Fonds-, Aktien und Aktienindexgebundene Lebensversicherungen mit Garantie Neue Ansätze am Markt Von Kim Gayer, Paris und Jochen Ruß, Ulm 1 Einleitung Die Neugeschäftsanteile von kapitalbildenden Lebensversicherungen fallen immer weiter. Die KLV wird mehr und mehr als Auslaufmodell bezeichnet. Parallel dazu steigen die Neugeschäftsanteile von Fondspolicen drastisch an. Viele Kunden trauen sich jedoch bislang nicht, fondsgebundene Lebensversicherungen zu kaufen, da bei derartigen Produkten das gesamte Kapitalanlagerisiko auf den Kunden übergeht. Gerade wenn es um die Altersvorsorge geht, wollen viele Menschen auf Garantien nicht gänzlich verzichten. Die Lösung scheint einfach: Lebensversicherungsprodukte, die eine direkte Partizipation am Kapitalmarkt ermöglichen und gleichzeitig Garantien bieten. Durch die gegenwärtige Diskussion über die private Zusatzvorsorge sowie über die grundlegend neue Besteuerung der Altersvorsorge kann das Thema Garantien in Fondspolicen eine ganz neue Dimension erhalten. Bekannt sind in Deutschland bereits sogenannte aktienindexgebundene Lebensversicherungen mit garantierte Mindestverzinsung, die von 1996 bis 1998 von mehreren Versicherern angeboten wurden. Diese Produkte erlaubten eine Partizipation an einem Aktienindex oder Aktienindexkorb und gewährten gleichzeitig eine Mindestgarantie. Bilanzielle Probleme hielten aber viele Lebensversicherer davon ab, derartige Produkte anzubieten. Ein ungünstiges Kapitalmarktniveau (hohe Volatilitäten bei niedrigen Zinsen) führte dann dazu, dass das Produkt wieder vom Markt verschwand. Aktuell bietet die Gothaer Lebensversicherung als erstes Unternehmen wieder eine aktienindizierte Lebensversicherung an, die Swiss Life/Rentenanstalt bietet ferner eine aktienindexgebundene Rentenversicherung an. Derzeit werden immer mehr neue Produktideen an die Branche herangetragen. So können zum Beispiel nahezu beliebige Fonds mit einer Mindestgarantie unterlegt werden. Das Angebot interessanter und innovativer Fonds-, Aktien- und Indexgebundener Strukturen lässt erwarten, dass derartige Produkte bald auch in Deutschland ähnlich erfolgreich sein werden wie in anderen europäischen Ländern, wie z.b. den Benelux Staaten oder Italien. Die einfachsten Produkte, funktionieren analog zur Aktienindexgebundenen Lebensversicherung, wobei die Rolle des Index hier allerdings auch von einem Fonds gespielt werden kann. Typischerweise erhält der Kunde am Ende der Laufzeit einen Betrag zurückbezahlt, der einerseits eine gewisse Mindestsumme nicht unterschreitet, andererseits von der Entwicklung eines zu Grunde liegenden Fonds abhängt. Für die konkrete Ausgestaltung des Zahlungsprofils bei Fälligkeit gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Sofern die Garantie vom Versicherungsunternehmen nur durchgereicht wird, entfällt auch die bei der Indexgebundenen Lebensversicherung anzutreffende Rückstellungsproblematik. In vorliegendem Aufsatz stellen wir einige konkrete Angebote vor und gehen insbesondere auf die neuartige Möglichkeit ein, derartige Konstrukte als echte Fondsgebundene 1 Kim Gayer ist Head of Sales Deutschland, Equity Derivatives bei der Société Générale in Paris, Dr. Jochen Ruß ist stellvertretender Direktor des Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften, und Lehrbeauftragter der Universität Ulm.
Lebensversicherung anzubieten. Diese Möglichkeit dürfte für viele Versicherer von Interesse sein, deren EDV-Landschaft zwar fondsgebundene Lebensversicherungen in Anteilseinheiten aber keine aktienindexgebundene Policen, bei denen die gesamte Leistung in einem Schuldschein verbrieft ist, zulässt. Produktbeispiele Alle Angebote der aktienindexgebundenen Lebensversicherung in den Jahren 1996 bis 1998 boten eine Erlebensfall-Leistung, die im Wesentlichen aus einer Garantie sowie der Partizipation an einem Aktienindex bestand. Zwar gab es eine Vielzahl von Varianten, diese waren aber alle Variationen dieses einen Themas. 2 Eine erste Neuerung stellte das Angebot dar, analoge Strukturen auf beliebige Investmentfonds zu kreieren. Das ganze Spektrum aktienindexgebundener Lebensversicherungen kann heute dargestellt werden, wobei die Rolle des Index von einem Investmentfonds gespielt wird. Im einfachsten Fall beträgt die Erlebensfall-Leistung das Maximum aus der Garantieleistung und der Leistung die sich aus einer Partizipation am Fonds über die gesamte Laufzeit ergibt. Insbesondere für Lebensversicherer, die bereits eine reine Fondsgebundene Lebensversicherung anbieten, kann es von Interesse sein, einen der angebotenen Fonds beispielsweise den meistverkauften auch mit Garantie anzubieten. Dieses Vorgehen ist auch für Dachfonds oder Spezialfonds möglich, sofern gewisse Kennzahlen offen gelegt werden. Insbesondere für Dachfonds kann die Garantie durch die dem Fonds inhärente Diversifikation und die daraus resultierende Volatilitätsreduktion oft sehr günstig angeboten werden. Hier blieb die Entwicklung aber nicht stehen. Gerade in den Benelux-Ländern sowie in Italien sind Produkte, die durch gezielte Nutzung von Marktchancen neue Risiko/Rendite-Profile erschließen, sehr beliebt. Das Produkt Himalaya, das in Europa bereits für über 500 Millionen Euro verkauft wurde, funktioniert nach folgendem Prinzip: Der Kunde partizipiert an einem Korb von Blue Chips. Alle 6 Monate, wird diejenige Aktie festgestellt, die seit Auflegung des Produkts die beste Performance hatte. Die entsprechende Performance wird festgeschrieben und die Aktie aus dem Korb entnommen. Nach 6 weiteren Monaten wird die entsprechende bestperformierende Aktie des Restkorbes ermittelt usw. Der Kunde partizipiert nun am Durchschnitt der so festgestellten Performance-Werte. Bei einer Laufzeit von 8 Jahren 3 und einer Anbindung an 16 aus Abbildung 1 ersichtliche Blue Chips, könnte bei einer Mindestverzinsung von 1,5% p.a. ein Partizipationssatz von 75% angeboten werden. Historisch hätte dieses Produkt in den letzten Jahren eine durchschnittliche Rendite von 9,1% erzielt. Weitere Details sind in Abbildung 1 aufgeführt. Besonders interessant ist derzeit das Produkt Altiplano, das die derzeitigen Marktgegebenheiten (Korrelationen, hohe Volatilitäten) gezielt nutzt, um ein gänzlich neues Risiko/Rendite-Profil zu generieren. Dieses Produkt mit einer Laufzeit von 12 Jahren beteiligt den Kunden an der Performance eines frei gestaltbaren künstlichen Aktienindex. Wählt man derzeit zum Beispiel die Aktien Diageo, Glaxo Wellcome, L Oreal, CGU, Royal Dutch, Coca 2 Für eine systematische Übersicht über die damals angebotenen Produkte sowie deren Einordnung in ein allgemeines Modell, vgl. Ruß (1999), Kapitel 3 oder Ruß/Schittenhelm (1998) 3 Das Produkt ist analog auch für eine Laufzeit von 12 Jahren möglich. Hier wird ein konkretes Beispiel aus dem Ausland mit kürzerer Laufzeit beschrieben. Die Partizipationsrate wäre bei längerer Laufzeit deutlich höher.
Cola, Unilever, Deutsche Bank, Bayer und General Motors, so könnte das Produkt in folgender konkreter Ausgestaltung angeboten werden: 4 - Die Erlebensfall-Leistung hängt von der Entwicklung der 10 Aktien in den letzten 5 Jahren vor Fälligkeit ab. - Wenn der Wert jeder der 10 Aktien des Portfolios während der letzten 5 Jahre vor Fälligkeit ständig über 60% des Wertes der entsprechenden Aktien bei Auflegung des Produkts bleibt, so beträgt die Rückzahlung 300% der Einzahlung. Dies entspricht einer Effektiv-Verzinsung von 11.88%, ein Wert, der beträchtlich über der 12-jährigen risikofreien Eurorendite liegt. Dieser Fall wird in Abbildung 2 dargestellt. - In jedem anderen Fall (vgl. Abbildung 3) erhält der Investor bei Laufzeitende den Betrag Basket(12) Basket(0) N * 100% + 70%* Max ; 0, Basket(0) wobei N den Einzahlbeitrag (Nominal) bezeichnet, Basket(0) den Wert des Baskets bei Auflegung des Produkts und Basket(12) den durchschnittlichen Jahresendwert des Baskets der letzten 5 Jahre der Laufzeit. Die Wahrscheinlichkeit der 300%igen Rückzahlung des Nominals ist historisch gesehen sehr hoch. Da es sich bei den ausgewählten Aktien um Blue Chips handelt ist mit sehr großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Rückzahlung von 300% erfolgt. Bei jedem beliebigen Fälligkeitstermin in den letzten 12 Jahren wäre immer dieser Betrag zur Auszahlung gekommen. Selbst wenn dieser Fall nicht eintritt, hat der Kunde immer noch das Auszahlungsprofil einer gewöhnlichen aktienindexgebundenen Lebensversicherung mit Mindestgarantie. Die hier vorgestellten Produkte sind konkrete Angebote der Société Générale, stellen aber natürlich nur einen winzigen Ausschnitt des Denkbaren dar. Durch zielgruppenorientierte Nutzung von Marktchancen kann für jeden Versicherer und jeden Vertriebsweg ein geeignetes Risiko/Rendite-Profil entwickelt werden. Schuldschein vs. Fonds Üblicherweise werden derartige Produkte in Form eines Schuldscheins verbrieft, der bei Fälligkeit die entsprechende Leistung ausbezahlt. Die Investment Bank garantiert einen ständigen Sekundärmarkt in der Regel mit einer vorab garantierten Obergrenze für die Geld- Brief-Spanne. Damit verhalten sich alle derartigen Produkte analog zur bekannten Aktienindexgebundenen Versicherung, sowohl hinsichtlich aktuarieller Aspekte (z.b. Kalkulation des Risikobeitrages 5 ), Fragen der konkreten Gestaltung der Kapitalanlage, als auch verwaltungstechnisch. Die viel diskutierte Rückstellungsproblematik 6 kann umgangen werden, indem die Garantie nicht vom Versicherer ausgesprochen wird, sondern von der Investment Bank. Der Versicherer reicht die Garantie gedanklich nur durch. 4 Wir gehen hier von der bei derartigen Produkten üblichen 5/12 Variante mit Beitragsdepot aus. 5 Vgl. hierzu Ruß (1999) Kapitel 5. 6 Vgl. Nonnenmacher/Schittenhelm (1997) oder Ruß (1999), Kapitel 4.
Auf die Verbriefung eines derartigen Produkts in einem Schuldschein gehen wir nicht näher ein, da alle relevanten Aspekte hinlänglich bekannt sind, und dies auch schon mehrfach am Markt durchgeführt wurde. Ein Hemmschuh bei der Variante Schuldschein ist für viele Lebensversicherer die EDV, da ein derartiges Produkt nicht in bereits bestehende Strukturen passt. Aus diesem Grunde gab es immer wieder Nachfragen von Versicherern, die bereits ein fondsgebundene Lebensversicherung anbieten, ob derartige innovative Strukturen auch als reine fondsgebundene Lebensversicherung, also in Anteilseinheiten, angeboten werden kann. Dies würde das EDV-Problem bei allen Versicherern, die bereits eine Fondsgebundene Lebensversicherung anbieten, lösen. Inzwischen ist es möglich, alle derartigen Produkte, die im Rahmen eines Schuldscheins angeboten werden auch als echten Fonds anzubieten. Der Kunde kann dann während der Beitragszahlungsdauer Fondseinheiten kaufen. Der Fonds wird dabei so gemanagt, das bei Ablauf der Police der Wert einer Anteilseinheit gerade der Auszahlung des entsprechenden Schuldscheines (bezogen auf ein Nominal von z.b. 100) entspricht. Die Bank garantiert dabei einen liquiden Sekundärmarkt und stellt täglich Kurse. Dies ermöglicht die Verwaltung derartiger Policen auf jedem EDV-System, das in der Lage ist, gewöhnliche Fondspolicen zu verwalten. Insbesondere kann auch die Risikoprämie technisch monatlich kalkuliert werden und aus dem Fondsguthaben entnommen werden. Der Fonds wird in Luxemburg aufgelegt. Die Auflegung dauert in der Regel nur wenige Wochen. Ab einem Volumen von 15 Mio. Euro ist dies zu den selben Konditionen möglich wie die Schuldschein-Variante. Auch für kleinere Volumina gibt es Lösungen, die aus Versicherungs- und Kundensicht identisch funktionieren. Einziger Unterschied derartiger Produkte zur üblichen Fondsgebundenen Versicherung ist jedoch die Tatsache, dass die Produktkalkulation bankseitig das Recht aber auch die Pflicht des Kunden auf Beitragszahlung berücksichtigt. Storniert der Kunde während der Beitragszahlungsphase so ist der Rückkaufswert nicht das Fondsguthaben, sondern der Wert aller Fondsanteile, die im Rahmen der Police hätten gekauft werden sollen, abzüglich dem Barwert der noch ausstehenden Prämien. Bei Beitragsfreistellung ist eine ähnliche Marktwertanpassung vorzunehmen. Dies verhindert, dass Kunden bei sich verändernden Marktgegebenheiten gegen das Versicherungsunternehmen spekulieren können. Diese Marktwertanpassung kann jedoch auch im Fonds vorgenommen werden. Sie wird dann bereits implizit durch einen angepassten Fondskurs berücksichtigt. Zusammenfassung Fondspolicen mit Mindestgarantie stellen eine interessante Produktvariante dar. Zum einen können relativ einfache Produktkonzepte durch die Tatsache, dass das Kapitalanlagerisiko nicht komplett vom Kunden getragen wird, unter den risikoaverseren Kunden ein neues Potenzial für Fondspolicen erschließen. Zum anderen können etwas komplexere Produkte, die durch gezielte Nutzung von Marktchancen neuartige Risiko/Rendite-Profile generieren, zu einer Profilierung innovativer Versicherungsunternehmen führen. Die nahezu unbegrenzten Möglichkeiten im Produktsdesign erlauben es, für jede Zielgruppe und jedes Marketing- Konzept ein passendes Produkt zu kreieren. Die derzeitige politische Diskussion um die Altersvorsorge lässt erwarten, dass derartige Produkte künftig eine ähnlich große Rolle wie in anderen Ländern spielen werden. Eine frühzeitige Positionierung in diesem Feld kann einem Lebensversicherer strategische Vorteile verschaffen.
Gerade die Tatsache, dass alle Spielarten von Fondspolicen mit Mindestgarantie nun auch als echte Fondspolice und nicht nur in der Variante Schuldschein angeboten werden können, ermöglicht es allen Fondsversicherern, diese Produkte problemlos und mit kurzer time to market anzubieten. Literatur Nonnenmacher, Dirk Jens F. und Frank Andreas Schittenhelm (1997): Zusätzliche Rückstellungen: Das Aus für die Aktienindexgebundene Lebensversicherung in Deutschland? Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft, 3/1997, 393-416. Ruß, Jochen (1999): Die Aktienindexgebundene Lebensversicherung mit garantierter Mindestverzinsung in Deutschland, IFA-Verlag, Ulm. Ruß, Jochen und Frank Andreas Schittenhelm (1998): Unterscheidungskriterium Partizipationssatz bei der Aktienindexgebundenen Lebensversicherung. Blätter der DGVM, XXIII, Oktober 1998, 489-499.
Abbildung 1: Details zum Himalaya-Produkt Sha re Pric e HIMALAYA BOND (Back-Testing) 8 Years in Euro 100% Capital Guarantee Annual Fixed Coupon of 1.50% 75% Participation in the "Himalayan" rise of the portfolio Portfolio: Geographical Allocation Aegon Insurance Netherlands Spain Switzer land BMW Automobile Ger many Netherlands BSCH Banking Spain France Finland Carrefour Ret ai l Fr ance Comit Banking It al y Edison Utilities Italy Glaxo-Wellcome Pharmaceutical U-K U-K Heineken Consumer Goods Netherlands Ger many Italy L'Oreal Consumer Goods France LVMH Luxury Goods France Nokia Telecom Equipment Finland 14% Novartis Pharmaceutical Switzerland HIMALAYA Reed Intl. Edi tor U-K 12% Yield to Maturity Telecom Italia Telecom Italy Total Fina Oil & Gas Pr oducer France 10% Vodafone Telecom U-K 8% Maturity 8 Years Number of Fixings 16 6% Riskfree Rate 8 Years (Euro) Frequency Half-Yearly Currency Euro 4% Participation Rate 75% Annual Fixed Coupon 1.50% 2% Average Annual Yield Recorded 9.01% Highest Annual Yield Recorded 13.05% Minimum Yield Recorded 6.10% Percentage above Riskfree Rate 100.00% Example: Should the 16 stocks in the basket show the same performance as between Nov. 2nd 1990 and Nov. 2 1998 would the bond have a yield to maturity of 11.52% (or a payoff of 239.23% (incl. annual coupon of 1.5%)) Share 1 oct-96 janv-97 avr-97 juin-97 sept-97 déc-97 mars-98 juin-98 août-98 nov-98 févr-99 mai-99 juil-99 Share 2 Share n Share 10 100% 60% 7 Years Time Abbildung 2: Fall 1 im Altiplano-Produkt Share 1 Sha re Pric e Share 2 Share n Share 10 100% 60% 7 Years Abbildung 3: Fall 2 im Altiplano-Produkt Tim e