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ChemieNord Kapstadtring 10 22297 Hamburg An unsere Mitgliedsunternehmen, Vorstand und Tarifkommission ChemieNord aktuell - Recht 02/2010 Hamburg, 26.01.2010 +49 (0) 40 6391883-502 schwenke@chemienord.de Sehr geehrte Damen und Herren, in unserem ChemieNord aktuell Recht 02/2010 besprechen wir lesenswerte Urteile zu den folgenden Themen: 1. Umfang des Direktionsrechts bei Sonn- und Feiertagsarbeit 2. Abmahnung wegen Weigerung, an einem Personalgespräch teilzunehmen 3. Ausübung des Widerspruchsrechts nach 613 a Abs. 6 BGB Im Einzelnen: 1. Umfang des Direktionsrechts bei Sonn- und Feiertagsarbeit BAG-Urteil vom 15. September 2009 9 AZR 757/08 I. Sachverhalt alt Der Arbeitnehmer war für Schichtarbeit eingestellt worden. In einer letzten Vertragsänderung wurde mit Wirkung vom 01.03.2003 zu seiner Arbeitszeit folgende Abrede getroffen: Arbeitseinsatz: Dreischichtig gemäß Schichtmodell XY. Arbeitszeit: 40-Stunden-Woche. Auf Grundlage einer Ausnahmebewilligung ordnete der Arbeitgeber in dem betriebsratslosen Betrieb in den Jahren 2007 und 2008 Sonnund Feiertagsarbeit an. Der Arbeitnehmer begehrte Feststellung, ohne eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Regelung nicht zu Sonn- und Feiertagsarbeit verpflich- Seite 1 von 7

tet zu sein. Die Klage war in allen Instanzen erfolglos. Das BAG stellte fest, der Arbeitnehmer sei bei Vorliegen einer Ausnahmebewilligung nach seinem Arbeitsvertrag verpflichtet, auch sonn- und feiertags zu arbeiten. II. Entscheidungsgründe Zunächst verwies das BAG darauf, dass der Anordnung von Sonn- und Feiertagsarbeit das gesetzliche Verbot des 9 Abs. 1 ArbZG dann nicht entgegensteht, wenn die Aufsichtsbehörde Ausnahmebewilligungen nach 13 Abs. 4 und 5 ArbZG erteilt. Ausdrücklich hält das BAG diese gesetzlichen Ausnahmeregelungen für verfassungskonform. Weiter stellte das BAG fest, dass der Anordnung von Sonn- und Feiertagsarbeit auch kein kollektives Recht entgegenstehe. Weder sei im konkreten Fall das Direktionsrecht des Arbeitgebers durch Tarifvertrag eingeschränkt noch in dem betriebsratslosen Betrieb des Arbeitgebers durch die gesetzliche Mitbestimmung. Schließlich könne sich der Arbeitnehmer nicht darauf berufen, die Anordnung von Sonn- und Feiertagsarbeit sei durch den Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Das BAG legte die vertraglichen Regelungen dahin aus, dass sie das grundsätzliche arbeitsvertragliche Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht einschränken wollten. Inhalt der getroffenen Abrede sei lediglich, dass die vereinbarte Arbeitsleistung zu den jeweils wirksam bestimmten betrieblichen Arbeitszeiten zu erbringen sei. In den Grenzen des Gesetzes-, Kollektiv- und Individualvertragsrechts sei der Arbeitgeber durch sein Weisungsrecht berechtigt, die vereinbarte Arbeitspflicht unter anderem hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit näher festzulegen. Wollten die Vertragsparteien dieses Weisungsrecht für die Arbeitszeitverteilung durch eine konstitutive Regelung einschränken, müssten hierfür konkrete Anhaltspunkte bestehen. Das gelte auch für den Ausschluss von Sonn- und Feiertagsarbeit. Wünsche ein Arbeitnehmer aus persönlichen Gründen eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit, müsse er mit dem Arbeitgeber vereinbaren, dass seine Arbeitszeit nicht von der betriebsüblichen Arbeitszeit abhängen soll und nur einvernehmlich geändert werden könne. Vorliegend hätten die Vertragsparteien auch mit der letzten Vertragsänderung die Sonn- und Feiertagsarbeit nicht ausgeschlossen, sondern sich vielmehr mit einer beschreibenden Regelung der Arbeitszeitverteilung in Form von Schichtarbeit begnügt. Die nähere Festlegung der Arbeitszeitverteilung hätten sie dem Direktionsrecht des Arbeitgebers überlassen. Damit sei der Arbeitgeber im Rahmen billigen Ermessens berechtigt, im Einzelfall Sonn- und Feiertagsarbeit zuzuweisen. Berechtigte Interessen des Arbeitnehmers - z. B. aufgrund persönlicher oder familiärer Gründe - seien bei der Ermessungsausübung zu berücksichtigen. Seite 2 von 7

III. Bewertung/Folgen der Entscheidung Das BAG schreibt mit dieser Entscheidung seine ständige Rechtsprechung zur Reichweite des Direktionsrechts des Arbeitgebers bei der Festlegung der Lage der Arbeitszeit fort. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber, sofern gesetzliche oder kollektivrechtliche Regelungen nicht entgegenstehen, dem Arbeitnehmer im Rahmen billigen Ermessens somit auch Sonn- und Feiertagsarbeit zuweisen. Soll diese Möglichkeit arbeitsvertraglich ausgeschlossen sein, bedarf es besonderer Anhaltspunkte im Vertrag. Zu beachten ist, dass bei Geltung der Tarifverträge der chemischen Industrie bereits eine tarifvertragliche Verpflichtung zur Leistung notwendiger Sonn- und Feiertagsarbeit besteht ( 3 IV MTV). 2. Abmahnung wegen Weigerung, an einem Personalgespräch teilzunehmen BAG-Urteil vom 23. Juni 2009-2 AZR 606/08 I. Sachverhalt Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Abmahnung. Die Klägerin war seit 1982 bei der Beklagten als Altenpflegerin beschäftigt. Wegen erheblicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten strebte die Beklagte für das Kalenderjahr 2006 eine Regelung an, mit der das 13. Monatsgehalt vermindert werden sollte. Zu diesem Zweck fand am 1. November 2006 ein Gespräch mit einer Gruppe von Arbeitnehmerinnen statt, zu der auch die Klägerin gehörte. Die Arbeitnehmerinnen waren mit der Vertragsänderung nicht einverstanden. Daraufhin lud die Beklagte die Klägerin - ebenso wie andere Mitarbeiterinnen - zu einem Einzelgespräch für den 13. November 2006 ein. Ziel des Gesprächs war es wiederum, die Klägerin zum Einverständnis mit der Verminderung des 13. Monatseinkommens zu bewegen. Die Klägerin erschien, wie gebeten, im Büro des Personalleiters, erklärte jedoch, nur zu einem gemeinsamen Gespräch unter Einbeziehung der übrigen Mitarbeiterinnen bereit zu sein. Ein solches gemeinsames Gespräch lehnte die Beklagte ab und erteilte der Klägerin eine Abmahnung. Darin wirft sie der Klägerin vor, sie habe gegen ihre allgemeinen Dienstpflichten verstoßen und die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung (hier in Form eines Personalgesprächs) verweigert, ohne dass dafür Rechtfertigungsgründe bestanden hätten. Die von der Klägerin erhobene Klage auf Herausnahme der Abmahnung aus der Personalakte wurde vom Arbeitsgericht abgewiesen, das LAG hat nach dem Klageantrag erkannt. Die Revision hatte keinen Erfolg. Seite 3 von 7

II. Entscheidungsgründe Das BAG bestätigte das Urteil des LAG, mit der der Klage entsprochen wurde. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG könne der Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung der 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte verlangen. Die Abmahnung vom 3. Januar 2007 sei zu Unrecht erfolgt. Die Klägerin habe dadurch, dass sie der Aufforderung der Beklagten zur Teilnahme an dem Personalgespräch am 13. November 2006 nicht in der von der Beklagten gewünschten Weise folgte, keine Vertragspflicht verletzt. Die Klägerin war zur Teilnahme an dem Gespräch nicht aufgrund wirksamer Weisung der Beklagten verpflichtet. Der Arbeitgeber könne nach 106 Satz 1 und 2, 6 GewO gegenüber allen Arbeitnehmern Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gelte auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Das Weisungsrecht betreffe danach zum Einen die Konkretisierung der Hauptleistungspflicht. Es ermögliche dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer bestimmte Aufgaben zuzuweisen und den Ort und die Zeit ihrer Erledigung verbindlich festzulegen. Damit erschöpfe sich das Weisungsrecht jedoch nicht. Vielmehr trete eine nicht abschließend aufzählbare, je nach den Umständen näher zu bestimmende Vielzahl von Pflichten hinzu, deren Erfüllung unumgänglich ist, um den Austausch der Hauptleistungen sinnvoll zu ermöglichen. Auch hierauf könne sich das Weisungsrecht beziehen. Dagegen erstrecke sich das Weisungsrecht nicht auf die Bestandteile des Austauschverhältnisses, also die Höhe des Entgelts und den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung. Da Weisungen regelmäßig keinem Formzwang unterliegen, müsse dem Arbeitgeber auch die Möglichkeit zur Verfügung stehen, sie mündlich zu erteilen. Das beinhalte die Berechtigung, den Arbeitnehmer zur Teilnahme an Gesprächen zu verpflichten, in denen der Arbeitgeber Weisungen in einem der oben genannten Bereiche vorbereiten, erteilen oder ihre Nichterfüllung beanstanden will. Stets müsse der Arbeitgeber bei Weisungen billiges Ermessen walten lassen. Das schließe die Achtung grundrechtlich geschützter Interessen ein. Gemessen an diesen Grundsätzen sei die Vorinstanz zutreffend zur Würdigung gekommen, dass die Klägerin zur Teilnahme an dem Gespräch am 13.11.2006 nicht nach 106 GewO verpflichtet gewesen sei. Alleiniger Zweck des Personalgesprächs sei die Vertragsänderung gewesen. Dieser Zweck habe keinen Bezug zur Arbeitspflicht der Klägerin, so dass kein von 106 Satz 1, 2 GewO abgedeckter Bereich gegeben sei. Es sei auch keine leistungssichernde Nebenpflicht betroffen. Das Thema Seite 4 von 7

des Gesprächs habe keinen inhaltlichen Bezug zu den Arbeitspflichten der Klägerin. Er habe die Vergütung betroffen, nicht die Arbeitsleistung. Schließlich sei auch weder die kollektive noch die disziplinarische Seite der Arbeitspflicht betroffen gewesen. Selbst wenn man entgegen diesen Ausführungen eine Pflicht des Arbeitnehmers zur Teilnahme an Gesprächen zur Vertragsänderung grundsätzlich anerkennen wolle, müsse für die hier gegebene Fallgestaltung jedenfalls etwas anderes gelten, weil die Klägerin schon deutlich gemacht hatte, dass sie der von der Beklagten beabsichtigten Vertragsänderung nicht zustimmen wolle und weil sie sich überdies bereit erklärt hatte, ein Gespräch unter Teilnahme weiterer Arbeitnehmer zu führen. Unter diesen besonderen Bedingungen widerspreche es jedenfalls billigem Ermessen, wenn die Beklagte auf ihrem Gesprächswunsch beharrt. III. Bewertung Das BAG kommt zum Ergebnis, dass Arbeitnehmer zur Teilnahme an einem Personalgespräch nicht verpflichtet werden können, dessen einziger Zweck darin besteht, eine Änderung der Vergütung herbeizuführen. Wollen Arbeitgeber mit ihren Arbeitnehmern von Zeit zu Zeit über die Arbeitsvertragsbedingungen sprechen, sollte sich aus der Einladung ergeben, dass Gegenstand eines der Themen ist, auf die sich das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach 106 GewO erstreckt, somit die Arbeitsleistung oder Fragen der Ordnung oder des Verhaltens des Arbeitnehmers. Hierauf ist bei Einladungen zu Personalgesprächen zu achten. 3. Ausübung des Widerspruchsrechts nach 613 a Abs. 6 BGB BAG-Urteil vom 19. Februar 2009-8 AZR 176/08 I. Sachverhalt Der Kläger war bei der Beklagten als Immobilienfachberater beschäftigt. Deren Immobilienvermittlungsgeschäft wurde auf die P GmbH übertragen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses. Er erklärte jedoch seine Bereitschaft, im Wege der Personalgestellung seine Tätigkeit als Beschäftigter der Beklagten für die P GmbH auszuüben. Die Beklagte lehnte ab und stellte eine betriebsbedingte Kündigung in Aussicht. Der Kläger nahm mit dem Geschäftsführer der P GmbH Verhandlungen über seinen Arbeitsvertrag auf und teilte seine Gehaltsvorstellungen mit. Der Beklagten teilte er die Bedingungen seiner Bereitschaft zum Wechsel mit, nämlich eine Abfindungszahlung. Die Beklagte hielt den Widerspruch des Klägers für rechtsmissbräuchlich und wies darauf hin, dass ausschließlich mit der P GmbH ein Arbeitsverhältnis bestehe. Im Folgenden erbrachte der Kläger für Seite 5 von 7

die P GmbH Arbeitsleistungen. Er behauptete dabei, lediglich im Wege einer Personalgestellung bei der P GmbH eingesetzt zu sein. Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf die P GmbH übergegangen ist. Die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. II. Entscheidungsgründe Das BAG hat die Revision zurückgewiesen. Zwischen den Parteien bestehe ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger habe dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nach 613 a Abs. 6 BGB frist- und formgerecht widersprochen. Weder der Widerspruch des Klägers noch sein Beharren auf dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sei rechtsmissbräuchlich. Das BAG stellt zunächst fest, dass das Widerspruchsrecht aus 613 a Abs. 6 BGB den allgemeinen Schranken der Rechtsordnung und somit einer Rechtsmissbrauchskontrolle unterliegt. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liege jedoch nicht bereits vor, wenn der Arbeitnehmer keine sachlichen Gründe für den Widerspruch hat. Es müssten zusätzliche Umstände vorliegen, um die Ausübung des Widerspruchsrechts als treuwidrig erscheinen zu lassen, etwa die Verfolgung unlauterer Zwecke oder eine Schädigungsabsicht. Ein unlauteres Ziel werde mit dem Widerspruch nicht schon verfolgt, wenn es dem Arbeitnehmer nicht ausschließlich darum geht, den endgültigen Arbeitgeberwechsel als solchen zu verhindern, sondern er in Erwägung zieht, dem Betriebserwerber den Abschluss eines Arbeitsvertrags zu für ihn günstigeren Bedingungen anzubieten. Im Rahmen seiner Vertrags- und Arbeitgeberwahlfreiheit habe der Kläger nach seinem Widerspruch der Beklagten einen Aufhebungsvertrag und der Betriebserwerberin den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages anbieten dürfen. Der Kläger habe sich auch nicht widersprüchlich verhalten, als er mit der P GmbH Verhandlungen über den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages aufnahm. Denn dieser sollte nur zu für ihn günstigeren Arbeitsbedingungen zustande kommen. Bei einem Übergang des Arbeitsverhältnisses nach 613 a Abs. 1 BGB wäre jedoch das Arbeitsverhältnis des Klägers zu unveränderten Bedingungen auf die P GmbH übergegangen. Ebenso wenig lasse sich aus der Bereitschaft, für die P GmbH zu arbeiten, ein treuwidriges Verhalten ableiten. Da der Kläger seinen Standpunkt, er habe wirksam widersprochen, nie aufgegeben habe, habe er auch sein Recht, sich auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu berufen, nicht verwirkt. III. Bewertung/Folgen der Entscheidung Das BAG führt mit der vorliegenden Entscheidung seine Rechtsprechung zur Rechtsmissbrauchskontrolle des Widerspruchs fort. Der Widerspruch soll erst dann rechtsmissbräuchlich sein, wenn keinerlei schutzwürdiges Eigeninteresse des Widersprechenden zugrunde liegt. Das BAG stellt damit sehr hohe Anforderungen an die Fest- Seite 6 von 7

stellung eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Nimmt ein Arbeitnehmer die Tätigkeit für einen anderen Arbeitgeber auf, obwohl er weiß, dass dies nach dem Willen von altem und neuem Arbeitgeber vom Übergang des Arbeitsverhältnisses abhängig sein soll, spricht dies für die Rücknahme des Widerspruchs. Danach wäre die Berufung auf den Widerspruch rechtsmissbräuchlich. Mit freundlichen Grüßen Hans-Georg Schwenke Geschäftsführer Seite 7 von 7