apitel 10: TRANSPORT DURCH MEMBRANEN Inhalt: DIFFUSION... 131 TRANSPORT DURCH MEMBRANEN... 135 OSMOSE... 145 LITERATUR... 147 LINS... 147 Diffusion Makroskopische Beschreibung von Diffusionsprozessen Makroskopisch lässt sich Diffusion als ein Stofftransport beschreiben, der auf onzentrationsunterschieden des Stoffes in einem Lösungsmittel beruht. Sie wird durch die Brownsche Molekularbewegung verursacht und ist vom Ort höherer onzentration zum Ort niedrigerer onzentration gerichtet. dc dx c1 c2 A x Abb. 90: Eindimensionale Diffusion. Zwei Räume V 1 und V 2 sind zunächst durch eine herausziehbare, für H 2 O und gelöste Partikel undurchlässige Wand getrennt. Im Volumen V 1 sei ein Stoff der onzentration c gelöst, in V 2 sei nur H 2 O enthalten. Wird die Wand entfernt, dann kann der gelöste Stoff von V 1 so lange in 131
TRANSPORT DURCH MEMBRANEN das Volumen V 2 einwandern, bis in beiden Räumen die gleiche onzentration herrscht. Der gelöste Stoff expandiert also in das Volumen V 2 wie ein ideales Gas in einen Raum niedrigeren Drucks. Die pro Zeiteinheit (t) durch die Fläche (A) strömende Stoffmenge (N) ist proportional dem onzentrationsgefälle (c 1 - c 2 bzw. c ) entlang des Weges (x): J x = dn dt = DA dc dx 1. Ficksches Gesetz bzw.: Φ x = dn dt = D A dc dx Der Ausdruck auf der linken Seite der Gleichung wird als Flux J (mol s -1 ) oder Fluxdichte Φ (mol s -1 m -2 ) bezeichnet, der Proportionalitätsfaktor D ist der so genannte Diffusionskoeffizient mit der Einheit m 2 s -1. Das negative Vorzeichen ergibt sich aus der Molekülwanderung in Richtung abnehmender onzentration. Unter der Annahme des Massenerhaltungssatzes lässt sich das 1. Ficksche Gesetz umwandeln in das 2. Ficksche Gesetz c t = D 2 c 2 x 2.Ficksches Gesetz bzw.: c t 2 2 2 2 c c c = D c = D 2 2 2 x y z das die Zeit- und Raumabhängigkeit der onzentrationsänderungen beschreibt. Für die oben genannte Situation der zwei Räume lässt sich die Differentialgleichung lösen und man erhält die folgende Entwicklung des onzentrationsprofils 132
BIOPHYSI DER ZELLE Abb. 91: Simulation des onzentrationsverlaufes eines eindimensionalen Diffusionsprozesses Mikroskopische Beschreibung von Diffusion Diffusion ist ein Transportprozess aufgrund der thermischen Bewegung von einzelnen Teilchen in einem viskosen Medium. Mikroskopisch lässt sie sich als Zufallsbewegung (random-walk) der Teilchen beschreiben mit einem ständigen Richtungswechsel aufgrund von Zusammenstössen mit anderen Teilchen (Brownsche Molekularbewegung). 133
TRANSPORT DURCH MEMBRANEN x Abb. 92: Simulation der Diffusionsbewegung eines Teilchens. Die Zeit, die ein Molekül braucht, um eine bestimmte Distanz zu seinem Ausgangsort zurückzulegen, wächst bei der einfachen Diffusion mit dem Quadrat dieser Distanz. Zum Beispiel braucht ein Neurotransmitter wie z.b. Acetylcholin mit einem Diffusionskoeffizienten von ca. 10-5 cm 2 /s nur etwa 0.01 µs um seine onzentration über die Distanz des synaptischen Spalts (ca. 0.1 µm) zu 90% zu equilibrieren. Schon für eine Distanz von 10 µm werden dazu bereits 100 ms benötigt, und bei 1 mm sind es 17 min! Der Diffusionskoeffizient ergibt sich aus der Einstein-Stokes-Beziehung: D = R T N f A k T = 6πηr (Einstein-Stokes Beziehung) R = Gaskonstante; T = absolute Temperatur; N A = Avogadro-Zahl; f = Reibungswiderstand Der Reibungswiderstand ist abhängig von der Viskosität des Lösungsmittels und dem Molekülradius r: f = 6π η r 134
BIOPHYSI DER ZELLE Für lösliche Proteine gilt: 1 D ~ für M > 1000D 3 M 1 D ~ für M < 1000D M Transport durch Membranen Zur Überwindung dieser Barrierefunktion stehen in biologischen Membranen spezifische Transportfunktionen in Form von Proteinen zur Verfügung, die die Membran gezielt für bestimmte Stoffe durchlässig machen, und deren Funktion durch die Zelle reguliert werden können. Man unterscheidet hierbei zwei grundlegende Transportmechanismen: Passiver Transport entlang dem onzentrationsgefälle verbraucht keine Energie irreversibel Aktiver Transport gegen ein onzentrationsgefälle verbraucht Energie Passive Transportvorgänge Im lebenden Organismus ist die einfache Diffusion häufig durch das Vorhandensein von Membranen (z.b. Zellmembran, Mitochondrienhülle) eingeschränkt. Diese Membranen sind für viele wasserlösliche Stoffe nicht passierbar und stellen daher eine wirksame Diffusionsbarriere dar. Man spricht in diesem Zusammenhang von behinderter oder eingeschränkter Diffusion. 135
TRANSPORT DURCH MEMBRANEN Permeation: Einfache Diffusion durch Membranen Abb. 93:Diffusion durch eine Membran. Wenn man das erste Ficksche Gesetz umschreibt, erhält man: φ = x J x A = D c x N ist der spezifische Diffusionsfluss pro Einheitsfläche => Flussdichte φ = P ( c ) 1 c2 x Diffundieren Stoffe durch eine Membran, so wird im Allgemeinen die Ausbreitung des Stoffes in das Volumen V 2 durch den höheren Widerstand der Membran gebremst. Die Gleichverteilung des in V 2 eingeströmten Stoffes ist dagegen vergleichsweise unendlich schnell. Die Geschwindigkeit der Diffusion wird daher eher von den Eigenschaften der Membran beeinflusst: Porenradius, Porenlänge, Anzahl der Poren und die Dicke der Membran werden hierbei als x (Einheit m) zusammengefasst. Die Permeabilitätseigenschaften der Membran beschreibt der Permeabilitätskoeffizient P. P = D x Für Lipidmembranen entspricht P ~ der Lipidlöslichkeit eines Stoffes 136 P ~ der Größe des Moleküls
BIOPHYSI DER ZELLE Wasser Gase kleine polare Moleküle große polare Moleküle Ionen Metabolite Abb. 94: Membranpermeabilität einiger biologisch relevanter Stoffe. d.h. die Permeabilität von Lipidmembranen ist: gut für kleine unpolare Moleküle, z.b. Gase mäßig für polare Moleküle, z.b. Wasser, CO2 nahezu null für große polare, oder geladene Moleküle, z.b. Ionen und die meisten anderen Metabolite => behinderte Diffusion => Barrierefunktion der Membran 137
TRANSPORT DURCH MEMBRANEN Fluxdichte Φ onzentratsionsdifferenz C Abb. 95: Permeation durch Diffusion durch die Membran Erleichterte Diffusion: Carrier-gestützter Transport Biologische Membranen enthalten eine Vielzahl von Transportproteinen, die mit gelösten Stoffen spezifisch in Wechselwirkung treten können. Ist die Wechselwirkung günstig für den Transport des Stoffes, dann spricht man von erleichterter Diffusion. 138
BIOPHYSI DER ZELLE Fluxdichte Φ onzentrationsgradient C Abb. 96: Erleichterte Diffusion durch Transporterproteine Erleichterte Diffusion weist meist eine typische Substratabhängigkeit auf, ähnlich einer Michaelis-Menten inetik. In diesem Fall konkurrieren die zu transportierenden Moleküle um eine begrenzte Anzahl an Transportproteinen mit einer fixen Umsatzzahl, sog. Carrierproteinen. 139
TRANSPORT DURCH MEMBRANEN φ φ φ in out net = = = c ( k c ) c ( k c ) in out m in m = φ φ k ( k c )( k c ) m φ φ max max out in out φ max in m m out c x Abb. 97: Funktionsmodell von Carrier-gestütztem Transport. ompetitive Inhibition bei Transportern - Fluxkopplung Ein Transporter ist u.u. nicht vollständig selektiv, sondern kann auch andere Substrate binden. Sind beide Substrate vorhanden treten sie in onkurrenz um Substratbindungsstellen, die Fluxdichte sinkt. Diese Situation erfüllt die Bedingungen für eine klassische kompetitive Inhibition d.h. gleiches v max aber verschiedene k M Bei Carriertransportern kommt es dabei aber auch zur sog. Flux-opplung d.h. der Transport beider Substrate ist nicht mehr voneinander unabhängig. Beispiel: Glucose Carrier Glatte Muskelzellen besitzen einen passiven Glucosetransporter, der auch das nicht metabolisierbare Substrat Methylglucose transportieren kann. Gedankenexeperiment: 140
BIOPHYSI DER ZELLE 3 2 4 Cinnen Caussen 1 t Abb. 98: Gegentransport durch Flux-opplung bei Glucosetransportern. Blau: Methylglucose; Rot: Glucose; Durchbrochene Linie: onzentration außen; Durchgehende Linie: onzentration innen. 1. ein Substrat ist im Medium vorhanden. Es erfolgt daher kein Transport über die Membran. 2. Durch Gabe einer sehr hohen onzentration an Methylglucose ins Außenmedium werden alle Glucosecarrier abgesättigt. Der Transport erfolgt mit maximaler Rate nach einwärts. 3. Der onzentrationsausgleich zwischen Innen und Außen ist erreicht. Die Transporter arbeiten aber immer noch mit maximaler Rate in beide Richtungen, so dass kein Nettotransport stattfindet. 4. Wird nun das eigentliche Substrat Glucose dazugegeben, dann reduziert sich die Rate für den Einwärtstransport für Methylglucose aufgrund der onkurrenz um Bindungsstellen. Der Auswärtstransport ist aber davon nicht beeinträchtigt, da Glucose metabolisiert wird und sich daher im Zellinnern nicht anreichern kann. Als Ergebnis ergibt sich ein Nettotransport von Methylglucose nach Auswärts gegen den onzentrationsgradienten. Man kann also von einer Art aktivem Transport sprechen, bei dem der onzentrationsgradient von Glucose benutzt wird um den Auswärtstransport von Methylglucose zu treiben. Hier geschieht dies nur bei einer hohen Methylglucosekonzentration, wenn der Carrier praktisch vollständig besetzt ist. Die opplung von zwei Fluxen in einem Transportsystem ist jedoch ein sehr weit verbreitetes Prinzip beim sog. sekundären aktiven Transport. Transportmechansimen durch Carrier Uniport: transportiert nur eine Molekülsorte Cotransport: transportiert zwei oder mehr Molekülsorten gleichzeitig Symport: Transport in die gleiche Richtung Antiport: Transport in die entgegengesetzte Richtung 141
TRANSPORT DURCH MEMBRANEN Uniport Symport Antiport Abb. 99: Verschiedene Transportmechanismen bei Carriertransport. Aktive Transportvorgänge Aktiver Transport erfolgt unter Energieaufwand gegen einen onzentrationsgradienten, man spricht auch von Stoffpumpen. Man unterscheidet: primärer aktiver Transport: ATP Verbrauch (ATPasen). Es gibt nur sehr wenige primäre aktive Transportsysteme, die ausschließlich geladene Ionen pumpen. sekundärer aktiver Transport: nutzt andere onzentrationsgradienten (Cotransport) z.b. der aktive Glucosetransporter SGLUT (/Glucose-Transporter) Primärer aktiver Transport "Pumpen" arbeiten unter ATP Verbrauch. Es sind 3 Typen von Pumpen bekannt: 142 H ATPase
BIOPHYSI DER ZELLE / ATPase /Ca2 ATPase Diese Pumpen können auch rückwärts laufen und produzieren dann ATP (z.b. wird die H ATPase in Mitochondrien zur ATPSynthase). Die / Pumpe Sie sorgt für das osmotische Gleichgewicht in der Zelle. ATP ADP 2x 3x Abb. 100:Mechanismus der /-ATPase Sie ist elektrogen, d.h. sie pumpt je Zyklus eine positive Ladung nach außen. Durch sie wird ein und Gradient in der Zellmembran erzeugt. Inhibitoren: Ouabain (Pfeilgiftfrosch) Strophantin (Digitalis) Sekundärer aktiver Transport Symporter und Antiporter nutzen die Ionengradienten des primären aktiven Transports zum Transport anderer Moleküle gegen deren onzentrationsgradienten. z.b. /Glucose Transporter SGLUT, Aminosäuretransporter Permeabilität für geladene Teilchen (Ionen) Black Lipid Membranen sind für Ionen praktisch undurchlässig. => gute Isolatoren 143
TRANSPORT DURCH MEMBRANEN Wenn man zu einer Black Lipid Membran bestimmte Antibiotika zugibt, fließt aber plötzlich elektrischer Strom. Die Membran erhält dadurch eine bedingte Leitfähigkeit. Energetisch lassen sich hier 2 Typen unterscheiden: Flussdichte Φ 1,0 0,8 Carrier-Typ anal-typ 0,6 0,4 0,2 0,0 0 10 20 30 40 Temperatur T Abb. 101: Temperaturabhängigkeit der Transportrate bei Carrier-gestütztem Transport und Transport durch anäle. Carriertyp: Leitfähigkeit ist abhängig von der Membranfluidität, z.b.valinomycin analtyp: Leitfähigkeit ist unabhängig von der Membranfluidität, verhält sich wie eine Pore, z.b. Gramicidin A E x E x Abb. 102: Unterschiede in der Energetik zwischen analtyp- und Carriertyp-Transportern. Die beiden Typen stellen Extremfälle für Transportmechanismen dar, dazwischen gibt es fließende Übergänge. 144
BIOPHYSI DER ZELLE elektrochemischer Gradient ATP ADP Freie Permeation anal Carrier Pumpe Abb. 103: Zusammenfassung der verschiedenen Transportmechanismen durch biologische Membranen. Osmose Ideale Membranen, die nur für H 2 O (oder allg. das Lösungsmittel) durchlässig sind, werden als semipermeabel bezeichnet. Biologische Membranen sind dagegen selektiv permeabel, d.h. sie lassen nur ganz bestimmte Moleküle durch. Sind zwei Räume V 1 und V 2 mit einer gleichartigen Lösung unterschiedlicher onzentration gefüllt und durch eine bewegliche semipermeable Membran getrennt, dann tritt eine einseitig verlaufende Diffusion auf: In den höher konzentrierten Raum V 2 werden solange Lösungsmittelmoleküle aus dem Raum V 1 diffundieren, bis die onzentrationsdifferenz ( c = c 2 - c 1 ) ausgeglichen ist. türlich diffundieren Lösungsmittelmoleküle auch in die andere Richtung, aber die höher konzentrierte Lösung wird solange verdünnt, bis im zeitlichen Mittel gleich viele Lösungsmittel-Moleküle in beide Richtungen diffundieren (Fließgleichgewicht, dynamisches Gleichgewicht). 145
TRANSPORT DURCH MEMBRANEN Pfeffersche Zelle impermeabler Osmolyt p= ρ g h c Lösungsmittel h π= RT c semipermeable Membran Abb. 104: Pfeffersche Zelle. Sind die zwei Räume durch eine starre semipermeable Membran getrennt (Pfeffersche Zelle), so kommt es nicht zum vollständigen onzentrationsausgleich. V 2 sei mit einem Steigrohr versehen, in welches das hineindiffundierende Lösungsmittel expandieren kann. Auch wenn gleich viele Lösungsmittelmoleküle in beide Richtungen diffundieren, herrscht in V 2 noch eine höhere onzentration, da der hydrostatische Überdruck keine weitere Verdünnung zulässt. Die Druckraft, die dem hydrostatischen Druck entgegenwirkt, wird als osmotischer Druck bezeichnet. Er ist umso höher, je größer der onzentrationsunterschied ist. π = RT C van't Hoffsches Gesetz im Gleichgewicht: p = π ρ g h = R T C Äquimolare Lösungen verschiedener Nichtelektrolyte haben bei gleicher Temperatur denselben osmotischen Druck (van't Hoffsches Gesetz). Zur Berechnung von isotonischen (oder auch isoosmotischen) Lösungen von Elektrolyten müssen dagegen orrekturfaktoren angebracht werden. Man findet sie in physikalisch-chemischen Tabellenwerken als osmotische oeffizienten (engl. osmosity) für unterschiedliche onzentrationen aufgelistet. 146
BIOPHYSI DER ZELLE Ultrafiltration, umgekehrte Osmose Aus der oben gezeigten Beziehung ergibt sich, dass durch Aufwenden eines äußeren Drucks das Lösungsmittel aus dem konzentrierten ompartiment heraus gedrückt werden kann, d.h. es wird weiter konzentriert. Dieses Verfahren der umgekehrten Osmose findet z.b. bei Meerwasserentsalzungsanlagen eine Anwendung. Literatur 1. Physikalische Chemie und Biophysik G. Adam, P. Läuger, G. Stark Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg - New York, 1995 (3. Auflage) 2. Molecular Biology of the Cell B. Alberts, D. Bray, J. Lewis, M. Raff,. Roberts, J.D. Watson Garland Publishing Inc., New Jork & London, 1994 (3. Auflage) (auch auf deutsch bei VCH) 3. Cell Physiology Source Book N. Sperelakis (ed.) Academic Press New York 2001 (3. Auflage) Links 147