Was ist so schwierig an schwierigen Mitarbeitern?

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Transkript:

Regionale Psychiatriekommission Nord 18.04.2013 Was ist so schwierig an schwierigen Mitarbeitern? Niklas Baer Fachstelle für Psychiatrische Rehabilitation

Themen Ausgangslage Krankheitsspezifische Probleme Betriebliche Probleme Rolle der Psychiatrie Probleme des IV-Verfahrens und der Rehabilitation Potentiale 2 2

24'000 101'000 94'000 140'000 CH: Invalidisierungen 1986-2011 160'000 140'000 120'000 100'000 80'000 60'000 1986 2011 40'000 20'000 0 aus psychischen Gründen wegen allen anderen Ursachen 3

Wirksamkeit von Eingliederungsmassnahmen Daten des Schweiz. Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) zur Wirksamkeit beruflicher Integrationsmassnahmen 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Erfolgreich eingegliedert (BSV-Statistik) 95% 85% 78% 70% 64% 58% 51% 73% "Erfolgreich Eingegliederte": Effektive Situation (IV-Dossieranalyse, Baer, Frick & Fasel 2009) erwerbstätig IV-Rente, IV-Rentenprüfung, IV-A rbplatz A usbildung, Schule, IV-M assnahme Ko ntakt verlo ren, unklar 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 11% 17% 20% 31% RAV, Sozialhilfe Krankheit, Unfall, Ho spitalisatio n, Entzug, Tod 10% 9% Haushalt, Familie, anderes 3% 4

Langer Vorlauf bis zum ersten IV-Kontakt (Dossieranalyse der IV-Rentner aus psychischen Gründen: Baer, Frick, Fasel 2009) 200 Erstanmeldung bei der IV 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 200 180 133 133 124 106 97 66 58 45 18 17 10 25 19 0-5 5-10 10-15 15-20 20-25 25-30 30-35 35-40 40-45 45-50 50-55 55-60 60-65 Alter bei IV-Erstanmeldung 15 Jahre Psychische Ersterkrankung 160 140 120 100 80 60 156 188 40 20 0 79 73 53 53 59 56 42 24 27 21 2 0-5 5-10 10-15 15-20 20-25 25-30 30-35 35-40 40-45 45-50 50-55 55-60 60-65 Alter bei Ersterkrankung 5

Frühe Belastungen prägen oft das Erleben Unterschichts-Herkunft 59% psychische Störungen in Kindheit/Jugend 46% psychische Störungen in der Herkunftsfamilie als Kind vernachlässigt 36% 38% schulische Leistungsprobleme körperliche Erkrankungen eines Elternteils 27% 29% IV-Dossieranalyse (Code 646) 4 und mehr Geschwister als Kind gewalttätig behandelt länger von Eltern getrennt Scheidung/Trennung der Eltern schulische Verhaltensauffälligkeiten inadäquate Berufswahl Tod eines Elternteils Baer, Frick & Fasel 2009 als Kind sexuell missbraucht 8% 22% 21% 18% 14% 14% 12% 12% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 6 6

Die entscheidenden Störungen (Dossieranalyse der IV-Rentner aus psychischen Gründen: Baer, Frick, Fasel 2009) 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 Persönlichkeitsstörung 256 rezidivierende Depression 124 somatoforme Störung 105 somatische Erkrankung Schizophrenie Ängste Polytoxikomanie Belastungsstörung Alkohol Neurasthenie 39 34 31 28 27 25 20 7

Berufliche Anpassung vor Berentung SFr. 60'000 SFr. 50'000 SFr. 40'000 Durchschnittliches Einkommen pro Jahr nach Diagnose 55'000 SFr. 30'000 SFr. 20'000 24'400 22'400 19'800 17'400 15'100 15'000 14'300 12'200 SFr. 10'000 SFr. 0 Depression körperliche Krankheiten Baer, Frick, Fasel 2009 Schmerzstörung Sucht Ängste, zwänge, PTSD Persönlichkeitsstörung Schizophrenie Intelligenzminderung, POS CH-Erwerbstätige 100% Brutto (1... 8

Verunsicherung und Ängste (Obsan/Baer 2013, in Publikation) Starke Ängste depressiver Personen am Arbeitsplatz, Häufigkeit verschiedener arbeitsplatzbezogener Erlebensweisen nach depressiven Symptomen 2007, in Prozent (Erwerbstätige, 18-64 Jahre) Datenquelle: BFS, Schweizerische Gesundheitsbefragung 2007 9 9

Wie wichtig waren folgende Eigenschaften bei der letzten Anstellung? 1 2 3 4 5 6 7 Zuverlässigkeit Sorgfalt Einsatzbereitschaft Selbständigkeit Belastbarkeit Freundlichkeit Teamfähigkeit Pünktlichkeit Berechenbarkeit Kritikfähigkeit 6.7 6.6 6.5 6.5 6.3 6.2 6.1 6 5.9 5.8 Befragung von 750 KMU in BL, 2006 (Baer et al., 2007) 10 10

Wie hätten Sie diese Stelle aus den folgenden 9 Bewerbern besetzt? Diagnose Informationen (systematisch variiert) Rang 1-9 A Multiple Sklerose B Chronische Darmentzündung C Schizophrenie D Diabetes mit Insulinpflicht sehr zuverlässig, sehr leistungsbereit E Rheuma F Depression G Harnblasenkrebs H Alkoholabhängigkeit I Gesund Nicht sehr zuverlässig, nicht sehr leistungsbereit 11 11

Ranking der Arbeitgeber gesund, unzuverlässig insulinpflichtiger Diabetes 2.6 2.8 Rheuma chronische Darmentzündung 3.8 4.0 Harnblasenkrebs 4.8 Multiple Sklerose Depression 6.0 6.1 Schizophrenie Alkoholabhängigkeit 7.4 7.4 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Durchschnittlicher Rangplatz Befragung von 750 KMU in BL, 2006 (Baer et al., 2007) 12 12

Ranking der Patienten Diabetes 3 Darmentzündung Rheuma Depression 4.3 4.3 4.6 Gesund, unzuverlässig Multiple Sklerose Harnblasenkrebs 5.2 5.3 5.5 Schizophrenie Alkoholabhängigkeit 6.4 6.5 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Durchschnittlicher Rangplatz Befragung von 166 Klinik- und Tagesklinikpatienten BL, 2007 13 13

Wen versuchten Arbeitgeber im Betrieb zu halten? (Dossieranalyse der IV-Rentner aus psychischen Gründen: Baer, Frick, Fasel 2009) 40% 35% 32% 30% 26% 20% 10% 20% 19% 17% 12% 11% 0% Somatische Krankheiten Intelligenz, POS Schmerzstörungen Depressionen Ängste, Zwänge, PTSD Schizophrenie Sucht Persönlichkeitsstörungen 14

2 Befragungsteile: 1. Beschreibung einer real erlebten schwierigen Situation 2. Lösung einer fiktiven schwierigen Situation 15

Spitznamen für schwierige Mitarbeiter Aggressiv offensiv Giftig böse Instabil Manisch nervös ängstlich Depressiv Angeberisch Zwanghaft Undiszipliniert Domina Bissig Achterbahn Nervoso Depri Besserwisser Genau Späti Aggressor Giftzwerg Chameleon Speedy Down Primadonna Angsthas Faultier Destroy Danger KungFu Rambo Hexe Kröte Skorpion Schlange Chaotin Labilchen JoJo Launisch Suppehuen Zappel Hektisch Wirbel Heulsuse Kummer Sorgenfalte Traurig Blender Guru Wichtig King Komplex Steif Stur Intro Viertel ab Achti Lama Spät Dumm ungeschickt fröhlich Mühsam Negativ Unehrlich Seltsam Süchtig Aufgestellt Umgänglich nett Brainy Nervensäge Griesgram Faules Ei Eigenbrötler Alki Flott Ängeli Spaski Quälgeist Mauli Klauer Gnom Haschi Freudig Goldig Lapi Mühsam Motzki Lüge Komisch Joint Funny Gutherz Fläsche Schwierig Mekker Treulos Psycho Kater Happy Herzig Halbschuh Intensiv Nörgeli Märlitante Seltsam Suffi Sünneli Lieb Pflaume Tam Tam Stinker Filou Knorrli Durst Munter Nett Tschumpeli Ärger Muhler Larve Anders Blau Lustig Umgänglich 16

Verhalten der schwierigen Mitarbeiter 17

Typen schwieriger Mitarbeitenden (mit häufigsten Merkmalen) Typ 1: Depression, Burnout (13%) - keine Eigeninitiative - Konzentrationsprobleme - konnte Dinge nicht anpacken - kein Selbstvertrauen - passiv - unverhältnismässig viele Überstunden Typ 2: Charakterprobleme und Leistungsprobleme (13%) - stritt Fehler ab, gab immer den anderen Schuld - brachte Aufgaben nicht zu Ende - entwertete Arbeitskollegen - vergass häufig Dinge - aufmüpfig bei Anweisungen Typ 3: nur Leistungsversagen (19%) - vergass häufig Dinge - brachte Aufgaben nicht zu Ende - Konzentrationsprobleme Typ 4: Charakterprobleme gute Leistung (23%) - stritt Fehler ab, gab immer den anderen Schuld - entwertete Arbeitskollegen - war sehr launisch und unberechenbar - aufmüpfig bei Anweisungen - entwertete Vorgesetzte - rastete bei Kritik völlig aus Typ 5: Isolierte psychische Probleme, geringe Gesamtbelastung (32%) 18

Probleme werden früh bemerkt, aber erst spät bewusst realisiert Problem erstmals wahrgenommen rückblickender Problembeginn 40 35 30 25 34.9 25.3 29.4 23.4 20 15 10 10.6 9.2 17.6 7.5 14.3 8.7 16.3 5 2.9 0 vor Stellenantritt seit Stellenantritt < 6 Monate nach Antritt 6-12 Monate nach Antritt 1-2 Jahre nach Antritt 3-5 Jahre nach Antritt 19

Häufige Verschlechterung des Teamklimas (Anteile der Teams mit verschlechtertem Klima nach Spitznamen-Gruppe) 50% 40% 30% 20% 10% 0% nörgelnd angeberisch giftig, böse, hinterhältig mühsam "umgänglich, nett" aggressiv, offensiv dumm, ungeschickt süchtig aufgestellt, fröhlich seltsam manisch, nervös zwanghaft, ängstlich depressiv instabil 20

aber eine transparente Teamkultur ist protektiv 50% 45% Umgang mit Fehlern im Team - Teamprobleme wegen "schwierigem" MA 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 19% 30% 33% Team gespalten Teamklima verschlechtert 0% offener Umgang mit Fehlern verheimlichender Umgang mit Fehlern 21

Wie intervenieren Vorgesetzte und HR? 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Gespräche, persönliche Unterstützung Arbeitsorganisation diskutiert Pflichten, Konsequenzen angesprochen Arbeitskollegen informiert, unterstützt an Leistungsmotivation appelliert empfohlen, sich zusammenzureissen beobachtet und zugewartet Arbeitsaufgaben angepasst an Arzt/Psychologen verwiesen den direkten Vorgesetzten gecoacht arbeitsrechtliche Massnahmen eingeleitet Personal-/Sozial-/betriebsärtztliche Die... Gespräch mit Angehörigen Auszeit empfohlen externe Stellen beigezogen 22

Viele Leistungsappelle, selten externe Hilfe wie Vorgesetzte intervenieren 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Arbeitsorganisation diskutiert Gespräche, persönlich unterstützt Arbeitskollegen unterstützt an Arzt/Psychologen verwiesen Pflichten, Konsequenzen angesprochen Aktivismus zuwarten Leistung einfordern professionelle Hilfe an Leistungsmotivation appelliert Situation beobachtet und zugewartet ich habe die Arbeitsaufgaben von %s angepasst Kontakt mit Stabsdiensten angeregt, sich zusammenzureissen direkten Vorgesetzten gecoacht externe Stellen beigezogen arbeitsrechtliche Massnahmen zu Auszeit geraten Gespräch mit Angehörigen Aktivismus 15% Zuwarten 24% Leistung einfordern 47% professionelle Hilfe 14% 23

Viel Ablehnung und Stress, wenig Hilfsbereitschaft wie Teams reagieren 100% 80% 60% 40% Hilfsbereitschaft Ambivalenz, Verunsicherung, Stress Ablehnung, Ärger, Wut 20% 0% Besorgnis, Mitgefühl, Mitleid, Hilfeimpuls Ungeduld, Unverständnis, Ärger Bagatellisierung, Verleugnung Wut, Aggression Stress, Überforderung Schuldige suchen Rationalisieren Unsicherheit widersprüchliche/schwankende Gefühle Hilfsbereitschaft 33% Ambivalenz, Verunsicherung, Stress 21% Ablehnung, Ärger, Wut 46% 24

Was heisst Problemlösung? 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Aktuelle Wahrnehmung des Problems - nach Status des Arbeitsverhältnis 15.4% 16.5% 84.6% 83.5% verschärft (4.3%) unverändert (23.2%) 32.0% 68.0% verbessert (28.2%) 89.4% 10.6% gelöst (44.2%) Arbeitsverhältnis aufgelöst (53%) Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst (47%) 25

Würden Arbeitgeber beim nächsten solchen Fall die IV kontaktieren? Würden Sie heute im Nachhinein in einem solchen Fall die Unterstützung der IV suchen? ja 16% 70 60 50 40 30 62.8 nein 84% 20 10 0 3.7 10.0 8.6 4.8 9.7 "kein Fall für die IV" "Arbeitnehmer will nicht" "schlechte Erfahrungen" "löse Probleme selbst" "andere Stelle kontaktiert" andere Gründe weil ein faules Ei kein IV-Fall ist Krankheit hat erst begonnen IV scheint mir dafür nicht kompetent zu sein weil wir das im Hause regeln 26

Erwerbstätigkeit ist ein Schutzfaktor Depressionen in der Schweizer Bevölkerung; Obsan Bericht Nr. 56 (Baer et al., in Publikation) Erwerbstätige Patienten mit Depression gesunden schneller Erwerbstätige Patienten mit Depression gesunden besser Datenquelle: Amsler et al., 2010, Befragung niedergelassener Psychiater/innen im Kanton Bern Leicht mässig krank: n=32; deutlich krank: n=92; (extrem) schwer krank: n=56 27 27

Arbeitssituation wird in der Psychiatrie zuwenig fokussiert Von 2 113 bei Eintritt Erwerbstätigen sind bei Klinikaustritt (Psychiatrische Klinik Baselland 1998-2006 n = 9 200 Behandlungsepisoden) 28

Medizinisches IV-Abklärungsverfahren Involvierte ÄrztInnen pro 646-Berentete/r 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 41.6% 28.6% 14.7% 15.1% 1 bis 3 Ärzte 4 bis 7 Ärzte 8 bis 10 Ärzte 11 bis 42 Ärzte IV-Dossieranalyse (Code 646) Baer, Frick & Fasel 2009 29

Medizinisches Abklärungsverfahren Rehabilitative Orientierung des medizinischen Verfahrens 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 41.5% Potential und Ressourcen erwähnt 19.7% Rehamöglichkeiten aufgezeigt 11.8% Arbeitsbiografie erhoben und besprochen IV-Dossieranalyse (Code 646) Baer, Frick & Fasel 2009 30

IV-Rentenentscheidendes medizinisches Dokument 2 Anzahl Sätze im Dokument Anzahl Sätze über die Behinderung IV-Dossieranalyse (Code 646) Baer, Frick & Fasel 2009 125 31

Nötige Infos für die Arbeitsrehabilitation 1. Subjektiv: Erleben der Klienten kennen und verstehen - Berufliche Wünsche - Arbeitsbezogene Ängste - Selbstbild - roter Faden der psychischen Problematik und deren Konsequenzen 2. Objektiv: Krankheitsbedingte Arbeitsbeeinträchtigung präzise kennen - Konkrete Fähigkeitseinbussen und deren Herleitung, zentrale Ressourcen - Trainierbarkeit und deren Grenzen - Frühe Anzeichen von Funktionsverschlechterung am Arbeitsplatz 3. Arbeitsbiografie - Reaktionen der Arbeitsumgebung an früheren Stellen - Zentrale arbeitsbezogene Einflussfaktoren auf Funktionsfähigkeit, typische Probleme - Zentrale Erfahrungen und Auswirkungen auf das Erleben / persönliche Verarbeitung 4. Kompensationsmöglichkeiten am Arbeitsplatz 5. Wie informiere und berate ich den Vorgesetzten? 32

0.00 0.50 1.00 1.50 2.00 2.50 3.00 3.50 4.00 "Ressourcenorientierung" "Einfühlsamkeit" "Gruppenaktivitäten" "Warmherzigkeit" "Selbstbestimmung" "Persönliche Gespräche" "Stabilisierung" "Lösungsorientierung" "Entstigmatisierung" "Zielorientierung" "Würdigung der Defizite" "Freizeitaktivitäten" "Abgrenzung" "Krankheitsverarbeitung" "Professionelle Distanz" "Pädagogischer Ansatz" "Störungsspezifische Interventionen" "Leiden aushalten" "Psychoedukation" "Therapeutische Haltung" "Konkrete Sachhilfe" "Sauberkeit" "Soziokulturelle Animation" "Psychopathologisches Wissen" "Ämtli" "Aggressions-Management" "Chronische Krankheiten" "Disziplin" "Psychiatrische Anamnese" "Therapeutische Gruppen" Welche Begriffe finden Tagesstätten für psychisch Kranke wichtig für ihre Arbeit? 0=unwichtig 4=extrem wichtig Erhebung in Deutschschweizer Tagesstätten; n=9 Tagesstätten Baer, Fasel & Amsler, 2006 33

Was finden Leiter/innen von Wohneinrichtungen für psychisch Kranke wichtig für die tägliche Arbeit? 0% 20% 40% 60% 80% Diagnosespez. Interv. Krankheitsverarbeitung Rituale Therapeut. Haltung Hausregeln Konfrontation, Kritik 3 4 5 7 8 10 Baer N, Vauth R, Kunz C (2004): Befragung von 29 Wohneinrichtungen für psychisch kranke Menschen in Basel-Stadt und Basel- Landschaft (nicht publiziert). Selbsthilfe Sauberkeit, Ordnung 10 10 Aktivierung 10 Alltagstraining 11 Grenzen setzen 11 Pädagog. Haltung 11 Strukt.Tagesablauf 14 Zielvereinbarungen 15 Normalisierung 15 Gemeinschaft 17 Zuwendung 17 Autonomieförderung Ressourcenorientierung Betreuer-Klient-Beziehung 19 20 21 Stabilisierung 21 Warmes Institutionsklima 21 Geborgenheit, Sicherheit 22 0 5 10 15 20 25 34

Potentiale generell Bewusstsein für Bedeutung der Erwerbstätigkeit v.a. in der ärztlichen Behandlung Mehr (störungsspezifische) Evidenz: Was wirkt bei wem? Grenzen überwinden, gemeinsame Konzepte entwickeln Ganzheitlicheres Behandlungsverständnis Ganzheitlicheres Rehabilitationsverständnis Interdisziplinäre Assessments der Arbeitsproblematik und Rehaplanung Fokus vermehrt auf Leichtere Störungen, und «schwierige» Personen Arbeitsplatzerhalt echte und konkrete Frühintervention Unterstützung der Arbeitgeber Sensibilisierung der vorgelagerten Bereiche (Schule, ALV, Hausärzte) 35