Informationsforum Depression 24. August 2011 Workshop 4 Depression und Arbeitswelt Dr. med. Matthias Münch Klinik im Metznerpark Stadtklinik Frankenthal
Ablauf Vorstellung u. Erwartungen der Teilnehmer Impulsvortrag Dr. Münch Impulsvortrag Frau Zacher Diskussion Resümee
Zahlen zur Depression 10% der Bevölkerung leiden zur Zeit an einer Depression 7 % der Bevölkerung leiden zur Zeit an einer schweren, behandlungsbedürftigen Depression 15 % der Bevölkerung erkranken im Laufe ihres Lebens an einer schweren Depression 6 % der Bevölkerung erkranken im Laufe Ihres Lebens an einer chronischen depressiven Verstimmung 4 % der Bevölkerung erkranken im Laufe Ihres Lebens an einer manisch-depressiven Erkrankung 2/3 der Depressionen zeigen abgegrenzte Episoden mit zwischenzeitlichen Phasen völliger Gesundheit Wiedererkrankungsrisiko nach einer depressiven Episode: 50 75 %
Deutsches Ärzteblatt April 2006 Das Paradox?
ZEIT.de, 29.3.2005 Arbeitsunfähig wegen Depression Der Krankenstand ist auf einen historischen Tiefstand gesunken. Doch immer mehr Menschen werden psychisch krank Eine kranke Seele in einem gesunden Körper - so könnte die Zukunft des europäischen Arbeitnehmers aussehen. Arbeitsmediziner und Betriebskrankenkassen sehen eine bedenkliche Entwicklung: Während der Krankenstand auf einen historischen Tiefstand gesunken ist, hat sich der Anteil der psychischen Erkrankungen als Ursache für Arbeitsunfähigkeit seit 1990 auf acht Prozent mehr als verdoppelt.
Quelle: Flintrop, Jens Krankenstand: Psychische Erkrankungen weiter auf dem Vormarsch PP 8, Ausgabe April 2009, Seite 170 Das Paradox?
Quelle: Heinz Kowalski, Geschäftsführender Direktor des BGF-Instituts Köln und Hamburg, 2011
Quelle: Heinz Kowalski, Geschäftsführender Direktor des BGF-Instituts Köln und Hamburg, 2011
Quelle: Heinz Kowalski, Geschäftsführender Direktor des BGF-Instituts Köln und Hamburg, 2011
Weber, Andreas; Weltle, Dieter; Lederer, Peter: Frühinvalidität im Lehrerberuf: Sozialund arbeitsmedizinische Aspekte, In: Deutsches Ärzteblatt 2004; 101 (13)
Das Paradox?
Das Paradox?
Das Paradox?
Das Paradox? Kritik Melchinger 2010 Versorgungsrealität * Dramatischer Anstieg bewilligter Psychotherapien um 61% von 2000 bis 2006 Psychotherapie-Patienten nehmen mittelfristig nach Psychotherapie erheblich mehr med. Leistungen in Anspruch als Vergleichsstichproben (GEK-Studie) Psychotherapie-Patienten suchen aktiv Leistungen auch aktiv Medizin-, Sozial- oder Rentenleistungen? * Neurotransmitter Mai 2010
Das Paradox? Kritik Dörner 2003 Die Gesundheitsfalle * Erschließung Gesundheitsmarkt Rasterfahndung nach bislang unentdeckt gebliebenen Depressiven Vierfachung der Depressionsbehandlungen in den USA 1987 bis 1997 nur aufgrund aggressiver Werbung für Antidepressiva * Klaus Dörner: Die Gesundheitsfalle Woran unsere Medizin krankt / Zwölf Thesen zu ihrer Heilung, 1. Auflage 2003, Econ
Erwerbsleben und Gesundheit Zentralität der Berufsrolle - Erwerbseinkommen - sozialer Status und soziale Identität - Quelle von Erfolgs- / Misserfolgserfahrungen Leistungsanspruch an Erwerbstätige - wiederkehrend hohe Anforderungen - Konkurrenzdruck - Qualifikationsdruck und Lernchancen Lange Expositionsdauer - Schichtarbeit, Akkordarbeit - Lärm - Psychosoziale Stressoren (z.b. fehlende Wertschätzung) Quelle: Prof. Siegrist, 2011
Probleme Arbeitswelt (z.b. Gesundheitswesen) Leistungsverdichtung, Rationalisierung Neue Managementstrukturen Geringere Autonomie durch Vernetzung und Hierarchie Geringere Gratifikationen Quelle: Prof. Siegrist, 2011
Berufliche Gratifikationskrisen Übersteigertes berufliches Engagement Hohe Verausgabung Niedrige Belohnung Berufliche Anforderungen Entlohnung, Anerkennung Nach Siegrist, 2001
Berufliche Gratifikationskrisen Peters, 2002: 1,6 bis 6,7 fach erhöhtes Herz-Kreislaufrisiko 1,3 bis 20 fach erhöhtes Risiko körperlicher und psychischer Symptome Diverse Studien*: Zusammenhang berufl. Gratifikationskrise und psychiatrische Symptome Zwerenz, R.: Psychotherapie und Motivation, 2005, Verlag Dr. Kovac
Depression
Job strain Berufliche Gratifikationskrise Seelische Gesundheit Psych. Krankheit
Bio-Psycho-Soziales Entstehungsmodell der Depression Angeborene Faktoren: Genetische Veranlagung Vorgeburtliche Schädigung Erworbene Faktoren: Frühkindliche Entwicklung: Bindungsverhalten Traumen Biographische Entwicklung Familientradition, Erziehung Lebensbedingungen Individuelle Empfindlichkeit für die Entwicklung von Depressionen
Bio-Psycho-Soziales Entstehungsmodell der Depression Individuelle Empfindlichkeit für die Entwicklung von Depressionen Schutzfaktoren Körperliche Gesundheit Äußere psychosoziale Stütze: Beruf, Partnerschaft, soziales Umfeld, Wohnung, Beziehungen, Innerseelisches Gleichgewicht: Copingstrategien, Ressourcen, Kognitionen, Glaube Lebenslauf Auslösende/ unterhaltende Faktoren: Krankheiten, Traumen, Suchtstoffe, Intoxikationen, Medikamente Äußere psychosoziale Belastung: Verlust, Trennung, Rollenwechsel, etc. Innere Konfliktsituationen: Kränkungen, Trauma, Rollenkonflikte, Lebenskrisen, Ambivalenzkonflikte etc.
Konsequenzen? Vielen Dank!
Die zunehmende Überantwortung der Gesundheit an die Wirtschaft zwingt zur Erschließung immer neuer Märkte. Das Ziel muss letztlich die Umwandlung aller Gesunden in Kranke sein, also in Menschen, die sich möglichst lebenslang sowohl chemisch physikalisch als auch psychisch für behandlungsbedürftig halten, um gesund leben zu können. Das gelingt im Bereich der körperlichen Erkrankungen schon recht gut, im Bereich der psychischen Störungen aber noch besser. Denn hier gibt es keinen Mangel an Theorien, nach denen fast alle nicht gesund sind, vor allem, wenn das vollständige Wohlbefinden fehlt.