Gut gefragt ist gut gefragt? Wie umgehen mit Diskrepanzen "statistischer Realität" und empirischer Wahrnehmung von Bürgermeinung? Bei der Untersuchung und der Zusammenführung von harten (objektiven) und weichen (subjektiven) Inhalten wurden anfänglich methodische Argumente ins Feld geführt Quantitative Daten sind Hilfsmittel zur Rekonstruktion der Wirklichkeit und eben keine exakten Abbildungen. Dies gilt für harte (objektive) und weiche (subjektive) Daten gleichermaßen (Zapf 1984: 393)
Zur Einordnung von Begrifflichkeiten (Beispiele) Erfassung aus der Fremdperspektive Erfassung aus der Eigenperspektive Inhalt Objektiv Existenz unabhängig von der Person Subjektiv Existenz abhängig von Person Objektiv Monatliches Einkommen auf Basis der Einkommensstatistik, Anzahl der Wohnräume Messung des Glücksgefühls mit neurobiologischen Verfahren Messung 1 Subjektiv Zufriedenheit mit dem Einkommen, Wohnung 2 Stadtzufriedenheit, Lebenszufriedenheit 3 Klassifikation in Anlehnung an Veenhoven (2004)
Betrachtungsweisen 1 Betrachtung erster Art: Wie objektiv sind Umfragedaten? Gibt es Unterschiede in berichteten objektiven Inhalten und objektiv ermittelten Inhalten? Beispiele: Wie viele Räume hat ihre Wohnung / ihr Haus? Wie hoch ist Ihr monatliches Haushaltsnettoeinkommen? Wie hoch ist der Anteil der Ausländer in Ihrem Wohngebiet? Empirische Diskrepanzen z.b. durch Eckwertevergleich mit externer Statistik durch Verzerrungseffekte des Instruments Befragung (sozial erwünschte Antworten, keine wahren Antworten usw.) durch zunehmenden Grad an Wissen und Subjektivität, wodurch Überschätzung bzw. Unterschätzung von objektiven Inhalten entsteht
Betrachtungsweisen 2 Betrachtung zweiter Art: Was messen subjektive Daten? Was sagen subjektive Zufriedenheiten aus? Beispiele: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Haushaltsnettoeinkommen? Wie zufrieden sind Sie mit ihrer Wohnung? Wie zufrieden sind mit Ihrer Stadt? Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben? Konstrukt Zufriedenheit Un-/ Zufriedenheit ist ein kognitives Ergebnis (Output-Indikator) Soll-Ist-Vergleich (soziale und psychische Vergleichsprozesse) Wahrnehmungskomponente (Ist) - Erwartungskomponente (Soll) Zufriedenheit ist an die Konsumtion des Gutes gebunden, d.h. für ein Zufriedenheitsurteil ist der Konsum des privaten oder öffentlichen Gutes Voraussetzung (im Gegensatz zum Konstrukt Einstellung )
Zufriedenheiten mit Infrastrukturbereichen 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Einkaufsmöglichkeiten Wohnung Stuttgart Wohngegend öffentliche Verkehrsmittel Kulturelle Einrichtungen/Veranstaltungen ärztliche Versorgung/Krankenhäuser Angebot an Parks/Grünanlagen Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten Sportanlagen Abfallbeseitigung/Müllabfuhr Weiterführende Schulen Schwimmbäder Öffentliche Sicherheit/Schutz vor Kriminalität Versorgung mit Alten- und Pflegeheimen Gestaltung und Attraktivität der Innenstadt Angebot an Kindergärten/-tagheimen Spielmöglichkeiten für Kinder/Spielplätze Arbeit der Stadtverwaltung insgesamt Umwelt Integration ausländischer Mitbürger Jugendeinrichtungen Regelung des Autoverkehrs Situation für Radfahrer Wohnungsangebot/Wohnungsmarkt Parkmöglichkeiten in der Innenstadt 37 46 44 51 Kommunalbarometer (in Punkten) 79 78 78 77 77 75 74 73 71 70 70 69 69 66 63 63 61 61 61 59 56 56 Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Bürgerumfrage 2007
Betrachtungsweisen 2 Betrachtung zweiter Art: Welche Beziehung besteht zwischen den einzelnen subjektiven Zufriedenheitsbereichen*? Zielgröße: Zufriedenheit mit der Stadt Zufriedenheit mit Stuttgart r Gestaltung und Attraktivität Innenstadt 0,41 Wohngegend 0,40 Angebot an Parks/Grünanlagen 0,35 Ärztliche Versorgung Krankenhäuser 0,31 Umwelt 0,31 Kulturelle Einrichtungen/Veranstaltungen 0,30 Öffentliche Sicherheit/Kriminalität 0,29 Regelung des Autoverkehrs 0,29 Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten 0,27 Einkaufsmöglichkeiten 0,27 Öffentliche Verkehrsmittel 0,27 Wohnung 0,27 Abfallbeseitigung 0,22 Schwimmbäder 0,22 Parkmöglichkeiten Innenstadt 0,17 nicht alle Bereiche sind gleich wichtig bzw. alle Bereiche sind nicht mehr gleich wichtig * nur Bereiche, die von mehr als 85 Prozent der Befragten beurteilt werden, Korrelationskoeffizient Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Bürgerumfrage 2007
Betrachtungsweisen 2 Was ist ablesbar und ableitbar? relative Spannweite der Verteilung von Gütern in der Bevölkerung: von 79 bis 39 Punkten in zeitlicher Perspektive kann steigendes Unzufriedenheitsniveau "Markt- oder Staatsversagen anzeigen Klassische Anbieter wie der Markt (z.b. Einkaufsmöglichkeiten), Staat (z.b. Gesundheitsversorgung) oder so genannte intermediäre Organisationen (z.b. Freizeiteinrichtungen) stehen unter Erwartungsdruck
Betrachtungsweisen 1 2 Betrachtung erster mit zweiter Art: Welche Beziehung besteht zwischen objektiven Inhalten und subjektiven Inhalten? Beispiel: Wohlfahrtsforschung Grundannahme: Gute Situationen, Verhältnisse und Dinge können zu Zufriedenheit führen und aus dem Vorhandensein von Zufriedenheit kann auf die Qualität der objektiven Zustände geschlossen werden Beispiel: Versorgung mit Kindergärten Objektiver Indikator: Versorgungsquote Subjektiver Indikator: Zufriedenheit mit dem Angebot an Kindergärten
Zufriedenheiten mit Infrastrukturbereichen 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Einkaufsmöglichkeiten Wohnung Stuttgart Wohngegend öffentliche Verkehrsmittel Kulturelle Einrichtungen/Veranstaltungen ärztliche Versorgung/Krankenhäuser Angebot an Parks/Grünanlagen Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten Sportanlagen Abfallbeseitigung/Müllabfuhr Weiterführende Schulen Schwimmbäder Öffentliche Sicherheit/Schutz vor Kriminalität Versorgung mit Alten- und Pflegeheimen Gestaltung und Attraktivität der Innenstadt Angebot an Kindergärten/-tagheimen Spielmöglichkeiten für Kinder/Spielplätze Arbeit der Stadtverwaltung insgesamt Umwelt Integration ausländischer Mitbürger Jugendeinrichtungen Regelung des Autoverkehrs Situation für Radfahrer Wohnungsangebot/Wohnungsmarkt Parkmöglichkeiten in der Innenstadt 37 46 44 51 Kommunalbarometer (in Punkten) 79 78 78 77 77 75 74 73 71 70 70 69 69 66 63 63 61 61 61 59 56 56 Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Bürgerumfrage 2007
Beispiel: Versorgung mit Kindergärten 108 115 108 113 110 125 99 100 57 60 58 62 62 59 75 50 7 7 9 11 15 19 25-1997 1999 2001 2003 2005 2006 2007 0 Versorgungsquote Kinder 0 bis unter 6 Jahren (Plätze je 100 Kinder) Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Jugendamt Versorgungsquote Kinder 0 bis unter 3 Jahren (Plätze je 100 Kinder) Versorgungsquote Kinder 3 bis unter 6 Jahren (Plätze je 100 Kinder)
Beispiel: Versorgung mit Kindergärten 100 108 115 108 113 110 125 75 57 60 58 62 62 59 99 61 100 75 50 52 56 55 54 52 50 25 7 7 9 11 15 19 25-1997 1999 2001 2003 2005 2006 2007 0 Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Jugendamt, Bürgerumfrage 2007 Zufriedenheit mit dem Angebot an Kindergärten/Kindertagheimen (Kommunalbarometer) Versorgungsquote Kinder 0 bis unter 6 Jahren (Plätze je 100 Kinder) Versorgungsquote Kinder 0 bis unter 3 Jahren (Plätze je 100 Kinder) Versorgungsquote Kinder 3 bis unter 6 Jahren (Plätze je 100 Kinder)
Beispiel: Versorgung mit Kindergärten Zufriedenheitsniveau nach lokaler Versorgung 0 bis 3 Jahren 3 bis 6 Jahren 100 75 50 25 0 25 50 75 100 Insgesamt 50 57 Möglichkeiten Ganztagesbetreuung unter drei Jahren vor Ort 45 zu wenig gerade richtig 48 Möglichkeiten zur Ganztagesbetreuung von Kindern im Kindergartenalter vor Ort 69 74 Kommunalbarometer (in Punkten) Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Bürgerumfrage 2007
Beispiel: Versorgung mit Kindergärten Zufriedenheitsniveau nach lokaler Versorgung 0 bis 3 Jahren 3 bis 6 Jahren 100 75 50 25 0 25 50 75 100 Insgesamt 50 57 Möglichkeiten Ganztagesbetreuung unter drei Jahren vor Ort 45 zu wenig gerade richtig 48 Möglichkeiten zur Ganztagesbetreuung von Kindern im Kindergartenalter vor Ort 69 74 Potential Kommunalbarometer (in Punkten) Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Bürgerumfrage 2007
Betrachtungsweisen 1 2 Was ist ablesbar und ableitbar? Diskrepanzen von objektiven Bedingungen (z.b. Versorgungsquoten) und Anspruchsniveaus (z.b. Zufriedenheiten) -> hohe Versorgungsquoten gehen nicht zwingend mit hoher Zufriedenheit einher Potentialanalyse durch Gruppenvergleiche
Betrachtungsweisen 3 Betrachtung dritter Art: Was macht Menschen glücklich? Zielgröße: Lebenszufriedenheit Beispiel: Happinessforschung 0 25 50 75 100 Insgesamt unteres Einkommensquintil 2 3 4 oberes Kinder im Haushalt 0 bis 3 Jahren 3 bis 6 Jahren 6 bis 12 Jahren 76 70 75 76 80 81 75 80 76 73 Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Bürgerumfrage 2007
Paradoxien der Zufriedenheiten Subjektives Wohlbefinden gut schlecht gut Well-Being Dissonanz Objektive Lebensbedingungen schlecht Adaptation Deprivation Modell der Wohlfahrtspositionen (Zapf 1984)
Vielen Dank! und weiter geht es mit Frankfurt...