Freiheit geben Sicherheit gewährleisten

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Transkript:

Freiheit geben Sicherheit gewährleisten Sensibilisierung zu freiheitseinschränkenden Maßnahmen: SensiFix Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Landesverband Brandenburg e.v. Cottbus, 12.09.2012

Freiheit geben Sicherheit gewährleisten nein: Menschen sind frei, wir schränken Menschen in ihrer Freiheit ein SensiFix, denn Sensibilisierung tut überall Not

I Von ReduFix (SGB IX) zu SensiFix (SGB XII) I. 1 ReduFix ReduFix: Reduktion von Fixierung Zeitraum: Mai 2004 bis Frühjahr 2012 Finanzierung: Beteiligte: gefördert mit Mitteln des BMFSFJ Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart evangelische Fachhochschule Freiburg Fachhochschule Frankfurt

I Von ReduFix (SGB IX) zu SensiFix (SGB XII) I. 1 ReduFix Ziele unfreiwillige körpernahe Fixierungen reduzieren Fixierungsdauer verringern Lebensqualität in Fixierung steigern Wirksamkeit der Alternativen feststellen

I Von ReduFix (SGB IX) zu SensiFix (SGB XII) I. 1 ReduFix Methodik bis 2006 Erhebung der Anzahl, Dauer, Art von Fixierungen in 45 Alten- und Pflegeheimen in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen Schulung der MitarbeiterInnen zur Sensibilisierung und über Alternativen erneute Erhebung der Daten ab 2007 Publikation der Ergebnisse Multiplikatorenschulungen als ReduFix Praxis 2012 Abschlussveranstaltung mit interdisziplinärer Beteiligung

I Von ReduFix (SGB IX) zu SensiFix (SGB XII) I. 1 ReduFix Ergebnisse (u.a.): der Entscheidung zur Fixierung muss eine Prüfung hinsichtlich der Abwägung zwischen dem Recht auf Selbstbestimmung und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Verletzungsgefahr bei Nicht-Fixierung) erfolgen sowie die Prüfung anderer weniger einschränkender Maßnahmen usw. vorangehen und nachgehen d.h. Fixierung zwingt zu ständiger Kontrolle (Wille des Menschen, Sicherheit des Menschen) ReduFix erhob und analysierte auch die Todesfälle in Fixierungen Ergebnisse: Fixierungen sind mindestens so personalintensiv wie Nicht-Fixierungen Schulungen sensibilisierten, Alternativen werden angewendet und Fixierungen und Fixierungsdauer gingen zurück

I Von ReduFix (SGB IX) zu SensiFix (SGB XII) I.1 ReduFix Alternativen u.a.: Protektoren Niedrigstellbetten Rollatoren andere freiheitseinschränkende Maßnahmen ( getarnte Türen usw.) Biografiearbeit

I Von ReduFix (SGB IX) zu SensiFix (SGB XII) I.2 von ReduFix zu SensiFix auch MitarbeiterInnen der Lebenshilfe nahmen 2008 an einer Multiplikatorenschulung teil und die Lebenshilfe ist seit März 2009 Kooperationspartner (Multiplikator) wir stellten fest, daß die Ergebnisse von ReduFix nicht ohne Weiteres auf die Eingliederungshilfe übertragbar sind

I Von ReduFix (SGB IX) zu SensiFix (SGB XII) I.2 von ReduFix zu SensiFix Unterschiede bestehen in den Gründen für Fixierungen in den Alternativen in der Zielstellung der Leistungen nach SGB XII und auch der Bereich Sedierungen (das Ruhigstellen mit Medikamenten) sollte untersucht werden

II Definitionen II. 1 Fixierungen ReduFix und SensiFix Fixierungen sind körpernahe bewegungseinschränkende Maßnahmen

II Definitionen II. 2 Sedierungen ReduFix klammerte diese Thematik aktiv aus bei Sedierungen werden Medikamente als therapeutische Maßnahme eingesetzt, die aufgrund sedierender Wirkung freiheitseinschränkende Aspekte hat es ging allein um körpernahe Fixierungen, nicht um FEM (Freiheitsentziehende Maßnahmen insgesamt) SensiFix Sedierung ist die Gabe von Medikamenten, die den Willen zur Bewegung einschränken und somit ruhig stellen (FEM) oder, die bereits die Bildung eines solchen Willens beeinträchtigen (Körperverletzung)

II Definitionen II. 3 Beteiligte In der Einladung für heute sind als Beteiligte die Pflegekräfte und rechtliche Betreuer genannt. Prozessgestaltend sind aus unserer Sicht: der (betroffene) Mensch selbst MitarbeiterInnen vor Ort Ärzte (sind die Fachleute für Medikationen und machen die Vorgaben für sog. Bedarfsmedikation) rechtliche Betreuer (vertreten die Interessen des Menschen) Angehörige Richter (geben die Ermächtigung für FEM und entscheiden hinterher ) Daher sind Abstimmung, Dokumentation und Transparenz so wichtig.

III SensiFix III. 1 Maßnahme Ende 2010/Anfang 2011 Daten zu Art und Häufigkeit von Fixierungen/Sedierungen in 15 stationären und ambulanten Einrichtungen im Land Brandenburg trägerunabhängig erhoben Einschätzungsfragen, ob Fixierungen/Sedierungen als problematisch angesehen werden Expertenworkshop unter Mitwirkung fast aller prozessgestaltenden Beteiligten (Justiz fehlte) im Oktober 2011

III SensiFix III. 2 Beteiligte Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Landesverband Brandenburg e.v. Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie Land Brandenburg Aufsicht für unterstützende Wohnformen Land Brandenburg

III SensiFix III. 3 Ergebnisse der Großteil der Befragten schätzt den Umgang mit Fixierungen/Sedierungen in der eigenen Einrichtung als unproblematisch ein 13 der InterviewpartnerInnen halten die Thematik für weiter untersuchenswert während körpernahe Fixierungen (etwa Steckbretter und Bettgurte) sowie besondere Türknäufe von allen TeilnehmerInnen des Workshops als FEM angesehen wurden, traf dies nicht durchgängig für die Bedarfsmedikation zu wir sehen hier durchaus eine Schnittmenge; aus medizinischer Sicht ist zumindest, sobald Neuroleptika bei Nicht-Psychose verabreicht werden, ein Aspekt der Freiheitseinschränkung gegeben die weitere Diskussion ergab, dass MitarbeiterInnen in den Einrichtungen die unterschiedliche Bewertung der Amtsgerichte hinsichtlich genehmigungspflichtiger bzw. genehmigungsfähiger Maßnahmen als verunsichernd wahrnehmen

III SensiFix III. 3 Ergebnisse übereinstimmendes Ergebnis des Expertenworkshops war die Aussage: Je höher der Unterstützungsbedarf eines Menschen ist, desto größer ist seine Abhängigkeit von Anderen und damit die Möglichkeit der Freiheitsbeschränkung. Für die Arbeit in den Einrichtungen der Behindertenhilfe heißt das, dass pädagogische Konzepte Vorrang vor freiheitseinschränkenden Maßnahmen haben müssen.

III SensiFix III. 4 Ausblick interdisziplinärer Arbeitskreis (regelmäßig zusammenkommen und dabei zunächst Leitlinien für die Arbeit an der Thematik festlegen und den interdisziplinären Austausch ermöglichen) Curriculum für sensibilisierende Fortbildungen entwickeln und entsprechende Schulungen durchführen (orientiert an Nr. 7.7 des behindertenpolitischen Maßnahmepakets der Landesregierung Brandenburg) beobachtende Begleitung der Fortbildungs- und Umsetzungsmaßnahmen zur Sensibilisierung im Umgang mit FEM Publikationen, Öffentlichkeitsarbeit

Sensibilisierung zu freiheitseinschränkenden Maßnahmen: SensiFix für Fragen und Anregungen stehen wir gern zur Verfügung Katja Becker und Susanne Meffert Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Landesverband Brandenburg e.v. Cottbus, 12.09.2012