7. Kapitel Grundlegende Buchungen beim Verkauf und beim Einkauf mit Umsatzsteuer Der Staat verlangt, dass der Unternehmer bei Verkäufen eine Steuer auf den getätigten Umsatz berechnet und ans Finanzamt abführt. Diese Umsatzsteuer ist ihrem Charakter nach eine Steuer, die letztendlich der Verbraucher zu tragen hat. Wiederverkäufer können die beim Einkauf gezahlte Steuer vom Staat zurückfordern. Man spricht in diesem Zusammenhang von Vorsteuer. In diesem Kapitel wird das erforderliche Grundlagenwissen vermittelt und die buchungstechnische Abwicklung anhand von Beispielen dargestellt und anschaulich erläutert. Die Begriffe Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer werden geklärt und der Charakter der Umsatzsteuer mit konkreten Beispielen verdeutlicht. Unterschiedliche Möglichkeiten des Kontenabschlusses werden aufgezeigt. Ein kurzer Überblick über die Umsatzsteuer beim Handel mit Unternehmen aus dem Ausland rundet das Kapitel ab. 7.1 Umsatzsteuer beim Verkauf Vereinfacht ausgedrückt, kann man sagen, dass jeder Umsatz, den ein Unternehmer im Inland tätigt, der Umsatzsteuer unterliegt. Das Umsatzsteuerrecht (Umsatzsteuergesetz = UStG und Umsatzsteuer- Durchführungsverordnung = UStDV) sind sehr komplex. Es gilt, viele Besonderheiten zu beachten. Wir beschränken uns hier auf die Grundzüge. 139
7. KAPITEL Grundlegende Buchungen beim Verkauf und beim Einkauf Die folgenden stark verkürzten und selektiv ausgewählten Bestimmungen gilt es zu beachten:. Auszüge aus ausgewählten gesetzlichen Bestimmungen zur Umsatzsteuer (Teil 1) 1 UStG (1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. Die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. ( ) 2 UStG Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. ( ) Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt ( ). 12 UStG (1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage ( ). (2) Die Steuer ermäßigt sich auf 7 Prozent für die folgenden Umsätze: 1. Die Lieferungen ( ) der in der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände ( ). [In der Anlage 2 sind über 50 Positionen aufgeführt. Exemplarisch sind zu nennen: Zeitschriften und Bücher Lebensmittel, soweit diese nicht zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmt sind.] 10 UStG (1) Der Umsatz wird bei Lieferungen und bei sonstigen Leistungen ( ) nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. ( ) [Die Umsatzsteuer ist vom Warenwert (= Nettoentgelt) zu berechnen. Der Rechnungspreis (=Nettoentgelt + Umsatz-steuer) wird dann als Bruttopreis (= Bruttoentgelt) bezeichnet.] 18 UStG (1) Der Unternehmer hat bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldezeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung ( ) zu übermitteln, in der er die Steuer (.) selbst zu berechnen hat. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. ( ) 140
7.1 Umsatzsteuer beim Verkauf (2) Voranmeldezeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7.500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldezeitraum. ( ) [Wir gehen im Folgenden davon aus, dass der Voranmeldezeitraum der Kalendermonat ist. In diesem Fall muss der Unternehmer die Umsatzsteuer, die er seinen Kunden in Rechnung gestellt hat, bis zum 10. des nächsten Monats ans Finanzamt weiterleiten. Man spricht von Voranmeldung, da sich nachträglich die Bemessungsgrundlagen z. B. durch Skonti noch ändern können. ] 46 UStD Das Finanzamt hat dem Unternehmer auf Antrag die Fristen für die Abgabe der Voranmeldungen ( ) um einen Monat zu verlängern.( ) [Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Dauerfristverlängerung.] Die Bedeutung der dargestellten gesetzlichen Bestimmungen machen wir uns am Beispiel unserer Fahrradhandlung Heckmann deutlich. Heckmann verkauft am 20. Mai 20XX an den Kunden Balder ein Mountainbike auf Rechnung. Er hat es für 800 EUR (Nettowert) eingekauft und will dafür 1.500 EUR haben. Diesen Nettoverkaufspreis errechnete Heckmann, in dem er im Rahmen einer Preiskalkulation seine Kosten anteilig berechnet und um einen Gewinnaufschlag ergänzt hat. Heckmann muss nun von diesem Nettoverkaufspreis 19 % Umsatzsteuer berechnen: 19 % von 1.500 EUR = 285 EUR. Damit ergibt sich folgende Berechnung: Nettopreis 1.500,00 + 19% Umsatzsteuer + 285,00 = Rechnungsbetrag (= Bruttopreis) 1.785,00 Die Umsatzsteuer muss vom Verkäufer berechnet werden. Sie beträgt in der Regel 19 % vom Nettoverkaufsentgelt. In bestimmten Fällen z. B. bei Büchern und bei Zeitschriften- gilt ein ermäßigter Steuersatz von 7%. 141
7. KAPITEL Grundlegende Buchungen beim Verkauf und beim Einkauf Essen Sie z. B. eine Pizza in einer Pizzeria gilt der Umsatzsteuersatz von 19 %, nehmen Sie aber die Pizza mit und essen Sie diese zuhause gilt der ermäßigte Satz von 7%. (Verzehr nicht an Ort und Stelle). Gegenwärtig (Juni 2010) wird in Deutschland im Rahmen von Maßnahmen zur Konsolidierung der Staatsfinanzen darüber nachgedacht, die einzelnen Positionen für einen ermäßigten Steuersatz von 7% zu überdenken. Ungereimtheiten wie z. B., dass Kindernahrung mit 19%, Hundefutter aber mit 7% besteuert wird, sollen beseitigt werden. Heckmann verlangt von Balder für das Mountainbike insgesamt 1.785 EUR. Wie muss Heckmann am 20. Mai 20XX buchen? Nach unseren bisherigen Kenntnissen aus Kapitel 5.4 würden wir buchen: Nr. Soll 1a Soll Balder 1.785,00 Umsatzerlöse 1.785,00 Nr. Soll 1b Soll Aufwand für Waren 800,00 Waren 800,00 Denken Sie über die Buchung 1 a nach. Richtig: Uns gehören nur 1.500 EUR. Die Umsatzsteuer in Höhe von 285 EUR müssen wir zwar für das Finanzamt berechnen, diese gehört aber nicht uns. Wir müssen sie bis zum 10. Juni 20XX ans Finanzamt überweisen. Auf dem Ertragskonto Umsatzerlöse das ja in die GuV eingeht darf nur der Betrag erscheinen, der uns gehört. Wo müssen wir dann die 285 EUR erfassen? Betrachten wir das Verhältnis zwischen Heckmann und dem Finanzamt am 20. Mai 20XX: 142
7.1 Umsatzsteuer beim Verkauf Heckmann stellt dem Kunden die Umsatzsteuer in Rechnung, da er einen Umsatz getätigt hat. Das Finanzamt ist aber damit zufrieden, dass er die 285 EUR erst am 10. des nächsten Monats überweist. Dies bedeutet, Heckmann hat vom 20. Mai 20XX (Tag der Rechnungsstellung und Lieferung) bis zum 10. Juni 20XX (Tag der Überweisung der Umsatzsteuer) beim Finanzamt Schulden. Schulden müssen auf einem passiven Bestandskonto erfasst werden. Das Konto Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen können wir hierfür nicht nutzen, da es für Verbindlichkeiten bei Lieferanten reserviert ist. Nun können wir im Kontenrahmen bzw. Kontenplan 16 bei den passiven Bestandskonten nachschauen und stellen fest, dass es ein passives Bestandskonto Umsatzsteuer gibt. Passive Bestandskonten haben den Anfangsbestand und Zunahmen im und Abnahmen im Soll. Wie lautet nun die korrekte Buchung am 20. Mai 20XX? Nr. Soll 1a Soll Balder 1.785,00 Umsatzerlöse 1.500,00 Umsatzsteuer 285,00 Nr. Soll 1b Soll Aufwand für Waren 800,00 Waren 800,00 Angenommen wir hätten sonst keinerlei Aufwendungen und Erträge gehabt, ergäbe sich nun in der GUV auch der korrekte Gewinn : 1.500 EUR 800 EUR = 700 EUR. Die Umsatzsteuer stellt für den Verkäufer vom Tag der Rechnungsstellung und Lieferung bis zum Tage der Überweisung ans Finanzamt eine Verbindlichkeit dar, die auf dem passiven Bestandskonto Umsatzsteuer gebucht wird. Auf dem Konto Umsatzerlöse wird nur der Nettoerlös gebucht. 143
7. KAPITEL Grundlegende Buchungen beim Verkauf und beim Einkauf Nach den oben vorgestellten Bestimmungen hätte Heckmann auf Antrag auch eine Fristverlängerung um einen Monat erhalten können. Für Heckmann entsteht aber unter Umständen ein Problem: Was passiert, wenn Balder die Rechnung am 10. Juni (Heckmann hatte keine Fristverlängerung beantragt) noch nicht bezahlt hat? Dann hat Heckmann ein Problem: er muss bildhaft gesprochen, die Umsatzsteuer, die Balder bezahlen muss, aus seiner eigenen Tasche vorstrecken. Dies kann dann zu einem großen Problem werden, wenn die Zahlungsmoral vieler Kunden schlecht ist. Hier geht es dann schnell um größere Summen. Dieser Tatbestand führt immer wieder zu Diskussionen über eine grundlegende Reform des Umsatzsteuerrechts. Zumindest für ein Teil der Unternehmen hat der Gesetzgeber eine Hilfe entwickelt: Auszüge aus ausgewählten gesetzlichen Bestimmungen zur Umsatzsteuer (Teil 2) 20 UStG (1) Das Finanzamt kann auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer, 1. dessen Gesamtumsatz ( ) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 250.000 EUR betragen hat, oder 2. der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen nach ( ) der Abgabeordnung befreit ist, ( ) 3. ( ) die Steuer nicht nach vereinbarten Entgelten ( ), sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet. ( ). (2) Vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2011 gilt Absatz 1 Satz 1 Nummer mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Betrages von 250.000 Euro der Betrag von 500.000 Euro tritt. [Man spricht hier von IstBesteuerung, d. h., die Umsatzsteuer muss erst ans Finanzamt abgeführt werden, wenn man sie vom Kunden erhalten (= vereinnahmt ) hat. Die kann beantragt werden, wenn der Umsatz im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 500.000 EUR (Zahl gilt bis 31. 12. 2011) betrug.] 144
7.1 Umsatzsteuer beim Verkauf Für Kleinunternehmer gilt sogar: Auszüge aus ausgewählten gesetzlichen Bestimmungen zur Umsatzsteuer (Teil 3) 19 UStG (1) Die für Umsätze im Sinne des 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmen, die im Inland ( ) ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro nicht übersteigen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. ( ) (2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt ( ) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres widerrufen werden. ( ) [Wenn keine Umsatzsteuer erhoben und abgeführt werden muss, kann auch keine Vorsteuer (vgl. Kap. 7.2 in diesem Band) geltend gemacht werden. Will der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, muss er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichten.] Heckmann muss aber nicht erst beim Buchen, sondern bereits beim Erstellen der Rechnung für Balder umsatzsteuerrechtliche Vorschriften beachten. In 14 UStG sind alle Pflichtangaben aufgeführt. Die Wichtigsten sind: n Vollständiger Name und Anschrift des leistenden Unternehmers n Vollständiger Name und Anschrift des Leistungsempfängers n Steuernummer oder USt-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers n Ausstellungsdatum der Rechnung n Fortlaufende Rechnungsnummer n Zeitpunkt der Lieferung/Leistung oder Vereinnahmung des Entgelts (sofern nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch). Nach 31(4) Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung genügt es, als Zeitpunkt für die Lieferung den Kalendermonat anzugeben, in dem die Leistung ausgeführt wird. 145
7. KAPITEL Grundlegende Buchungen beim Verkauf und beim Einkauf n n Genaue Bezeichnung der Lieferung/Leistung Nach Steuersätzen aufgeschlüsseltes Nettoentgelt n Anzuwendender Steuersatz und der Steuerbetrag, der auf das Entgelt entfällt n Im Voraus vereinbarte Entgeltsminderung (z. B. Skonto). Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen sind weitere Angaben erforderlich. Hier sind nach 14a UStG zwingend die USt-Identifikationsnummer des Lieferanten und des Empfängers aufzuführen. Bei steuerfreien Lieferungen/Leistungen soll ein Hinweis auf den Steuerbefreiungsgrund erfolgen. Der Rechnungsersteller kann wählen, ob der seine Steuernummer oder die USt-IDNr. angibt. Bei Angabe der Steuernummer besteht allerdings grundsätzlich Missbrauchsgefahr (über Steuernummer an vertrauliche Informationen gelangen). Die USt-IDNr. kann jeder Unternehmer formlos beim Bundesamt für Finanzen beantragen: www.bff-online.de. Bei Kleinbetragsrechnungen bis 150 EUR brutto sind gesondert aufzuführen ( 33 USt-Durchführungsverordnung): n Vollständiger Name und Anschrift des leistenden Unternehmers n Ausstellungsdatum n Menge und Art des gelieferten Gegenstands bzw. Art und Umfang der Leistung n Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag in einer Summe n Anzuwendender Steuersatz Rechnungen müssen im Umsatzsteuergesetz festgelegte Bestandteile enthalten. Für Kleinbetragsrechnungen bis 150 EUR gelten vereinfachte Bestimmungen. Elektronisch erstellte und übermittelte Rechnungen sind nach 14 Abs. 3 UStG zulässig, allerdings ist eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich. Eine digitale Archivierung wird verlangt. 146