Erstellung und Anwendung eines Usability-Kriterienkatalogs für Online-Bewerbungssysteme an deutschen Hochschulen



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Transkript:

GOTTFRIED WILHELM LEIBNIZ UNIVERSITÄT HANNOVER FAKULTÄT FÜR ELEKTROTECHNIK UND INFORMATIK INSTITUT FÜR PRAKTISCHE INFORMATIK FACHGEBIET SOFTWARE ENGINEERING Erstellung und Anwendung eines Usability-Kriterienkatalogs für Online-Bewerbungssysteme an deutschen Hochschulen MASTERARBEIT im Studiengang Informatik von Volha Abrazhevich Erstprüfer: Zweitprüfer: Betreuer: Prof. Dr. Kurt Schneider Prof. Dr. Wolfgang Nejdl M. Sc. Leif Singer Hannover, 27. April 2009

Danksagung Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Schneider, der mir die Möglichkeit gab, zu diesem anspruchsvollen und interessanten Thema meine Masterarbeit erfassen zu dürfen. Des Weiteren möchte ich mich herzlich bei Herrn Dr. Wilfried Jauer, dem Leiter des Arbeitsbereichs Entwicklung, bei der Leitung der Hochschul-Informations-System GmbH sowie den Kollegen des Unternehmensbereichs Hochschul-IT bedanken, die es mir ermöglicht haben, den praktischen Teil der Masterarbeit im Unternehmen durchführen zu dürfen. Ich danke herzlich Herrn Leif Singer für die kompetente fachliche Betreuung und die konstruktiven Diskussionen. Herrn Eric Knauss möchte ich für die konstruktiven Anregungen zu meiner Arbeit danken. Meinen Eltern danke ich dafür, dass sie stets an mich glauben und meine Entscheidungen befürworten. Besonders möchte ich Frau Machel, Herrn Brummermann und Herrn Keunecke danken, die mich bei der Korrektur der Grammatik und Rechtschreibung in der Arbeit unterstützt haben. 2

Hiermit erkläre ich, die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst zu haben. Alle verwendeten Hilfsmittel sind angegeben. Hannover, den 27. April 2009 3

Zusammenfassung Die Benutzbarkeit der an deutschen Hochschulen vorhandenen Online-Bewerbungssysteme ist nicht optimal. Online-Bewerbungen sind von den Bewerbern schwer durchzuführen, ihre Bewerbungen kommen an den Hochschulen nicht richtig ausgefüllt und unvollständig an. Das kann dazu führen, dass die unzufriedenen potentiellen Studierenden die Bewerbung an der jeweiligen Hochschule abbrechen und/oder sich an einer anderen Hochschule bewerben. Diese Masterarbeit stellt einen Usability-Kriterienkatalog für solche Systeme vor und dokumentiert dessen Erstellung. Die Übergabe des Katalogs an Systementwickler und Hochschulen schwächt das oben genannte Problem ab. Durch die Anwendung dieses Kriterienkatalogs kann die Benutzbarkeit der Online-Bewerbungssysteme an deutschen Hochschulen signifikant verbessert werden. 4

Inhaltsverzeichnis Glossar...7 1... Einleitung...8 1.1 Motivation...8 1.2 Problemdarstellung und Zielsetzung...8 1.3 Gliederung...10 2... Grundkonzepte...11 2.1 Usability Engineering...11 2.2 DIN 9241 - Ergonomie für (Büro-)Software...13 2.2.1 Teil 11: Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit...13 2.2.2 Teil 10: Grundlagen der Dialogführung...14 2.3 Usability-Richtlinien...20 2.3.1 Die acht goldenen Regeln von Shneidermann...20 2.3.2 Die zehn Usability-Heuristiken von Nielsen...21 2.3.3 Sieben Ergänzungen...22 2.4 BITV-Test...23 2.5 Zusammenfassung...24 3... Verwandte Arbeiten...25 3.1 Kriterienkataloge und Checklisten zur Usability-Bewertung...25 3.2 Usability-Kriterienkataloge...26 3.2.1 Kevil Usability Index (KUI)...27 3.2.2 Web Usability Index (WUI)...28 3.2.3 KUI, WUI und der Usability-Kriterienkatalog für Online- Bewerbungssysteme: Gemeinsamkeiten und Unterschiede...28 3.3 Usability-Checklisten...30 3.3.1 "Anforderungen an Online-Umfrage-Software" (NEON)...30 3.3.2 Anforderungsliste von NEON und der Usability-Kriterienkatalog für Online- Bewerbungssysteme: Gemeinsamkeiten und Unterschiede...31 3.4 Zusammenfassung...32 4... Erstellung des Usability-Kriterienkatalogs...33 4.1 Erstellung einer ersten Version des Usability-Kriterienkatalogs...34 4.1.1 Anwendung von DIN 9241 und Usability-Richtlinien auf die Domäne Online-Bewerbungssysteme...35 4.1.1.1 Anwendung von DIN 9241...35 4.1.1.2 Anwendung von Usability-Richtlinien...37 4.1.2 Spezielle Anforderungen der Domäne...38 4.1.3 Zusammenfassung...39 4.2 Validierung des Usability-Kriterienkatalogs...40 4.2.1 Aufteilung der Kriterien...40 4.2.2 Anwendungsbasis zur Validierung (Systeme)...41 4.2.3 Validierung mittels Testfällen und Sollwerten...44 4.2.4 Validierung mittels Usability-Tests...46 4.2.4.1 Vorbereitung...48 4.2.4.2 Durchführung...53 4.3 Auswertung...55 4.4 Optimierung des Usability-Kriterienkatalogs...60 4.4.1 Regeln zur Optimierung...61 5

4.4.2 Anwendung der Regeln zur Optimierung...61 4.4.3 Ergebnisse der Optimierung...61 4.5 Zusammenfassung...62 5... Anwendung des Usability-Kriterienkatalogs...63 5.1 Vorgehen...64 5.1.1 Aufteilung der Kriterien...64 5.1.2 Anwendungsmethoden...64 5.2 Ergebnisse...66 5.2.1 Auswertung der Ergebnisse...66 5.2.2 Usability-Beurteilung des Systems...67 5.3 Zusammenfassung...68 6... Zusammenfassung und Ausblick...70 6.1 Zusammenfassung...70 6.2 Kritische Würdigung...72 6.2.1 Stärken des Ansatzes...72 6.2.2 Schwächen des Ansatzes...72 A... Abbildungsverzeichnis...74 B... Referenzen...75 C... Erstellte Dokumente...79 D... CD-ROM...113 6

Glossar Benutzer Eine Person oder eine Personengruppe, die Computer und darauf ausgeführte Anwendungen zur Unterstützung ihrer Aufgabenbearbeitung einsetzt. Benutzbarkeit (Usability) Eine Qualitätseigenschaft einer Anwendung. Definition nach ISO/IEC 12119: Eine Menge von Merkmalen zur Erreichung der Benutzung mit Rücksicht auf die individuelle Bewertung durch eine festgelegte oder vorausgesetzte Gruppe von Benutzern. (Vgl. ISO/IEC 12119 [1]). Qualität Die Gesamtheit der Eigenschaften eines Produkts, die geeignet ist, Erfordernisse oder festgelegte Anforderungen zu erfüllen. (Vgl. ISO 8402 [2]). Softwareentwickler Entwickler von Software und Softwaresystemen. Softwaresystem Die Gesamtheit der ausführbaren Softwareprogramme und Daten zu einem bestimmten Anwendungsfall (z.b einem Online-Bewerbungssystem). (Usability-)Kriterium Ein Qualitätsmerkmal eines Softwaresystems, das unter Anwendung der Usability- Vorschriften ISO 9241 Teil 11 und 10 sowie Usability-Richtlinien aus einer Empfehlung oder Anforderung abgeleitet wurde. Validierung Ein Prozess der Qualitätssicherung, um festzustellen, ob und inwieweit Anwender (Benutzer) und Softwarehersteller in der Festlegung von Anforderungen übereinstimmen und inwieweit die Eigenschaften eines Produkts mit den Anforderungen übereinstimmen. 7

1 Einleitung Die Einleitung dieser Masterarbeit setzt sich aus der Beschreibung der Motivation, der Darstellung der Problemstellung und Zielsetzung sowie der Gliederung dieser Arbeit zusammen. Im Folgenden werden die einzelnen Punkte näher erläutert. 1.1 Motivation Usability steht für die Benutzbarkeit von Softwaresystemen und stellt ein wichtiges Qualitätsmerkmal eines Softwaresystems dar. Um beim Entwickeln eines Softwaresystems seine Benutzbarkeit berücksichtigen und gegebenenfalls bewerten zu können, werden von den Softwareentwicklern oft Kriterienkataloge verwendet. Viele Hochschulen bieten potentiellen Stundenten inzwischen die Möglichkeit zur Immatrikulation bzw. Bewerbung über das Internet. Diese muss für die Bewerber verständlich sein sie muss verschiedene Fälle und auch viele Sonderfälle beachten. Bislang gibt es auf diesem Gebiet noch keine genaue Vorgehensweise dafür, wie mit Problemen der Benutzbarkeit genau umzugehen ist. Der Bewerbungsprozess wird dadurch unnötig verkompliziert. Eine mögliche Lösung dieses Problems ist die Erstellung eines Usability- Kriterienkatalogs für Online-Bewerbungssysteme an deutschen Hochschulen. Dies ist Gegenstand dieser Masterarbeit. 1.2 Problemdarstellung und Zielsetzung Die deutschen Hochschulen führen zunehmend unabhängig von der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) die Bewerbungsverfahren selbständig durch. Zur Bewältigung des Aufwandes benötigen sie oft Online-Bewerbungssysteme, die entweder durch Softwarehersteller (bspw. Hochschul-Informations-System GmbH, SAP, Datenlotsen) oder durch die Hochschulen selbst erstellt werden. Beim Einsatz von Online- Bewerbungssystemen wissen die Hochschulen jedoch nicht, ob und wie gut die Bewerber mit der Online-Bewerbung zurechtkommen. Hierzu führen sie teilweise Umfragen durch, um die Qualität des Bewerbungsprozesses zu erheben und verbessern zu können. Ein wichtiger Bestandteil dieser Verbesserung ist die Qualitätssteigerung des Online-Bewerbungssystems selbst. Den Entwicklern von Online-Bewerbungssystemen steht derzeit kein Kriterienkatalog zur heuristischen Evaluation dieser Art von Software zur Verfügung. 8

Der wissenschaftliche Nutzen dieser Masterarbeit besteht darin, diese Lücke zu schließen, indem ein solcher Usability-Kriterienkatalog erstellt wird. Dieser Katalog kann von den Entwicklern der Online-Bewerbungssysteme an deutschen Hochschulen verwendet werden, um die Benutzbarkeit dieser Systeme zu verbessern. Der erstellte Kriterienkatalog stellt eine erste Version eines Katalogs derart dar. Er kann als Vorlage zur Erstellung weiterer Kriterienkataloge dieser Art für diese Domäne sowie andere Domänen im Hochschulbereich verwendet werden. Die präsentierte Methodik zur Entwicklung eines solchen Kriterienkatalogs ist ein weiterer wichtiger Beitrag. Die vorliegende Masterarbeit wurde in Zusammenarbeit mit einem der Hersteller solcher Online-Bewerbungssysteme erstellt der Hochschul-Informationssystem GmbH. Dieses Unternehmen ist eines der führenden Unternehmen im Bereich Hochschulsoftware. Bisher wurde in diesem Unternehmen Usability als Qualitätsmerkmal nur im Rahmen des BITV- Tests berücksichtigt. Die erstellte und gelieferte Software weist Usability-Schwächen auf, wie Studien bzw. Umfragen an einigen Hochschulen ergaben. Diese Masterarbeit soll für das Unternehmen den Nutzen bringen, Usability der gegenwärtig und zukünftig erstellten Softwarelösungen zu verbessern. Als Erstes soll das Online-Bewerbungssystem, entwickelt im Rahmen der neuen Softwaregeneration HISinOne, von den Erkenntnissen aus einer Usability- Beurteilung profitieren. Die Erkenntnisse zur Usability der Online-Bewerbung aus dieser Masterarbeit sollen in die Entwicklung des Online-Bewerbungssystems in HISinOne einfließen. Es soll in Zusammenarbeit mit der Hochschul-Informations-System GmbH ein Usability- Kriterienkatalog für Online-Bewerbungssysteme an deutschen Hochschulen erstellt und auf ein existierendes Online-Bewerbungssystem angewandt werden. Hierzu soll zunächst eine erste Version des Kriterienkatalogs, basierend auf den existierenden Usability-Vorschriften, erstellt werden. Ferner soll die Relevanz der aufgestellten Kriterien in der Praxis überprüft und anschließend in Bezug auf die Ergebnisse der Validierung optimiert werden. Im letzten Schritt wird der optimierte Usability-Kriterienkatalog auf das neue Online-Bewerbungssystem der Hochschul-Informations-System GmbH angewandt. Auf Grundlage der Ergebnisse der Anwendung wird eine Usability-Beurteilung dieses Online-Bewerbungssystems erstellt. Diese soll Systementwickler auf das Verbesserungspotential ihrer Softwarelösung in Bezug auf Usability hinweisen. Der erstellte Usability-Kriterienkatalog als solcher soll den Entwicklern von solchen Online- Bewerbungssystemen (sowohl den Systementwicklern der Hochschul-Informations-System GmbH als auch den Systementwicklern anderer Softwareunternehmen und der Hochschulen selbst) helfen, die entwickelten Online-Bewerbungssysteme heuristisch zu evaluieren und somit die Qualität dieser Systeme zu verbessern. Der Gegenstand der vorliegenden Masterarbeit fällt inhaltlich in die folgenden zwei Teilbereiche der Informatik: Software Engineering und Mensch-Computer-Interaktion. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt primär im Bereich Software Engineering. Es werden Aspekte der Benutzerfreundlichkeit der Softwaresysteme zwecks ihrer Berücksichtigung bei der Qualitätsbewertung dieser Systeme untersucht. 9

1.3 Gliederung Die vorliegende Masterarbeit ist wie folgt gegliedert. Im ersten Teil der Arbeit (Kapitel 2 und 3) werden die bereits vorhandenen Grundkonzepte zur Bewertung von (Web-)Usability dargestellt. Es werden die für die Fragestellung der vorliegenden Masterarbeit relevanten Arbeiten mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt. Im zweiten Teil (Kapitel 4 und 5) werden die einzelnen Schritte der Erstellung und die Anwendung des Usability-Kriterienkatalogs für Online-Bewerbungssysteme beschrieben und begründet. Dabei wird jeder einzelne Schritt ausführlich beschrieben und dokumentiert. Zum Schluss (Kapitel 6) werden die einzelnen Schritte der Masterarbeit in einem Fazit zusammengefasst und kritisch hinterfragt. Den letzten Schritt bildet der Ausblick, in dem die Zukunftsperspektiven für Nutzung und Erweiterungen der Ergebnisse dieser Arbeit diskutiert werden. 10

2 Grundkonzepte In diesem Kapitel werden die grundlegenden Konzepte erläutert, die für das Verständnis der in dieser Arbeit behandelten Problematik notwendig sind. Es wird zunächst der Begriff des Usability Engineering erläutert. Anschließend wird auf die Usability-Vorschriften der DIN- 9241 sowie Usability-Richtlinien eingegangen. Im letzten Schritt wird der BITV-Test kurz dargestellt. 2.1 Usability Engineering In der vorliegenden Masterarbeit geht es primär um die Bewertung und Verbesserung von Usability und Web-Usability (Benutzbarkeit der Software) von Online-Bewerbungssystemen an deutschen Hochschulen. Die Benutzbarkeit eines Softwaresystems ist ein wichtiger Qualitätsfaktor für dieses System. Die Erreichung der Softwarequalität ist für den Hersteller eines Systems mit Kosten verbunden. Er muss entsprechende Maßnahmen treffen, um die Benutzbarkeit eines Softwaresystems bewerten und verbessern zu können. Die Bewertung von Usability als Qualitätsmerkmal und ihre Verbesserung durch die Entwickler erfolgt in der Regel innerhalb des Usability Engineering. Dies ist nach Schneider [3]die Disziplin von der systematischen Entwicklung bedienerfreundlicher Software. Zu Usability Engineering gibt es umfangreiche Literatur von Mayhew [4], Offergeld [5] sowie anderen Autoren. Mayhew [4] hat in seiner Arbeit The Usability Engineering Lifecycle die Vorgehensweise beim Usability Engineering sehr ausführlich beschrieben. Eine ausführliche Betrachtung dieses Prozesses würde den Rahmen dieser Masterarbeit sprengen. Die Autorin beschränkt sich auf die Betrachtung des auf dem Usability Engineering Lifecycle basierenden Referenzmodells von Offergeld [5]. Nach Offergeld [5] ist der Prozess des Usability Engineering im Systementwicklungsprozess fest verankert. Abbildung 1 zeigt die wichtigsten Usability-Aufgaben (umrandet) in diesem Prozess (vgl. [5]). 11

Abbildung 1: Aufgaben des Usability Engineering (in Anlehnung an [3]) Die wichtigsten Usability-Aktivitäten liegen in den Bereichen Anforderungsanalyse und User-Interface-Entwurf. Der Fokus der vorliegenden Masterarbeit liegt in diesen zwei Bereichen. Es werden Usability-Ziele festgelegt und Usability-Tests zur Validierung der festgelegten Usability-Ziele sowie die Anwendung dieser Ziele auf ein konkretes Online- Bewerbungssystem durchgeführt. Das Festlegen der Usability-Ziele für die Online- Bewerbungssysteme erfolgt in der vorliegenden Arbeit in der Phase der Erstellung des Usability-Kriterienkatalogs. Sie werden auf diese Weise zu den Usability-Kriterien. Diese Kriterien werden anschließend durch die speziellen Anforderungen der Domäne Online- Bewerbungssysteme, gewonnen durch Benutzerprofilanalyse und Aufgabenanalyse, ergänzt. In diesem Kapitel werden die wichtigsten Grundlagen für das Festlegen der Usability- Kriterien die Usability-Vorschriften vorgestellt. Die Anwendung der Usability- Vorschriften auf die Domäne Online-Bewerbungssysteme und die Ergänzung dieser Kriterien durch die spezifischen Anforderungen dieser Domäne und ihre Validerung mittels Usability-Tests werden ausführlich im Kapitel 4, ihre Anwendung ebenfalls mittels Usability- Tests im Kapitel 5 behandelt. Als theoretische Basis für die Erstellung des Usability-Kriterienkatalogs werden weder der Kevil Usability Index, noch der Web Usability Index gewählt, sondern in erster Linie die DIN 9241 ( Ergonomie für (Büro-)Software ) verwendet und durch Benutzerprofilanalysen sowie 12

kontextuelle Aufgabenanalysen innerhalb der Domäne Online-Bewerbungssysteme ergänzt. DIN 9241 ist die Leitnorm, und sie gilt als Basis für viele andere Normen. Insbesondere werden Teil 11: Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit [6] sowie Teil 10: Grundlagen der Dialogführung [7] dieser Norm als Grundlagen verwendet. Eine Ergänzung dazu bilden die Usability-Richtlinien: 8 goldene Regeln von Shneiderman [8], 10 Usability-Heuristiken von Nielsen ( Discount Usablity Engineering ) [9] sowie 7 Ergänzungen (Zielrichtung und Vorgehensweise) [10]. 2.2 DIN 9241 - Ergonomie für (Büro-)Software Die in diesem Abschnitt beschriebene Norm ist die Leitnorm für Usability im Bereich Mensch-Computer-Interaktion. Hier sind die wichtigsten Anforderungen an eine benutzerfreundliche Gestaltung eines Systems beschrieben. Diese Norm ist eher allgemein gehalten, damit sie für verschiedene Anwendungsfälle gelten kann. Für spezielle Anwendungsfälle wird die Norm konkretisiert indem, z.b. daraus Empfehlungen generiert werden. Die Anwendung dieser Norm auf die Domäne Online-Bewerbungssysteme an deutschen Hochschulen wird in 4.1.1.1 dargestellt. Im Folgenden werden die Bestandteile dieser Norm näher erläutert. 2.2.1 Teil 11: Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit In Teil 11 der DIN 9241 werden die Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit beschrieben. Diese sind: - Effektivität - Effizienz - Zufriedenheit Diese Anforderungen können mit der folgenden Abbildung 2 veranschaulicht werden: Abbildung 2: Erfolgreiche Bedienung setzt ständige Orientierung voraus [3] 13

Im Folgenden werden die einzelnen Anforderungen näher erläutert. Effektivität Unter Effektivität versteht man die Genauigkeit und Vollständigkeit, mit der Benutzer ein bestimmtes Ziel erreichen [10]. Bevor ein Benutzer anfängt, mit einer Anwendung zu arbeiten, hat er in der Regel ein bestimmtes Ziel, das er erreichen will. Es ist daher für ihn wichtig, dass das Ziel, das er sich vorgenommen hat, tatsächlich erreicht wird. Außerdem ist es von Bedeutung, wie vollständig dieses Ziel ganz oder teilweise erreicht wird. Effizienz Mit Effizienz bezeichnet man den Aufwand der Benutzer im Verhältnis zur Genauigkeit und Vollständigkeit des erzielten Effekts [10]. Es erfordert vom Benutzer eine bestimmte Portion Aufwand, sein Ziel zu erreichen. Er benötigt dazu ein gewisses Pensum an Zeit und Anstrengungen (z.b. Anzahl der Klicks auf einer Website bis zum gesuchten Inhalt), um seine Zielsetzungen vollständig oder teilweise zu erfüllen. Zufriedenheit Außer den Anforderungen, die primär mit dem Erreichen des Ziels durch eine Person zusammenhängen, ist es außerdem wichtig, das subjektive Empfinden dieser Person zu berücksichtigen. Dies ist mit der Zufriedenheit des Benutzers zu beschreiben: positive Einstellung der Benutzer gegenüber der Nutzung des Systems sowie ihre Freiheit von Beeinträchtigungen durch das System [10]. Die Zufriedenheit ist ein sehr wichtiger Aspekt der Usability. Der Benutzer muss von einer Anwendung so überzeugt werden, dass er damit nicht nur sein Zeil erreichen kann, sondern es mit minimalem physischen sowie emotionalen Aufwand schafft. Wenn der Benutzer im Umgang mit der Anwendung positive Erfahrungen gemacht hat, wird er keine Alternativen suchen. Somit ist die Zufriedenheit des Benutzers auch ein wichtiger wirtschaftlicher Aspekt einer Anwendung. 2.2.2 Teil 10: Grundlagen der Dialogführung Der Teil 10 der DIN 9241 beschäftigt sich mit den Grundlagen der Dialogführung. Hier sind folgende Anforderungen definiert: 1. Aufgabenangemessenheit 2. Selbstbeschreibungsfähigkeit 3. Steuerbarkeit 4. Erwartungskonformität 14

5. Fehlertoleranz 6. Individualisierbarkeit 7. Lernförderlichkeit Diese Qualitätsaspekte werden in der Abbildung 3 veranschaulicht: Abbildung 3: Qualitätsaspekte der Benutzerfreundlichkeit, vgl. ISO 9241-Teil 10 [3] Im Folgenden werden die einzelnen Qualitätsaspekte näher erläutert. Aufgabenangemessenheit Der Benutzer soll bei der Erledigung seiner Arbeitsaufgaben unterstützt werden, seine Aufgaben effektiv und effizient zu erledigen [10]. Unterschiedliche Benutzer sollen mit der Anwendung gut zurechtkommen können. Die Anwendung soll auf die Besonderheiten der Zielgruppe ihrer Benutzer ausgerichtet sein. Für das Erfüllen dieser Anforderung durch Anwendungen wurden einige Empfehlungen formuliert. In Anlehnung an Dahm [10] sind diese wie folgt beschrieben: Die Anwendung soll dem Benutzer ermöglichen, sich darin gut orientieren zu können. Es sollen die für die Erledigung der Aufgabe relevanten Informationen angezeigt und die nicht relevanten versteckt bzw. gar nicht angezeigt werden. Wenn der Benutzer bei der Benutzung der Anwendung auf Hilfe angewiesen ist, muss ihm gezielt geholfen werden. Es sollen insbesondere die relevanten Hilfeinhalte angezeigt werden. Der Anwender soll nur das für seine Aufgabe Notwendige tun müssen. Alles andere muss vom System soweit wie möglich im Voraus berücksichtigt werden. So können 15

z.b. die Start- und Initialisierungsvorgänge der Anwendung automatisch laufen, ohne die Angaben vom Benutzer zu benötigen. Im Dialogsystem kann es Schritte geben, die sich wiederholen. Daher wäre es sinnvoll, dass die häufig verwendeten Dialogschritte z.b. als Makros aufzufassen und verwendet werden können. Um den Benutzer nicht zu überfordern, sollte das System berücksichtigen, wo im System der Benutzer unnötige Schritte machen könnte, und dieses verhindern. Es können z.b. die Vorbelegungen bzw. entsprechende Einträge in den Auswahllisten dem Nutzer vom System angeboten werden, mit der Möglichkeit, vom Benutzer geändert werden zu können. Selbstbeschreibungsfähigkeit Jeder einzelne Dialogschritt ist durch Beschreibungen oder Rückmeldungen unmittelbar verständlich oder er wird auf Anfrage des Benutzers erklärt [10]. Das System soll sich selbst beschreiben können, das heißt, es dem Benutzer z.b. bei Systemfehlern explizit und für ihn verständlich machen, was im System abläuft, so dass der Benutzer weiß, wie er mit der Fehlermeldung umgehen soll. Auch für diese Anforderung gibt es entsprechende Empfehlungen: Das System soll zwecks optimaler Interaktion mit dem Benutzer es ihm explizit angeben, was der Benutzer gerade mit seiner Handlung im System bewirkt. Das System soll den Benutzer vor möglichen schwerwiegenden Folgen warnen. Die in der Anwendung verwendete Sprache soll für den Benutzer verständlich sein. Das System soll den Bildungsstand des Benutzers sowie die sprachlichen Besonderheiten seines Arbeitsumfeldes berücksichtigen. Auch die Rückmeldungen des Systems sollen in der Sprache des Anwenders verfasst sein. Das System kann dem Benutzer die Erfüllung der Aufgaben erleichtern, indem es ihm einige Daten z.b. zur Auswahl vorgibt. Der Benutzer kann weniger fehlerhafte Eingaben machen, wenn er vom System über das Format und den Wertebereich der Eingabe informiert wird. Steuerbarkeit Der Benutzer soll in der Lage sein, den Dialogablauf zu steuern, das heißt Ablauf, Richtung und Geschwindigkeit zu beeinflussen, bis er sein Ziel erreicht hat [10]. 16

Damit der Benutzer seine Aufgabe erfolgreich erfüllen kann, muss er den Ablauf der Bearbeitung dieser Aufgabe selbst steuern können. Die Empfehlungen hierzu sind die folgenden: Ein individueller Benutzer weiß, wie viel Zeit er für seine Aufgabe benötigt. Das soll vom System nicht beeinflusst werden. Das System hilft dem Nutzer, das Erreichen seines Ziels zu steuern, indem es dem Benutzer weitere Möglichkeiten zum Vorgehen bei der Bearbeitung der Aufgabe aufzeichnet. Der Benutzer soll z.b. fehlerhafte Angaben korrigieren können. Das System soll es einem individuellen Benutzer ermöglichen, die Anzeige von Daten zwecks besserer Verarbeitung durch den Benutzer entsprechend seinen individuellen Bedürfnissen anzupassen. Der Benutzer soll vom System die Möglichkeit zur freien Wahl von Alternativen erhalten. Es gibt in der Regel unterschiedliche Typen von Benutzern. Dieses soll das System bei den Formen und Darstellungen seiner Dialoge berücksichtigen und die Wahl von auf den jeweiligen Benutzertyp zugeschnittenen Alternativen durch den Benutzer ermöglichen. Erwartungskonformität Der Dialog entspricht den Kenntnissen des Benutzers aus seinem Arbeitsgebiet, seiner Ausbildung und seiner Erfahrung. Außerdem ist der Dialog konsistent [10]. Diese Anforderung spezifiziert die Erwartungen des Benutzers an die Anwendung. Der gesamte Hintergrund einer Person, d.h. bspw. sein Arbeitsgebiet, seine Ausbildung und Erfahrung, sollen vom System so weit wie möglich berücksichtigt werden. Für den Benutzer ist der Umgang mit der Anwendung leichter, wenn der Dialog konsistent ist. Die Empfehlungen zum Erfüllen von Erwartungskonformität: Der Benutzer ist im Umgang mit der Anwendung sicherer, wenn das System in seinem Verhalten sowie in seiner Darstellung der Inhalte eine gewisse Einheitlichkeit aufweist. Besonders bei Änderungen und Funktionsaufrufen wird dem Benutzer viel an Unsicherheit abgenommen, wenn diese auf eine einheitliche Art und Weise erfolgen. Der Benutzer erwartet im Dialog mit dem System die Formulierungen in der ihm vertrauten Sprache. 17

Die Einfügemarke (Cursor) ist ein wichtiger Bestandteil eines Dialogsystems und der Benutzer erwartet, dass er dort die nächsten Eingaben machen kann. Bei ähnlichen Aufgaben wird der Benutzer versuchen, dies auf die Art und Weise zu tun, wie er das bei vorherigen ähnlichen Aufgaben bereits getan hat. Der Benutzer muss immer darüber informiert sein, wie viel Zeit das System z.b. für die Bearbeitung seiner Anfrage benötigt, damit er seine Aufgabe schnell und erfolgreich ausführen kann. Fehlertoleranz Trotz erkennbar fehlerhafter Eingaben kann das beabsichtigte Arbeitsergebnis mit keinem oder minimalem Korrekturaufwand des Benutzers erreicht werden [10]. Das System soll im Stande sein, trotz fehlerhafter Eingaben des Benutzers es ihm zu ermöglichen, seine Aufgabe zu erfüllen. Der Benutzer soll nur wenn überhaupt minimal zur Korrektur beitragen. Die Fehlertoleranz kann durch Befolgen von folgenden Punkten verbessert werden: Sobald der Benutzer einen Eingabefehler gemacht hat, soll das System dem Benutzer dies signalisieren, damit dieser den Fehler entdeckt und ihn korrigiert. Das System soll dem Benutzer die Fehler gut erklären, damit dieser seine Fehlerkorrekturen gezielt vornehmen kann. Automatische Fehlerkorrektur mit Hinweisen und Korrekturvorschlägen erleichtert dem Benutzer die Fehlerkorrektur. Die Gültigkeitsprüfung der Daten ist sinnvoll zum Zeitpunkt der Eingabe dieser Daten durch den Benutzer, damit er gleich darauf reagieren und gültige Daten eingeben kann. Die Fehlermeldung und Verbesserungsvorschläge des Systems sind für den Benutzer erst nach Verlangen sinnvoll, da der Benutzer beim Erfüllen seiner Aufgabe sonst gestört werden könnte. Der Benutzer soll auch bei der Fehlerkorrektur durch das System soweit wie möglich entlastet werden. Das System soll dem Benutzer die Fehlerkorrektur so einfach wie möglich machen. Individualisierbarkeit Der Benutzer kann den Dialog an seine Arbeitsaufgabe sowie seine individuellen Fähigkeiten und Vorlieben anpassen können [10]. In Anwendungen ist es oft sinnvoll, dass der Benutzer das System an seine Bedürfnisse, also seine Arbeitsaufgabe, Fähigkeiten und Vorlieben anpassen kann. Hierzu sind folgende Empfehlungen zu beachten: 18

Sofern dies dem Benutzer die Erledigung seiner Aufgabe erleichtert, sollte das Dialogsystem bestimmte Eigenheiten des Benutzers berücksichtigen können. Dies kann die Unterstützung verschiedener Sprachen, aber auch die die Berücksichtigung kulturell unterschiedlicher Denkweisen und Problemlösungsstrategien betreffen. Auch die körperlich eingeschränkten Benutzer sollen die Anwendung auf ihre Bedürfnisse anpassen können. Ein individueller Benutzer benötigt vom System die Erläuterungen und Hilfeinformationen in einem Umfang, der seinem Kenntnisstand entspricht. Zu einer besseren Bedienung der Anwendung sollte der Benutzer die Menüstruktur je nach seiner Aufgabe selbst konfigurieren können. Für unterschiedliche Arbeitsaufgaben ist es zweckgemäß, dem Benutzer verschiedene Interaktionsformen anzubieten. Es soll dem Benutzer möglich gemacht werden, seine wiederkehrenden Aufgaben automatisieren zu können. Lernförderlichkeit Der Benutzer wird beim Erlernen der Anwendung unterstützt und angeleitet [10]. Das System soll es dem Benutzer ermöglichen, seinen Umgang mit der Anwendung immer wieder zu verbessern. Hierzu wird der Benutzer vom System unterstützt. Die Empfehlungen zum Berücksichtigen von Lernförderlichkeit sind die Folgenden: Zum Verbessern des Umgangs mit der Anwendung soll der Benutzer Zugang zu den spezifischen Konzepten und Regeln des Systems haben. Der Benutzer kann vom System durch verschiedene Lernstrategien unterstützt werden. Das System kann dem Benutzer helfen, das bereits Gelernte aufzufrischen. Das System soll dem Benutzer verschieden Mitteln zur Verfügung stellen, mit denen er sein Lernen fördern kann. Die Norm DIN 9241 stellt den gesetzlichen Rahmen für eine Software zu ihrer Benutzung durch Anwender dar. Neben dieser und anderen Normen existieren sogenannte Usability- Richtlinien, die von Softwareentwicklern auf Basis langjähriger Erfahrungen zusammengestellt wurden. Im Rahmen der vorliegenden Masterarbeit werden zusätzlich derlei Usability-Richtlinien behandelt. 19

2.3 Usability-Richtlinien Allgemein geltende Usability-Richtlinien nach Dahm [10] sind: Die acht goldenen Regeln von Shneidermann [8], Die zehn Usability-Heuristiken von Nielsen [9], Sieben Ergänzungen [10]. Diese Richtlinien sind entstanden, bevor die Normen, darunter die DIN 9241, von den entsprechenden Gremien veröffentlicht wurden. Sie wurden von Experten der Software-Ergonomie anhand ihrer Erfahrungen formuliert. Diese Usability-Richtlinien ergänzen die Norm DIN 9241. Sie werden hier näher erläutert. 2.3.1 Die acht goldenen Regeln von Shneidermann Shneidermann ist einer der Pioniere der Software-Ergonomie. Er hat aufgrund seiner Erfahrungen acht goldene Regeln aufgestellt, die ein gut benutzbares System erfüllen sollte [8]. Die acht goldenen Regeln von Shneiderman lauten: 1. Konsistenz 2. Berücksichtige unterschiedliche Erfahrungen 3. Rückmeldungen auf Aktionen des Benutzers 4. Abgeschlossene Operationen 5. Fehler verhindern 6. Einfache Rücksetzmöglichkeiten 7. Benutzerbestimmte Eingaben 8. Geringe Belastung des Kurzzeitgedächtnisses Diese Regeln spiegeln viele Aspekte der DIN 9241 wieder. So sind die Regeln Konsistenz und Berücksichtige unterschiedliche Erfahrungen inhaltlich ähnlich zu Erwartungskonformität in der DIN 9241. Die Regel Rückmeldungen auf Aktionen des Benutzers ähnelt der Selbstbeschreibungsfähigkeit ; Einfache Rücksetzmöglichkeiten und Benutzerbestimmte Eingaben der Steuerbarkeit. Die Regeln Abgeschlossene Operationen, Fehler verhindern und Geringe Belastung des Kurzzeitgedächtnisses sprechen jedoch noch andere Aspekte als die DIN 9241 an. Aus diesem Grund sollen sie hier näher erläutert werden. 20

Abgeschlossene Operationen Wenn die Aktionen einer Anwendung eine zusammenhängende Operation bilden, so sollte dies dem Anwender auch so vermittelt werden. Dies kann z.b. mit einer Übersicht der einzelnen Schritte erreicht werden. Fehler verhindern Damit eine Fehlermeldung überhaupt nicht erscheint, kann der Fehler vermieden werden. Dazu können die fehlerhaften Eingaben des Benutzers vom System, was an dieser Stelle nicht als Eingabezeichen gelten kann, z.b. Trennstriche etc., ignoriert werden (z.b. bei Formaten). Geringe Belastung des Kurzzeitgedächtnisses Das Kurzzeitgedächtnis eines Benutzers kann nur 7 +/-2 der aufgenommenen Einheiten für einige Zeit behalten. Dies soll auch vom System berücksichtigt werden, indem es dem Benutzer z.b. nicht zu viele Optionen anbietet. 2.3.2 Die zehn Usability-Heuristiken von Nielsen Der Software-Ergonom Jakob Nielsen hat, basierend auf seiner langjährigen Erfahrung, 10 Usability-Heuristiken aufgestellt [9]. Diese werden auch Discount Usability genannt, denn diese Heuristiken drücken nach Nielsen den minimalen Anspruch an Usability aus, den eine Anwendung erfüllen muss. Diese Heuristiken lauten: 1. Einfache und natürliche Dialoge 2. Ausdrucksweisen des Anwenders 3. Minimale mentale Belastung des Benutzers 4. Konsistenz 5. Rückmeldungen 6. Klare Auswege 7. Abkürzungen 8. Gute Fehlermeldungen 9. Fehlervermeidung 10. Hilfe und Dokumentation Auch diese Heuristiken haben inhaltlich gemeinsame Aspekte mit der DIN 9241 sowie mit Den acht goldenen Regeln von Shneidermann. Die Heuristiken Klare Auswege, sowie Hilfe und Dokumentation weisen jedoch noch einige spezielle Eigenschaften auf. Sie werden nun noch näher erläutert. 21

Klare Auswege Wenn sich der Benutzer festgefahren hat und wieder zu einem ihm bekannten Punkt kommen will, soll er wieder zu einem bekannten Startpunkt kommen können. Das System soll ihm dabei z.b. durch hilfreiche Systemmeldungen sowie einem Link zum Startpunkt helfen. Hilfe und Dokumentation Der Aspekt Hilfe ist ähnlich dem der Aufgabenangemessenheit aus der DIN 9241, da es um die Unterstützung des Benutzers bei der Erledigung seiner Arbeitsaufgaben handelt. Dokumentation als Heuristik bedeutet, dass sie den Anwender bei der Schulung in gewisser und geeigneter Weise führen kann. 2.3.3 Sieben Ergänzungen Zusätzlich zu den Usability-Richtlinien existieren einige Ergänzungen [10], die vor allem die Zielrichtung sowie die Vorgehensweise des Benutzers beim Erfüllen seiner Aufgaben in den Vordergrund stellen. Diese sind die Folgenden: 1. Freude bei der Arbeit 2. Ansprechende Gestaltung 3. Software-Gestaltung ist Arbeitsgestaltung 4. Orientierung an Abläufen 5. Informelle Informationen 6. Provozierende Gestaltungsvorschläge 7. Minimale Gestaltung Diese Ergänzungen sind schwer quantitativ zu fassen, müssen jedoch bei der Gestaltung einer Anwendung berücksichtigt werden. Einige Ergänzungen weisen gewisse Ähnlichkeiten mit der DIN 9241 bzw. mit den anderen Usability-Richtlinien auf. Die Ergänzung Freude bei der Arbeit ist bspw. ähnlich zu Zufriedenheit in der DIN 9241; Minimale Gestaltung ähnelt Geringe Belastung des Kurzzeitgedächtnisses aus Den acht goldenen Regeln von Shneidermann und Orientierung an Abläufen ist ähnlich zu Hilfe und Dokumentation in Die 10 Usability-Heuristiken von Nielsen. Die Ergänzung Ansprechende Gestaltung spricht die ästhetischen Aspekte einer Anwendung an; Software-Gestaltung ist Arbeitsgestaltung weist den Anwendungsentwickler auf seine Verantwortung bei der Gestaltung der Arbeitsplätze der Anwender hin. Etwas spezifischer sind dagegen die Ergänzungen Informelle Informationen und Provozierende Gestaltungsvorschläge, die im Folgenden näher erläutert werden. 22

Informelle Informationen Die Entwickler sollten bei der Entwicklung der Anwendungen neben den formalen Regeln einer Organisation auch die informellen Regeln unter der Berücksichtigung der vorgegebenen Arbeitsziele anwenden. Ein Beispiel für die informellen Regeln wäre ein lediglich mündlich erhaltener Hinweis dazu, dass die Leitung der Firma Schüler als eine besondere Gruppe von Benutzern in Erwägung zieht. Provozierende Gestaltungsvorschläge Die Entwickler sollten bei der Entwicklung einer Anwendung auch die Gestaltungsvorschläge berücksichtigen, die neu sind und vielleicht vom Erwarteten abweichen. Diese können unter Umständen besser den Bedürfnissen der Benutzer entsprechen. Ein Beispiel dazu wäre, dass der Entwickler die Oberfläche des Webangebots für eine Hochschule in Form einer Darstellung der Hochschule als Gebäude zwecks einer besseren Orientierung im System, unter anderem der Navigation, gestaltet. Die vorgestellten Usability-Vorschriften beziehen sich auf die Usability im Allgemeinen. Sie berücksichtigen die Aspekte der Benutzbarkeit einer Anwendung (auch einer Web- Anwendung) im Hinblick auf die Erfüllung der Aufgaben, die ein Benutzer sich vorgenommen hat. Es werden hiermit jedoch nicht speziell die Aspekte der Barrierefreiheit behandelt, die für den Zugang zu den öffentlichen Einrichtungen für behinderte Benutzer notwendig sind. Solche Regeln sind im BITV-Test zusammengefasst, der im Folgenden vorgestellt wird. 2.4 BITV-Test Ein wichtiger Teilbereich der Usability ist Barrierefreiheit. Neben den anderen Benutzern sollen auch blinde, sehbehinderte, motorisch behinderte Benutzer den Zugang zu den öffentlichen Informationen mit unterschiedlichen Browsern und anderen Geräten haben können. Die Sprache der Webangebote soll verständlich sein. Allgemein soll gelten, dass Webangebote für alle nutzbar sein sollen. Die Anforderungen an die Barrierefreiheit einer Anwendung sind zusammengefasst im BITV- Test [11]. Er umfasst 52 Prüfschritte und wird in folgende 14 Bereiche eingeteilt: 1. Bereitstellung äquivalenter Alternativen für Audio- und visuelle Inhalte 2. Verständlichkeit ohne Farbe 3. Korrekte Verwendung der Markup-Sprachen 4. Kenntlichmachung sprachlicher Besonderheiten 5. Nutzung und Beschreibung von Tabellen 6. Nutzbarkeit ohne neuere Technologien 7. Kontrolle zeitgesteuerter Änderungen des Inhalts 23

8. Zugänglichkeit von Benutzerschnittstellen 9. Unabhängigkeit der Funktionen von Ein- und Ausgabegeräten 10. Verwendbarkeit älterer assistiver Technologien 11. Öffentlichkeit und Dokumentation verwendeter Technologien 12. Kontext- und Orientierungsinformationen 13. Gestaltung von Navigationsmechanismen 14. Förderung des allgemeinen Verständnisses Die 52 Schritte des BITV-Tests lassen sich zwecks ihrer Berücksichtigung beim Entwickeln einer Anwendung inhaltlich zusammenfassen. Da der BITV-Tests bereits als vollständig entwickelte Vorgabe für Web-Angebote existiert, wird in der vorliegenden Masterarbeit nicht näher darauf eingegangen. Die Kriterien des BITV-Tests sollen im Rahmen der Masterarbeit erstellten Usability-Kriterienkatalogs als Sonderteil betrachtet werden. 2.5 Zusammenfassung In Kapitel 2 wurden die Grundkonzepte vorgestellt, die für das Verständnis der in der vorliegenden Masterarbeit behandelten Problematik notwendig sind. Als erstes wurden die Usability-Vorschriften: DIN 9241 Teil 11 und 10 sowie Usability-Richtlinien ausführlich behandelt. Außerdem wurde der BITV-Test zur Berücksichtigung der Barrierefreiheit als Teilbereich der Usability vorgestellt. Diese Grundkonzepte werden im Kapitel 3 zum Vergleich des in der Arbeit erstellten Usability-Kriterienkatalogs mit den anderen Ansätzen in verwandten Arbeiten sowie im Kapitel 4 als Basis zur Erstellung des Katalogs behandelt. Im Folgenden sollen nun die zu dieser Masterarbeit verwandten Arbeiten vorgestellt werden und ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu dieser Arbeit diskutiert werden. 24

3 Verwandte Arbeiten In diesem Kapitel werden einige zur Thematik der vorliegenden Masterarbeit relevante Arbeiten vorgestellt. Bislang existieren weder ein Usability-Kriterienkatalog noch eine andere verbreitete Strategie zum Umgang mit den Usability-Problemen speziell im Bereich Online- Bewerbungssysteme an deutschen Hochschulen. Aus diesem Grund werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der vorgestellten Arbeiten mit der vorliegenden Masterarbeit in Bezug auf die Behandlung der Teilaspekte der gemeinsamen Thematik die Bewertung von Usability von Online-Anwendungen, auch im Hochschulbereich diskutiert. Zunächst werden einige bereits verfügbare (Web-)Usability-Kriterienkataloge vorgestellt sowie ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Vergleich zum im Rahmen dieser Masterarbeit erstellten Usability-Kriterienkatalog für Online-Bewerbungssysteme an deutschen Hochschulen diskutiert. Insbesondere werden dabei folgende Merkmale in Betracht gezogen und analysiert: - Die Basis zum Erstellen des jeweiligen Katalogs; - sein Aufbau; sowie - das Optimierungspotenzial des Kriterienkatalogs. Danach werden die im Internet vorhandenen Cheklisten vorgestellt sowie eine exemplarisch ausgewählte Checkliste analysiert und vor dem Hintergrund ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit dem Usability-Katalog in dieser Arbeit verglichen. 3.1 Kriterienkataloge und Checklisten zur Usability-Bewertung Der Usability-Kriterienkatalog ist eine Methode zur heuristischen Evaluation der Usability einer Software. In diesem Kontext werden die Kriterienkataloge speziell für die Bewertung von Web-Usability betrachtet. Im Internet sind eine Reihe von zu Kriterienkatalogen ähnlichen Usability-Checklisten bzw. Anforderungslisten für Web-Anwendungen zu finden. Die Palette reicht von auf eine beliebige Web-Anwendung bezogenen Usability-Checklisten bis hin zu Checklisten für Web- Anwendungen eines bestimmten Bereichs. Die Autoren dieser Listen sind größtenteils Unternehmen, die auf ihren Portalen eine solche Übersicht über die Kriterien zur Berücksichtigung von Usbaility in den Web-Anwendungen ihrer Interessenten bzw. Kunden anbieten. Hier sind einige Beispiele für solche Checklisten für Usability: 25

1. Usability-Checklisten für ein beliebiges Web-Angebot: a. Die ultimative Checkliste von drweb.de [12] b. 100 Usability-Tipps von Jens Meiert [13] c. CMS-Usability-Checkliste von contentmanager.de [14] d. Usability-Checkliste von ott-defge ITconsulting [15] 2. Usability-Checklisten für Web-Angebote aus bestimmten Bereichen: a. Anforderungen an Online-Umfrage-Software von Network Online Research ( NEON ) [16] b. Usability-Anforderungen an Softwareagenten [17]. Diese und andere Usability-Checklisten sind größtenteils auf der Basis von Praxiserfahrungen mit Web-Angeboten entstanden. Sie sind zum Teil (außer bspw. die Anforderungen an Online-Umfrage-Software von Network Online Research ( NEON )) nicht kritisch geprüft worden. Im Folgenden werden zunächst näher die zwei bekannten veröffentlichten Kriterienkataloge für Web-Anwendungen analysiert, die einen hohen Anspruch haben und von der Größe her eher dem Kriterienkatalog ähneln, der in der vorliegenden Masterarbeit erstellt wurde. Anschließend werden ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit dem in der vorliegenden Masterarbeit erstellten Kriterienkatalog diskutiert. Als zweiter Schritt wird exemplarisch als Beispiel einer Checkliste die Anforderungsliste Anforderungen an Online-Umfrage-Software von Network Online Research ( NEON ) näher analysiert. Auch hier werden ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu dem in der vorliegenden Masterarbeit erstellten Kriterienkatalog diskutiert. 3.2 Usability-Kriterienkataloge Zwei bekannte Usability-Kriterienkataloge zur Evaluation von Webanwendungen sind die folgenden: der Keevil Usability Index (KUI) sowie der Web Usability Index (WUI). Die beiden Kriterienkataloge sind dazu gedacht, Webangebote auf Benutzbarkeit zu prüfen, um Schwächen in diesem Bereich aufzudecken. Als erstes wurde der KUI 1998 entwickelt, der WUI wurde 2002 auf der Basis von KUI entwickelt. Im Folgenden werden diese zwei Kriterienkataloge kurz dargestellt. 26

3.2.1 Kevil Usability Index (KUI) Der Keevil Usability Index (KUI) ist im Internet im HTML-Format zu finden [18]. Es besteht außerdem die Möglichkeit, den KUI im Excel-Format über die auf [19] angegebene E-Mail- Adresse anzufordern. Dieser Kriterienkatalog besteht aus ca. 200 Fragen, eingeteilt in 5 Kategorien. Er soll zum Testen von Webangeboten dienen und kann bei der Anwendung gekürzt oder erweitert werden. Die Kategorien des KUI lauten: 1. Finding the information 2. Understanding the information 3. Supporting User Tasks 4. Evaluating the technical accuracy 5. Presenting the information Eine typische Frage des KUI der Kategorie Finding the information, Unterkategorie Headings lautet: Each heading accurately reflects tasks or information?. Die Fragen aus diesen Kategorien können mit Yes, No bzw. Not applicable beantwortet werden, z.b.: Headings N/A Yes No At least one heading on every page? 1 Each heading accurately reflects tasks or information? 1 Abbildung 4: Auszug aus Finding the information, Keevil Usability Index (KUI) Mittels dieses Kriterienkatalogs können für ein bestimmtes Webangebot Berechnungen der Anzahlen einzelner Antwortmöglichkeiten ( Yes, No oder Not applicable ) vorgenommen werden. Hieraus lassen sich Rückschlüsse auf die Usability eines Webangebots ziehen. Die Formel zur Berechnung der Usability eines Webangebots nach KUI lautet: Anzahl _ der _' Yes' Antworten Anzahl _ der _' Yes' Antworten + Anzahl _ der _' No' Antworten Abbildung 5: Berechnung der Usability nach KUI, vgl. [20] Wenn der für eine Web-Anwendung so berechnete Wert von Usability hoch ist, weist dieses Web-Angebot wenige Usability-Schwächen auf. Ist dieser Wert allerdings sehr niedrig, sollten Anstrengungen im Bereich Usability vorgenommen werden. 27

3.2.2 Web Usability Index (WUI) Der Web Usability Index (WUI) ist als PDF-Dokument unter [21] verfügbar. Dieser Kriterienkatalog dient laut Weiermann [20] einer einfachen und schnellen Evaluation von Web-Angeboten. Er besteht aus mehr als 130 Fragen, unterteilt in die folgenden 5 Kategorien: 1. Navigation und Orientierung 2. Interaktion und Informationsaustausch 3. Aktualität und Qualität 4. Informations- und Textdesign 5. Auffindbarkeit und Zugänglichkeit Auch dieser Kriterienkatalog kann wie der KUI je nach Bedarf erweitert werden. Eine typische Frage aus dem WUI der Kategorie Navigation und Orientierung aus der Unterkategorie Navigation lautet: Ist der Navigationsbereich immer verfügbar?. Ein Web- Angebot kann entsprechend diesen Fragen im Katalog auf einer Skala eins bis fünf oder Nicht zutreffend bewertet werden. Mittels der Antworten auf diese Fragen kann ein WUI-Wert berechnet werden. Hierzu wird die folgende Formel verwendet: Summe _ der _ Fragewerte Anzahl _ der _ beantworteten _ Fragen *100 (( Anzahl _ der _ Fragen Anzahl _ der _' Nicht _ Zutreffend' Bewertungen) * 4) Abbildung 6: Berechnung der Usability-Mängel nach WUI, vgl. [20] Der mittels dieser Formel berechnete Wert zeigt den prozentualen Anteil von Usability- Mängeln in einem Web-Angebot. Ist dieser Wert hoch, weist das Web-Angebot viele Usability-Mängel auf. Ist dieser Wert niedrig, liegen wenige Usability-Mängel vor. Die Entwickler des WUI haben im Unterschied zum KUI folgende Punkte berücksichtigt [20]: Anpassung der Kategorien und Merkmale an den Stand der Forschung Differenzierung der Bewertungsmöglichkeiten eine verfeinerte Berechnungsformel 3.2.3 KUI, WUI und der Usability-Kriterienkatalog für Online- Bewerbungssysteme: Gemeinsamkeiten und Unterschiede Die beiden Kriterienkataloge KUI und WUI wurden von Thomas Weiermann [20] in ihrer Anwendung auf verschiedene Web-Angebote untersucht. Nach Weiermann weisen diese Kriterienkataloge gewisse Optimierungspotenziale auf, wodurch sie auch in der Wirtschaft keine große Verwendung gefunden haben. 28

Die wichtigsten Optimierungspotenziale nach Weiermann [20] sind die folgenden: - generell: Anpassung an Aktualität und technischen Fortschritt notwendig - Bewertungsmöglichkeiten: Bewertungsspielraum für den Benutzer zu groß - fehlende Gewichtung von Kategorien und/oder Merkmalen. Dennoch enthalten diese Kataloge einige wichtige Merkmale eines Usability- Kriterienkatalogs. Im nächsten Schritt werden sie mit dem im Rahmen dieser Masterarbeit erstellten Usability-Kriterienkatalog verglichen. Zum Vergleich wurden die folgenden Merkmale ausgewählt: Anwendungsbereich, Zielgruppe (Anwender), Entwicklungsbasis, Aufbau. Anwendungsbereich Die Kriterienkataloge KUI und WUI haben es mit dem Usability-Kriterienkatalog, der im Rahmen dieser Masterarbeit erstellt wurde, gemeinsam, dass sie alle die Bewertung der Usability von Webanwendungen als Gegenstand und Ziel ihrer Anwendung haben. Die KUI und WUI sind eher als allgemeingültig für Webanwendungen gedacht, dagegen ist die Anwendung des in dieser Masterarbeit erstellten Usability-Kriterienkatalogs primär für die Domäne Online-Bewerbungssysteme an deutschen Hochschulen konzipiert. Zielgruppe (Anwender) Die Zielgruppe der Kriterienkataloge KUI und WUI sind Usability-Experten, die die Fragen im Kriterienkatalog beantworten und somit die Usability-Schwachstellen eines Web-Angebots aufdecken können. Die Zielgruppe des im Rahmen dieser Masterarbeit erstellten Usability- Kriterienkatalogs für Online-Bewerbungssysteme sind die Entwickler von solchen Online- Bewerbungssystemen, welche sie mittels des Kriterienkatalogs heuristisch evaluieren können. Entwicklungsbasis Abgesehen vom Anwendungsbereich der Usability-Kriterienkataloge ist es von großer Bedeutung, die Basis für die Entwicklung von den Kriterien in diesen Katalogen zu vergleichen. Während die Entwickler des KUI Keevil@Associates die Strategie, die Usability-Konzepte von Chignell, Mehlenbacher und Nielsen sowie Ideen bereits existierenden Kriterienkatalogen, wie z.b. den von Ravden und Johnson [20] dazu nutzten, ist der von Werner Schweibenz und Johannes Strobel entwickelte WUI als Basis von KUI als aus Anregungen aus anderen Verfahren, wie z.b. der Web-Test, der im Auftrag der Zeitschrift managermagazin zur Bewertung deutscher Unternehmensauftritte im Internet verwendet wurde und auch aus den theoretischen Grundlagen der Web-Usability, wie Heuristiken für Webkommunikation sowie Erfahrungen aus verschiedenen Usability- Untersuchungen der Fachrichtung Informationswissenschaft entstanden [20]. Der in der vorliegenden Masterarbeit erstellte Kriterienkatalog ist primär auf der Grundlage der DIN 9241 entstanden. Zum Einen ist dies eine solide Basis für die Usability, zum anderen wird dieser Katalog für Anwendungen im öffentlichen Bereich konzipiert, was die spätere 29

Nützlichkeit einer solchen Basis wahrscheinlicher werden lässt. Zusätzlich zur DIN 9241 werden die Usability-Richtlinien als best practices berühmter Softwareentwickler und - ergonomen berücksichtigt. Aufbau Das Innovative im Kriterienkatalog für Online-Bewerbungssysteme an deutschen Hochschulen ist der Aufbau des Katalogs. Während die Fragen bzw. Kriterien sowohl im KUI als auch im WUI nur nach inhaltlichen Kategorien unterteilt sind (Optimierungspotenzial Gewichtung von Kategorien und/oder Merkmalen, siehe oben), ist der Usability- Kriterienkatalog für Online-Bewerbungssysteme an deutschen Hochschulen so aufgebaut, dass die Entwickler des Systems ihn sofort beim Entwickeln anwenden können, um Usability- Mängel im System zu beseitigen. Die Kriterien in diesem Kriterienkatalog wurden zunächst unterteilt in die Kategorien führt zum Fehler, bedeutend und unbedeutend (ähnlich zur Einordnung der gefundenen Fehler in Code-Reviews). Anschließend wurden die Kriterien innerhalb dieser Kategorien inhaltlich in die Bereiche eingeteilt, je nachdem, wo im Online- Bewerbungssystem sie erfüllt werden sollten. Somit entfallen dann auch die zusätzlichen Bewertungsmöglichkeiten für die Kriterien im Kriterienkatalog für Online- Bewerbungssysteme, wie sie im KUI und WUI für die Fragen gegeben sind, da durch die Berücksichtigung der Einteilung der Usability-Kriterien in führt zum Fehler, bedeutend oder unbedeutend durch die Entwickler ein hohes Maß an Usability erreicht werden kann. Der Grund dazu ist, dass die Entwickler bei der heuristischen Evaluation ihres Softwaresystems als Erstes mit der ersten Kategorie führt zum Fehler anfangen würden, und damit die wichtigsten Usability-Kriterien berücksichtigen könnten. Damit könnten bereits die wichtigsten Usability-Mängel aufgedeckt und beseitigt werden. Im zweiten Schritt könnten sie dann die Kriterien aus der Kategorie bedeutend, und als dritter Schritt aus der Kategorie unbedeutend berücksichtigen. Auf diese Weise könnte eine gute Usability des Systems erreicht werden. 3.3 Usability-Checklisten 3.3.1 "Anforderungen an Online-Umfrage-Software" (NEON) Die Anforderungsliste "Anforderungen an Online-Umfrage-Software" von Network Online Research (NEON) ist als Online-Quelle [16] vorhanden. Diese Anforderungsliste soll den Anwender aus Instituten und Unternehmen bei der Auswahl und dem Einsatz von Online- Umfrage-Software helfen. Die Anforderungsliste besteht aus ca. 95 Anforderungen, unterteilt in folgende sieben Kategorien: 1. Technische Anforderungen an den Online-Fragebogen 2. Features zur Unterstützung der Programmierung 3. Features zur Gestaltung des Fragebogens 4. Features zur Steuerung des Fragebogens 30