Leitartikel Puffersysteme im Blut

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Transkript:

Zusammenfassung Ausgabe 30, Mai 2011 ISSN 2190-5118 Summary Hepatitis C Die Puffersysteme im Blut helfen dabei, den Säure-Basen-Haushalt aufrecht zu erhalten. Es geht um Azidose und Alkalose, aber. Welche Puffer wirken hier, wie sehen Abweichungen aus, was misst man, um Abweichungen festzustellen und, kurz, wie geht man diagnostisch und therapeutisch vor, wenn Abweichungen vorliegen? The buffer systems in the blood help to maintain the acid base balance. However, it is about acidosis and alkalosis. Which buffers work, and how, what deviations can be found, what is measured to state deviations and how proceeds one diagnostically and therapeutically, briefly, if there are deviations? Leitartikel Puffersysteme im Blut So ein "stelziger" Titel! Er soll allerdings nur bewirken, dass die Leser nicht sofort vom eigentlichen Thema, nämlich dem Säure-Basen- Haushalt abgeschreckt werden. Die Messmethode für die Puffersysteme im Blut ist erst einmal die Blutgasanalyse und die Information, die dieser Untersuchung zu entnehmen ist, ist vordergründig, ob der ph des Blutes den physiologischen Normbereich von 7,4 (7,37-7,45) aufweist. Dafür ist es notwendig, anfallende überschüssige H+- und OH--Ionen durch Puffersysteme zu neutralisieren und aus dem Körper zu entfernen. Diese Arbeit erfordert ein komplexes Zusammenspiel zwischen Geweben, Blut, Nieren und Lungen. Dort, wo v.a. Säuren im täglichen Leben anfallen, greifen zuerst einmal _ 2 die Puffersysteme des Blutes. Doch bevor diese Puffersysteme dargestellt werden, sollen hier erst noch mal ein paar Worte zur "Chemie" eines Puffers verloren werden. Was sind Puffer? Unter Puffer versteht man in der Chemie ein Gemisch aus einer schwachen Säure mit ihrer korrespondierenden Base - so z.b. CO2 als Puffersäure und HCO3 als Pufferbase. Diese Pufferlösungen sind in der Lage bestimmte Mengen von H+- und OH--Ionen zu binden oder abzugeben, wodurch sich der ph-wert der Lösung über weite Bereiche nicht wesentlich verändert. Die Zusammenhänge zwischen ph- Wert und Pufferteilchen lassen sich mit der Henderson-Hasselbalch- Gleichung darstellen:

pk= Der pk-wert des korrespondierenden Säure-Base-Paares ergibt sich aus hier am Beispiel des K Säure gezeigt (c(h 3 O + )=Konzentration H+-Ionen, c(a - )=Konzentration der Base, c(ak)=konzentration der Säure) Der pk-wert gibt den ph-wert der optimalen Pufferung des Puffersystems an. Also: wenn ich in das zu Hepatitis puffernde C System Puffersäure und base mit einem möglichst nahe am physiologischen System befindlichen pk- Wert in ausreichender Menge einsetze, dann wird sich mein ph an diesen optimalen Zustand annähern. Natürlich fließen in die Gleichung noch die Konzentrationen der Einzelkomponenten mit ein (s.u.). Puffer im Blut Welche Puffersysteme gibt es nun im Blut? (Abb. 1) Der wichtigste Puffer steht mit dem Kohlensäure-Bicarbonat-Puffer zur Verfügung. Abb.1 Relevanz der physiologischen Puffersysteme im Blut 3

CO 2 + H 2 O H 2 CO 3 HCO 3- + H + Er bewerkstelligt ca. 80% der Pufferleistung. Sein pk ist mit 6,1 relativ weit vom physiologischen ph entfernt. Allerdings handelt es sich bei diesem Puffer um einen dynamischen Puffer. Die einzelnen Parameter seiner Gleichung sind durch Lungen- und Nierenfunktion zu beeinflussen. Der anteilig zweitwichtigste Puffer im Körper ist der Proteinpuffer. Verschiedene reaktive Gruppen an den Proteinen sind hierbei die eigentlichen Puffersysteme. In dieser Gruppe ist der Hämoglobinpuffer der anteilig bedeutsamste. Mit seinem pk von 8,25 liegt er jedoch weit auf der basischen Seite, was hilft, den zu sauren pk des Bicarbonatsystems auszugleichen. Den zwar günstigsten pk ( 6,8) aber auf Grund seiner geringen Konzentration geringsten Effekt auf die ph- Homöostase hat der Phosphatpuffer. H 2 PO 4- HPO 2-4 + H + Er ist jedoch auch durch die Nierenfunktion regulierbar. Warum muss der ph reguliert werden? Ganz allgemein ist der ph-wert für die Funktion der meisten, körpereigenen Enzyme (und dazu gehören z.b. auch die Gerinnungsfaktoren), in den engen Grenzen stabil zu halten, die ein gesunder Säure-Basen-Haushalt einzurichten vermag. Die Enzyme haben ihr Reaktionsoptimum bei 4 einem bestimmten ph. Hepatitis Beispielsweise Trypsin, dieses ist relevant für C Verdauungsprozesse im Darm, zeigt eindeutige Aktivitätseinbußen, wenn der optimale ph-bereich verlassen wird (Abb. 2). Abb. 2 Trypsinaktivität bei verschiedenen ph-werten. Eine Erhöhung saurer Valenzen im Blut mit ph-absenkung wird als Azidose bezeichnet. Weitere Folgen einer Azidose sind: - Durch Kaliumverschiebung aus den Zellen in den Extrazellulärraum kommt es oft zu einer (passageren) Hyperkaliämie - Eine Azidose vermindert die Reaktivität der Gefäßmuskulatur auf Katecholamine (z.b. Adrenalin) und beeinträchtigt die Pumpleistung des Herzens (negative Inotropie). - Eine starke Azidose führt zu einer Minderdurchblutung der Nieren (bis zur Anurie).

- Der Urin-pH wird sauer - besonders bei respiratorischer Azidose (s.u.) kommt es rasch zu einer ph-absenkung im Liquor. Eine ph-erhöhung (>ph 7,4) im Blut bezeichnet man als Alkalose. Weitere Folgen einer Alkalose sind: - passagerer Kaliummangel (Hypokaliämie - Die Alkalose führt zu einer Verminderung der Fraktion des ionisierten Calciums (bis zur Tetanie). - Urin-Ph ist meist alkalisch Hepatitis (außer C bei metabolischer (s.u.) Alkalose kommt es oft zu paradox saurem Urin) Woher kommt die Säure? Im Normalfall werden ca. 50 mmol Säureäquivalente pro Tag mit der Nahrung (Abb. 3) aufgenommen, im Stoffwechsel gebildet und auch durch die Nieren ausgeschieden. Abb. 3 5

Zugleich entstehen 25 mol CO 2, die durch die Lunge eliminiert werden. Tatsächlich ist die Säurezufuhr durch die Nahrung jedoch mengenmäßig vernachlässigbar. Wesentlicher ist die Bildung saurer Valenzen im Körper selbst (z.b. Laktat). Im allgemeinen Stoffwechsel gebildete Säuren (oder z.t. auch in der Nahrung aufgenommene) können bei einer fehlenden Pufferung zu einer metabolischen Azidose führen (seltener ist eine metabolische Alkalose). Ein Teil der sauren Valenzen werden über die Nieren ausgeschieden, bei deren Versagen kann somit eine renale Azidose oder Alkalose resultieren (eine Spielart der metabolischen Störung). Anteilig sehr bedeutsam ist die Abatmung von CO 2 über die Lungen. Die Lungen können kurzfristig die CO 2 -Ausscheidung auf mehr als das 10-fache steigern. Das Versagen der Kompensation durch die Lungen führt zu einer respiratorischen Azidose (seltener Alkalose). So kommt man zu den Ursachen der verschiedenen Säure-Base-Störungen im Körper: Respiratorische Azidose: Insuffizienz der Lunge mit verminderter Belüftung der Alveolen. Metabolische Azidose: Ketoazidose (Diabetes mellitus, Hungerzustände, Alkohol), Laktatazidose (Schock, Hypoxie, Thiaminmangel, Medikamente (Biguanide, Propofol)), _ 6 Intoxikationen (Salizylaten, Hepatitis Methylalkohol, Glykol), Niereninsuffizienz, C dist. tubuläre Azidose, Bicarbonatverlust (Diarrhöe, prox. tubuläre Azidose, Karboanhydrasehemmer) Metabolische Alkalose: Verlust von Magensaft (Erbrechen), Kaliumverlust (Diuretika, Mineralokortikoidexzess), vermehrte Bicarbonatzufuhr Respiratorische Alkalose: verstärkte Ventilation (psychogen, Hypoxie, zerebral, mechanisch/ apparativ, Sepsis) Was und wie genau regulieren die Puffer? Bicarbonatpuffer Als "offenes Puffersystem" ist der Bicarbonatpuffer besonders wichtig. Die Kapazität dieses Puffers besteht aus zwei Gleichgewichten, wobei die CO 2 -Komponente schnell durch die Lunge, die HCO 3- -Komponente durch die Niere ausgeglichen werden kann (Abb. 4). Die eine Trennschicht, die Lunge mit ihren Alveolen, stellt die Grenze von gasförmigem zu physikalisch gelöstem CO 2 zur Verfügung. Bei normaler Atmung wird die gasförmige Komponente in den Alveolen sehr niedrig sein, folglich wird gelöstes CO 2 in das gasförmige Kompartiment überwechseln und abgeatmet. Mehr noch, die Atmung kontrolliert die Menge an gasförmigem und somit auch gelöstem CO 2. Das CO 2 im Blut wird zu 10% als

physikalisch gelöstes, zu 10% als an Aminogruppen von Proteinen gebundenes und zu 80% als "hydratisiertes CO 2 " (oder HCO 3- ) transportiert. Das Verhältnis von HCO 3- zu CO 2 beträgt normalerweise 20:1. Die Reaktion der "Hydratisierung" CO2 + H2O <--> HCO3 - + H+ wird durch das Enzym "Carboanhydrase" bedeutend beschleunigt (um den Faktor 10 7 ). Die Carboanhydra(ta)se war das erste Enzym, bei welchem ein Metallion als Cofaktor identifiziert wurde; außerdem ist es eines der schnellsten Enzyme überhaupt (Abb. 5). Wann immer das Blut überschüssige Hydroxid-Ionen (OH - ) aufnehmen muss, werden die Kohlensäure- Moleküle (H 2 CO 3 ) des Blutes, welche durch Protonenabgabe an die Hydroxid-Ionen Hydrogencarbonat- Ionen (HCO 3- ) bilden, schnell aus dem Reservoir von gasförmigem Kohlenstoffdioxid in den Lungen wieder aufgefüllt (Verringerung der Atemtätigkeit). Abb. 5 Carboanhydra(ta)se Gebildetes HCO - 3 kann über die Nieren ausgeschieden werden. H2CO3 + OH- ->HCO3 - + H2O CO2(g) ->CO2(d) Hepatitis C CO2(d) + H2O ->H2CO3 Bei einem Überschuss an Hydroxonium-Ionen (H + ) wirken Hydrogencarbonat-Ionen (HCO 3- ) als Brønsted-Basen und bilden Kohlensäure-Moleküle (H 2 CO 3 ). Diese zerfallen in Wasser- und Kohlenstoffdioxid-Moleküle. Das Kohlenstoffdioxid kann in den Lungen freigesetzt und ausgeatmet werden. Abb. 4 Gleichgewicht des Bicarbonatpuffers 7

Proteinpuffer Das zweitgrößte Puffersystem stellen die Proteine, v.a. das Hämoglobin. Die Proteine besitzen als Seitengruppen positiv geladene Aminogruppen und negativ geladene Carboxylat-Gruppen. Aminogruppen können überschüssige Hydroxid-Ionen durch Protonen- Abgabe neutralisieren: NH3+ + OH- ->NH2 + H2O Bei einem Überschuss an H+-Ionen werden Protonen an die Carboxylat- Gruppen angelagert: COO- + H3O+ -> COOH + H2O Diese Seitengruppen haben für die Pufferung des Blutes allerdings keine allzu große Bedeutung. Wesentlich wichtiger sind ionisierbare Seitengruppen wie der Imidazolring des Histidins. Imidazol ist eine schwache Base (pkb=7,05), dessen Moleküle durch Addition eines Protons an ein Stickstoffatom hoch symmetrische, mesomeriestabilisierte Kationen bilden (Abb. 6): Zu dieser Art Proteinpufferung tragen sowohl die Plasmaproteine, insbesondere das Albumin (Anteil an der Plasmaproteinmenge: 60%), als auch das intraerythrocytäre (in den weißen Blutkörperchen vorhandene) Hämoglobin bei. Der Hauptanteil der _ 8 _ Pufferkapazität entfällt dabei Hepatitis auf C das Hämoglobin, weil es in hoher Konzentration vorliegt und sein Histidinanteil relativ groß ist. Hämoglobin ist ein Tetramer aus zwei α- und zwei ß-Einheiten. Jede Untereinheit trägt in ihrem Inneren eine Häm Gruppe (Abb. 7). Hämoglobin weist hierbei noch weitere Besonderheiten auf: obeteiligung am Transport von CO2 obohr-effekt: Bildung von HbO 2 führt zu leichterer Protonenabgabe (HbO 2 ist stärkere Säure) Oxygenierung von Hb : Abgabe von Protonen Desoxygenierung von HbO 2 : Aufnahme von Protonen Phosphatpuffer Durch die Nieren können H 2 PO 4- - Ionen ausgeschieden werden, was eine Abgabe von H+-Ionen bedeutet. Der Phosphatpuffer besitzt jedoch im

Extrazellulärraum nur eine sehr geringe Konzentration und hat daher für die Pufferung des Blutplasmas nur eine eingeschränkte Relevanz (Abb. 8). Parameter der Diagnostik Die klassischen Parameter des Säure-Basen-Haushalts werden i.a. durch die Blutgasanalyse (BGA) erfasst. Meist werden in den zur BGA verfügbaren Geräten Glaselektrodenketten und ionenselektive Membranen als Messprinzip verwendet. Für ph, pco 2 und po 2 sind hierbei potentiometrische Messungen, meist an Platinelektroden Standard. Verwendet wird antikoaguliertes Vollblut, das unter anaeroben Bedingungen entnommen Hepatitis C und möglichst während des kurzen Transports gekühlt rasch gemessen wird. Die Messung ist prinzipiell aus venösem, arteriellem oder kapillärem Vollblut möglich, wesentlich zur Bewertung sind hier nur die jeweils anderen Normwerte. Plasmabicarbonat, Basenabweichung, Sauerstoffsättigung, Oxyhämoglobinfraktion und Sauerstoffkonzentration ergeben sich aus den ersten drei Parametern durch Berechnung. Die Geräte ermitteln für diese Berechnungen zusätzlich den Hb-Wert. Die Hb-Parameter werden photometrisch bei 6-7 verschiedenen Wellenlängen nach Erythrolyse ermittelt. Abb. 8 Dissoziationsstufen der Phosphorsäure 9

Plasmabicarbonat: chco - 3 (mmol/l) = 0,0307 x pco 2 (mmhg) x 10 (ph 6,1) Basenabweichung: BE (mmol/l) = (chco 3- - 24,2) + 14,8 x (ph 7,4) Oxyhämoglobinfraktion: fhbo 2 = (chbo 2 / chb (tot) ) x 100 Sauerstoffsättigung: so 2 = (chbo 2 / (chhb + chbo 2 )) x 100 Sauerstoffkonzentration: cto 2 (ml/l) = 1,39 x chbo 2 (g/l) + 0,03 x po 2 (mmhg) Bicarbonat und Gesamt-CO 2 - Bestimmung können ferner nach Vorbehandlung photometrisch direkt gemessen werden. Teilweise werden noch weitere Werte gemessen/errechnet: Das Standardbicarbonat bezeichnet das Bicarbonat, das nach der Herstellung physiologischer Atmungsbedingungen eines Gesunden gemessen wird. Hierzu wird die Probe im Gerät vollständig mit normalen Werten an po 2 und pco 2 angeglichen. Zur Ermittlung der Gesamtpufferbasen werden ebenfalls Normwerte im Blut erzeugt. Gemessen wird dann wird die Konzentration der puffernden Anionen im Blut. Die puffernden Anionen setzen sich zusammen aus: HCO 3, Konzentration des Blutplasmas und der Erythrozyten als Bikarbonatpuffer, Pufferanionen der Plasmaproteine und des Hämoglobins als Nicht-Bikarbonatpuffer und 10 dem Phosphat-Ion HPO 2-4 Hepatitis als Nicht- C Bikarbonatpuffer. Die Differenz der Gesamtpufferbasen zu deren Normwert (42-54 mmol/l) wird oft (fälschlich) als Anionenlücke bezeichnet. Genauer sollte man jedoch definieren, dass die Anionenlücke alle Pufferbasen umfasst, die nicht Bicarbonat und Chlorid (s.u.) beinhalten. Die Berechnung dafür ist: Natrium Chlorid Bicarbonat. Die Einteilung nach Azidose oder Alkalose ist nun recht einfach, sie entscheidet sich am gemessenen ph- Wert. Fragt man nach der Ursache der Abweichung (respiratorisch, metabolisch), werden die anderen Messparameter interessant. Der pco 2 hat eine direkte Beziehung zur Lungenfunktion. Eine verschlechterte Atemfunktion hat eine Erhöhung der CO 2 Konzentration zur Folge -> respiratorische Azidose. Die Gesamtmenge der Pufferbasen ist nicht vom pco 2 abhängig, also unabhängig von der Lungenfunktion. Daraus ergibt sich, dass die Basenabweichung (BE = base excess) ebenfalls nicht durch den pco 2 (also die Lungenfunktion) beeinflussbar ist, also eine veränderte BE immer auf eine metabolische Störung hinweist. Die edelste Eigenschaft der Puffersysteme im Blut ist ja gerade die Aufrechterhaltung eines "physiologischen" ph-wertes. Deshalb werden bald nach dem akuten Ereignis einer

ph-abweichung Kompensationsmechanismen greifen, die das BGA- Bild wieder deutlich verändern können. Erschwerend kommt dazu, dass es auch kombinierte, respiratorischmetabolische, Störungen gibt, die das klassische Bild schwer beurteilbar machen können. Tabelle 1 zeigt Normwerte, akute und kompensierte Zustände der wichtigsten Parameter im Überblick. Ein weiterer, wichtiger Parameter zur Beurteilung findet sich im Chlorid im Plasma. Chlorid ist das wichtigste Anion im Blutplasma, korrespondierend zum wichtigsten Kation, das Natrium. Bei Veränderungen des zweit wichtigsten Anions, dem Bicarbonat, gleicht der Körper das elektrische Gleichgewicht durch Verschiebungen des Chlorid-Ions aus. Vereinfacht gesagt: Alkalose = Bicarbonat steigt an, Chlorid fällt ab -> Hypochlorämie Azidose = Bicarbonat fällt ab, Chlorid steigt an -> Hyperchlorämie Gerade bei den Alkalosen kann in bestimmten Fällen eine Chloridgabe eine Korrektur des ph bewirken. "künstliche" Puffer (?) Hier stellt sich v.a. die Frage nach der therapeutischen Beeinflussung. Neben dem Bicarbonat, das als Infusionslösung verfügbar ist, steht i.g. nicht viel an "künstlicher Hepatitis C Pufferung" zur Verfügung. Bicarbonat wird v.a. bei metabolischer Alkalose eingesetzt (CO 2, das sich bildet, wird dann, vorausgesetzt die Lunge arbeitet korrekt, abgeatmet). Die Menge an Bicarbonat errechnet man einfach durch: Bedarf an Bicarbonat in mmol/l = negativer BE x (Kg KG / 3) Die Rote Liste 2011 zählt unter Acidosetherapeutika (03) ganze drei Präparate auf, die meist Bicarbonat als Filmtablette enthalten (einmal auch Natrium-hydrogencitrat). Die Gabe von Chlorid (als NaCl oder Arginin-Chlorid-Lösung) ist im Falle einer metabolischen Alkalose (nur bei der chloridsensitiven Form, z.b. nach Erbrechen) indiziert. Bei respiratorischen Störungen sollte der CO 2 Umsatz verbessert werden: z.b. Überbeatmung (Azidose) oder Retention der Atemluft (Tütenatmung bei resp. Alkalose). Am wichtigsten ist natürlich die Behandlung der Grunderkrankung (z.b. eines Diabetes mellitus). Weitere, mit Vorsicht anzuwendende Maßnahmen, können z.b. die Gabe von Diuretika (Ausscheidung von Säuren über die Nieren) oder eine Hormonsubstitution sein (abhängig von der Ursache der Abweichung im Säure-Basen-Haushalt). Die Gabe von Erythrozytenkonzentraten kann bei Anämie hilfreich sein, 11

Hepatitis C Tab 1. Übersicht über die Verschiebung der wichtigsten Parameter der BGA bei verschiedenen Abweichungen 12

ist aber erstaunlich wenig wirksam in Bezug auf die Pufferung im Blut, sondern kann durch das mittransfundierte Citrat ggf. sogar noch eine Verschlechterung bewirken (Citrattoxizität). Die Rote Liste 2011 (52) zeigt unter Infusionslösungen zur Korrektur einer Alkalose eine Mischung aus NaCl und KCl und eine Salzsäure- Stammlösung (7,25%) zur Herstellung einer Infusionslösung (52061). Als Azidosetherapeutika finden sich neben dem Bicarbonat Hepatitis Cnoch Lösungen mit TRIS-Puffer (Trometamol, Tris(hydroxymethyl)- aminomethan, Tromethamin). Es vermag auch intrazellulär als Puffer zu wirken. Histidin (pk 6,0) ist als Bestandteil von Infusionslösungen zur parenteralen Ernährung verfügbar. Es hat eine Pufferwirkung (Imidazolringstruktur), hat sich jedoch in der Indikation "Stabilisierung des Säure- Basen-Haushalts" nicht weiter durchgesetzt. Dr. med. Guido A. Heymann DRK-Kliniken Berlin, Zentrale Abt. f. Labormedizin Spandauer Damm 130, 14050 Berlin g.heymann@drk-kliniken-berlin.de eingegangen am: 10.5..2011 angenommen am: 12.5.2011 Quellen: * Labor und Diagnose L. Thomas; TH-Books Verlagsgesellschaft, 6. Auflage. * Innere Medizin Gerd Herold; 2007 * Physiologie 4 S. Fehlberg, MEDI-LEARN Skriptenreihe * Seminar Klinische Chemie und Biochemie, Universität des Sarlandes - Organische Chemie - PD Dr. A. Speicher * Störungen des Säure-Basen-Haushalts, Deutsches Ärzteblatt Jg. 102 Heft 26 1. Juli 2005 13

Ausgabe 30, Mai 2011 http://magazin.drheymann.de ISSN 2190-5118 Fragen Puffersysteme im Blut 1) Was ist, chemisch gesehen, ein Puffer? a) ein Gemisch aus einer schwachen Säure mit ihrer korrespondierenden Base b) ein Gemisch aus einer schwachen Säure mit einer starken Säure c) ein Gemisch aus einer schwachen Base mit einer starken Base d) ein Gemisch aus Stoffen, die selbst weder Base noch Säure sind e) ein Gemisch aus starken Säuren und starken Basen 2) Welche relevanten Puffersysteme finden sich im Blut? 1) Bicarbonatpuffer 2) Hämoglobinpuffer 3) Phosphatpuffer 4) Glycinpuffer a) alle b) 1,2 und 3 c) 1 und 2 d) nur 1 e) nur 2 3) Welche Aussage stimmt nicht? Der ph-wert des Blutes hat Auswirkungen a) direkt auf die generelle Funktion der Enzyme b) auf die Kaliumhomöostase c) direkt auf den ph-wert der Ausatemluft d) auf den ph-wert des Urins e) auf die Durchblutung verschiedener Organe 4) Welche Aussage stimmt nicht? Saure Valenzen im Körper a) entstehen im Stoffwechsel b) werden durch die Nahrung zugeführt c) hängen mit dem CO 2 Gehalt im Blut zusammen d) entstehen fast ausschließlich durch spontane Hydrolyse des Wassers e) können bei Niereninsuffizienz vermehrt anfallen 5) Welche Aussage stimmt? a) eine respiratorische Alkalose entsteht bei Minderbelüftung der Alveolen b) eine metabolische Alkalose entsteht bei verstärkter Ventilation der Lungen c) eine respiratorische Azidose kann eine Komplikation bei Erbrechen sein d) eine metabolische Azidose kann eine Komplikation bei Erbrechen sein e) keine der genannten Aussagen 6) Der Bicarbonatpuffer a) ist das bedeutendste Puffersystem im Blut b) lässt sich nur über die Lunge (Atmung) steuern c) wird nur über die Nierenfunktion gesteuert d) spielt in der Aufrechterhaltung des ph- Wertes im Blut keine Rolle e) kommt vollständig ohne enzymatische Unterstützung aus 14

Fragen Puffersysteme im Blut 7) Der Proteinpuffer a) spielt im Körper keine Rolle b) findet im Hämoglobinmolekül sein Hauptkomponente c) findet in den Gerinnungsfaktoren seine Hauptkomponente d) ist ein so genanntes "offenes" Puffersystem e) ist das wichtigste Puffersystem im Körper 8) Welche Aussage zur Blutgasanalytik stimmt nicht? a) Sie kann aus venösem, arteriellem und kapillärem Blut durchgeführt werden. b) Wesentliche Messwerte sind der ph, der po2 und der pco2 Wert c) Die Parameter werden mittels eines Enzymimmunoassays (EIA) ermittelt d) Ein Teil der Werte wird nur aus anderen Werten errechnet e) Das Blut sollte bis zur Untersuchung am besten gekühlt werden 9) Die Anionenlücke ist a) ein Messfehler der BGA-Geräte b) ein Ausdruck für Ionen, die mit keiner Methode gemessen werden können c) ein anderer Ausdruck für die Basenabweichung d) berechenbar durch: Na HCO3- Cl e) ein veralteter Ausdruck für das Standardbicarbonat. 10) Welche Aussage stimmt nicht? a) Von einer Azidose spricht man bei einem Blut-pH kleiner als 7,4 (7,37) b) Eine Basenabweichung findet sich nicht bei einer akuten respiratorischen Störung c) Chlorid kann wichtige Informationen zur Einteilung einer ph-abweichung bieten d) Chlorid kann teilweise zur therapeutischen Korrektur einer ph- Abweichung eingesetzt werden e) Eine Bluttransfusion (Hb-Zufuhr) ist die nachhaltigste Möglichkeit zur ph-korrektur. CME-zertifiziert vom 16.5.11 15.8.11 Eingabe der Antworten nur online möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Eingabe unter: http://magazin.drheymann.de 15