Dr. Susanne Heynen Leiterin Jugendamt Karlsruhe, Sozial- und Jugendbehörde (SJB)

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Transkript:

Auswirkungen häuslicher Gewalt auf Kinder Was können Jugendämter tun? Dr. Susanne Heynen Leiterin Jugendamt Karlsruhe, Sozial- und Jugendbehörde (SJB) E-Mail: susanne.heynen@sjb.karlsruhe.de Kinderbüro Karlsruhe 1 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Übersicht Ausgangslage Prävalenz Formen der Gewalt Belastungen der Mädchen und Jungen Wechselwirkungen in der Familie Hilfen im Rahmen der Jugendhilfe Netzwerk Kinderschutz, Grundverständnis Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung Das aktive Jugendamt im familiengerichtlichen Verfahren Schlussfolgerungen 2 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Prävalenz und Kritische Lebensereignisse Lebenszeitliches Ereignis, bei dem Gewalt durch den Partner zum 1. Mal auftritt Schwangerschaft 10 % Geburt des Kindes 20 % Bezug gemeinsamer Wohnung Eheschließung Trennung und Scheidung (BMFSFJ, 2004) Größtes Risiko für Fehlgeburten Tötung der Schwangeren www.ohmpage.de/ akt/akt_schwanger.jpg 3 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Risikofaktoren Alter: Junge Frauen Migration / Legitimität von Gewalt Biographische Belastungen, Miterleben von Gewalt Ökonomische, bildungsbezogene Überlegenheit der Frau / Ungleiche Macht / Rollenverteilung Soziale Isolation Alkoholkonsum des Partners Nangilima, SkF Karlsruhe 4 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Prävalenz: Miterlebte Gewalt durch Kinder Kriminologischen Forschungsinstituts (N=1.067, 16-29 Jahre), Wetzels & Pfeiffer, 1997 Miterleben der Gewalt 21,3% Anwesenheit: Verletzung eines Elternteils mit Waffe 3,7% Misshandlungsrisiko bei wiederholter Partnergewalt 8:1 Erhöhtes Risiko: Sex. Gewalt 5 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Offene und verdeckte Formen häuslicher Gewalt Zeugung durch eine Vergewaltigung Misshandlungen während der Schwangerschaft Direkte Gewalterfahrungen als Mitgeschlagene Aufwachsen in einer Atmosphäre der Gewalt Trennungs-/Umgangsbelastungen Trennungsmorde Psychische und ökonomische Gewalt Frauen-/Kinderschutzhaus, SkF Karlsruhe 6 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Kindeswohlgefährdung und Frühe Hilfen Bindungsbelastungen, -störungen Hohe affektive Erregung, eingeschränkte Feinfühligkeit Negativer Beziehungskreislauf Gewalt gegen Neugeborene, Kleinkinder Frühe Prävention Karlsruhe Er hat das Kind zur Seite geschoben und hat mir voll mit der Faust ins Gesicht reingeschlagen, vor dem Kind rein. Heynen, 2000 7 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Gewalteskalation nach Trennung und Scheidung Lercher et al. 1997. Weil der Papa die Mama haut. Wien. 8 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Tötungsdelikte bei Trennung und Scheidung Kind/-er Geschwister Ehemalige/Partnerin (und Gewalttäter, Suizid) Ehemalige/Partnerin und Kind/Ungeborene Gesamte Familie Unterstützer/-innen Vater 9 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Prävalenz tödlicher endender Partnerschaftskonflikte Tötungsdelikte in Deutschland 2009: 2218 Fälle Tötungsdelikte im sozialen Nahraum machen die Hälfte aller Fälle aus im internationalen Vergleich sehr niedrige Mordrate im europäischen Vergleich an vierter Stelle Statistisches Bundesamt, 2010 ka-news 03.01.2008 10 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Belastungen: Wechselwirkungen in der Familie H. G. = Indikator für Kindeswohlgefährdung Kinder/Jugendliche Kindesmisshandlung / In-/direkte Gewalterfahrungen Sexualisierte Gewalt / Erzwungene Anwesenheit Psychische Gewalt / Instrumentalisierung, Klima der Gewalt Vernachlässigung Vater Fehlen einer sicheren Vater-Kind-Bindung Mutter Gefährdung der Erziehungskompetenz durch Gewalt Störung einer sicheren Mutter-Kind-Bindung Platzverweis Gewaltschutzgesetz Anzeige 11 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Wechselwirkungen in der Familie 12 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Belastungen: Nachgewiesene ursächliche Zusammenhänge Destruktive Konfliktbewältigung Einsatz/Erdulden von Gewalt Einengung der Konzentrationsfähigkeit, Lernbereitschaft Unterdrückung intellektuelles Potenzial ca. 8 IQ-Punkte, Koenen et al. 2003 Behinderung des Schulund Ausbildungserfolges Lercher et al. 1997. Weil der Papa die Mama haut. Wien. 13 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Verantwortungsdelegation an die Mutter Paradoxie mütterlicher Verantwortung Heynen, 2000 Erhalt der Vater-Kind-Beziehung Irgendwo habe ich gedacht, ich kann ihn auch nicht verlassen, weil jetzt ist das Kind da. Man muss stark sein und für die Kinder wäre ich stark gewesen. Irgendwann sagst du halt nichts mehr. 14 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

> Alleinverantwortung der Mutter Paradoxie mütterlicher Verantwortung Schutz der Kinder vor negativen Einflüssen und Gewalt > Kinder als Auslöser für die Trennung Da ist ein Mensch in mir, (...) der hat mit dieser ganzen Sache nichts zu tun und deswegen muss ich mich da rausziehen (B, 41), egal, wo ich auch hingehe. (B, 11) Ich bin ins Zimmer reingekommen, Sascha [Name geändert] saß unter seinem Tisch und hat geheult. Und ich habe gefragt, was los ist. Und dann hat er gesagt, er sei absolut schlecht, er würde immer so (...) schlimme Sachen sehen (...). Und dann habe ich gesagt: Was siehst Du denn? Und dann hat er gesagt, er sieht immer: Wie der Papa Dich ins Gesicht tritt. Und ich glaube, das war dann so der allerspäteste Knackpunkt. (...) Und dann habe ich X mitgeteilt, dass ich gehe. (J, 11) Was lebe ich denen vor. (Q, 31) 15 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Belastungen als Alleinerziehende Antizipierte Probleme: Umgangsrecht, Sorgerecht, Unterhalt, Armut, Erziehung 16 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Umgangsbelastungen Normatives Vorgehen trotz häuslicher Gewalt Rechtsposition der Eltern als Kindeswohl: Eltern haben ein Recht auf das Kind unabhängig von Bindung, Verantwortung und Motivation Umgangs- und Sorgerecht als Mittel des Stalkings : Schwächung der Be-/Erziehungskraft der primären Bezugsperson Zwangsmaßnahmen gegen Kind und primäre Bezugsperson: Fortsetzung der Kontrolle mit Hilfe des Gesetzes Aufforderung zur Manipulation Außerkraftsetzung pädagogischer Prinzipien wie Stärkung der Selbstwirksamkeit 17 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Hartz-IV Bezug (Juli 2009) Alleinerziehende, 40,9 % (61 % mit Vorschulkindern, 28 % mit größeren Kindern) Paare, 8,1 % Belastungen als Alleinerziehende Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 18 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Netzwerk Kinderschutz: Notwendige Voraussetzungen Integriertes Verständnis von Hilfe und Kontrolle als Prozess F a c h l i c h k e i t Hilfe, Begleitung Beteiligung Steuerungsverantwort ung Wächteramt Intervention Kontrolle Kinderbüro Karlsruhe 19 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

In-/Formelle Netzwerke der Jugendhilfe Institutionen des Kinderschutzes Öffentliche Jugendhilfe Freie Träger der Jugendhilfe Kindertageseinrichtungen aller Träger Gesundheitswesen Polizei Familiengericht Schulen Frauenschutzeinrichtungen, Beratungsstellen 20 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Angebote des Jugendamtes Vielfalt der Jugendhilfe Frühe Hilfen, Familienbildung Psychologische Beratung Unterhaltsvorschuss/Beistandschaft Kindertageseinrichtungen Pflegekinderwesen Wirtschaftliche Jugendhilfe Jugendgerichtshilfe Schulsozialarbeit Soziale Gruppenarbeit Sozialer Dienst 22 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Frühe Hilfen (Frühe Prävention) Lotsinnenfunktion Begleitung von Schwangeren und Eltern mit kleinen Kindern Ohne Antragstellung, kostenfrei Zielsetzung: Stärkung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen Familiären sicheren Bindungen Einfühlsamen Erziehungsverhalten Frühe Prävention Karlsruhe 23 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Beistandschaften, Unterhaltsvorschusskasse 24 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

SGB VIII 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Ge-fährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen. Dabei sind die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten anzubieten. 25 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

SGB VIII 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (2) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass deren Fachkräfte den Schutzauftrag nach Absatz 1 in entsprechender Weise wahrnehmen und bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzuziehen. Insbesondere ist die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fach-kräfte bei den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungs-berechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die angenommenen Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um die Gefährdung abzuwenden. 26 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

(Öffentliche) Jugendhilfe Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) 16 (2) 1. Angebote der Familienbildung 17 Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung + Scheidung 18 Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechts 19 Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder 27 35 Hilfen zu Erziehung Kinderbüro Karlsruhe 42 Inobhutnahme 50 Mitwirkung im familiengerichtlichen Verfahren 27 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

SGB VIII 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (3) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen. (4) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein. 28 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Das aktive Jugendamt im familiengerichtlichen Verfahren Gesetzliche Rahmenbedingungen BGB Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls ( 1666 BGB) Kinderrechteverbesserungsgesetz ( 1666a BGB Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Vorrang öffentlicher Hilfen) (1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familienwohnung untersagt werden soll. 29 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Das aktive Jugendamt im familiengerichtlichen Verfahren Allgemeine professionelle Unterstützung Gewaltschutz Unterstützung bei Bewältigungsprozessen Minderung von sozialökonomischer Benachteiligung Beratung von Bezugspersonen, Stärkung Mutter-Kind-Beziehung Beratung/Unterstützung des Vaters u. a. zur Entwicklung von Konfliktlösungsstrategien Schaffung positiver Lebensbedingungen 31 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Das aktive Jugendamt im familiengerichtlichen Verfahren Spannungsfeld Umgang: Karlsruher Weg - Kinderschutz Gelungene Trennung von Paar- und Elternebene oder unerkannte Kinderschutzfälle? mind. 13% Partnergew. Trennung-/ Scheidung Kindeswohlgefährdung Hohe Korrelation Sex Missbrauch kindbezogene Gewalt Vernachlässigung 32 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Risiko: Nach vorne schauen Anpassung an die normativ vorgegebene Mutter- und Kinderrolle 1.Deeskalationsstrategien seitens der Gewaltopfer mit dem Ziel, das Gewaltrisikos bei der Trennung zu minimieren und Zwangsmaßnahmen abzuwenden 2. Anpassung an normative Erwartungen, z. B.: Teilnahme an Mediationsgesprächen Erarbeitung einvernehmlicher Vereinbarungen Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts Mitwirkung bei Umgangskontakten 33 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

> Schwächung familiärer Bindungen Erfahrungen der Gewaltopfer Anhaltende Bedrohung, auch gegenüber Kindern Gewalt- und Tötungsrisiko Überforderung Einschränkung der Be-/Erziehungsfähigkeit der Mutter: Ungeklärte Grenzen der Zumutbarkeit Erfahrungen des Gewalttäters Verantwortungslosigkeit und Kontrolle ohne sichere Bindung und Beziehung Verantwortungsdelegation für Erhalt und Qualität der Vater-Kind-Beziehung an Mutter ( PAS ) und Kind 34 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

> Anhaltende Belastungen / Gefährdungen Reaktionen der Mütter Anpassung, Gefährdung der Kinder Rückzug bis Rückkehr zum Gewalttäter vs.? Wachsendes Engagement gegen Gewalt seitens der Opfer Hochstrittiger Trennungsprozess 35 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

> Hilfen scheitern oder werden nicht vermittelt Standardhilfen bei TuS scheitern Gewaltspezifische Hilfen werden nicht angeboten Kinderbüro Karlsruhe 36 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

> Zunahme der stationären Hilfen zur Erziehung 37 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Das aktive Jugendamt im familiengerichtlichen Verfahren Getrennte Elternschaft Trennung/ Scheidung Sorgerecht Umgangsrecht Unterhaltsrecht Mutter Verantwortung: Bindung, Beziehung, Erziehung, Versorgung?? Vater Staat Kinder als Träger subjektive r Rechte 38 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Grundgesetz Art. 6 (4) Jede Mutter* hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Zeit, Verständnis, Ruhe, Ermutigung, Respekt, Anerkennung der Bereitschaft zur Schwangerschaft, Geburt und Fürsorge für ein Kind; auch ohne liebenden Ehemann oder eigenständige Berufstätigkeit *Erziehungsverantwortliche/-r 39 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Das aktive Jugendamt im familiengerichtlichen Verfahren Realistische Entscheidungen von Familiengericht und Jugendhilfe, die an Lebensrealität der Kinder, Eltern und Bezugspersonen ausgerichtet sind Umsetzbare Beschlüsse Begründetes Vertrauen in die Verantwortung und das Einvernehmen der Eltern (Mutter und/oder Vater) Lebensweltbezogene Hilfen für beide Eltern und Kinder Verantwortliche Entscheidungen von Familiengericht und Jugendhilfe bei Überforderung der Eltern (Mutter und/oder Vater) Schutz vor systembedingten Belastungen 40 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Kindzentriertes Vorgehen bei der Umgangsgestaltung Einzelfallbezogenes Vorgehen: Umgangs- und Sorgerecht mit Ziel der Beziehungsförderung Auflagen: Schaffung von Voraussetzungen für Umgang seitens Eltern Ausschluss von Zwangsmaßnahmen gegen Gewaltopfer Selbst-/Evaluation und Reflexion Broschüre Eltern vor dem Familiengericht. Schritt für Schritt durch das kindschaftsrechtliche Verfahren Deutsche Liga für das Kind und Deutscher Paritätische Wohlfahrtsverband. Arbeitshilfe zum neu gestalteten Verfahren bei häuslicher Gewalt (BMFSFJ). befasst sich mit den Besonderheiten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG. http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles,did=173800.html 41 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Differenzierung des Umgang Begleiteter Umgang u. a.: http://www.ifp.bayern.de/projekte/begleiteter_umgang.html Unterstützter Umgang Familienangehörige, Ehrenamtliche (Verantwortung Soz. Dienst) Begleiteter Umgang im engeren Sinne Fachleute und geschulte Ehrenamtliche Beaufsichtigter Umgang Fachleute, insoweit erfahren Fachkraft 42 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Väter-/Täter-/Umgangsberatung Schaffung einer sicheren Vater-Kind-Beziehung Verantwortungsübernahme für Gewalttätigkeit, Gewaltfreiheit Einfühlsamkeit und Wertschätzung ggü. Kind Beziehungs- und Erziehungsfähigkeit (Sichere Bindung) Kindgerechte Umgangsgestaltung Bewältigung eigener starker Emotionen Klärung zusätzlichen Hilfebedarfs Kinderbüro Karlsruhe 43 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Schlussfolgerung: Minimierung von Belastungen durch viele Beteiligte Familienmitglieder: Geschwister, Vater, Mutter Soziales Netz: Verwandte, Bekannte, Nachbarschaft Institutionen des Alltags: Kindertageseinrichtung, Schule Öffentliche Jugendhilfe: ASD, Vormund, Pflegekinderdienst Inobhutnahme: Pflegefamilie, stationäre Jugendhilfe Fachleute der freie Jugendhilfe: Heim, Familienhilfe, Tagesgruppe Schutzeinrichtungen/Fachstellen: Beratungsstellen, Frauenhäuser Medizinisches/therapeutisches Fachpersonal Polizei, Staatsanwaltschaft Familien-/Gericht: Richter, Anwalt, Sachverständige, Verfahrensbeist. Begleiteter Umgang, Umgangspfleger/-innen Trennungs- und Scheidungsberatung 44 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Schlussfolgerung: Optimierung der Zusammenarbeit Reflexion der eigenen Perspektive Verschiedene Arbeitsaufträge, rechtliche Grundlagen Unterschiedliche Kulturen, Verhaltensskripts, Sprachen/Codes, Zusatz- /Ausbildungen Autoritätsüberlagerungen Geben/Nehmen der Zuständigkeit/Verantwortung 45 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Schlussfolgerung: Reflexion gesellschaftlicher Rahmenbedingungen ka-news, 09.02.2010 Misstrauen gegen Eltern Bürokratiekosten für alle Armut macht traurig und einsam Das Bundesverfassungsgericht entscheidet über die Hartz-IV-Sätze für Kinder (BNN 09.02.2010 46 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Umsetzung Bundeskinderschutzgesetz Freiwillige Leistungen absichern Qualität im Kinderschutz entwickeln Kinderrechte umsetzen Konsolidieren!! 47 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Statt einer Zusammenfassung: DJI Bulletin 1/2010 Geteilte Sorge Die Trennung kann für Kinder eine Erlösung sein Amerikanische Studien zeigen, dass die Hälfte der Probleme, die Kinder nach einer Scheidung haben, eigentlich nichts mit der Scheidung selbst zu tun haben, sondern eine Reaktion auf die finanziellen Schwierigkeiten der alleinerziehenden Mutter sind. Vor ein paar Jahren ging man noch davon aus, dass das Kindeswohl leidet, wenn der Kontakt zum Vater stark abnimmt oder gar abbricht. Mittlerweile zeigen aber viele Studien, dass die zuverlässige Zahlung des Unterhalts und die Qualität des väterlichen Erziehungsverhaltens deutlich ausschlaggebender sind. (Sabine Walper, S. 11, http://www.dji.de) 48 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Verantwortungsgemeinschaft, Kooperation 51 Dr. Susanne Heynen, Jugendamt Karlsruhe, Höxter 22.11.2011