Ich will doch nur, dass das Kind schläft SIDS Prävention im Familienalltag 8. Hamburger Fachgespräch PLÖTZLICHER KINDSTOD 23. November 2011, Hamburg Kinder in den Schlaf begleiten Bärbel Derksen Dipl.Psych., Psychotherapeutin Familienzentrum an der Fachhochschule Potsdam Elternberatung Vom Säugling zum Kleinkind
Kinder in den Schlaf begleiten Gliederung: - Kindlicher Schlaf - Schlafentwicklung - Schlafverhalten während der Nacht - Schlafschwierigkeiten, -störungen - Fallvorstellung - Frühe Hilfen
Verhaltenszustände des Neugeborenen und Säuglings (Brazelton, 1981) 1. Zustand: Tiefschlaf 2. Zustand: REM Schlaf (rapid eye movements, aktiver Schlaf) 3. Zustand: Dösen 4. Zustand: Aufmerksamkeit (wach und ruhig, wach und lebendig) 5. Zustand: Quengeln, Unruhe 6. Zustand: Schreien beobachtet wird: Atmung, Hautfarbe, viscerale Zeichen, Muskeltonus, Erregungszustand des Kindes, Qualität der Wachheit, regulatorische Kompetenzen
Kilian Kinderbilder
Entwicklung des Schlafrhythmus im Lebenslauf
Schlafverhalten während der Nacht Nächtliches Schlafmuster bei einem Kind aus (Kast-Zahn,A.)
Menschlich kleine Unterschiede Schlafdauer Schlafbedarf Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmus (nach dem dritten Lebensmonat Schlaf- Wach-Rhythmus bestimmt durch Tag-Nacht- Wechsel, mehr oder weniger 24 Stunden Rhythmus) verändern sich ständig
Anpassung der Kinder an einen Tag-Nacht-Rhythmus 2-4 Wochen alt, vorgeburtlicher Rhythmus wird noch beibehalten (ca. 2-4 Stunden Wechsel) Ausbildung der Wachzeiten ab ca. 15 Wochen beständiger Schlaf-Wach- Rhythmus 70% aller Säuglinge schlafen Ende des 3. Monats durch hängt vom Reifungsprozess des Kindes ab
Hilfen, um einen guten Schlaf-Rhythmus etablieren zu können genügend Nähe und Geborgenheit zu den Eltern in den ersten Monaten nicht schreien lassen Regelmäßigkeit und Konstanz Gemeinsames Absprechen, Absprachen über Nachtwachen Geduld haben (keine schnellen Veränderungen erwarten) Erwartungen ausbilden (Rituale) Selbstständigkeit und Selbstvertrauen fördern Individuell verschieden bestimmend bleibt das Kind richtig ist es dann, wenn Eltern und Kinder entspannt schlafen können
Frühkindliche Regulationsstörung nach DC 0-3 (Diagn. Klassifikation 0-3, Seel. Gesundheit & entwicklungsbedingte Störungen bei Säuglingen und Kleinkindern, 1999) Definition: Die Schwierigkeit des Säuglings oder jungen Kleinkindes in der Verhaltensregulation, bei der Steuerung der physiologischen-, sensorischen-, affektiven-, motorischen- und Aufmerksamkeitsprozesse. Mit eingeschlossen sind Probleme einen ruhigen, wachen und positiven Verhaltenszustand herzustellen. Problembereiche können sein: - physiologisches System - Grob- Feinmotorik - Aufmerksamkeitsorganisation - affektive Organisation - Verhaltensorganisation - Schlafen, Essen - Sprache, mentale Fähigkeiten
Schlafstörung - Einschlafprobleme Einschlafen nur mit Einschlafhilfe der Eltern; Einschlafdauer durchschnittlich länger als 30 Minuten mögliche Ursachen: Wechsel in "liebgewordenen" Zu-Bett-Geh-Ritualen "Trennung" von der Bindungsperson, zunehmendes Autonomiestreben auch mit (Trennungs-) Angst verknüpft Überstimuliert durch neue/aufregende Erlebnisse
Schlafstörung -Durchschlafprobleme Durchschnittliches nächtliches Aufwachen und fehlendes selbständiges Wiedereinschlafen - mehr als 3x, mindestens 4 Nächte der Woche Nächtliche Aufwachperioden durchschnittlich länger als 20 Minuten Problem liegt nicht im nächtlichen Aufwachen, sondern in der Unfähigkeit, alleine wieder einzuschlafen beziehungsweise in fehlender Selbst-Regulation
Fallvorstellung J. Kind: Eltern: Schwangerschaft: Geburt: J., sechs Monate alt, erste Kind der Eltern, Wunschkind seit zwei Jahren verheiratet Mutter: Pharmazeutisch-Techn. Assistentin Vater: Handwerker, z.z. krank geschrieben keine Komplikationen, erste Monate leichte Übelkeit Hausgeburt, komplikationslos, schönes Erlebnis Anmeldegrund: häufiges Schreien, ständige Unzufriedenheit des Kindes, häufiges nächtliches Aufwachen (7-10 mal)
Geschlecht: Junge Alter: 00;06;19
Geschlecht: Junge Alter: 00;06;20
Geschlecht: Junge Alter: 00;06;19 bis 00;06:23
Fallvorstellung: Entwicklung des Kindes J.: sechs Monate und ca. 20 Tage Kindliche Entwicklung: - sitzt stabil mit Anstrengung - sehr aufmerksam und konzentriert - exploriert unterschiedliche Gegenstände - an Details der Gegenstände interessiert - beidseitiges Greifen, Bewegen des Spielzeugs von einer Hand in die andere - hohe Frustrationstoleranz - wenig mimisch emotionalen Ausdruck - wenige kommunikative Impulse (kein/kaum Rückversichern, keine Laute, sehr wenig Blickkontakt, Blicksuche
Fallvorstellung: weitere Diagnostik Kinderärztliche Untersuchung: kein somatischer Befund J. war bisher noch nicht erkrankt U-Untersuchungsheft: Depressionsskala: EPDS, Mutter: EPDS, Vater: Familiäre Situation: regelmäßig, unauffällig kein somatischer Befund leicht depressiv (Grenze) unauffällig Mutter sehr erschöpft, fühlt sich hilflos keine Entlastung durch andere Familienmitglieder und Freunde möglich z.z. Erkrankung des Vaters (Arbeitsunfall, Armfraktur)
Fallvorstellung: Videoaufnahme Videoaufnahme von einer Spiel- und sogenannten Still-Face-Situation anwesend sind Mutter und Vater Vater und Mutter einigen sich, dass die Mutter mit dem Kind spielt Charakteristika der Interaktion: - wenig Bezogenheit im Spiel - keine Emotionalität weder beim Kind noch bei der Mutter - Mutter macht zögerliche Spielangebote ohne Worte - Kind ist mit sich beschäftigt - Kind schaut Mutter nur sehr kurz an - spielt und freut sich in der Still-Face-Situation - versucht dann über leichtes Quengeln Mutter zu erreichen - bei der Wiedervereinigung wenig Trost und schnelles Ablenken über Spielzeug
Behandlungsplan J. und seine Eltern - Tagesablaufberatung anhand der Tagebücher - Unterstützung der selbstregulatorischen Kompetenzen des Kindes (z.b. Erlernen von abgestufter Beruhigungsmöglichkeiten ) - freudige Interaktionserfahrungen am Tag einführen (Unterstützung der Eltern-Kind-Beziehung) - Entwicklungspsychologische Beratung - Rollenklärung zwischen Vater und Mutter - Schlafunterstützung durch den Vater - Entlastung der Mutter - Arbeit an der Repräsentationsebene ( Gespenster im Kinderzimmer )
Behandlungskonzept der EB FH Potsdam - Informationsvermittlung - Vermittlung von entwicklungspsychologischem Wissen - Tagesablaufberatung - Etablierung von Ritualen - Beobachtung und Förderung der kindlichen selbstregulatorischen Fähigkeiten - Besprechung von angemessenen Beruhigungsstrategien und Einschlafhilfen - Förderung der intuitiven elterlichen Kompetenzen - Sensibilisierung der Eltern für die kindlichen Signale, Förderung der empathischen, reflektorischen Fähigkeiten - Schaffung von neuen Lernerfahrungen für Kind und Eltern (z.b. mit Hilfe von Videoberatung, Spielsequenzen am Tag) - Stärkung des Selbstwertgefühls der Eltern
Behandlungskonzept der EB FH Potsdam - Aufdeckung dysfunktionaler Kommunikations-, Interaktionsmuster - Wahrnehmung, Wiederspiegelung der unbewußten Beziehungsmuster - Konfliktbewältigung (Hersausarbeiten der Hauptkonflikte, Bedeutungen) - Erfassung der Übertragungsangebote und Gegenübertragungsangebote - Interpretation und Deutung von Verhaltensweisen, Vorstellungen und Erwartungen etc. - Bearbeitung von Repräsentationen, inneren Konflikten und Modifizierung der Repräsentanzenwelt - Erholung, Entlastungen, Hilfen im Alltag der Eltern - Ressourcenmobilisierung innerhalb des Familiensystems - Entwicklungspsychologische Beratung - Elter-Säuglingstherapie - Partnerschaftsberatung - ggf. Weitervermittlung in ambulante psychotherapeutische Behandlung - ggf. Weitervermittlung in eine Klinik
Entwicklungsdynamisches, kommunikationszentriertes Modell zur Genese frühkindlicher Regulations- und Beziehungsstörungen (Papoušek et al., 2004, S. 101)
Ausgangspunkt für Frühe Hilfen Bedeutung der Frühen Hilfen - je früher Hilfen beginnen, desto wirksamer sind sie - Säuglinge und Kleinkinder sind besonders verletzlich und besonders häufig von Kindeswohlgefährdung betroffen Frühzeitige Hilfen sind bedeutsam hinsichtlich: des Aufbaus einer tragfähigen Eltern-Kind-Beziehung des frühzeitigen Erkennens von Risiken und Gefährdungen schnelle und gute Erreichbarkeit gut evaluierte Interventionskonzepte der Vorbeugung von Fehlentwicklungen durch wirksame Programme (Präventionskette)
Frühe Hilfen Prävention (Intervention) Vernetzung Kooperation Diagnostik Clearing Begleitung, Beratung bei KWG Eltern-Säugling Therapie Eltern-Säugling Beratung Tertiäre Sekundäre Familienbildung
Nationale Zentrum Frühe Hilfen
Ein Baby kann alleine nicht leben, denn es ist vor allem ein Teil einer Beziehung D.W. Winnicott Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Neue Fortbildungen ab 2011/2012: Laufende Fortbildungswochenenden zu verschiedenen Themen im Bereich Frühe Hilfen Curriculare Fortbildungen in: - Entwicklungspsychologische Beratung - Frühförderung /Frühe Hilfen - Eltern-Säuglings-Psychotherapie - STEEP TM Mail: kontakt@familienzentrum-potsdam.de