Deutscher Bundestag 5. Wahlperiode Drucksache V/3187 Bundesrepublik Deutschland Der Bundeskanzler II/5 52200 5457/68 Bonn, den 26. Juli 1968 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Hiermit übersende ich den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes nebst Begründung (Anlage 1) mit der Bitte, die Beschlußfassung des Deutschen Bundestages herbeizuführen. Federführend ist der Bundesminister der Finanzen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 31. Mai 1968 gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes beschlossen, den Entwurf mit der aus der Anlage 2 ersichtlichen Begründung abzulehnen. Die Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates ist der Anlage 3 zu entnehmen. Der Stellvertreter des Bundeskanzlers Brandt
Drucksache V/3187 Deutscher Bundestag 5. Wahlperiode Anlage 1 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Das Einkommensteuergesetz in der Fassung vom 27. Februar 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 145) wird wie folgt geändert: 1. 5 erhält die folgende Fassung: 5 Gewinn bei Vollkaufleuten und bei bestimmten anderen Gewerbetreibenden (1) Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluß des Wirtschaftsjahrs das Betriebsvermögen anzusetzen ( 4 Abs. 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. (2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden. (3) Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen 1. auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlußstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen; 2. auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlußstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. (4) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen ( 4 Abs. 1), über die Zulässigkeit der Bilanzänderung ( 4 Abs. 2), über die Betriebsausgaben ( 4 Abs. 4 bis 6), über die Bewertung ( 6, 6 a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung ( 7) sind zu befolgen." 2. In 6 Abs. 1 erhält der erste Satz die folgende Fassung: Für die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter, die nach 4 Abs. 1 oder nach 5 als Betriebsvermögen anzusetzen sind, gilt das Folgende:" 3. In 52 wird hinter Absatz 2 der folgende Absatz 2 a eingefügt: (2 a) Die Vorschriften des 5 und des 6 Abs. 1 Satz 1 sind erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die im Veranlagungszeitraum 1968 enden." Artikel 2 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des 12 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Artikel 3 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode Drucksache V/3187 Begründung I. Allgemeines Durch das Aktiengesetz vom 6. September 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1089) sind die aktienrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften neu gefaßt worden. Über die Auswirkungen dieser Vorschriften auf das Bilanzsteuerrecht ist weder in der Finanzverwaltung noch im Schrifttum eine einheitliche Auffassung vorhanden. Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt noch nicht vor. Dementsprechend ist eine gewisse Rechtsunsicherheit vorhanden, inwieweit die Rechnungslegungsvorschriften des Aktiengesetzes 1965 (AktG) wegen des Grundsatzes der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz auch steuerrechtlich verbindlich sind. Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs ist es, diese Rechtsunsicherheit hinsichtlich der beiden steuerrechtlich bedeutsamsten Bilanzierungsvorschriften, nämlich des 153 Abs. 3 und des 152 Abs. 9 AktG, zu beseitigen. Durch eine Änderung der 5 und 6 EStG soll sichergestellt werden, 1. daß das Aktivierungsverbot des 153 Abs. 3 AktG, das als Ausdruck der allgemein geltenden handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu werten ist, in seinem materiellen Gehalt für alle bilanzierenden Gewerbetreibenden auch steuerrechtlich verbindlich ist, 2. daß Rechnungsabgrenzungsposten auch steuerrechtlich nur in dem Umfang gebildet werden dürfen, in dem es handelsrechtlich nach 152 Abs. 9 AktG erlaubt ist, und 3. daß 6 EStG keine eigenständige steuerrechtliche Bilanzierungsvorschrift darstellt, sondern nur die Bewertung der nach 4 Abs. 1 EStG oder nach 5 EStG anzusetzenden Wirtschaftsgüter regelt. H. Haushaltsmäßige Auswirkungen Unterlagen über das Volumen der steuerlich angesetzten Aktivposten, deren Ansatz nach der Gesetzesänderung nicht mehr zulässig wäre, sind nicht vorhanden. Es wird geschätzt, daß dieses Volumen in einer Größenordnung von etwa 60 Mio DM liegen könnte. Von diesen Beträgen ausgehend wäre im Entstehungsjahr 1968 mit nachstehenden Steuerausfällen durch die Minderung der steuerlichen Gewinne zu rechnen: Steuerausfall in Millionen DM Gewerbesteuer rd. 10,0 Vermögensteuer 0,6 Einkommensteuer und Körperschaftsteuer rd. 20,0 insgesamt rd. 30,6 davon entfallen auf den Bund (Anteil 37 v. H.) rd. 7,4. Neben diesem einmaligen Steuerausfall entstehen durch den Verzicht auf die steuerliche Aktivierung gewisse laufende jährliche Steuermindereinnahmen, die aber als unbedeutend anzusehen sind. Zu Artikel 1 Nr. 1 III. Im einzelnen Nach 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der bisherigen Fassung ist bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns aus Gewerbebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Dabei sind nach 5 Satz 2 EStG u. a. die steuerlichen Vorschriften - über die Bewertung und über die Absetzungen für Abnutzung zu befolgen. Diese Regelung ist im Schrifttum überwiegend dahin ausgelegt worden, daß die Frage, ob ein Wirtschaftsgut im Rahmen des steuerlichen Betriebsvermögensvergleichs anzusetzen ist, allein nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu beurteilen ist. Nur wenn diese Frage bejaht werden kann, können die in 5 Satz 2 EStG enthaltenen steuerrechtlichen Vorbehalte gegenüber den Wertansätzen in der Handelsbilanz wirksam werden. Der Inhalt des 5 EStG ist also auf eine Formel gebracht wie folgt zu verstehen: Was zu bewerten ist, d. h., ob ein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut vorhanden ist, bestimmen die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung; wie ein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut zu bewerten ist, entscheidet sich nach Steuerrecht. Dementsprechend haben Bilanzierungsvorschriften des Handelsrechts, die Ausdruck der allgemein geltenden handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind, unmittelbare steuerrechtliche Wirkung, während handelsrechtliche Bewertungsvorschriften wegen des steuerrechtlichen Bewertungsvorbehalts nur insoweit gelten, als das Steuerrecht keine andere Bewertung vorschreibt. Demgegenüber hat der Bundesfinanzhof die Frage der steuerlichen Aktivierung und Passivierung einschließlich der Rechnungsabgrenzung grundsätzlich aus den 6 und 7 EStG entschieden. Er hat dementsprechend in Einzelfällen eine steuerliche Aktivierung auch dann gefordert, wenn eine Aktivierung in der Handelsbilanz nicht in Betracht kam. Damit besteht die Gefahr, daß Steuerbilanz und Handelsbilanz über die Unterschiede hinaus, die sich aus dem steuerrechtlichen Bewertungsvorbehalt ergeben, auch hinsichtlich der dem Grunde nach anzusetzenden Vermögenswerte auseinanderfallen. Diese Gefahr ist durch das Inkrafttreten des Aktien gesetzes 1965 (AktG) verschärft worden. Das AktG
Drucksache V/3187 Deutscher Bundestag 5. Wahlperiode enthält in seinen neugefaßten Rechnungslegungsvorschriften für bestimmte Fälle ein ausdrückliches Bilanzierungsverbot. Insbesondere darf nach 153 Abs. 3 AktG ein Aktivposten für immaterielle Anlagewerte nur angesetzt werden, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Selbstgeschaffene immaterielle Anlagewerte z. B. selbstgeschaffene Patente und Schutzrechte sowie der selbstgeschaffene Geschäftswert dürfen also nicht aktiviert werden. Auch dürfen Rechnungsabgrenzungsposten nach 152 Abs. 9 AktG nur für die sogenannten transitorischen Posten im engeren Sinne (Ausgaben bzw. Einnahmen vor dem Abschlußstichtag), die Aufwand bzw. Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlußstichtag darstellen) gebildet werden. Diese Vorschriften des AktG gelten formell zwar nur für Aktiengesellschaften. Sie sind jedoch als Ausdruck der allgemein geltenden handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu werten und damit in ihrem materiellen Gehalt nach 38 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs für alle Kaufleute verbindlich. Nach 5 EStG gelten sie für alle bilanzierenden Gewerbetreibenden und sind darüber hinaus auch für die Bilanzierung nach 4 Abs. 1 EStG maßgebend. Die Bundesregierung hält es im Interesse einer Angleichung von Steuerbilanz und Handelsbilanz für geboten, daß Bilanzierungsvorschriften, die den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen, auch steuerrechtlich beachtet werden. Da hinsichtlich der Bilanzierung selbstgeschaffener immaterieller Anlagewerte und der Bilanzierung von Rechnungsabgrenzungsposten zur Zeit eine gewisse Rechtsunsicherheit vorhanden ist, erscheint es erforderlich, die insoweit bestehenden, den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechenden Ausweisverbote in 5 EStG ausdrücklich zu verankern. Damit wird sichergestellt, daß diese Ausweisverbote auch für die steuerliche Gewinnermittlung gelten. Die Ausweisverbote sind, wie schon oben erwähnt, auch für die Bilanzierung nach 4 Abs. 1 EStG maßgebend, da Werte, die ein Vollkaufmann in der Bilanz nicht ausweisen darf, auch nicht von Nichtkaufleuten, die unter 4 Abs. 1 EStG fallen, bilanziert werden dürfen. In seinem materiellen Gehalt unberührt bleibt der steuerrechtliche Vorbehalt, wonach handelsrechtliche Bewertungsvorschriften nur insoweit gelten, als das Steuerrecht keine andere Bewertung vorschreibt. Zu den steuerrechtlich nicht verbindlichen handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften rechnet neben 153 Abs. 5 Sätze 2 und 3 AktG, der die Abschreibung eines entgeltlich erworbenen Geschäftswerts regelt, insbesondere auch 155 Abs. 1 Satz 3 AktG, wonach zur Ermittlung des Wertansatzes gleichartiger Gegenstände des Vorratsvermögens eine bestimmte Verbrauchs- oder Veräußerungsfolge unterstellt werden kann. Zu Artikel 1 Nr. 2 Die bisherige Fassung des Einleitungssatzes zu 6 Abs. 1 EStG (.... Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb dienen....") läßt es offen, in welchem Verhältnis 6 EStG zu 4 Abs. 1 EStG und insbesondere zu 5 EStG steht. Die Rechtsprechung hat 6 EStG im Gegensatz zu der überwiegenden Meinung im Schrifttum als eigenständige steuerrechtliche Bilanzierungsvorschrift verstanden und aus 6 EStG auch die Frage entschieden, ob ein Wirtschaftsgut im Rahmen des steuerlichen Betriebsvermögensvergleichs anzusetzen ist. Die Neufassung des Einleitungssatzes zu 6 Abs. 1 EStG soll das Verhältnis des 6 EStG zu 4 Abs. 1 und zu 5 EStG dahin bestimmen, daß 6 EStG nicht als eigenständige steuerrechtliche Bilanzierungsvorschrift zu werten ist, sondern nur die steuerrechtliche Bewertung der nach 4 Abs. 1 EStG oder nach 5 EStG anzusetzenden Wirtschaftsgüter regelt. 6 EStG ist also eine der Vorschriften, die den steuerrechtlichen Bewertungsvorbehalt ausfüllen, während die Frage, ob ein Wirtschaftsgut in der Steuerbilanz anzusetzen ist, sich ausschließlich nach 4 Abs. 1 EStG oder nach 5 EStG entscheidet. Zu Artikel 1 Nr. 3 Während der Bundesfinanzhof die Frage der Aktivierung und Passivierung einschließlich der Rechnungsabgrenzung bisher grundsätzlich aus den 6 und 7 EStG entschieden hat, wird durch die Änderung der 5 und 6 EStG bestimmt, daß 6 EStG keine eigenständige steuerrechtliche Bilanzierungsvorschrift darstellt und daß die Vorschriften der 153 Abs. 3 und 152 Abs. 9 AktG in ihrem materiellen Gehalt auch steuerrechtlich gelten. Im Interesse einer gleichmäßigen Besteuerung ist es erforderlich, sicherzustellen, daß sich die vorgesehenen Änderungen für alle Steuerpflichtigen gleichmäßig auswirken. Es erschien daher angebracht, die Anwendung der geänderten Vorschriften einheitlich erst für Wirtschaftsjahre vorzusehen, die nach dem 31. Dezember 1967 enden. Für die Zeit vorher bleiben die angesprochenen Fragen der Entscheidung durch die Rechtsprechung überlassen. Zu Artikel 2 Artikel 2 enthält die übliche Berlin-Klausel. Zu Artikel 3 Artikel 3 regelt das Inkrafttreten des Änderungsgesetzes.
Deutscher Bundestag 5. Wahlperiode Drucksache V/3187 Anlage 2 Begründung des Bundesrates zur Ablehnung Gegen den Gesetzentwurf bestehen erhebliche Bedenken. Es widerspricht dem Wesen der steuerlichen Gewinnermittlung, die auf eine richtige Periodenabgrenzung gerichtet ist, die neugefaßten Rechnungslegungsvorschriften des Aktiengesetzes ohne weiteres auf das Bilanzsteuerrecht zu übertragen. Außerdem knüpft das Steuerrecht an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens an. Aus diesem Grunde ist es in bestimmten Fällen erforderlich, Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz mit höheren Werten anzusetzen als in der Handelsbilanz. Darüber hinaus kann es geboten sein, Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz auszuweisen, obwohl sie in der Handelsbilanz nicht enthalten sind. Nach herrschender Verwaltungsauffassung läßt der derzeitige Wortlaut der 5 und 6 des Einkommensteuergesetzes auch nach Inkrafttreten des neuen Aktiengesetzes ein generelles Abweichen von der Handelsbilanz für steuerliche Zwecke zu. Auch der Bundesfinanzhof hat in ständiger Rechtsprechung die Frage der steuerlichen Aktivierung und Passivierung einschließlich der Rechnungsabgrenzung grundsätzlich aus den 6 und 7 EStG entschieden. Durch den vorgelegten Gesetzentwurf sollen diese Möglichkeiten wesentlich eingeschränkt werden. Hierfür ist kein überzeugender Grund vorhanden. Zwar werden in der Vorlage die handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätze nur hinsichtlich der immateriellen Anlagewerte ( 5 Abs. 2 EStG 153 Abs. 3 AktG) und der Rechnungsabgrenzungsposten ( 5 Abs. 3 EStG 152 Abs. 9 AktG) steuerlich für verbindlich erklärt. Es ist aber zu erwarten, daß darüber hinaus die Forderung erhoben wird, auch die übrigen handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften, insbesondere 155 Abs. 1 Satz 3 Aktiengesetz und damit das Lifo-Verfahren für die Bewertung des Vorratsvermögens anzuerkennen. Einem solchen Verlangen wird man gewichtige Argumente kaum entgegensetzen können, wenn bereits andere handelsrechtliche Bewertungsvorschriften steuerlich für verbindlich angesehen werden. Dann hätte aber 6 EStG seine Bedeutung verloren. Die zutreffende Ermittlung eines Periodengewinns wäre damit ausgeschlossen. Es sollte deshalb an der Rechtsprechung des BFH auch unter der Herrschaft der aktienrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften festgehalten und dem 6 EStG als Spezialvorschrift die Bedeutung gegeben werden, daß hiernach nicht nur zu entscheiden ist, sondern wie auch was zu bewerten ist. Die Schätzung der Bundesregierung über den Ausfall an Einkommen- und Körperschaftsteuer begegnet ebenfalls erheblichen Bedenken. Auch wenn keine Unterlagen für eine nur annähernd fundierte Schätzung vorhanden sind, so kann aus den Veranlagungserfahrungen der früheren Jahre doch geschlossen werden, daß der tatsächliche Ausfall ein Mehrfaches der angegebenen Summe betragen wird.
Drucksache V/3187 Deutscher Bundestag 5. Wahlperiode Anlage 3 Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates Die Bundesregierung vermag die Bedenken des Bundesrates aus folgenden Gründen nicht zu teilen: 1. Die steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften dienen zwar auch der Erfassung des richtigen Periodengewinns. Im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung ist jedoch der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (Maßgeblichkeitsgrundsatz) zu beachten, der bereits im geltenden Recht ( 5 des Einkommensteuergesetzes EStG ) verankert ist. Danach ist bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns aus Gewerbebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Aus dem Maßgeblichkeitsgrundsatz folgt, daß Bilanzierungsvorschriften des Handelsrechts insbesondere also Aktivierungsverbote, die Ausdruck der allgemeinen handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind, unmittelbare steuerrechtliche Wirkung haben. Durch die vorgeschlagene Ergänzung des 5 EStG sollen nicht die neugefaßten Rechnungslegungsvorschriften des Aktiengesetzes (AktG) ohne weiteres auf das Bilanzsteuerrecht... übertragen" werden, sondern es soll lediglich klargestellt werden, daß die Bilanzierungsvorschriften des 153 Abs. 3 AktG (Aktivierungsverbot für selbstgeschaffene immaterielle Anlagewerte) und des 152 Abs. 9 AktG (Einschränkung der Rechnungsabgrenzung) als Ausdruck der allgemein geltenden handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu werten sind. Die klarstellende Übernahme insbesondere des materiellen Gehalts des 153 Abs. 3 AktG steht nach Auffassung der Bundesregierung im Einklang mit der Rechtsauffassung, die den koordinierten Ländererlassen betr. die steuerliche Behandlung von Forschungs- und Ent wicklungskosten (vgl. BStBl. 1958 II S. 189) zugrunde liegt. 2. Aus dem Maßgeblichkeitsgrundsatz folgt, daß Wirtschaftsgüter, die nach den allgemein geltenden Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung in der Handelsbilanz nicht ausgewiesen werden dürfen, auch im Rahmen des steuerrechtlichen Betriebsvermögensvergleichs nicht angesetzt werden können. Der Ansatz eines Wirtschaftsguts im Rahmen des steuerrechtlichen Betriebsvermögensvergleichs bestimmt sich also nicht aus 6 EStG, sondern aus 5 EStG. Die Anerkennung dieses Inhalts des 5 EStG besagt nicht, daß 6 EStG seine Bedeutung - verloren hätte. Durch 6 EStG wird vielmehr nach wie vor der steuerrechtliche Bewertungsvorbehalt ( 5 Satz 2 EStG) ausgefüllt, wonach handelsrechtliche Bewertungsvorschriften nur insoweit gelten, als das Steuerrecht keine andere Bewertung vorschreibt. Der steuerrechtliche Bewertungsvorbehalt bleibt durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung unberührt. Dementsprechend sind 153 Abs. 5 und 155 Abs. 1 Satz 3 AktG in ihrem materiellen Gehalt steuerrechtlich nicht bindend. Die Bundesregierung kann nicht erkennen, warum die vorgeschlagene Gesetzesänderung zwingend zu einer Anerkennung der aktienrechtlichen Bewertungsvorschriften führen sollte. Sie ist vielmehr der Auffassung, daß einer auf die Übernahme der aktienrechtlichen Bewertungsvorschriften gerichteten Gesetzesinitiative schon aus haushaltsmäßigen Gründen widersprochen werden müßte. 3. Da Unterlagen über das Volumen der Aktivposten, die nach der Gesetzesänderung nicht mehr angesetzt werden dürfen, nicht vorhanden sind, ist die Schätzung der haushaltsmäßigen Auswirkungen schwierig. Die Bundesregierung hält jedoch die von ihr geschätzte Größenordnung auch nach Überprüfung für wirklichkeitsnäher als die Annahme des Bundesrates.