ArbeitnehmerInnen-Rechte in der Europäischen Union Eingezwängt zwischen neuen Gesetzen und alten Binnenmarktfreiheiten Mag.a Evelyn Regner Mitglied des Europäischen Parlaments Fraktion der SozialdemokratInnen (S&D) Rechtsausschuss (stv. Vorsitzende) Beschäftigungs- und Sozialausschuss
Verhältnis soziale Grundrechte zu wirtschaftlichen Rechten Sind Grundrechte von ArbeitnehmerInnen in Europa in Gefahr? Wie diese Grundrechte sichern? Fragestellung 2
Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen. (Charta der Grundrechte, Art. 31, Abs. 1) - ABER: Stoiber-Gruppe (High Level Group on Administrative Burden der Europäischen Kommission) REFIT (Regulatory Fitness Programme, Kommunikation der EK vom 2. Oktober 2013) TOP 10 Konsultation von KMUs zu EU Regulierungen (auch Datenschutz!, Kommunikation der EK vom 18.6.2013) Grundrechte = administrative Bürde? 3
Bild: jeinny / sxc.hu Entsende-Richtlinie RL 96/71/EG EuGH-Urteile (Viking, Laval, Rüffert, Luxemburg) Wirtschaftliche Rechte über soziale Rechte gestellt Tarifautonomie, Streikrecht, etc.) Durchsetzungs-RL (derzeit vor Trilog): leichte Verbesserungen Rechte von entsandten ArbeitnehmerInnen 4
Troika = EK, EZB, IWF Betroffene Länder u.a. Griechenland, Spanien, Portugal, Irland ( Programmländer ) Eingriff in Grundrechte durch Sparmaßnahmen und Strukturreformen (Austerität) Rechte auf u.a. Tariffreiheit, Mindestlöhne, Wohnung, soziale Sicherheit, Bildung, Gesundheit, gute Verwaltung Finanzielle Stabilität über soziale Grundrechte gestellt Alternativlos? Notstandsmentalität? Siehe: Fischer-Lescano: Austeritätspolitik und Menschenrechte. Rechtspflichten der Unionsorgane beim Abschluss von Memoranda of Understanding. Rechtsgutachten im Auftrag der AK. Bremen, 2013. Troika oder Destroyka? 5
Charta der Grundrechte der Europäischen Union: Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation. (art.7) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten. (Art. 8, Abs.1) versus: Jeder Mensch hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. (Art. 6) Beachte: Keine Bestimmung dieser Charta ist so auszulegen, als begründe sie das Recht, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als dies in der Charta vorgesehen ist. (Art. 54) Datenschutz vs. Sicherheit? 6
Vorschlag der EK Datenverarbeitung im Beschäftigungskontext Die Mitgliedstaaten können in den Grenzen dieser Verordnung per Gesetz die Verarbeitung personenbezogener Arbeitnehmerdaten im Beschäftigungskontext [ ] regeln (Art. 82, 1) Text vom EP angenommen Mindestnormen für die Datenverarbeitung im Beschäftigungskontext U.a.: keine Profilerstellung Keine Verarbeitung ohne Kenntnis der AN Keine heimliche Überwachung Keine schwarzen Listen Beschäftigtendatenschutz in der neuen EU-VO 7
Bild: Jens Büttner, dpa Art. 82, 1c, lit b Die offene optischelektronische und/oder offene akustisch-elektronische Überwachung der nicht öffentlich zugänglichen Teile des Betriebs, die überwiegend der privaten Lebensgestaltung des Arbeitnehmers dienen, insbesondere in Sanitär-, Umkleide-, Pausen- und Schlafräumen, ist unzulässig. Die heimliche Überwachung ist in jedem Fall unzulässig. Überwachung 8
Bild: GMB Art. 82, 1c, lit e Die personenbezogenen Daten von Arbeitnehmern, vor allem sensible Daten wie politische Orientierung sowie Zugehörigkeit zu und Aktivitäten in Gewerkschaften, dürfen unter keinen Umständen dazu verwendet werden, Arbeitnehmer auf sogenannte schwarze Listen zu setzen und sie einer Überprüfung zu unterziehen oder sie von einer künftigen Beschäftigung auszuschließen. Blacklisting 9
Positiv Aktualisierte EU-weit gültige Regeln für Unternehmen Explizite Mindestnormen für Beschäftigtendatenschutz Recht auf Löschung, Einsehbarkeit etc. Negativ Zu wenig Mitbestimmung für betr. Interessenvertretung Zu viel Verantwortung auf Unternehmensebene Tlw. Starker Einfluss der Daten-Lobby ( legitimes Interesse ) Das EP auf Seite der BürgerInnen? 10
Beispiel Datenschutz: Grundrechte heute unter starkem Druck Unternehmen: Persönliche Daten als ökonomisches Potenzial bzw. Datenschutz als administrative Bürde Politik: persönliche Daten nur unter Sicherheitsaspekt? massive Überwachung (siehe NSA, VDS) Stärkung der Grundrechte nur möglich, wenn jene Parteien in der Mehrheit sind, die nicht ausschließlich Wirtschaft oder falsch verstandene Sicherheit vertreten, sondern die Rechte der BürgerInnen bzw. der AN-Innen in den Vordergrund stellen. Wer schützt unsere Rechte? 11