Ernährung und Immunreaktion

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Transkript:

Ernährung und Immunreaktion Beispielbild Jürgen Zentek Institut für Tierernährung der FU Berlin

Darm gesundheit Futter Parasiten- Kontrolle Verdauung/ Absorption Immunsystem Mikrobiota 2

Gliederung Immunsystem Einführung und Vorbemerkungen Entwicklung des darmassoziierten Immunsystems - Alterseffekte - Toleranzinduktion Fütterungsbedinge Einflüsse - Hauptnährstoffe - Andere Futterinhaltsstoffe 3

Immunsystem Basis für gesunde Tiere Schutz Toleranz Gesundheit discovermagazine.com/loom/2006/09/; lecithin.de 4

Zeitachse Absetzen Intrauterin/ Intraoval Kolostral Autonom Passiv Aktiv 5

Immunsystem Das Immunsystem schützt den Organismus vor Umwelteinflüssen Mechanismen - angeboren - erworben Erwerb durch Kontakt mit der Umwelt (antigen wirksame Substanzen) 6

Immunsystem Der Darm ist das größte Immunorgan des Körpers Grenzfläche zur Außenwelt - Mikrobiota - Futtereiweiße - Umweltantigene 7

Gliederung Immunsystem Einführung und Vorbemerkungen Entwicklung des darmassoziierten Immunsystems - Alterseffekte - Toleranzinduktion Fütterungsbedinge Einflüsse - Hauptnährstoffe - Andere Futterinhaltsstoffe 8

Kolostrum / Milch Wichtige Einflussfaktoren aus der Milch für das Immunsystem - Antikörper - Leukozyten, Effektor- und Gedächtnis-T- Lymphozyten - Zytokine Kelleher and Lonnerdal 2001 9

Immunreifung am Beispiel des Ferkels Kolostralmilch Abwehrkap pazität Aktive Antwort Eigene Immunität Geburt 21 35 Tage Alter 10

Darmentwicklung Adaptation/Reifung des Darms - Morphologie - Verdauungsenzyme - Absorptionskapazität - Mikroökologie - Darmassoziiertes Immunsystem 11

Entwicklung des GI Immunsystems Neugeborene Ferkel - niedrige Dichte, CD2+CD4-CD8- T-Zellen 5 Tage alte Ferkel - 1/10 der Zelldichte erwachsener Tiere weitere Entwicklung - CD 4 (7 d), CD 8 (5-7 Wochen) 12

Immunologie des Darms Lymphknoten Leber Haut Afferent Efferent + IgA, IgM Antigene PP M Zellen Zellen + Bioaktive Substanzen Andere AP Zellen 13

Physiologische Antigenaufnahme Immunüberwachung Die Reaktivität des Immunsystems im Darm ist im Sinne einer aktiven Toleranz geregelt Der Durchfluss kleiner Mengen an Futterantigenen ist wichtig - Interaktion von Nahrung- und Futterantigenen mit B-Zellen, - Sekretion von Immunglobulinen und T-Zellen via Bindung von Peptiden in MHC-Molekülen, - Interaktion mit T-Zell Rezeptoren 14

Unphysiologische Antigenaufnahme Polymerischer Ig receptor (pigr/sc) knock-out Maus - Keine siga und IgM Antikörper - Reduzierte gastrointestinale Barriere - Erhöhte Aufnahme von Futter-/Bakterientigenen - Hyperreaktives Immunsystem, Risiko: - Anaphylaxie - Systemische Sensibilisierung 15

Mikrobiota des Intestinaltrakts Mikrobielle Gemeinschaft im Darm = Mikrobiota Im Idealfall stabiles System Intestinalfora unterstützt die Entwicklung des Immunsystems - Stimulierung der Immunentwicklung - Stoffwechselprodukte Epithelfunktion - Abwehrsystem per se 16

Komplexe bakterielle Diversität Lebensgemeinschaft Säugetierorganismus besteht aus 10 14 Zellen 90% prokaryontische Zellen 10% eukaryontische Zellen Eubacterium 26% 16% Bifidobakterien Enterobacterium 2% 30 60% noch unbekannt 14% 3% 1% Kokken Lactobacillus Clostridium 38% Bacteroides & Fusobacterium Simon 17

Gliederung Immunsystem Einführung und Vorbemerkungen Entwicklung des darmassoziierten Immunsystems - Alterseffekte - Toleranzinduktion Fütterungsbedinge Einflüsse - Hauptnährstoffe - Andere Futterinhaltsstoffe 18

Immunsystem Futterzusammensetzung - Unterstützung des Immunsystems durch optimierte Futterzusammensetzung - Futterkomponenten - Nähr- bzw. Zusatzstoffe - Direkt oder indirekt über die Interaktion mit der Darmmikrobiota 19

Organische Säuren Resistente Stärke Probiotika Pufferkapazität Enzyme Eubiose Bacteroides Eubakterien Peptokokken Peptostreptokokken Vorteil durch Unterstützung von Verdauung und Absorption Suppression exogener Bakterien Stimulierung des Immunsystems Synthese (Vitamine) MOS MCFA Optimale ileale Verdaulichkeit FOS Darmflora Laktobazillen E. coli Streptokokken Veillonellen Nachteil durch Bildung schädlicher Metaboliten Produktion von Toxinen Produktion von Karzinogenen 1,3-1,6-β-G Proteinüberversorgung Hygienemängel Mykotoxine Dysbiose Cl. perfringens Staphylokokken Proteus Pseudomonas Erkrankungen (evtl.) durch Toxine Infektion NSP Viskosität 20

Fütterung und Darmgesundheit Optimale Rationszusammensetzung Mikroflora Hygiene Zusatzstoffe Fütterung - Zugelassene Zusatzstoffe - Andere Produkte mit unterschiedlichem Status Immunsystem Verdauung 21

Effekte auf das Immunsystem Kohlenhydrate - Präbiotika - 1,3/1,6-Glukane - Mannane, FOS u.a. Fettsäuren - n-3/n-6-fettsäuren N-haltige Substanzen - Betain - Nukleotide - Aminosäuren Anorganische Stoffe - Spurenelemente Sonstige Substanzen - Probiotika - Phytogene Additive Mikrobiota Verdauungsphysiologie Immunsystem 22

Kohlenhydrate und Immunsystem Präbiotika, komplexe Kohlenhydrate -> widersprüchliche Ergebnisse - Mannanoligosaccharide - Zelluläre und humorale Immunantwort (Nochta et al. 2009) - Kein Effekt auf Immunparameter (Castillo et al. 2008) - Fruktooligosaccharide - Inulin 23

Fettsäuren und Immunsystem Fette -> Fettsäurenmuster in Organen und Geweben sowie auch in der Muttermilch n-3-fettsäuren liefern nicht nur Energie, sondern haben auch nachhaltigen Einfluss auf das Immunsystem Immunmodulierende Wirkung von mehrfach ungesättigten n-3 Fettsäuren können Versuchsergebnisse beeinflussen 24

n-3-fettsäuren n 6-Fettsäuren n 3-Fettsäuren Effekte auf Eicosanoide 1. Serie Prostaglandine 2. Serie Prostaglandine entzündungsfördernd ( pro phlogistisch) 3. Serie Prostaglandine entzündungshemmendd ( anti phlogistisch) 25

Aminosäuren und Immunsystem Aminosäurenbedarf für die Proliferation Sonderwirkungen einzelner Aminosäuren Arginin: - Stickstoffmonoxid - Makrophagenfunktion - Darmbarriere - Gefäßentwicklung 26

Aminosäuren und Immunsystem Glutaminsäure - Bei neugeborenen Ferkeln nahezu vollständig in der Darmschleimhaut metabolisiert Glutamin - Konditionell essentiell - Stress, Infektionen, Absetzen (?) - Superoxidbildung in Neutrophilen, bakterizide Funktion 27

Aminosäuren und Immunsystem Glyzin - Glutathionbildung - Signaltransduktion - Substrat für den Darm Lysin - Muzinbildung - Immunglobuline - Darmzottenbildung 28

Aminosäuren und Immunsystem L-Methionin - Glutathion - Homocystein - Taurin - 2-hydroxy-4- methylthiobutyrate -> enos Expression, Blutfluss, Absorption von Aminosäuren (Wu et al. 2007) Threonin - Muzinsynthese, Barrierefunktion - Umsatz im Darm bis zu 60% 29

Aminosäuren und Immunsystem Tryptophan - Geringere Plasmakonzentrationen bei Schweinen mit Lungenerkrankungen - Kritisch für Funktion von Makrophagen und Lymphozyten - Tryptophan stimulierte in entsprechenden Untersuchungen die angeborene Immunreaktion (Melchior et al. 2006; Floc'h and Seve 2007) 30

Futterzusatzstoffe Darmstabilität, Gesundheitsförderung Produktgruppe Wirkung Mikroflora Weitere Effekte Säuren bzw. deren Salze Durchfall Spurenelemente Cu, Zn Probiotika Enzyme Durchfall, Darmwand, Immunsystem Darmwand, Immunsystem Verdauung 31

Spurenelemente und Immunfunktion Element Bedeutung für das Immunsystem Mangelsymptom Zink +++ Kupfer (+) Eisen + Mangan + Kobalt + Immunsuppression Selen ++ Jod + Molybdän + 32

Mechanismen von Probiotika Wachstumshemmung Immunmodulation Stimulation Adhärenz Wachstumshemmung Pathogene/ Schädliche Bakterien Bifidobacterien Lactobacillen Probiotika Adhärenz Wachstumshemmung Lactat Lactatverbrauchende Bakterien Kurzkettige Fettsäuren ph Epithelzellwachstum Blutfluss Colon Motilität Absorption von Wasser, Mineralien Mucusproduktion Mod. OHASHI and USHIDA 2009 33

Probiotika und Immunfunktion Enterococcus faecium bei Ferkeln/Sauen - Blut IgG - CD 8+ - intraepitheliale Lymphozyten Scharek et al. 2005, Tedin et al., in prep - B-Zellen im Sauenblut Tedin et al. in prep. - SCC +, CD 14+ in der Milch 34

Morphometrie Villus Crypt 12 26 34 54 - Effekte des Probiotikums n.s. - Alter p<0,05 Lena Martin 35

Schlussfolgerung Verdauungstrakt und Immunsystem durchlaufen einen Reifungsprozess Nahrungsfaktoren und intestinale Mikroflora haben erheblichen Einfluss auf die Immunfunktion Die Ernährung von Muttertieren und Neugeborenen ist von besonderer Wichtigkeit 36