 1942

ARD- DeutschlandTREND extra Griechenland Blitzumfrage am 13. Juli 2015 Eine Studie im Auftrag der tagesthemen

Aktuelles Geschehen in der EU: Juni

Transkript:

Das Geschacher um den Brexit beginnt 1. Kompetenzen Die Schülerinnen und Schüler sollen... 1. Ergebnisse und wirtschaftliche Auswirkungen des Brexit- Referendums darlegen. 2. die Bedeutung des europäischen Binnenmarkts mit seinen vier Grundfreiheiten erläutern. 3. vor diesem Hintergrund pro- und kontra-argumente bezüglich einer EU-Mitgliedschaft diskutieren. 2. Aufgaben 1. Ermitteln Sie die Ergebnisse des so genannten Brexit-Referendums, das am 23. Juni in Großbritannien erfolgte. 2. Legen Sie in Grundzügen die rechtlichen Rahmenbedingungen dar, die bei einem Austrittsverfahren gemäß EU-Vertrag greifen. 3. Arbeiten Sie heraus, inwiefern dabei insbesondere der Zugang zum Binnenmarkt der EU eine bedeutende Rolle spielt. Erklären Sie auch, welche Interessen die EU und Großbritannien jeweils verfolgen. 4. Analysieren Sie mit Hilfe der ersten Grafik die Auswirkungen, die für die EU bzw. Großbritannien aus dem Brexit resultieren. Thematisieren Sie des Weiteren die im Artikel genannten Folgen für deutsche Unternehmen. 5. Führen Sie in Ihrem Kurs/Ihrer Klasse ein solches Referendum durch. Diskutieren Sie pro- und kontra-argumente. Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit der in der zweiten Grafik aufgeführten Forsa-Umfrage unter deutschen Bundesbürgern. 1

Das Geschacher um den Brexit beginnt Die EU drängt auf einen schnellen Austritt der Briten. Das aber würde Londons Verhandlungsposition schwächen. 5 10 15 20 25 30 35 40 Wie verfährt die Europäische Union mit den austrittswilligen Briten? Und welchen Weg schlägt die Gemeinschaft der verbliebenen 27 Staaten nun für sich selbst ein? Bei ihrem Gipfel am Dienstag und Mittwoch in Brüssel werden die Staats- und Regierungschefs erste Antworten auf diese beiden großen Fragen, die sich ihnen nach dem britischen EU-Referendum stellen, geben müssen. Ein offener Streit in dieser Lage, so warnt ein Berliner Regierungsvertreter, würde ein verheerendes Signal an die Bevölkerungen senden. Noch aber liegen die Positionen teils weit auseinander. Strittig ist zum einen der Punkt, wie viel Druck die EU nun auf die Briten ausüben soll. Auf eine harte Linie pochen vor allem die Chefs der Brüsseler Institutionen: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker werde vor dem Gipfel den scheidenden britischen Premier David Cameron bei einem Telefonat dazu drängen, bereits beim Gipfel die Austrittsabsicht offiziell zu erklären, hieß es in Brüssel. Auch das Europaparlament wird am Dienstag in einer Resolution einen zügigen Austrittsantrag fordern. Parlamentspräsident Martin Schulz nannte es skandalös, dass Cameron trotz verlorener Abstimmung bis Oktober im Amt bleiben wolle. Die Außenminister der sechs EU-Gründungsmitglieder drängten bei ihrem Treffen am Samstag ebenfalls auf eine zügige Erklärung Londons. Die EU habe sich während des britischen Wahlkampfs sehr zurückgenommen, sagte der Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), dem Handelsblatt. Jetzt sollte sie so viel Selbstbewusstsein und Entschlossenheit zeigen, schnelle Konsequenzen von Großbritannien zu verlangen. Dass Cameron aber tatsächlich bereits am Dienstag beim Abendessen seine Kollegen mündlich oder schriftlich über den Austritt informiert, scheint äußerst unwahrscheinlich. Der Noch-Premier und die Vertreter der Leave-Kampagne spielen auf Zeit - sobald London das Austrittsverfahren des Artikels 50 im EU-Vertrag anstößt, tickt die Uhr: Maximal zwei Jahre bleiben beiden Seiten für die Scheidung, einigen sie sich bis dahin nicht oder verlängern einstimmig die Frist, verliert Großbritannien automatisch den Zugang zum Binnenmarkt und muss Zölle auf alle Exporte in die EU entrichten. Die Gemeinschaft ist also in einer starken Position gegenüber London. Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt mehr Verständnis für die britische Haltung. Sie wolle sich nicht wegen einer kurzen Zeit verkämpfen, sagte sie. Anders als Schulz oder Juncker ist die Kanzlerin auch bereit, parallel zu den Austrittsverhandlungen bereits über den Status Großbritanniens für die Zeit danach zu sprechen. Merkel fürchtet erheblichen Schaden für deutsche Unternehmen, wenn die künftigen Handelsbeziehungen zu lange unklar bleiben. Nahezu 400 000 Menschen arbeiten in Niederlassungen deutscher Unternehmen, besonders betroffen vom Brexit sind laut BDI die Branchen Auto, Energie, Telekom, Elektronik, Metall, Einzelhandel und 2

45 50 55 60 65 70 75 80 85 Finanzen. Wir erwarten in den kommenden Monaten einen deutlichen Rückgang des Geschäfts mit den Briten, sagte der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes, Markus Kerber. Auch für London steht viel auf dem Spiel. Einige Großbanken hatten schon im Vorfeld angekündigt, dass sie im Falle des Austritts Jobs an andere Standorte innerhalb der EU verlagern wollen. London ist das mit Abstand wichtigste Finanzzentrum Europas, doch seine Bedeutung lebt auch davon, dass internationale Fondsgesellschaften und Banken von der britischen Hauptstadt aus ihre Produkte in der ganzen EU vertreiben können. Und Großbritanniens Zugang zum Europäischen Binnenmarkt steht nun infrage. Wie tief die Einschnitte in London am Ende ausfallen, hängt daher vom Ausgang der Verhandlungen ab: Wenn die neue Regierung in London ihre Karten klug spielt, wird daraus eher eine Investmentchance, sagte Leonhard Fischer, prominenter deutscher Banker, dem Handelsblatt. Einen wichtigen Interessenvertreter hat die City aber schon verloren: Jonathan Hill, als EU-Kommissar für Finanzthemen zuständig, erklärte nach dem Referendum seinen Rücktritt. Sein Aufgabengebiet übernimmt der lettische Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis, der für das Thema bereits mit zuständig war. In Kommissionskreisen hieß es, Juncker wolle damit auch ein Signal setzen: Dombrovskis ist nun sowohl für die Euro-Zone als auch für die Bankenregulierung zuständig. Damit signalisiere Juncker, dass er nach wie vor anstrebe, dass alle 27 EU- Staaten den Euro einführten. Der Kommissionspräsident stellt damit klar, dass er auch bei einer EU mit nur noch 27 Mitgliedern am Ziel einer vertieften Integration festhält. Als Erste legten am Wochenende Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und sein französischer Kollege Jean-Marc Ayrault ein eigenes Papier vor, in dem sie konkrete Integrationsschritte in einigen Feldern wie der Wirtschafts-, der Sicherheits- und der Flüchtlingspolitik vorschlagen. Wenn nötig, seien Deutschland und Frankreich bereit, etwa bei der Verteilung von Flüchtlingen mit einer Gruppe gleichgesinnter Partner voranzugehen, heißt es in dem zehnseitigen Papier. Auch bei anderen Themen müsse den unterschiedlichen Ambitionsniveaus in den EU-Staaten Rechnung getragen werden. Nicht um zögerliche Staaten auszugrenzen, sondern um sie zu ermutigen, später dazuzustoßen, wie Europa-Staatsminister Roth betont. Am Montag reist Steinmeier nach Prag, um mit seinen Kollegen aus Tschechien, Polen, Ungarn und der Slowakei zu sprechen. Es sind vor allem die vier Visegrad- Staaten, die sich mit einer weiteren Vergemeinschaftung schwertun. Quelle: Hoppe, T./Osman, Y./Berschens, R./Ludowig, K., Handelsblatt, Nr. 121, 27.06.2016, 9/4-5/7 3

4

5