ARBEITSRECHT MERKBLATT

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Transkript:

INAKTIVE ARBEITSZEIT PIKETT- UND BEREITSCHAFTDIENST ARBEITSRECHT MERKBLATT Autor: Christian Streit Centre Patronal Zuständig: Rechtsberatung CURAVIVA Schweiz Fachbereich Alter Ausgabedatum: Dezember 2016

Pikettdienst und inaktive Arbeitszeit: Was müssen Arbeitgeber bezahlen? Ein neues Urteil des Bundesgerichts (BGE 4A_11/2016) klärt bestehende Fragen zu Formen von Pikettdienst und anderen inaktiven Arbeitszeiten am Fall eines Klinikarztes. Das Ergebnis hat gerade in der Gesundheitsbranche einige Betriebe verunsichert, wurde doch die Klinik dazu verurteilt, dem Arzt fast eine Viertelmillion Franken für geleistete Pikettdienste/Überzeitstunden nachzuzahlen. Welche Auswirkung hat dieses Urteil auf die Heime? Welche Arten von Pikett müssen wie entschädigt werden? Gestützt auf den Entscheid des höchsten Gerichts sollten die Betriebe folgende Klärung vornehmen: A. Welche Gesetze/Verordnungen sind auf das Arbeitsverhältnis anwendbar? B. Bestehen echte Pikettdienste oder blosse Bereitschaftsdienste? C. Wo werden die echten Pikettdienste geleistet (im Betrieb oder ausserhalb)? D. Welche Entschädigung ist für die bestehenden Anstellungen geschuldet? A. Welche Gesetze/Verordnungen sind konkret anwendbar? Im Arbeitsrecht bestehen einerseits privatrechtliche und andererseits öffentlich-rechtliche Anstellungen. Für privatrechtlich angestellte Arbeitnehmende ist nebst dem Obligationenrecht (OR) das Arbeitsgesetz (ArG) mit seinen Verordnungen (ArGV) anwendbar und enthält zwingende Vorschriften. Demgegenüber stützen sich öffentlich-rechtliche Anstellungen stets auf Gesetze und Verordnungen von Kanton oder Gemeinden, welche in der Regel vollständig absolut zwingendes Recht darstellen. Für öffentlich-rechtlich angestellte Arbeitnehmende muss also im betroffenen Gesetzestext nachgeforscht werden, wie die Entschädigung von inaktiver Arbeitszeit abzugelten ist. Sofern dazu nichts ausdrücklich geregelt ist, gilt gemäss Art. 1 ArG grundsätzlich auch das Arbeitsgesetz (auf welches häufig sogar noch ausdrücklich verwiesen wird). Zwar müssen die öffentlichen Betriebe gemäss Art. 71 ArG nur die Bestimmungen zum Gesundheitsschutz mindestens gleichwertig ausgestalten, nicht aber die Zahlung z. B. von Pikettdiensten. Die vom Bundesgericht angewendeten Regelungen zum Pikettdienst sind also grundsätzlich beschränkt auf Fälle, in welchen das Arbeitsgesetz anwendbar ist. Ausgenommen davon sind einerseits öffentlich-rechtliche Anstellungen, in welchen die anwendbaren kommunalen/ kantonalen Personalgesetze eine eigene Regelung vorsehen. Ausgenommen sind andererseits die wenigen Ausnahmefälle, welche im Arbeitsgesetz ausdrücklich genannte sind.

Ausdrücklich nicht anwendbar sind das Arbeitsgesetz und damit die vom Bundesgericht angewendeten Rechtsgrundlagen in folgenden Fällen: Bestehen eines reinen Familienbetriebs (Art. 4 ArG): Das Gesetz ist nicht anwendbar auf Betriebe, in denen lediglich der Ehegatte, der eingetragene Partner des Betriebsinhabers, seine Verwandten in auf- und absteigender Linie und deren Ehegatten oder eingetragene Partner sowie seine Stiefkinder tätig sind. Anstellung als leitende Angestellte (Art. 3 Bst. d ArG): Die Vorinstanz hatte bereits abschliessend beurteilt, ob es sich beim im konkreten Fall betroffenen Oberarzt um eine solche Anstellung handelt. Obwohl dieser hierarchisch der obersten Führungsebene angehörte und mit umfangreicher Verantwortung ausgestattet war, lehnte es diese Qualifikation ab. In der Regel ist nur der CEO/Direktor (als alleine über umfangreiche Kompetenzen verfügende oberste Führungsebene) von der ArG- Unterstellung befreit, weil der Gesundheitsschutz möglichst für alle gelten soll. Anstellung als Erzieher in Heimen (Art. 3 Bst. e ArG): Weil diese ausgebildeten Fachleute auch die Nachtbetreuung in Heimen sicherstellen müssen, würde eine Anwendbarkeit der Arbeitsschutzbestimmungen gerade bei kleineren Betrieben schlichtweg unmöglich. Deshalb besteht diese Ausnahmebestimmung, welche namentlich die sozial-pädagogischen und sozial-psychologischen Ausbildungsabschlüsse gilt. Andere Grundbildungen müssen mit einer sechsmonatigen Einführungszeit unter Anleitung einer diplomierten Fachperson und 2-3 Weiterbildungstagen pro Jahr komplettiert werden, damit sie unter den Begriff der Erzieher fallen. In diesen Ausnahmefällen ist das Arbeitsgesetz mit seinen Verordnungen nicht anwendbar, was eine völlig eigenständige Regelung des Piketts und dessen Bezahlung erlaubt. In allen anderen Fällen muss das Nachstehende berücksichtigt werden. B. Bestehen echte Pikettdienste oder blosse Bereitschaftsdienste? Wenn nun das Arbeitsgesetz anwendbar ist, muss man arbeitsrechtlich unterscheiden zwischen dem echten Pikettdienst (gemäss Art. 14 und 15 ArGV1, im neuen BGE 4A_11/2016) und dem sog. Bereitschaftsdienst (gemäss BGE 124 III 249 u. A., analog auch Art. 10 Abs. 2 ArGV2). Der Pikettdienst meint die Rufbereitschaft, welche zusätzlich zu den eigentlichen Arbeitszeiten geleistet wird (Art. 14 Abs. 1 ArGV1: neben der normalen Arbeit ). Demgegenüber ist der Bereitschaftsdienst der eigentliche Arbeitseinsatz (typischerweise explizit als Nachtwachen angestellte Personen), welcher aber nur zu einem Teil mit tatsächlichen Arbeitstätigkeiten ausgefüllt ist und deshalb irreführenderweise oft auch als Pikett betitelt wird. Im BGE 4A_11/2016 lag echter Pikettdienst eines Arztes vor, welcher nebst seiner eigentlichen Arbeitszeit auch noch zu gewissen Zeiten auf Abruf war. Gleiches gilt etwa auch für die in den Heimen oftmals geleisteten Pikettdienste der Hausdienste oder Backup-Pflegefachpersonen (etwa telefonische Erreichbarkeit zum Abruf einer tertiär ausgebildeten Fachkraft). Wenn diese nebst ihrer Arbeitszeit zusätzlich in der Freizeit (meist nachts) abrufbar sind, der Betrieb prüfen, inwiefern das Urteil eine Auswirkung auf die geschuldete Vergütung hat (vgl. unter C. und D.).

Klar davon abzugrenzen ist der reine Bereitschaftsdienst. Zu diesem äusserte sich kürzlich das Zivilgericht Basel-Stadt (Urteil GS.2013.32). Es bestätigte, dass für die Anwesenheit mit einem mehr oder weniger grossen Teil an blosser Bereithaltung (meist in der Nacht) zweifellos Lohn geschuldet ist. Allerdings kann dies zu einem deutlich reduzierten Ansatz oder mit einer Pauschale erfolgen; bei umfassenderen Anstellungen dürfte das Entgelt für die reine Bereitschaft sogar ausdrücklich als im Lohn enthalten erklärt werden (BGE 124 III 249). Im Basler Fall einer Betreuerin im Privathaushalt bestätigt das Gericht, grundsätzlich sei fast jede Abrede über den Lohn für den Bereitschaftsdienst zulässig. Wenn kein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) anwendbar ist, besteht weitgehende Vertragsfreiheit zwischen den Parteien. Weil in diesem Fall aber gerade keine Regelung (für die nota bene dauernde tägliche Bereitschaft zwischen 20 und 7 Uhr) vorlag, musste der Richter einen angemessenen Stundenlohn definieren: Er nahm für den konkreten Fall eine starke persönliche Einschränkungen der Mitarbeiterin an (dauernde Aufenthaltspflicht in der Wohnung, um in einem Notfall unmittelbar eingreifen zu können) und setzte deshalb einen relativ hohen Stundenansatz von CHF 8.87 fest. Wie die Entschädigung der Bereitschaftsdienste aussehen kann, ist unter D. festgehalten. C. Wo werden die Pikettdienste geleistet? Liegt nicht Bereitschaftsdienst, sondern echter Pikettdienst vor, ist nachfolgend zu unterscheiden zwischen Pikettdienst im Betrieb (Art. 15 Abs. 1 ArGV1) oder ausserhalb des Betriebs (Art. 15 Abs. 2 ArGV1). Das Bundesgericht kam beim Klinikarzt zum Schluss, dass wegen der kurzen Interventionszeit (musste innert 15 Minuten im Betrieb sein) und dem hierfür zu langen Arbeitsweg von einem Pikettdienst im Betrieb auszugehen sei. Dies auch deshalb, weil der Arzt sich dafür (nach seinem Umzug in einen entfernteren Wohnort) tatsächlich in der Klinik aufhielt. Somit war die volle Zeit als Arbeitszeit zu qualifizieren und führte natürlich auch zu Überstunden und Überzeit (mit zwingendem Zuschlag von 25% gemäss Art. 13 ArG!), weil der Arzt ja tagsüber sein volles Pensum leistete. Als er noch im Ort der Klinik wohnte, konnte er den Pikettdienst von Zuhause aus leisten und hatte vor seinem Wegzug somit nur die Arbeitszeit bei effektiven Einsätzen als Arbeitszeit zugute. Etwas unklar bleibt das neue Urteil bezüglich der Anwendung von Art. 8a ArGV2, welcher eine Sonderregelung für Kliniken und Spitäler enthält. Weil diese aber auf Heime nicht anwendbar ist, muss vorliegend nicht weiter darauf eingegangen werden. D. Welche Entschädigung ist für die bestehenden Anstellungen geschuldet? Es gilt also nur der echte Pikettdienst im Betrieb als vollwertige Arbeitszeit, welche mit vollem Lohn und Zuschlägen zu bezahlen ist, nicht aber der Pikettdienst ausserhalb des Betriebs und schon gar nicht der reine Bereitschaftsdienst. Für diese beiden anderen Arten von inaktiver Arbeitszeit gehört bei allen betroffenen Arbeitnehmenden eine klare Regelung in den Vertrag. Zudem sind dabei in Fällen von tatsächlichem Abruf die Gesundheitsschutzbestimmungen zu beachten (v. a. Pausen, Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten).

Mit einer vertraglichen Vereinbarung zum Bereitschaftsdienst kann vermieden werden, dass im Streitfall der Richter einen Stundenansatz nach seiner eigenen Einschätzung festlegt. In der Praxis trifft man häufig folgende drei Varianten an, um etwa die Entlöhnung des in Heimen oft anzutreffenden Nacht-Bereitschaftsdienstes zu regeln: 1. Eine Pauschalentschädigung für den Bereitschaftsdienst, zusätzlich voller Stundenlohn für die effektiv geleisteten Einsatzzeiten (welche von der Mitarbeiterin erfasst werden). 2. Ein fixer, tieferer Pauschallohn für die gesamten Einsatzstunden (z. B. 50 % des üblichen Lohns, wenn die Einsätze in der Regel maximal die Hälfte der Präsenzzeit ausmachen). 3. Eine Pauschale, welche auch eine gewisse Anzahl Einsatzstunden abdeckt (z. B. Einsätze von durchschnittlich bis zu 3 Stunden sind inbegriffen ), darüber hinaus voller Stundenlohn (für Nächte mit aussergewöhnlich hohen Einsatzzeiten). Bern, Dezember 2016 Fragen und Auskünfte rechtsberatung@curaviva.ch