Forderung: Das jetzige Bestandsschutzrecht sollte durch ein Abfindungsrecht ersetzt werden.

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Vereinigte Industrieverbände fordern Reform des Arbeitsrechts 31.08.2009 Wir haben unsere Forderungen zur Sozialpolitik ergänzt um Forderungen zur Reform des Arbeitsrechts. Unser zentrales Anliegen ist es hierbei, das Kündigungsrecht für alle Beteiligten verständlicher zu machen und es darüber hinaus zu entbürokratisieren. Es geht nicht um den Abbau von Arbeitnehmerrechten. Wir fordern zum Beispiel, der üblichen Praxis vor Gericht bei Streit um Kündigungen Rechnung zu tragen, indem das derzeitige Bestandsschutzrecht durch ein Abfindungsrecht ersetzt wird. Kündigungsrecht in Abfindungsrecht umgestalten Anforderungen an die Betriebsratsanhörung senken Anzeigepflicht bei Massenentlassungen aufheben Kleinbetriebsklausel verändern Schwerbehindertenschutz entbürokratisieren Kündigungsschutz bei Müttern und Elternzeiten entbürokratisieren Befristung ohne Sachgrund erleichtern Dies sind unsere Forderungen: Abfindungsrecht statt Bestandsschutzrecht Kündigungsschutzprozesse dauern zu lange. Beim Arbeitsgericht Aachen/Gerichts-tag Düren muss man aktuell von einem Abstand zwischen Gütetermin und Kammertermin von mindestens sechs Monaten ausgehen. D.h. zwischen Ausspruch einer Kündigung und Entscheidung der ersten Instanz liegen etwa acht Monate, und das auch nur, wenn im ersten Kammertermin entschieden wird. Für die zweite Instanz muss nochmals eine ähnliche Zeitspanne kalkuliert werden. Jegliche Kündigungsfrist ist dann lange abgelaufen und es entsteht ein beträchtliches Verzugslohnrisiko für den Arbeitgeber, der im Falle des Unterliegens das Entgelt des Arbeitnehmers vollständig nachzahlen muss (wenn der Arbeitnehmer zwischenzeitlich keine neue Tätigkeit gefunden hat). Spätestens beim Landesarbeitsgericht liegt dieses Risiko regelmäßig deutlich oberhalb eines Bruttojahresentgelts. Zumal für kleinere Betriebe kann eine solche finanzielle Belastung Existenz bedrohend sein. Das wiederum führt dazu, dass man häufig allein aus Gesichtspunkten der Risikominimierung Vergleiche in einer Höhe abschließen muss, die ansonsten arbeitsrechtlich kaum zu rechtfertigen wäre. Das jetzige Bestandsschutzrecht sollte durch ein Abfindungsrecht ersetzt werden. D.h., dass eine Kündigung das Arbeitsverhältnis in jedem Fall beendet. Gleichwohl soll dem Arbeitnehmer die Möglichkeit bleiben, gegen eine Kündigung zu klagen, allerdings nicht mit dem Ziel der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Das Gericht überprüft nach wie vor, ob dem Arbeitgeber Kündigungsgründe zur Seite standen, d.h. ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist, und ob die Kündigung aus anderen Gründen unwirksam ist. Hält das Gericht die Kündigung für wirksam, endet (wie nach jetziger Gesetzeslage auch) das Arbeitsverhältnis, eine Abfindung wird nicht gezahlt. Hält das Gericht die Kündigung für ungerechtfertigt, verurteilt es den Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung.

Dies sollte unabhängig davon gelten, ob die Kündigung sozial ungerechtfertigt (also wegen Fehlens eines Kündigungsgrundes) oder aus anderen Gründen (fehlerhafte Betriebsratsanhörung, Verstoß gegen Sonderkündigungsschutz etc.) unwirksam ist. Die gesetzliche Regelung sollte Vorgaben zur Berechnung der Abfindung machen (unter Berücksichtigung von mindestens Lebensalter und Betriebszugehörigkeit, ggf. auch Unterhaltspflichten). Zudem sollte die Höhe der Abfindung nach oben hin begrenzt sein (wie jetzt auch schon in 10 KSchG). Anforderungen an die Betriebsratsanhörung senken Problem 1: Eine unter Beachtung der Rechtsprechung wirksame Betriebsratsanhörung durchzuführen, wird zunehmend schwieriger. Bereits ein einziger Fehler in einem Sozialkriterium oder einem Aspekt des Sachverhaltes kann dazu führen, dass die Kündigung als unwirksam angesehen wird. Zudem verlangen die Gerichte vom Arbeitgeber teilweise die rechtlich korrekte Einordnung eines bestimmten Sachverhalts (z.b. bei Tat- und Verdachtskündigung). Es kann aber nicht angehen, dass die Betriebsratsanhörung inhaltlich nahezu einer (rechtlich fundierten) Klageerwiderung in einem Kündigungsschutzprozess entsprechen muss. Der Arbeitnehmerschutz ist durch das Kündigungsschutzgesetz hinreichend gewährleistet, dazu bedarf es keines zweiten Kündigungsschutzrechtes. Eine Betriebsratsanhörung richtet sich an den Betriebsrat und nicht an das Arbeitsgericht. Wenn der Betriebsrat innerhalb der Anhörungsfrist keine weitergehenden Informationen verlangt oder sogar der Kündigung zustimmt, dann fühlte er sich offenkundig ausreichend informiert. Insofern ist in diesen Fällen von einer ordnungsgemäßen Anhörung auszugehen. Zusätzlich oder zumindest alternativ sollte generell gelten, dass eine fehlerhafte Beteiligung des Betriebsrats nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führt. Der betroffene Arbeitnehmer ist hinreichend durch das Kündigungsschutzgesetz geschützt, dem Betriebsrat steht das Instrumentarium des 23 Abs. 3 BetrVG zur Verfügung. Problem 2: Eine große Schwierigkeit im Rahmen der Betriebsratsanhörung, vor allem bei betriebsbedingten Kündigungen, ist immer wieder die Feststellung der korrekten Sozialdaten. Während das Alter und die Beschäftigungsdauer meistens relativ einfach herauszufinden sind, wird zum Teil vom Arbeitgeber verlangt, dass er sich insbesondere bezüglich des Familienstandes, der unterhaltsberechtigten Kinder und der Schwerbehinderteneigenschaft / Gleichstellung vor Ausspruch der Kündigung bei den Arbeitnehmern erkundigt. Es muss ausreichen, wenn der Arbeitgeber auf die ihm bekannten Fakten abstellt, die sich aus der Personalakte und der Lohnsteuerkarte ergeben. Ansonsten ist es Sache des Arbeitnehmers, durch rechtzeitige Information seines Arbeitgebers dafür zu sorgen, dass dieser die vollständigen und korrekten Daten hat. Anzeigepflicht bei Massenentlassungen aufheben Nach derzeitiger Gesetzeslage muss ein Arbeitgeber, der eine sogenannte Massenentlassung plant, also eine größere Anzahl Arbeitnehmer freisetzen will, die Massenentlassungsanzeige bei der für ihn zuständigen Arbeitsagentur erstatten, bevor er die entsprechenden Kündigungen aussprechen kann. Diese deutschen gesetzlichen Regelungen passen nach einer Entscheidung des EuGH in keiner Weise mehr. Ohnehin

besteht hier eine Verknüpfung zwischen Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht, ohne dass dies objektiv gerechtfertigt ist. Weshalb eine Kündigung allein deswegen unwirksam sein soll, weil der Arbeitgeber die Anzeige bei der Arbeitsagentur nicht erstattet hat, ist nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass höchst zweifelhaft erscheint, ob die arbeitsmarktpolitische Zielsetzung der Regelung auch nur ansatzweise erreicht werden kann. Die Anzeigepflicht gemäß 17 ff. KSchG bei Massenentlassungen sollte gestrichen oder aber zumindest von der Wirksamkeit einer Kündigung abgekoppelt werden. Anwendbarkeit der Kündigungsschutzgesetzes einschränken Beschäftigt ein Arbeitgeber mehr als 10 Arbeitnehmer (= Schwellenwert), ist eine Kündigung auf ihre soziale Rechtfertigung, also auf das Vorliegen eines im Gesetz beschriebenen Kündigungsgrundes hin überprüfbar, wenn der gekündigte Arbeitnehmer seit mindestens 6 Monaten (= Wartezeit) beschäftigt ist. Gerade kleine Unternehmen sind aber oftmals überfordert, wenn sie die Kündigungsvoraussetzungen im Einzelnen prüfen und bewerten sollen. Der Arbeitnehmer ist nach nur 6 Monaten Beschäftigungsdauer noch nicht besonders schutzwürdig. Der Schwellenwert sollte auf mindestens 20 Arbeitnehmer und die Wartezeit auf 24 Monate angehoben werden. Zusätzliche Verfahren bei schwerbehinderten Mitarbeitern vermeiden Die Kündigung schwerbehinderter Mitarbeiter ist mit vielen Fallstricken versehen, nicht zuletzt wegen des doppelgleisigen Kündigungsschutzes. Denn die Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters muss nicht nur den arbeitsrechtlichen Voraussetzungen entsprechen, sondern bedarf außerdem der ausdrücklichen vorherigen Zustimmung durch das Integrationsamt. Wird diese erteilt, kann der Arbeitnehmer sie letztendlich vor dem Verwaltungsgericht angreifen, während für die Kündigungsschutzklage das Arbeitsgericht zuständig ist. Beide Gerichte beschäftigen sich dann mit demselben Lebenssachverhalt, können dabei aber durchaus inhaltlich unterschiedliche Entscheidungen treffen. Zudem führt das Zustimmungserfordernis durch das Integrationsamt zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung, bis überhaupt eine Kündigung ausgesprochen werden kann. Gerade bei personenbedingten (also in erster Linie krankheitsbedingten) Kündigungen werden umfangreiche Ermittlungen zugunsten des Arbeitnehmers durchgeführt, die beteiligten Stellen, insbesondere Ärzte und Krankenhäuser, reagieren auf entsprechende Anfragen des Integrationsamtes oftmals nicht oder mit erheblicher zeitlicher Verzögerung. Zustimmungsverfahren können sich damit über Monate, gelegentlich sogar Jahre, hinziehen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Arbeitgeber dieses Zeitrisiko tragen muss. Das alles wirkt sich ganz sicher nicht beschäftigungsfördernd für Schwerbehinderte aus. Das Zustimmungserfordernis soll gewährleisten, dass jemand nicht wegen seiner Behinderung gekündigt wird. Bei verhaltensbedingten Kündigungsgründen wird aber ein Zusammenhang mit der Behinderung regelmäßig nicht gegeben sein. Bei betriebsbedingten Kündigungsgründen ist die Schwerbehinderung schon insofern berücksichtigt, als sie ein Kriterium der Sozialauswahl ist. In diesen Fällen erscheint das Zustimmungserfordernis nicht notwendig. Es sollte also auf personenbedingte Kündigungsgründe beschränkt werden. Soweit bei personenbedingten Kündigungen das Zustimmungserfordernis aufrecht erhalten

wird, sollte eine entsprechende zeitliche Limitierung des Verfahrens ins Gesetz aufgenommen werden. Etwa dergestalt, dass die Zustimmung als erteilt gilt, wenn nicht innerhalb von zwei Monaten eine Entscheidung vorliegt. Eine vergleichbare Sollvorschrift findet sich bereits jetzt für betriebsbedingte Kündigungen im Gesetz. Die Überprüfung der Entscheidung des Integrationsamts sollte in das arbeitsgerichtliche Verfahren integriert werden und nicht zusätzlich daneben laufen. Das Arbeitsgericht prüft die Rechtswirksamkeit der Kündigung in jeder Hinsicht und kann dabei auch die besondere Schutzwürdigkeit des schwerbehinderten Arbeitnehmers berücksichtigen. Keine behördliche Zustimmung bei Schwangeren, Müttern, Elternzeitlern Ähnliches gilt hinsichtlich des der besondere Kündigungsschutzes für Schwangere, Mütter, Elternzeitler, wo vor Ausspruch einer Kündigung die Zustimmung des Regierungspräsidenten erforderlich ist. Für einen Arbeitgeber ist oftmals überhaupt nicht einschätzbar, ob und gegebenenfalls wann die Zustimmung der Behörde erteilt wird; es gibt keine nachvollziehbaren Prüfungsmaßstäbe, nach denen die Behörde ihre Entscheidung richten muss, und ebenso wenig vorgegebene Fristen, innerhalb derer die Entscheidung getroffen werden muss. Ein zusätzliches Hemmnis sind die vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten von mehreren hundert Euro, die schwanken und ebenfalls nicht im Vorhinein bestimmbar sind. Dem besonderen Schutzbedürfnis des genannten Personenkreises kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren hinreichend Rechnung getragen werden, mindestens im Rahmen der Interessenabwägung. Eines Sonderkündigungsschutzes bedarf es dafür nicht. Das Zustimmungserfordernis sollte also ersatzlos entfallen und ggf. durch eine Informationsverpflichtung des Arbeitgebers an die zuständige Behörde ersetzt werden. Bei Beibehaltung des Zustimmungserfordernisses sollten für das Prüfungsverfahren klare Vorgaben sowohl inhaltlicher als auch zeitlicher Art gemacht und eine feste Gebühr für das entsprechende Verfahren festgesetzt werden, damit das Verfahren, die Dauer und die Kosten für den Arbeitgeber abschätzbar sind. Befristung ohne Sachgrund ermöglichen trotz früherer Beschäftigung Der Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses ist nach jetziger Gesetzeslage ohne sachlichen Grund nur bei einer Neueinstellung möglich. Der Arbeitgeber kann bei vorübergehendem Beschäftigungsbedarf also nicht jemanden wieder befristet einstellen, dessen Leistung er aufgrund einer früheren Beschäftigung schon kennt, auch nicht, wenn die Vorbeschäftigung Jahre zurück liegt. Das ist kaum vermittelbar. Im Extremfall macht bereits eine Aushilfstätigkeit während der Schulzeit eine spätere befristete Einstellung als Facharbeiter unmöglich. Verständnis hierfür wird weder der Arbeitgeber aufbringen noch der Arbeitnehmer. Dieser soll zwar eigentlich durch die gesetzliche Regelung geschützt werden, genau dieser Schutz führt aber möglicherweise dazu, dass er den ansonsten freien Job nicht bekommt. Eine erneute Befristung ohne Sachgrund sollte wieder möglich sein nach Ablauf einer bestimmten Unterbrechungszeit. Hier könnte in Anlehnung an die Regelung im früheren Beschäftigungsförderungsgesetz eine Zeitspanne von vier Monaten angesetzt werden. Dauer der Befristung verlängern

Die Möglichkeit zum Abschluss befristeter Arbeitsverhältnisse wird von den Firmen gern genutzt. Häufig wird aber die (mögliche) Höchstdauer der Befristung ohne Sachgrund mit grundsätzlich zwei Jahren als zu kurz bewertet. Die gesetzlich gegebene Möglichkeit, die Höchstdauer per Tarifvertrag zu verlängern, ist in der Praxis zu kompliziert. Die zulässige Gesamtdauer der Befristung ohne Sachgrund sollte auf mindestens vier Jahre verlängert werden. So ist es bereits jetzt im Gesetz für neu gegründete Unternehmen vorgesehen; warum dies nicht auch für Altunternehmen möglich sein soll, ist nicht ersichtlich. Inhaltliche Änderung des befristeten Arbeitsverhältnisses zulassen Eine sachgrundlose Befristung kann zwar drei Mal verlängert werden, aber bei der Verlängerung ist keinerlei inhaltliche Änderung des Arbeitsvertrages möglich. Das kann dazu führen, dass eine (ansonsten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gewünschte) Verlängerung des Arbeitsvertrages daran scheitert, dass eine weitere Beschäftigung nur mit einer anderen Tätigkeit möglich wäre. Es darf nur auf das Bestehen des Arbeitsverhältnisses ankommen, nicht auf dessen inhaltliche Ausgestaltung. Eine Verlängerung muss auch mit geänderten Bedingungen möglich sein. Ansprechpartner: Hans-Harald Sowka Telefon: 02421/4042-0 Telefax: 02421/4042-25