Psychische Beeinträchtigung und Empfehlung sowie Inanspruchnahme von Psychotherapie nach medizinischer Rehabilitation Weitere Ergebnisse der Reha-QM-Outcome-Studie R. Nübling, R. Kaluscha, J. Holstiege, G. Krischak, D. Kriz, H. Martin, G. Müller, J. Renzland, M. Reuss-Borst, J. Schmidt, U. Kaiser & E. Toepler 24. Reha-Wissenschaftliches Kolloquium/ Deutscher Kongress für Rehabilitationsforschung Augsburg, 16.-18.3.2015 1
Ausgangssituation psychische Komorbidität bei chronisch körperlichen Erkrankungen Prävalenz: 16-24% (4-Wochen) bzw. 29-41% (1-Jahr; Härter et al., 2007). Aktuelle Konzepte: stärkere Fokussierung auf psychosoziale, vor allem psychologische, psychotherapeutische und pädagogische Behandlungsbausteine (Bengel et al, 2014; Seiter et al, 2012). wie hängen psychische Beeinträchtigung, Behandlungsempfehlung und nachfolgende Inanspruchnahme ambulanter psychotherapeutischer Leistungen zusammen und mit welchen Behandlungsergebnissen sind sie assoziiert? Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 2
Die Reha-QM-Outcome Studie Baden-Württemberg Analyse des Behandlungserfolgs in der medizinischen Rehabilitation - Konsequenzen für das interne Qualitätsmanagement Qualitätsverbund Gesundheit (Prof. Dr. M. Reuss-Borst, J. Renzland, PD Dr. G. Müller) Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg (M. Gross, H. Martin) Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (Prof. Dr. E. Toepler, Projektleitung) Institut für rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm (Dr. R. Kaluscha) Institut für sportmedizinische Prävention und Rehabilitation an der Universität Mainz (Dr. U. Kaiser, stv. Projektleitung) Gesellschaft für Qualität im Gesundheitswesen (Dr. R. Nübling, Dr. J. Schmidt und Dr. D. Kriz)
Fragestellungen Vortrag heute Wie hoch ist der Anteil psychisch auffälliger Patienten? Wie hoch ist der Anteil an Patienten, denen eine ambulante psychotherapeutische Weiterbehandlung empfohlen wird Wie hoch ist der Anteil an Patienten, die eine entsprechende ambulante Behandlung in Anspruch nehmen? In welchem Verhältnis stehen Empfehlung und Inanspruchnahme? Wie unterscheiden sich hierin somatische und psychosomatische Rehabilitation? Welche Ergebnisse zeigen sich bei den unterschiedlichen Patientengruppen? Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 4
Datenebenen/methodische Stränge Methodik und zeitlicher Ablauf postalische Befragung der Rehabilitanden ca. 1 Jahr nach Ende der Rehabilitationsmaßnahme Routinedaten der Rentenversicherung (RSD): u.a. Bestimmung von sozialversicherungspflichtigem Einkommen und Beschäftigungstagen vor und nach Reha QS- und QM-Kennzahlen aus dem gemeinsamen QM der Verbundkliniken 2010 2011 Patientenbefragung n=4161-1 Reha 1 2 Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014
21 Kliniken unterschiedlicher Trägerschaft (DRV BW, kommunal, privat) Beteiligte Kliniken Rehaklinik Bad Boll Federseeklinik Bad Buchau Reha-Klinik Schloß Bad Buchau Klinik Falkenburg Bad Herrenalb Reha-Klinik Am Kurpark Bad Kissingen Reha-Klinik Ob der Tauber Bad Mergentheim Rosentritt Klinik Bad Rappenau Stimmheilzentrum Bad Rappenau ACURA Sigel-Klinik Bad Schönborn Reha-Zentrum Therme Bad Waldsee Städt. Kurbetriebe Bad Waldsee Hochgebirgsklinik Davos ACURA Waldklinik Dobel Reha-Klinik Sonnhalde Donaueschingen Reha-Klinik Glotterbad Glottertal Reha-Klinik Heidelberg-Königstuhl St. Georg Kliniken Höchenschwand Reha-Klinik Überruh Isny Reha-Klinik Klausenbach Nordrach Med. Reha-Einrichtungen der Stadt Radolfzell ACURA-Klinik Reichenbach Waldbronn Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 6
Durchführung der Befragung/Rücklauf November 2012: angeschrieben werden 7616 Rehabilitanden der DRV BW, die im zweiten Halbjahr 2011 in den Kliniken des Verbundes behandelt wurden Ende Dezember 2012: Antworten liegen von 2319 (30,4%) Rehabilitanden vor 15. Januar 2013: 5297 Nichtantworter werden erneut angeschrieben 28. März 2013: Antworten liegen von 4208 Rehabilitanden vor n=85 verstorben/postalisch nicht erreichbar; n=46 Fragebogen nicht ausgefüllt Enddatensatz: n = 4161 Rücklaufquote: 55,3% (bei n=7531 erreichbaren Rehabilitanden) Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 7
Basismerkmale Aufnahme - Gesamtstichprobe Merkmal/Variable n max =4161 Geschlecht (%) weiblich 41,8 Alter (M/sd) Gruppen (%) < 45 45-60 > 60 (%) 55,7/10,6 12,5 58,3 29,2 Familienstand (%) Schulabschluss (%) Berufsabschluss (%) ledig verheiratet getrennt/geschieden verwitwet bis Hauptschule Mittlere Reife Fachhochschulreife/Abitur keinen Lehre Meisterschule Hochschule 10,4 65,3 17,3 6,9 68,4 22,2 7,6 17,0 60,2 16,1 3,0 Reha-Dauer (Wochen M/sd) 3,58/2,0 Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 8
Diagnosegruppen Grobkategorisierung, RSD-Daten inkl. Patientenangaben n=4.161 Psychosomatische Reha: n=395 Somatische Reha: n=3766 Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 9
Psychisch auffällige Patienten bei Reha-Beginn somatische vs psychosomatische Reha Skala psychische Beschwerden GBescPsy 17 r GBescPsy/HADS =.90 AUC=.73 Sensitivität: 67% Spezifität: 76% Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 10
Empfehlung ambulante Psychotherapie nach stationärer Reha n = 4161 Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 11
Empfehlung ambulante Psychotherapie nach stationärer Reha; somatische vs psychosom Reha Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 12
Psychisch auffällige Patienten, die eine Empfehlung zur ambulanten PT erhalten Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 13
Inanspruchnahme ambulanter Psychotherapie nach stationärer Reha n = 4161 Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 14
Anteil Patienten mit ambulanter Psychotherapie nach stationärer Reha somatische vs psychosomatische Reha Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 15
Empfehlung und Inanspruchnahme von Psychotherapie nach der Reha somatische und psychosomatische Reha sowie Gesamtstichprobe Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 16
Empfehlung und Inanspruchnahme von Psychotherapie nach der Reha Prä-post-Vergleich psychische Beschwerden (Skalenwerte GBesc-Psy, linke Achse) und prä-post-effektstärken (rechte Achse) Somatische Reha Psychosomatische Reha Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 17
Zusammenfassung I Rücklauf 55% hohe Beteiligung an Befragung ca 1/3 der somatischen sowie 3/4 der psychosomatischen Patienten weisen eine deutlich erhöhte psychische Gesamtbelastung auf 13% erhalten von der Klinik eine Empfehlung für eine ambulante psychotherapeutische Weiterbehandlung, ca. 7% der somatischen und ca. 75% der psychosomatischen Rehabilitanden Von den psychisch hoch beeinträchtigen Patienten erhalten ca. 40% eine entsprechende Empfehlung (Somatik: 15%;Psychosomatik 85%) 15% aller Rehabilitanden nehmen eine ambulante Psychotherapie in Anspruch (Somatik: 12%;Psychosomatik 51%) Die höchsten Effekte ergeben sich jeweils für Patienten, die eine Empfehlung erhalten und diese dann in einer ambulanten Behandlung/Beratung auch umgesetzt haben. Diese Effekte sind in der Psychosomatik deutlich höher als in der somatischen Rehabilitation Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 18
moderater Zusammenhang Empfehlung vs Inanspruchnahme regionale Verfügbarkeit ambulanten Behandlungsplätzen variiert stark (vgl. Nübling et al. 2014). auch möglich: eher ungeordneter oder weniger systematischer Übergang in die ambulante Versorgung Psychosomatische Reha: Übergang gelingt möglicherweise besser, da Rehabilitanden schon während der Rehabilitation mehr mit psychologischen/ psychotherapeutischen Behandlungen konfrontiert Hohe Effekte Nachsorge scheint trotz der uneinheitlichen Versorgungslage einigermaßen zu funktionieren (ca. 50% in nachfolgender Psychotherapie). Somatische Indikationen: Zusammenfassung II deutlich niedrigere Effekte: u.u. auch Folge der weiter eher untergeordneten Bedeutung, die die klinisch-psychologischen Ansätze dort spielen. somatische Reha nach wie vor zu stark am Modell der Akutmedizin orientiert (Seiter et al., 2012). Stärkere Ausprägung psychologischer Behandlungsansätze könnte helfen, die auch für somatische chronische Erkrankungen wichtige psychische Bearbeitung und Stabilisierung zu fördern. Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 19
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Korrespondenz: Dr. Rüdiger Nübling GfQG Gesellschaft für Qualität im Gesundheitswesen GbR Wendtstr. 1, 76185 Karlsruhe www.gfqg.de, nuebling@gfqg.de Nübling et al.: Psychische Beeinträchtigung - QS-Projekt DRV BW 24. Reha-Kolloquium Augsburg 16.-18.03.2014 20