Überblick. 1. Einleitung. 1. Einleitung. Hochzeit, Kinder und dann das? Coming-out in der Familie

Ähnliche Dokumente
Doppelt diskriminiert oder gut integriert? Zur Lebenssituation von Lesben und Schwulen mit Migrationshintergrund

Coming out - Ich bin schwul!

Heterosexismus, Homophobie und Diskriminierung! von Lesben und Schwulen! Prof. Dr. Melanie C. Steffens! Friedrich-Schiller-Universität Jena

Kontaktperson für Sexuelle Vielfalt / Diversity. Was verbirgt sich hinter der neuen Aufgabe?

Erste Studienergebnisse. Queer in Wien

«Anders sein» bei der SBB

Ausgrenzung g begegnen

Kathrin Schack. Liebe zum gleichen Geschlecht Ein Thema für die Schule

Was ist das Problem? Wer hat das Problem? Wie geht die Person damit um?

Schule der Vielfalt Schule ohne Homophobie

WIESO FÜHLEN SICH MANCHE MENSCHEN GEZWUNGEN, UNTER DEM DECKMANTEL DER HETEROSEXUALITÄT ZU LEBEN?

Generationenübergreifender Erfahrungsaustausch und Support für Lesben, Schwule und Bisexuelle der HSG

Broschüre. Coming out Tipps für homosexuelle Frauen. Erstellt von Jasmin Furter

"Homophobie Du schwule Sau" Homo- und Bisexualität in der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Schwand bei Münsingen, Kooperationspartner

Ergebnisse der Studie Out im Office?! Erste Ergebnisse zur Arbeitssituation lesbischer, schwuler, bisexueller und Trans*-Beschäftigter in Deutschland

Bekanntheit, Nutzung und Nicht-Nutzung von Freizeit- und Beratungsangeboten mit und ohne spezifische Ausrichtung auf LSBT*Q-Jugendliche

Die Regenbogengruppe der MedUni Wien und des AKH Wien

Gleiches Recht für jede Liebe Themenjahr für sexuelle Vielfalt. Liebe

Schule der Vielfalt Schule ohne Homophobie Kurzpräsentation zum Projekt

Maturarbeit von Marlon und Marc ) Mit welchem Alter haben Sie zum ersten Mal gespürt, dass Sie anders sein könnten?

POWER UP der Aufklärungs- Fortbildungsbereich von PLUS e.v. PLUS. Psychologische Lesben-und Schwulenberatung Rhein-Neckar

noch nicht es ihm mitzuteilen, da ich Angst hatte, dass er sauer sein würde, weil ich damals nicht direkt ehrlich war. Kurze Zeit später verliebte ich

Folgen internalisierter Homonegativität

Suizidprävention bei lesbischen, schwulen, bisexuellen und transidenten (LGBT) Jugendlichen

Gleiches Recht für jede Liebe Themenjahr für sexuelle Vielfalt. Liebe

VIELFALT LEBEN, AKZEPTANZ FÖRDERN

Studiensteckbrief Überblick

Regenbogenfamilien. Chancen und Herausforderungen einer neuen Familienform

Sexuelle Vielfalt - (k)ein Thema an Berliner Schulen!?

Workshop: LGBTI Rechte - Zwischen Diversity Management und Menschenrechtsschutz Berlin Axel M. Hochrein

Vielfalt sehen! Vielfalt sichtbar machen! Sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten in der Schule. Yan Feuge Kerstin Florkiw

Die Rechtsstellung von Regenbogenfamilien - ein europäischer Vergleich -

Institutionen im Verbund Qualitätsbefragung Angehörigenberatung

hier kommt das Kultur*imPULS-Newsletter alle wichtigste News rund um Kultur*imPULS! In dieser Ausgabe gibt es folgende Themen:

Einleitung: Warum ein Ratgeber für Eltern homosexueller Kinder? »Unser Kind ist so anders ist es etwa homosexuell?«23

(FACH )HOCHSCHUL MODUL zum Thema Homosexualität und Familien mit und ohne Migrationshintergrund

Für mehr. Vielfalt. in unserer Welt: Welche Rolle spielen Marken in einer. vorurteilsfreien Gesellschaft JUNI 2017

Lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und inter* Personen in Asylverfahren. - Eine Intersektionale Analyse der Situation -

Homosexualität und Diskriminierung Homosexueller in Deutschland

Timo Andreas Kläser. Regenbogenfamilien. Erziehung von Kindern für Lesben und Schwule. /^ora % ^IIBibliothek

Homosexuelle Elternschaft

Newsletter. Februar Aktuelles Thema: Beratungsangebot

Aussage des Schaubildes (Reihe 1+2)

Zwei Väter, drei Mütter, viele Eltern

Antworten auf Fragen zu sexueller Orientierung und Homosexualität

Das Recht, anders zu sein. Menschenrechtsverletzungen an Lesben, Schwulen und Transgender

Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt und Kultur

Tabu. Themen. Begriffe aus dem Themengebiet geschlechtliche und sexuelle Vielfalt spielerisch wiederholen und festigen. Potenziale

Engagierte Vaterschaft

Grußwort. Svenja Schulze. Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. anlässlich des

Interview mit schwulen Vätern: Papa liebt einen Mann Frankfurter Neue Presse

nd Gesetzen folgt. ang muß allerdings

Der von Ihnen ausgefüllte Fragebogen wird nicht an Ihre Krankenkasse weitergeleitet.

LSVD Berlin-Brandenburg e.v. (Hg.) Muslime. unter dem Regenbogen. Homosexualität, Migration und Islam. Querverlag

Übung: Was denken Sie als?

Resilienzförderung bei homosexuellen jungen Erwachsenen mit riskantem Suchtmittelkonsum

AUCH SEXUELLE IDENTITÄTEN MACHEN SCHULE

Chat für Jugendliche Unter uns Jungs offener Chat nur für Jungen

schwul bisexuell agender LGBTIQA cisgender pansexuell Asexualität intersexuell Polysexualität

Verbreitung von Demenzerkrankungen in der CH. Anfrage an uns. Familien mit präsenilen demenzkranken Menschen

Fragebogen zur Lebensgeschichte

CoRolAR SPLIT A FRAGEBOGEN DEUTSCHE VERSION WELLE (W08.1 & W08.2) Juli Dezember CoRolAR, part of module 3 of the AMIS project

Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit und ohne Kinder

Kinder in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften Dr. Marina Rupp

Aids, Sex und Tourismus

Generationenübergreifender Erfahrungsaustausch und Support für Lesben, Schwule und Bisexuelle der HSG

Schwul-lesbische Jugendarbeit in Düsseldorf

IspAn. Interessensselbstvertretung pflegender Angehöriger

Regenbogenfamilie Werden und Sein. Chancen und Herausforderungen einer neuen Familienform

Erste Erfahrung mit der eingetragenen Partnerschaft

Inhalt. Einstellungen gegenüber Lesben, Schwulen und Bisexuellen in Deutschland. Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage

Wenn Körper und Geschlecht nicht übereinstimmen

Gesundheitsversorgung für lesbische und bisexuelle Frauen was wurde erreicht, was brauchen wir für die Zukunft?

hier kommt das Kultur*imPULS-Newsletter alle wichtigste News rund um Kultur*imPULS! In dieser Ausgabe gibt es folgende Themen:

Subjektive Befindlichkeit und Selbstwertgefühl von Grundschulkindern

PRESSEMAPPE. Verleihung des Michael-Schmidpeter-Preises 2012

Katharina Steinbeck, Nicole Kastirke. Zwei Mütter / Zwei Väter

Bildung und Sport Pädagogisches Institut

Lebenssituationen und Diskriminierungserfahrungen schwuler und bisexueller Männer

Wandel des Sozialen Netzwerkes von Menschen mit Behinderung vor dem Hintergrund demographischer Veränderungen. Hintergrund. Vorgehen und Methode

Systemische Ordnungen der Liebe. Systemické řády lásky

Sie zeigen mehr oder weniger offen ihre

Handreichung für Geflüchtete mit LSBT*I*- Hintergrund

Uli Streib-Brzič (Hg.) Das lesbisch-schwule. Babybuch. Ein Ratgeber zu Kinderwunsch und Elternschaft

Transkript:

Überblick Hochzeit, und dann das? Umgangsweisen von Familienangehörigen mit einem späten Coming-out in der Familie Dr. Janine Dieckmann & Prof. Melanie C. Steffens Friedrich-Schiller-Universität Jena 2. Beschreibung Studienaufbau & Stichprobe 3. Ergebnisse 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. und Partner 4. Zusammenfassung Definition spätes Coming-out : Entdecken/ Offenbaren der eigenen Homo- bzw. Bisexualität (im Kreis der Familie) nach jahrelanger heterosexueller Beziehung oder Ehe (evt. mit n) Vorkommen: 2 Mio. Schwule und Lesben in USA waren verheiratet (Buxton, 2006) Keine weiteren Schätzungen bekannt In Dtl. 693 aus früheren Hetero-Beziehungen (Rupp, 2009) Drei Erkenntnisse am Anfang: 1) Bisher kaum (internationale) Forschung, außer im Bereich der mixed-orientation-couples (u.a. Buxton, 2004, 2006, 2012; Hernandez, Schwenke & Wilson, 2011) 2) Großer qualitativer Unterschied in Umgangsweisen bzw. der Bedeutung eines späten Coming-outs für innen und Rest der Familienangehörigen 3) Alle Umgangsweisen aller Familienangehöriger können wir nicht erfassen 1

Kaum Forschung zu späten Coming-Outs Forschung zu Perspektiven von, Schwiegereltern, n und fehlen (Hernandez, Schwenke & Wilson, 2011) Spätes CO als Familienkrise, d.h. Vernachlässigung einer erschwert die Verarbeitung/ Umgang aller (Buxton, 2006) Einige Forschung über mixed orientation couples (u.a. Buxton, 2004, 2006, 2012; Hernandez, Schwenke & Wilson, 2011) Amity P. Buxton: Gründerin des Straight Spouse Network, Beraterin, Autorin, Wissenschaftlerin 2013 Preis der APA Division 44 (Society for the Psychological Study of Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender issues) Themen der Verarbeitung, Reaktionen, hinderliche und unterstützende Strategien von mixed orientation couples (u.a. Buxton, 2004; 2006; 2012) wichtige Aspekte für /Beratung von Paaren (Bradford, 2012; Schwartz, 2012) 2. Beschreibung Studienaufbau 1. Teil: Interviews Einblick in Lebensrealitäten Kennenlernen der Bandbreite des Umgangs 2. Teil: Fragebogen in zwei Versionen Version für Familienangehörige 1. Reaktion, Gedanken/Einstellungen zum Coming-Out, von Version für innen + Heutige Beziehung, identitätsbezogene Aspekte Antworten haben retrospektiven Charakter 2. Beschreibung Stichprobe 213 Fragebögen vollständig ausgefüllt 56, 30, 49, 51 innen (n = 186) 136 weibliche und 50 männliche en Stichprobe kann nicht repräsentativ sein 2

3.1. Ergebnisse - Teilstichprobe Töchter und Söhne 37 Töchter, 19 Söhne Alter: 28 Jahre Coming-Out des teils vor 9 Jahren 5 lesbische Töchter, 2 bisexuelle Töchter, ein schwuler Sohn 91% von Mutter persönlich erfahren; 64% vom Vater persönlich erfahren 3.1. Ergebnisse - 3.1. Ergebnisse - Gedanken zum Coming-Out direkt danach: Leichte Geschlechtsunterschiede 84% der Töchter und 77% der Söhne berichten passenden Umgang heute Positiverer Umgang & Wohlbefinden, je länger Coming-Out her ist und je jünger waren Söhne: etwas weniger positive Einstellung ggü. Homosexualität Für : eher Trennung schwierig als Coming-out! 3.1. Ergebnisse - 3

3.2. Ergebnisse - Teilstichprobe Brüder und Schwestern 34 Schwestern, 15 Brüder Alter: 38 Jahre Coming-Out der vor 7 Jahren 11 Schwestern lesbisch, 7 Brüder schwul, 2 Schwestern und 1 Bruder bisexuell 3.2. Ergebnisse - 44.9 6.1 14.3 40.8 5 3.2. Ergebnisse - Gedanken direkt nach CO: Ich habe mich für sie/ihn gefreut: 60% Ich habe die homo- bzw. bisexuelle so gut es ging unterstützt: 71% 91% der Schwestern und 73% der Brüder passender Umgang heute Positivste Reaktion, aber evt. Stichprobeneffekt! 3.2. Ergebnisse - 22.4 16.3 63.3 18.4 4

3.3. Ergebnisse - Teilstichprobe Mütter und Väter 24 Mütter, 6 Väter Alter: 64 Jahre Coming-Out der vor 8 Jahren Jeweils 1 Mutter und Vater homosexuell, 2 jeweils bisexuell Alle haben es selbst erzählt 3.3. Ergebnisse - 44.9 6.1 14.3 40.8 23.3 40.0 5 3.3. Ergebnisse - Einstellungen zu Coming-out 23% war die Situation peinlich 41% haben sich für gefreut 27% Coming-out großer Einfluss auf eigenes Leben 77% unterstützten so gut es ging 81% haben passenden Umgang gefunden 3.3. Ergebnisse - 22.4 16.3 63.3 18.4 33.3 60.0 46.7 26.7 3.3 5

3.4. Ergebnisse innen Teilstichprobe und Partner 41, 10 Partner Alter: 51 Jahre Coming-Out der innen vor 8 Jahren 90% von Partnerin persönlich erfahren; 56 % vom Partner persönlich erfahren 44% Finding-out-Geschichten Sofortige Trennung 20% Von Rest: spätere Trennung 59%; noch zusammen 42% (17 Teilnehmer/innen) 7 in exklusiver Beziehung; 6 in nicht-exklusiver Bez. mit Einverständnis; 4 in nicht-exklusiver Bez. ohne Einverständnis 3.4. Ergebnisse innen Spezifische Themen für innen: Frage nach Alibi-Beziehung Chancenlosigkeit bei Kampf um Beziehung Infragestellen der eigenen Geschlechtsidentität/sexuellen Identität Angst vor Stigmatisierung/Isolation Sorge um Diskriminierung der Geheimhaltung des Coming-outs für weitere Beziehung Angst vor Geschlechtskrankheiten (v.a. Frauen) 3.4. Ergebnisse innen 44.9 6.1 14.3 40.8 5 23.3 40.0 37.3 66.7 58.8 64.7 58.8 0 1 3.4. Ergebnisse innen Gedanken/Einstellungen direkt nach Coming-out Boden unter den Füßen weggerissen : 84% Ich habe es lieber für mich behalten: 45% Ich habe eine Ehrlichkeit gespürt, die vorher gefehlt hat: 31% Zweifel an Identität An Definition als Mann/Frau gezweifelt: 44% Sich als schlechte/r in gefühlt: 27% An sexuellen Fähigkeiten gezweifelt: 25% 60% passender Umgang heute gefunden 43% antworteten auf Frage nach Diagnose 6

3.4. Ergebnisse innen 22.4 16.3 63.3 18.4 33.3 60.0 46.7 26.7 3.3 52.9 39.2 74.5 29.4 31.4 4. Zusammenfassung Spätes Coming-out wird nicht selten als Krise wahrgenommen Jedes Familienmitglied erlebt spätes Comingout für sich und im Familiensystem Für heterosexuelle innen ist es eher eine schwere Krisensituation Für ist eher Trennung der Krisenfaktor Vergleichsstudien mit heterosexuellen Trennungen fehlen 4. Zusammenfassung Weitere Forschung notwendig Weiterbildung/Ausbau/Sichtbarkeit von spezifischer Beratung/ Multimediale Beratungsangebote Beratungsthemen zielgruppenorientiert Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Forschung zu späten Coming-outs zeigt Auswirkungen von Heteronormativität und Homophobie auf das psychische Wohlbefinden aller Familienangehöriger 7