Aktuelles zum österreichischen Wohnrecht 42. Bundestag der Immobilienund Vermögenstreuhänder 2015 in Wien Johannes Stabentheiner, BMJ
Was seit dem 41. Bundestag im letzten Jahr geschah und was nicht Wohnrechtsnovelle 2015 (BGBl I 2014/100) Begründung von Zubehör-Wohnungseigentum Erhaltungspflicht für mitvermietete Heizthermen, Warmwasserboiler und sonstige Wärmebereitungsgeräte Anlaufen des Geschehens um den Normenkontrollantrag, der mit dem Bundesverfassungsgesetz BGBl I 2013/114 sowie mit BGBl I 2014/92 auf einfachgesetzlicher Ebene geschaffen wurde schon mehrere Normenkontrollanträge zum Wohnrecht Ausnahmebestimmungen des 62a Abs 1 VfGG auf dem Prüfstand Ministerialentwurf für ein HIKrG zur Begutachtung versendet Und die große Mietrechtsreform?? noch nicht beschlossen Verhandlungen auf politischer Ebene; zahlreiche Sitzungen; gutes Verhandlungsklima Die Beteiligten meinen, man sei auf einem sehr guten Weg Heute lässt sich noch nichts Definitives präsentieren Johannes Stabentheiner, BMJ
Allgemeines zur Wohnimmobilienkredit-Richtlinie Richtlinie 2014/17/EU über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher umzusetzen bis 21. März 2016 Es gab ja schon die Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG Die bezog sich allerdings nicht auf hypothekarisch besicherte Kredite In Österreich umgesetzt durch das Verbraucherkreditgesetz BGBl I 2010/28, dabei größtenteils auch auf Hypothekarkredite erstreckt Die EK wollte unbedingt eine eigene Richtlinie für Hypothekarkredite vieles im RL-Vorschlag, was man seinerzeit bei der VKRL nicht durchgebracht hatte Österreich war für bloße Ausdehnung der VKRL (also gegen eine eigene neue RL), zumindest aber für einen weit gehenden Gleichklang der beiden Regulative Mit diesen Positionen war Österreich aber nicht erfolgreich Anwendungsbereich der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie Kreditverträge, die durch eine Hypothek, eine vergleichbare Sicherheit oder durch ein Recht an Wohnimmobilien besichert sind Kredite für den Erwerb (oder die Erhaltung) von Eigentumsrechten an einem Grundstück oder einem bestehenden oder geplanten Gebäude verschiedene Ausnahmeoptionen
Die wesentlichen Inhalte der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie I allgemeine, meist aufsichtsrechtl. Regelungen über Standards u. Zielvorgaben Förderung der Finanzbildung der Verbraucher Wohlverhaltensregeln für die Vergabe von Verbraucherkrediten (zb: Kreditgeber und Kreditvermittler sollen ehrlich, redlich, transparent und professionell handeln) Vergütung des Personals und der Kreditvermittler Kenntnisse und Fähigkeiten des Personals Werbung und Marketing soll redlich, eindeutig und nicht irreführend sein Standards für Beratungsdienstleitungen Verfüg- und Überprüfbarkeit von Indizes und Referenzzinssätzen Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf Sicherheit, Aufzeichnungen der Kreditgeber, statistische Erfassung des Wohnimmobilienmarkts angemessene Nachsicht vor Zwangsvollstreckung Informationspflichten in mehreren Facetten und Stadien Standardinformationen in der Werbung allgemeine Informationspflichten unabhängig von konkretem Kreditansuchen vorvertragliche Informationen (auch für KreditVerm) mit angemessenen Erläuterungen Information über Änderung des Sollzinssatzes Johannes Stabentheiner, BMJ
Die wesentlichen Inhalte der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie II Regeln über die Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers inklusive Standards für die Immobilienbewertung und Zugang zu Datenbanken Recht des Verbrauchers zur vorzeitigen Rückzahlung des Kredits Überlegungsfrist für Verbraucher izm dem Abschluss des Kreditvertrags in der Dauer von 7 Tagen entweder als Bedenkzeit vor Vertragsabschluss durch Bindung des Kreditgebers an sein Vertragsanbot für diese Zeit oder durch ein Rücktrittsrecht Regeln über die Anforderungen für die Zulassung von Kreditvermittlern und benannten Vertretern und über ihre Beaufsichtigung grundsätzliches Verbot von Koppelungsgeschäften Regelungen über die Berechnung des effektiven Jahreszinses ESIS-Merkblatt (European Standardised Information Sheet) Johannes Stabentheiner, BMJ
Die Grundüberlegungen zur Umsetzung der Richtlinie Ausgangslage: drei Regelungsgruppen in der Richtlinie allgem. Verhaltensregeln u. Standards für Kreditgeber Aufsichtsrecht Zuständigkeit BMF allgem. Tätigkeitsvoraussetzungen u. Standards für Kreditvermittler im Wesentlichen Gewerberecht Zuständigkeit BMWFW Regeln über das konkrete Vertragsverhältnis und vorvertragliche Pflichten Zivilrecht Zuständigkeit BMJ Umsetzung der zivilrechtlichen Regelungen in einem eigenen Gesetz Integration in das VKrG wäre wegen der zahlreichen inhaltl. Unterschiede zu unübersichtlich Aber: soweit aufgrund der RL-Vorgaben möglich, Anlehnung an das VKrG in der Struktur, hinsichtlich der Inhalte, bei den Formulierungen Orientierungslinie 1: Der mit dem VKrG geschaffene Standard an Verbraucherschutz soll soweit wie möglich auch im HIKrG aufrecht erhalten werden Orientierungslinie 2: Das HIKrG soll in Konzeption und Formulierung möglichst eng an den RL-Vorgaben bleiben um RL-Konformität sicherzustellen und spätere EuGH-Jud. möglichst 1 : 1 einfügen zu können keine Einschränkung des HIKrG auf Wohnimmobilien Sind im österreich. Recht keine gebräuchl. Kategorie Vermeidung von Abgrenzungsfragen
Status quo der Gesetzwerdung; Relevanz für die Immobilienwirtschaft gleich nach Verlautbarung der Richtlinie im Amtsblatt (im Winter 2014) Beginn der Umsetzungsarbeiten Vorentwurf des BMJ für das HIKrG Frühjahr 2014 Beratungen über den Entwurf in einer Arbeitsgruppe im BMJ Dezember 2014 Ministerialentwurf samt Erläuterungen fertiggestellt in der Folge politische Abstimmungsarbeit Anfang September 2015 Ministerialentwurf zur allgemeinen Begutachtung versendet Ende der Begutachtungsfrist 2. Oktober 2015 Ministerratsbeschluss für den 13. Oktober 2015 angepeilt Behandlung im Justizausschuss am 28. Oktober vorgesehen Inkrafttreten am 21.3.2016 vorgesehen Von diesem neuen Gesetz wird primär die Kreditwirtschaft betroffen sein Wichtigster Berührungspunkt der Immobilienwirtschaft: Abschluss von Kaufverträgen über Liegenschaften Im Entwurf ist ein neues Rücktrittsrecht mit einer Frist von zwei Werktagen ab Erhalt des ESIS-Merkblatts und Belehrung vorgesehen. Hat das Auswirkungen auch auf den zu finanzierenden Kaufvertrag?
Der neue Normenkontrollantrag und die Auswirkungen auf das Wohnrecht I Frühere Rechtslage im Zivilrecht: Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes nur auf Antrag des OGH oder eines zweitinstanzlichen Gerichts Der einzelne Bürger hatte von den hier kaum vorkommenden Fällen unmittelbarer Wirkung abgesehen keine Möglichkeit, selbst zum VfGH zu kommen; brauchte immer ein Instanzgericht für die Normprüfung Die Zivilgerichte waren im Bereich des Wohnrechts mit Normprüfungsanträgen eher zurückhaltend zb 1 Ob 353/50; 8 Ob 152/97d; 5 Ob 5/00x; 5 Ob 130/04k; 5 Ob 214/04p; 5 Ob 42/15k; ua Seit Jahresbeginn 2015 ist das nun anders Rechtliche Grundlagen: Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG und 62a Abs 1 VfGG Eine Partei eines ordentlichen gerichtlichen Verfahrens kann aus Anlass eines Rechtsmittels gegen eine erstinstanzliche Gerichtsentscheidung die Verfassungswidrigkeit eines angewendeten Gesetzes geltend machen Davon sind aber folgende wohnrechtliche Verfahren ausgenommen: mietrechtliche Außerstreitverfahren nach 37 Abs 1 MRG wohnungseigentumsrechtliche Außerstreitverfahren nach 52 Abs 1 WEG 2002 wohnungsgemeinnützigkeitsrechtliche Außerstreitverfahren nach 22 Abs 1 WGG Verfahren über die Kündigung von Mietverträgen und über die Räumung von Mietobjekten
Der neue Normenkontrollantrag und die Auswirkungen auf das Wohnrecht II Bisher drei Normenkontrollanträge im Bereich des Wohnrechts WE-Recht: zum Gutachten nach 37 Abs 4 WEG 2002 Dauer der Übergabepflicht? Behandlung des Antrags vom VfGH mangels Erfolgsaussicht bereits abgelehnt Bestandrecht: zur Kündigungsmöglichkeit nach 1121 ABGB noch anhängig 16 MRG: Anwendbarkeit des Richtwertsystems in Abhängigkeit vom Stichtag 8. Mai 1945 In diesem Verfahren Beschluss des VfGH vom 2.7.2015, G 206/2015-13: amtswegige Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Ausnahme von mietrechtlichen Außerstreitverfahren in 62a Abs 1 Z 4 VfGG Bundesregierung hat umfassende Stellungnahme erstattet Aufhebung dieser Ausnahme angesichts der amtswegigen Gesetzesprüfung nicht unwahrscheinlich möglicherweise könnten auch zu den anderen Ausnahmebestimmungen Gesetzesprüfungen eingeleitet werden Dann würde der Weg offen stehen, sämtliche wohnrechtlichen Bestimmungen uneingeschränkt an den VfGH heranzutragen
Der neue Normenkontrollantrag und die Auswirkungen auf das Wohnrecht III Wenn es in der Folge zur Aufhebung von Gesetzesbestimmungen aufgrund von Normenkontrollanträgen kommen sollte, beträfe das immer nur abgegrenzte Einzeltatbestände Im Zusammenwirken mit einem untätigen Gesetzgeber könnte das bald zu erheblichen Löchern und Breschen im wohnrechtlichen Regelungsgefüge führen Das würde den Reformdruck noch erhöhen Im Einzelnen schwer abschätzbar, aber jedenfalls verstärkte Dynamik im Wohnrecht So könnte die judikative Entwicklung unter Umständen den zögernden Gesetzgeber bald überholen Aber vielleicht kommt sie ja doch, die Mietrechtsreform möglicherweise nicht mit den politisch ganz harten Brocken (wie Mietzins), aber mit zahlreichen anderen, auch wichtigen Elementen könnte durchaus verdienstvoll sein Johannes Stabentheiner, BMJ