Frauenquote für Führungspositionen?

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Transkript:

Claudia Kothe-Heggemann, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Köln* Frauenquote für Führungspositionen? In der Politik und in den Medien ist das Thema der Frauenquote in Führungspositionen wieder angekommen. Am 17.10.2011 haben die 30 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland eine freiwillige Selbstverpflichtung präsentiert. Danach wollen die DAX-Konzerne nach ihrer Aussage ein klares Zeichen setzen, um das auffällige Missverhältnis bei der Beteiligung von Frauen in Führungsfunktionen zu verbessern. Ist-Zustand Bereits im Juli 2001 wurde eine Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der Deutschen Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen in der Privatwirtschaft getroffen. Nach fast 10 Jahren war festzustellen, dass Frauen in den Führungspositionen in der Deutschen Wirtschaft nach wie vor deutlich unterrepräsentiert sind (s. dazu auch Gajo, GmbHR 2011, R 45). Es kamen mithin Zweifel auf, ob die Selbstverpflichtungen der Wirtschaft zu einer tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern gerade im Hinblick auf die Besetzung von Führungspositionen ausreichend sind. Aktuell hat sich der Bundestag in Sitzungen des Rechtsausschusses und des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Mai 2011 u.a. mit Gesetzesentwürfen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und des Landes NRW sowie mit den Forderungen nach gesetzlichen Regelungen durch die Fraktion der SPD und die Fraktion Die Linke unter Beiziehung von Expertenanhörungen befasst. Thema waren unterschiedliche Vorschläge, insbesondere zur Quotenregelung

hinsichtlich der Beteiligung von Frauen in den Aufsichtsräten und Vorständen von Wirtschaftsunternehmen. In der Anhörung wurden Untersuchungen vorgelegt, wonach auch 10 Jahre nach der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der Wirtschaft über freiwillige Maßnahmen eine wesentliche Verbesserung der Chancengleichheit in der Wirtschaft nicht feststellbar war (Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode, Protokoll-Nr. 48 PA 6, Protokoll- Nr. 39 PA 13). Nach einer Studie von FidAR-Frauen in die Aufsichtsräte e.v., vorgelegt in der Expertenanhörung, ergeben sich zum Stichtag 30.6.2011 folgende Werte: Auf der Grundlage der Untersuchung finden sich Frauen in Führungspositionen von DAX-, MDAX-, SDAX- und TecDAX- Unternehmen in Aufsichtsräten mit einem Anteil von insgesamt 11,84 %. Bleiben die Arbeitnehmervertreterinnen im Aufsichtsrat unberücksichtigt, verringert sich der Prozentsatz auf einen durchschnittlichen Frauenanteil von 4,57 % auf der Anteilseigner-Seite der Kontrollgremien (in Bezug auf den Gesamtaufsichtsrat) bzw. von 7,4 % bezogen nur auf die Anteilseigner- Seite im Aufsichtsrat, soweit dies gesondert betrachtet wird. Der Anteil von Frauen im Vorstand von DAX-, MDAX-, SDAX- und TecDAX-Unternehmen liegt nach dieser Studie bei insgesamt 3,63 %. Zu vergleichbaren Zahlen kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Danach hat Anfang 2011 der Frauenanteil in den Vorständen der Top-200- Unternehmen bei 3,2 % und in den Aufsichtsräten bei 10,6 % gelegen (vgl. Statement PD Dr. Elke Holst, DEG Berlin/Universität Flensburg für die gemeinsame öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses und des Ausschusses für Familien, Senioren, Frauen und Jugend am 11.5.2011). Festzustellen ist also eine erhebliche Unterrepräsentanz. Regelungen in Europa

Wie sieht es in Europa aus? In Norwegen wurde schon 2003 eine Quote festgelegt. Seit 2006 ist das Gesetz, das eine Quote von 40 % der Aufsichtsratsmandate in einem Unternehmen für Frauen festlegt, in Kraft. In den Niederlanden hat das Parlament Ende 2009 beschlossen, eine Quote von 30 % für Aufsichtsräte und Vorstände einzuführen, wobei die gesetzliche Quotenregelung für Firmen mit mehr als 250 Mitarbeitern ab 2016 vorgesehen ist. Gesetzliche Regelungen sind ebenfalls in Belgien und Frankreich geplant. Spanien hat für 2015 ein Gleichberechtigungsgesetz mit einer 40 %-Quote vorgesehen. Auch in anderen EU-Ländern sind die Vorbereitungen für gesetzliche Regelungen in Gang gekommen. Nach den aktuellen Veröffentlichungen wird sich auch die EU-Kommission der Sache annehmen. Die EU- Justizkommissarin Viviane Reding hat angekündigt, dass im März 2012 Bilanz gezogen und dann ggf. ein Gesetzesvorschlag, in dem sich eine Quotenregelung für die EU wiederfindet, vorgelegt werden soll. Diskussion in Deutschland Was wird bei uns diskutiert? Während die Wirtschaftsverbände im Wesentlichen ausschließlich auf die Beibehaltung einer Selbstverpflichtung der Unternehmen setzen, soll nach den Gesetzesentwürfen bzw. Anträgen der Opposition eine feste Quote der Frauenbeteiligung in Aufsichtsräten bzw. im Vorstandsbereich vorgesehen werden. So sieht u.a. der Antrag auf gesetzliche Regelung der Fraktion der SPD eine Quote für Frauen in Aufsichtsratsmandaten von mindestens 40 % vor und eine Umsetzung der Quotenregelung bis spätestens 2015. Weiterhin soll auch für Vorstände eine Quote von mindestens 40 % festgeschrieben werden (vgl. BT-Drucks. 17/4683). Eine Mindestquote in Höhe von 40 % wird auch seitens der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen befürwortet (vgl. BT-Drucks. 17/3296). CDU/CSU und FDP lehnen eine verbindliche Quotenregelung bisher

ab. Seitens des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird eine sog. Flexi-quote vorgeschlagen. Danach sollen Frauen in einem Stufenplan vermehrt in Führungspositionen gebracht werden. Unternehmen sollen verpflichtet werden, sich selbst eine Quote zu geben und diese zu veröffentlichen. Ggf. soll dieses Modell verbunden sein mit einer Mindestquote, die Großunternehmen einhalten müssen. Einordnung bisheriger Regelungen Es stellt sich die Frage, wie die bereits bestehenden Regelungen, insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in die vorliegende Diskussion einzuordnen sind. Mit dem AGG werden Ansprüche geregelt bei einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung u.a. bei Einstellung und Beförderung. In der praktischen Anwendung des Gesetzes liegen inzwischen mehrere höchstrichterliche Entscheidungen vor, so z.b. die Urteile des BAG v. 22.7.2010 8 AZR 1012/08 (sog. GEMA-Fall) sowie v. 27.1.2011 8 AZR 483/09 (sog. Sony-Fall). Gegenstand dieser Verfahren sind Ansprüche auf Entschädigung bei einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung im Zusammenhang mit einer Beförderungsentscheidung. Können sich also Frauen mit dem Argument der Diskriminierung auf die entsprechende Führungsebene einklagen? Das AGG sieht hierfür keinen Anspruch vor, sondern verweist auf den Weg der Entschädigung. Auch insoweit hat das BAG klargestellt, dass eine rein statistische Betrachtung als Indiz für eine geschlechtsspezifische Benachteiligung nicht ausreichend ist. Die dortigen Klägerinnen machten als unmittelbares Indiz für ihre Benachteiligung eine gläserne Decke geltend zwischen der Hierarchieebene, auf der sie tätig waren, und derjenigen, zu der sie bei benachteiligungsfreier Auswahl hätten aufsteigen müssen. Voraussetzung für Ansprüche nach dem AGG ist letztlich, dass im zu betrachtenden Einzelfall der Schluss

auf eine regelhafte Nichtberücksichtigung von Frauen bei Beförderungsentscheidungen ab einer bestimmten Ebene möglich sein muss. Das AGG ist damit nur ein Korrektiv für eine Diskriminierungsentscheidung im Einzelfall, die zudem individuell erstritten werden muss. Möglichkeiten einer rechtlichen Umsetzung Im Kern kann sicher festgehalten werden, dass über das gesellschaftspolitische Ziel Einigkeit besteht. Offen ist allerdings die Frage der rechtlichen Umsetzung. Soweit es feste Quotenregelungen angeht, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht gerade einfach zu handhaben. Wie sich aus der Expertenanhörung ergab, sind insbesondere verfassungsrechtliche Fragestellungen zu beachten. Nach Art. 3 GG ist die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung von Nachteilen hinzuwirken. Zu prüfen sind aber auch die Grundrechte der Unternehmensträger, insbesondere aus Art. 14 GG sowie die Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG, die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG. Unabhängig davon stellt sich die Frage, mit welcher Sanktion eine gesetzliche Quotenregelung durchgesetzt werden soll. Nach den bisherigen Gesetzesentwürfen und Anträgen werden als Rechtsfolge für die Nichteinhaltung der Quote vorgeschlagen z.b. Unwirksamkeit der Aufsichtsratswahl oder Vorstandsbestellung, Nichteintragung im Handelsregister oder Nichtigkeit der Beschlüsse der quotenwidrig besetzten Organe. Bei derart weitreichenden Sanktionen kann mithin die Handlungsfähigkeit des Unternehmens abgesehen von einer Rechtsunsicherheit im Rechtsverkehr betroffen sein. Die bisher angebotenen Lösungen können von daher nicht überzeugen.

Die bisherigen Initiativen beziehen sich im Übrigen auf (börsennotierte) Aktiengesellschaften und mitbestimmte Unternehmen, so dass der Mittelstand unmittelbar nicht betroffen ist. Zusammenfassung Bei der derzeit im politischen und gesellschaftlichen Fokus stehenden Frage, in welchem Umfang Frauen in Führungspositionen zu fördern sind, geht es um dringend notwendige gesellschaftliche Anreize zur Veränderung. Gefordert ist hier die Politik. Einfache Lösungen gibt es in der Abgrenzung zwischen den verschiedenen Standpunkten nicht. Eine intensive gesellschaftspolitische aber auch rechtliche Aufarbeitung ist erforderlich. Die öffentliche Diskussion zeigt jedenfalls, dass die massive Unterrepräsentanz von Frauen in Führungsfunktionen verändert werden muss. Dass diese Erkenntnis auch in den Unternehmensbereichen angekommen ist, zeigen die aktuellen Vorstöße der großen börsennotierten Konzerne. * Ulrich Weber & Partner GbR.