e. Salzburg 98 Timo Westermann Der rechtliche Schutz wild lebender Arten

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Transkript:

98 Timo Westermann Der rechtliche Schutz wild lebender Arten ihrer Seltenheit und dem daraus resultierenden Bedarf an notwendigen Schutzvorschriften ähneln sie wiederum den geschützten Arten; eine Verortung im V. Abschnitt des Naturschutzgesetzes erscheint aus Praktikabilitätsgründen daher durchaus sinnvoll. e. Salzburg Das Salzburger Naturschutzgesetz 1999 245 behandelt den Artenschutz in seinem 2. Abschnitt In dessen 12. Unterabschnitt trifft das Gesetz in den 29 bis 34 Bestimmungen zum Schutz von Pflanzen- und Tierarten. ( i. ) Systematik Das Salzburger Naturschutzgesetz ist in insgesamt sieben Abschnitte unterteilt. Während der 1. Abschnitt Allgemeines wie Ziele und Begriffsbestimmungen behandelt, widmet sich der 2. Abschnitt dem Naturschutz. Dieser wiederum gliedert sich in zwölf Unterabschnitte. Der Artenschutz, der hierbei als» Schutz von Pflanzen und Tierarten «überschrieben ist, ist Regelungsinhalt des 12. Unterabschnitts. Dabei orientiert sich das Gesetz vom Besonderen zum Allgemeinen und von Pflanzen zu den Tieren. Folglich findet sich mit 29 NSchG zuvorderst eine Regelung zum besonderen Schutz von wild wachsenden Pflanzen und erst danach in 30 NSchG die allgemeinen Schutzbestimmungen zu diesen. Äquivalent wird der Schutz der frei lebenden Tiere geregelt. Dabei gilt der besondere Schutz nach 31 NSchG für alle frei lebenden Tiere, die in ihrem Bestand generell oder auch nur örtlich gefährdet sind. Der allgemeine Schutz des 32 NSchG dagegen erstreckt sich auf alle frei lebenden und nicht jagdbaren Tierarten. Die Schutz durch artenschützende Verbote endet in 33 NSchG mit gemeinsamen Bestimmungen für Pflanzen und Tiere. Der 12. Unterabschnitt enthält mit dem 34 NSchG eine weitere, den Artenschutz abschließende Regelung. In dieser werden mögliche Ausnahmen zu den artenschutzrechtlichen Vorschriften festgelegt. Die 29 bis 34 NSchG enthalten dabei zahlreiche Verordnungsermächtigungen zugunsten des Landesgesetzgebers. Infolgedessen kann dieser den Artenschutz durch eine oder mehrere Verordnungen näher 245 Salzburger Naturschutzgesetz 1999 NSchG, wieder verlautbart mit LGBl Nr 73 / 1999 idf LGBl Nr 96 / 1999, Nr 46 / 2001, Nr 1 / 2002 und Nr 88 / 2002.

Artenschutzrecht in der Bundesrepublik Österreich 99 ausgestalten. Darauf gründend wurde am 29. Januar 2001 die Pflanzenund Tierarten-Schutzverordnung 246 erlassen. ( ii. ) Die rechtliche Gliederung geschützter Arten nach ihrem naturschutzrechtlichen Schutzstatus Das Stufensystem des Artenschutzrechts im Land Salzburg unterscheidet sich in seinen Wirkungen von dem der anderen Länder. Zwar handelt es sich auch hier um ein 3-stufiges Schutzsystem, bei dem ein allgemeiner Schutz als Grundlage dient und bestimmten Arten darüber hinaus ein besonderer Schutz zukommt. Dieser unterteilt sich wiederum bei Pflanzen in einen vollkommenen und teilweisen Schutz. Welche Pflanzen vollkommen geschützt sind, ergibt sich aus 2 Abs 1 ivm der Anlage 1 Spalten A-C der Pflanzen und Tierarten-Schutzverordnung. Lediglich teilweise geschützt sind Arten, die in 3 ivm Anlage 1 Spalte D der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung aufgelistet sind. Tiere dagegen sind, was den Besonderen Schutz angeht, nur vollkommen geschützt. Die dazugehörigen Arten ergeben sich aus 4 ivm Anlage 2 Spalte A und B Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung. Die Schutzstufe des teilweisen Schutzes existiert bei ihnen nicht. In 1 Pflanzenund Tierarten-Schutzverordnung erfolgt eine Klarstellung, was als Tier oder Pflanze im Sinne der Verordnung gilt. Entsprechend der Legaldefinition fallen darunter jede Pflanze oder jedes Tier in allen Entwicklungsformen, in lebenden oder toten Zustand, sowie Teile von diesen. Als Folge daraus kann all dies unter besonderem Schutz stehen. Der wesentliche Unterschied zu den übrigen Ländergesetzen besteht beim Allgemeinen Schutz. Denn dieser ist nicht so umfänglich ausgestaltet worden, wie es in den übrigen Naturschutzgesetzen geschehen ist. Der Schutz beschränkt sich auf einen bloßen Bestandschutz durch einen Begrenzung der entnommenen Pflanzenmenge. Es fehlt völlig an einem Beschädigungs- und Vernichtungsverbot. Einem Allgemeinen Pflanzenartenschutz wie er bisher dargestellt wurde, entspricht dies nicht. Nichts desto trotz stellt der Allgemeine Pflanzenartenschutz des 246 Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 12. Jänner 2001 über den Schutz bestimmter wild wachsender Pflanzen in der freien Natur und den Schutz frei lebender Tierarten ( Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung ), LGBl Nr 18 / 2001 idf: LGBl Nr 61 / 2001 und Nr 11 / 2006.

100 Timo Westermann Der rechtliche Schutz wild lebender Arten 29 NSchG auch bei Pflanzen die erste Stufe im Schutzsystem des Salzburger Artenschutzes dar. ( iii. ) Inhaltliche Ausgestaltung des Artenschutzes Das Salzburger Naturschutzgesetz 1999 stellt dem Naturschutzrecht im eigentlichen Sinn im 1. Abschnitt einige allgemeine Vorschriften voran. Dazu gehören die Ziele des Gesetzes in 1 NSchG. Zu diesen gehört der Erhalt, die Verbesserung und sofern nötig, die Wiederherstellung der Artenvielfalt der heimischen Tier- und Pflanzenwelt, ebenso wie deren natürliche und überlieferte Lebensräume. In Form einer allgemeinen Verpflichtung wird in 2 NSchG jedermann zur Erreichung dieses Ziels in Anspruch genommen. Diese sich an den Bürger richtende Vorschrift wird durch 3 Buchst. a Abs 1 NSchG ergänzt, die dem Naturschutz im Rahmen der behördlichen Interessenabwägung Vorrang gegenüber allen anderen Interessen einräumt. Dies ist darum so bemerkenswert, da kein anderes Landesgesetz dies so ausdrücklich formuliert. Aufgrund dessen, dass der Artenschutz Teil des Naturschutzrechts ist, gebührt auch dem Erhalt der Arten eine solche Stellung im Rahmen der Interessenabwägung. Von diesem Grundsatz wird nach 3 Buchst. a Abs 2 NSchG nur dann eine Ausnahme gemacht, wenn im Einzelfall die Interessen der Öffentlichkeit die des Naturschutzes überwiegen. Aber selbst dann sind die Interessen des Naturschutzes und damit des Artenschutzes noch soweit als möglich zu wahren. ( α. ) Allgemeine Schutzbestimmungen Der Allgemeine Schutz von wild wachsenden Pflanzen wird rechtlich erst in 30 NSchG nach dem Besonderen Schutz in 29 NSchG aufgegriffen. Der erste Absatz des 30 NSchG enthält eine mengenmäßige Beschränkung für das Sammeln von nicht besonders geschützten und wild wachsenden Pflanzen und Pflanzenteilen in der freien Natur. Danach bedarf das Sammeln in großen Mengen auf fremden Grund, unbeschadet sonstiger erforderlicher Genehmigungen, einer Bewilligung der Naturschutzbehörde. Dabei hat die Behörde im Rahmen der Bewilligungsentscheidung für den Schutz und den Arterhalt zu sorgen. In Ergänzung dazu haben Personen, die Pflanzen in großen Mengen besitzen, der zuständigen örtlichen Behörde die Rechtmäßigkeit des Besitzes auf Verlangen nachzuweisen. Insbesondere als bedenklich stellt sich der unbestimmte Rechtsbegriff der» großen Menge «dar. Während die

Artenschutzrecht in der Bundesrepublik Österreich 101» kleine Menge «durch die Handstraußregelung im Rahmen des Besonderen Artenschutzes festgelegt ist, fehlt es an einem entsprechenden Maßstab für die» große Menge «. Denkbar wäre es in Anlehnung an 29 Abs 2 NSchG, der den Schutz der wild wachsenden Waldfrüchte, Beeren und Pilze bezweckt, die» große Menge «dem gewerblichen oder organisierten Sammeln gleichzustellen. Doch auch diese Begriffe beschreiben nur die Intention des Sammlers und den Sammelgrund, nicht aber die Menge. In Ermangelung eines geeigneten Maßstabs wird man sich aber daran zu orientieren haben und eine Menge, die über den privaten Gebrauch hinausgeht, muss als» große Menge «angesehen werden. Dafür spricht auch der letzte Satz des 29 NSchG, der den Eigenbedarf eines Grundstückeigentümers von der Bewilligungspflicht für gewerbliches und organisiertes Sammeln ausdrücklich ausnimmt. Ebenso wie bei den Pflanzen folgt darauf, entsprechend dem Aufbau des Gesetzes, der Allgemeine Schutz wild lebender und zugleich nicht jagdbarer Tiere in 32 NSchG. Nach Absatz 1 ist jede mutwillige Beunruhigung, Verfolgung, Verletzung oder Vernichtung aller wildlebenden und nicht jagdbaren Tiere und ihrer Entwicklungsformen verboten. Der Schutz erstreckt sich auch auf deren Brutstätten und Nester. Eine Verordnungsermächtigung enthält zudem der 32 Abs 2 NSchG: aufgrund dieser können bestimmte Fangmethoden oder Tötungsverfahren untersagt werden. Die Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung regelt aufgrund dieser Ermächtigungsgrundlage in 6 welche Mittel, Einrichtungen und Methoden beim Verfolgen, Fangen und Töten verboten sind. ( β. ) Besonderer Artenschutz Der Besondere Schutz für wild wachsende Pflanzen in der freien Natur gilt gemäß 29 Abs 1 NSchG grundsätzlich für jene Arten, die in ihrem Bestand allgemein gefährdet sind und an deren Erhaltung aus Gründen des Naturschutzes ein öffentliches Interesse besteht. Ebenso gilt er für solche Arten, die für die Erhaltung eines ausgeglichenen Naturhaushalts, insbesondere unter dem Aspekt der Artenvielfalt und der Wechselwirkungen mit anderen Arten, erforderlich sind. Welche Arten dies sind, legt die Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung fest. Arten, die vollkommen geschützt sind, dürfen nach 29 Abs 2 NSchG nicht beschädigt, vernichtet oder von ihrem Standort entfernt werden. Auf die Standorte der Pflanzen darf zudem nicht dergestalt eingewirkt werden, dass der weitere Bestand der Art gefährdet oder ausgeschlossen ist. Ein gewisser Lebensraumschutz ist daher auch hier zusätzlich imple-

102 Timo Westermann Der rechtliche Schutz wild lebender Arten mentiert. Darüber hinaus bestehen Vermarktungsverbote und Verbote von Handlungen die mit der Vermarktung üblicherweise im Zusammenhang stehen. Im Einzelnen sind dies das Verbot, aus der Natur entnommene Pflanzen zu besitzen, zu transportieren, entgeltlich oder unentgeltlich anzunehmen oder abzugeben. Die letztgenannten Verbote beziehen sich im Interesse eines umfassenden Artenschutzes auf jedes Produkt, das aus einem Exemplar der geschützten Arten gewonnen wurde, ebenso wie auf jede Ware, die aufgrund eines Begleitdokuments, der Verpackung, eines Zeichens, eines Etiketts oder eines anderen Sachverhalts als Teil oder Derivat der Pflanze identifiziert werden kann. Der vollkommene Schutz des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999 wird durch die Verbote des 2 Abs 2 Pflanzen- und Tierarten- Schutzverordnung noch erweitert. Neben der Wiederholung der bisher genannten Verboten, wird die entgeltliche und unentgeltliche Annahme und Abgabe von Exemplaren konkretisiert. Dem Wortlaut nach fallen insbesondere der Handel, der Tausch und das Angebot zum Kauf oder Tausch darunter. Diese Vermarktungsverbote gelten auch für die richtliniengeschützten Pflanzen der in einem anderen Bundesland oder in einem anderen Land der Europäischen Union geschützten Arten. Wie dem 2 Abs 3 der Verordnung zu entnehmen ist, gelten die übrigen Verbote nicht für diese. Besonders, aber nur teilweise geschützten Pflanzen kommt ein weniger umfangreicher Schutz zu. Den in die Anlage 1 Spalte D der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung aufgenommenen Arten kommen nach dessen 3 Abs 2 die Verbote, unterirdische Teile der Pflanzen zu entnehmen und oberirdische Teile nicht in größeren Mengen als einzelne Stücke, einen Handstrauß oder einzelne Zweige zu entfernen, zu Gute. Der 29 Abs 3 NSchG entspricht diesem Schutz wortgetreu. Besonders geschützte Tiere, die immer zugleich auch vollkommen und nie nur teilweise geschützt sind, sollen durch 31 NSchG ivm 4 Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung vor Schaden bewahrt werden. Daher ist es untersagt, diese mutwillig zu beunruhigen, zu verfolgen, zu fangen oder zu töten. Die Vermarktungsverbote entsprechen denen zu Gunsten der Pflanzen. In Erweiterung dazu besteht auch das Verbot, Tiere zu übertragen oder zu verwahren. Diese Verbote gelten wiederum für alle Entwicklungsformen, Teile, Nester und Brutstätten. Auch für Fortpflanzungs- und Ruhestätten besteht ein Schädigungsund Vernichtungsverbot. Hinsichtlich Produkten und Waren gilt die bei den Pflanzen dargestellte Rechtslage. Die Pflanzen- und Tierarten-

Artenschutzrecht in der Bundesrepublik Österreich 103 Schutzverordnung fügt diesen Verboten in 4 Abs 2 Z 4 das Verbot, die Eier der geschützten Arten absichtlich zu zerstören oder zu entnehmen, hinzu. Dies gilt nach 4 Abs 3 sogar für leere Eier von frei lebenden und nicht jagdbaren Vögeln. Ebenso betont die Verordnung in 4 Abs 2 Z 1, dass das Beunruhigungsverbot insbesondere in den Wanderungs-, Fortpflanzungs-, Aufzucht- und Überwinterungszeiten Anwendung findet. Letztlich dürfen Vögel, die nicht gejagt werden dürfen, auch nicht gehalten werden. ( γ. ) Weitere Vorschriften zum Artenschutz Einbringen gebietsfremder Pflanzen und Aussetzen gebietsfremder Tiere Auch der Salzburger Gesetzgeber hat die mit Faunaverfälschern einhergehenden Gefahren erkannt und darauf reagiert, indem er 33 Abs 1 NSchG in den Gesetzestext aufgenommen hat. Das Einbringen gebietsfremder Pflanzen und Aussetzen gebietsfremder Tiere ist ohne Bewilligung der Naturschutzbehörde verboten. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung unterscheiden sich nicht von den zuvor dargestellten. Das organisierte oder gewerblichen Zwecken dienende Sammeln von Pilzen und Beeren Im Rahmen des Allgemeinen Pflanzenschutzes bestimmt 30 Abs 2 NSchG, dass die Landesregierung das gewerbliche oder organisierte Sammeln von Beeren und Pilzen durch Verordnung regeln oder von einer vorherigen Bewilligung abhängig machen kann. Hinsichtlich der Pilze hat sie von der Ermächtigung Gebrauch gemacht und zu diesem Zweck die Pilzschutzverordnung 247 erlassen. Durch 2 Pilzschutzverordnung wurde eine Obergrenze für das private Sammeln in Höhe von zwei Kilogramm pro Person und Tag festgesetzt. Ebenso ist das Organisieren von Pilzsammlungen verboten. Das gewerbliche Sammeln wurde in 3 der Pilzverordnung geregelt. Es bestehen dahingehend jahreszeitliche Beschränkungen. Zudem bedarf es immer einer Bewilligung durch die zuständige Behörde. 247 Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 15. März 1994 zum Schutz wildwachsender Pilze ( Pilzschutzverordnung ),LGBl Nr 47 / 1994 idf LGBl Nr 33 / 2003.

104 Timo Westermann Der rechtliche Schutz wild lebender Arten ( δ. ) Ausnahmen vom Allgemeinen und Besonderen Artenschutz Zu den Vorschriften des Allgemeinen und Besonderen Artenschutzes enthält das Salzburger Naturschutzgesetz zahlreiche Ausnahmen. Zum Allgemeinen Pflanzenschutz finden sich dort Ausnahmen in den 30 Abs 1 und 2 Z 2 und 34 NSchG. Ausnahmen allein vom Allgemeinen Tierschutz sind dagegen nicht unmittelbarer Teil der Regelungen zum Allgemeinen Tierschutz in 32 NSchG. Dafür finden sich noch Ausnahmen zu Pflanzen wie Tieren in 34 NSchG. Der 30 Abs 1 NSchG enthält zwei Ausnahmen: zum Einen ist nach 30 Abs 1 NSchG das Sammeln von nicht geschützten, wild wachsenden Pflanzen oder Pflanzenteilen in der freien Natur und auf fremden Eigentum in großen Mengen verboten. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das Sammeln von Kleinmengen durchaus rechtmäßig ist. Zum Anderen bedeutet die Einschränkung» auf fremden Grund «, dass der Eigentümer selbst nicht einmal einer mengenmäßigen Beschränkung unterworfen, sondern vielmehr in seinem Handeln völlig frei ist. Nach 30 Abs 2 Z 2 NSchG ist der Eigentümer zudem im Sammeln von Waldfrüchten, Beeren und Pilzen für den Eigenbedarf frei. Ausnahmen von den Regelungen des 30 Abs 1 und 2 sowie 32 Abs 2 NSchG sind gemäß 34 Abs 1 NSchG möglich. Die abschließend aufgezählten Ausnahmen stellen in ihrer Gesamtheit überragend wichtige, öffentliche Interessen dar. Dies sind die Volksgesundheit, Getränkeerzeugung, öffentliche Sicherheit und Sicherheit der Luftfahrt, der Artenschutz, Forschung und Unterricht, Aufstockung der Bestände oder Wiederansiedlung an anderer Stelle, die Abwendung von Schäden an Kulturen und Wäldern, an Nutz- und Haustieren, an Fischgründen und Gewässern, der Errichtung von Anlagen sowie als Auffangtatbestand, andere überwiegende Interessen. Die letzten zwei Interessen finden nach 34 Abs 2 NSchG jedoch auf Vögel und das letztgenannte Interesse sowie die Getränkeerzeugung auf Pflanzenarten, die in Anhang IV der FFH-Richtlinie genannt werden, keine Anwendung. Ausnahmen vom besonderen Artenschutz sind Bestandteil folgender Vorschriften: 29 Abs 4, 31 Abs 1 Z 3, 33 Abs 2 und 34 NSchG, sowie 31 Abs 3 NSchG ivm 5 der Pflanzen- und Tierartenschutzverordnung. Zu Lasten der besonders geschützten Pflanzenarten schränkt 29 Abs 4 S 1 NSchG deren Schutz weiter ein. Danach sind Pflanzenarten, die in Gärten oder Kulturen gezogen werden, nicht vom Schutzbereich

Artenschutzrecht in der Bundesrepublik Österreich 105 des 29 Abs 2 und 3 NSchG umfasst. Der 29 Abs 4 S 2 NSchG dehnt die Ausnahmen auch auf Pflanzen und Pflanzenteile aus, die aus einem anderen Bundesland oder aus dem Ausland in das Land Salzburg eingebracht werden. Werden Pflanzen ausschließlich zu Viehheilzwecken vom Tierhalter entnommen oder aufgrund örtlicher Brauchtumspflege, sind auch diese Fälle als Ausnahme des 29 Abs 4 NSchG anzusehen. Die Vernichtung oder Beschädigung nur einzelner Pflanzen während der Errichtung einer Anlage sind ebenso keine verbotenen Handlungen. Der rechtmäßige Besitz von geschützten Pflanzenarten führt selbstredend nicht zur Verwirklichung einer verbotenen Handlung. Dies stellt 29 Abs 2 S 2 Z 5 NSchG noch einmal klar. Vom besonderen Tierartenschutz nimmt 31 Abs 1 S 3 NSchG Wild, Fische, Neunaugen, Krustentiere und Muscheln aus. Durch Verordnung kann der Landesgesetzgeber zudem festlegen, dass verendet aufgefundene und offensichtlich kranke, verletzte oder sonst pflegebedürftige Tiere nicht von den Verboten des besonderen Tierartenschutzes in 31 Abs 2 NSchG umfasst sind. Diese Ausnahmemöglichkeit betrifft dabei aber nicht die entgeltliche Weitergabe. Rechtlich umgesetzt wurde diese Ermächtigung durch 5 Abs 3 Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung. Aufgrund ihres europarechtlichen, durch die FFH-Richtlinie vermittelten Schutzes, gilt die Ausnahme nicht für Ostigel, Westigel, Gartenschläfer, Siebenschläfer und Eichhörnchen. Eine herausragende Ausnahme wurde darüber hinaus an den Schluss dieser Bestimmung angefügt. Soweit nicht allgemein richtliniengeschützte Tiere betroffen sind, sind die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche oder gärtnerische Nutzung sowie die waidgerechte Jagd und Fischerei nach den für sie geltenden Vorschriften ebenfalls nicht von den Verboten des 4 Pflanzen- und Tierarten- Schutzverordnung umfasst. Damit erhalten diese Tätigkeiten eine aus dem Schutzkatalog herausragende Ausnahmestellung. Ihr gesetzliches Pendant findet sich in 33 Abs 2 S 2 und 3 NSchG. Bereits dort legt der Gesetzgeber die Ausnahme für diese Bereiche fest und bestimmt, dass eine dahingehende Einschränkung sowieso nur soweit erfolgen darf, als es für den ordnungsgemäßen Schutz der Pflanzen- und Tierarten überhaupt erforderlich ist oder sich aus der FFH- bzw Vogelschutzrichtlinie ergibt. Mit ordnungsgemäßen Schutz ist dabei die Verhinderung des Aussterbens einer Art und die Ursachensetzung zu deren Aussterben gemeint. Dies ist nach 1 NSchG das Ziel dieses Gesetzes sowie des Artenschutzes an sich und stellt den ordnungsgemäßen Schutz in

106 Timo Westermann Der rechtliche Schutz wild lebender Arten diesem Sinne dar. Ein strengerer, nationaler Schutz, der über die europarechtlichen Vorgaben hinausgeht, ist ersichtlich nicht erwünscht. Letztlich besteht nach 34 NSchG für die Behörde auch die Möglichkeit, eine Ausnahmebewilligung vom Besonderen Artenschutz im Einzelfall zu erteilen. Dabei besteht kein Unterschied zur Bewilligung einer Ausnahme zum Allgemeinen Artenschutz. ( iv. ) Fazit Auffällig für dieses Naturschutzgesetz ist die Beschränkung des Allgemeinen Pflanzenschutzes auf eine mengenmäßige Begrenzung des Sammelns. Damit wird den nicht besonders geschützten Arten praktisch kein Schutz zuteil. In der Konsequenz muss der Gesetzgeber unzählige Arten besonders schützen um sie vor menschlichen Einfluss zu bewahren. Diese umständliche Gesetzgebung führt im Vergleich zu den anderen Bundesländern zu einer Schlechterstellung der wild wachsenden Pflanzen im Land Salzburg. Bemerkenswert ist im Übrigen die Methode der gelenkten Interessenabwägung in 3 Buchst. a Abs 1 NSchG 248. Dort wird der generelle Vorrang von Naturschutzinteressen vor allen anderen Interessen eingeräumt. f. Steiermark Das Land Steiermark hat den Artenschutz als Teil der Besonderen Schutzmaßnahmen im III. Abschnitt des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 249 geregelt. Dessen Bestimmungen finden sich in den 5 bis 13 Buchst. e NSchG 1976. Aufgrund dreier Verordnungsermächtigungen im Steiermärkischen Naturschutzgesetz 1976 wurde am 14. Mai 2007 zudem eine Artenschutzverordnung 250 erlassen. 248 Maurer, Grundzüge des geltenden Artenschutzrechts der Schweiz und umliegender Länder, 2005, S. 45. 249 Gesetz vom 30. Juni 1976 über den Schutz der Natur und die Pflege der Landschaft ( Steiermärkisches Naturschutzgesetz 1976 NSchG 1976 ), LGBl Nr 65 / 1976 idf LGBl Nr 71 / 2007. 250 Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Mai 2007 über den Schutz von wildwachsenden Pflanzen, von Natur aus wild lebenden Tieren einschließlich Vögel ( Artenschutzverordnung ), LGBl Nr 40 / 2007.