Fachkräfte sichern. Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU)

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Transkript:

Fachkräfte sichern Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU)

Impressum Herausgeber Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) Öffentlichkeitsarbeit 11019 Berlin www.bmwi.de Redaktion Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung Düsseldorfer Straße 40 65760 Eschborn www.kompetenzzentrum-fachkraeftesicherung.de Autorinnen/Autoren: Dr. Susanne Seyda Stand September 2012 Gestaltung und Produktion PRpetuum GmbH, München Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ist mit dem audit berufundfamilie für seine familienfreundliche Personalpolitik ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von der berufundfamilie ggmbh, einer Initiative der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, verliehen. Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Bundes ministeriums für Wirtschaft und Technologie. Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Nicht zulässig ist die Verteilung auf Wahlveranstaltungen und an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben von Informationen oder Werbemitteln.

Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) 1 Zusammenfassung Auch kleine Unternehmen bieten Weiterbildung intensiv an Die Frage, ob und mit welcher Intensität ein Unternehmen Weiterbildung anbietet, hängt unter anderem von der Unternehmensgröße ab. Große Unternehmen bieten nahezu ausnahmslos Weiterbildung an. Dies ist möglich, weil Großunternehmen über größere personelle Kapazitäten und über Spezialabteilungen für Weiterbildung verfügen. Sie können daher kein Vergleichsmaßstab für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sein. Diese können am besten von anderen KMU lernen. Nach außen hin können aber gerade kleine Unternehmen durchaus auch mit ihren Stärken in der betrieblichen Weiterbildung werben. Kleine Unternehmen sind zwar seltener weiterbildungsaktiv als mittelgroße oder große Unternehmen, aber wenn sie Weiterbildung anbieten, dann tun sie dies sehr intensiv: Kleine Unternehmen bieten ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine große Zahl an Veranstaltungen an (130 Veranstaltungen je 100 Beschäftigte). Mittlere und große Unternehmen haben mit 38 Veranstaltungen je 100 Beschäftigte ein deutlich kleineres Angebot, auch weil sie leichter größere Gruppen für Veranstaltungen bündeln können. Kleine Unternehmen qualifizieren ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit 31,1 Stunden bei Lehrund Informationsveranstaltungen deutlich intensiver weiter als mittelgroße Unternehmen mit 19,7 Stunden. Allerdings investieren große Unternehmen mit 38,4 Stunden am meisten in die Weiterbildung ihrer Beschäftigten. Zudem bieten kleine Unternehmen häufiger informelle als formelle Weiterbildung an, bei mittleren und großen Unternehmen bestehen keine nennenswerten Unterschiede. Merkmale weiterbildungsaktiver Unternehmen Weiterbildungsaktive KMU zeichnen sich häufig durch folgende Merkmale aus: Sie haben einen relativ hohen Anteil qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einen hohen Anteil jüngerer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sie sind häufiger in der Industrie als im Handwerk angesiedelt, sie haben einen Betriebsrat oder eine alternative Interessenvertretung, und sie verfügen über alternative Weiterbildungsvereinbarungen (außerhalb von Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung) und nutzen Rückzahlungsvereinbarungen. Folgende Merkmale gelten nur für kleine Unternehmen in Abgrenzung zu Unternehmen mittlerer Größe: Sie zählen häufiger zum Dienstleistungssektor (mit Ausnahme des Hotel- und Gastgewerbes sowie des Grundstücks- und Wohnungswesens), sie unterliegen eher einem Flächentarifvertrag und Bindungsklauseln, und sie haben häufiger neue Produkte oder Dienstleistungen eingeführt. Motive für Weiterbildung in KMU sind seltener personalpolitisch Kleine Unternehmen verfolgen mit der betrieblichen Weiterbildung auch andere Zielsetzungen und Schwerpunkte als die großen. Sie setzen Weiterbildung seltener aus personalpolitischen Motiven ein, sondern zielen primär auf den Unternehmenserfolg ab. Auch bei mittleren Unternehmen spielen personalpolitische Motive eine weniger wichtige Rolle als bei großen, wenn auch nicht eine so geringe wie in kleinen Unternehmen. Gleichzeitig absolvieren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in KMU mehr Weiterbildung in ihrer Freizeit. In kleinen Unternehmen finden nur 58,6 Prozent der Weiterbildung während der Arbeitszeit statt, in großen

2 Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) Unternehmen sind es hingegen 75 Prozent. Die Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kleiner Unternehmen, Freizeit einzubringen, ermöglicht einerseits hohe Stundenzahlen an Weiterbildung und führt andererseits dazu, dass die Qualifizierung für die Unternehmen finanzierbar ist. Dieser Einsatz zeigt ein großes persönliches Engagement und eine starke Bindung der Beschäftigten an das Unternehmen. Kleine Unternehmen geben am meisten für Weiterbildung aus Insgesamt haben die Unternehmen im Jahr 2011 je Beschäftigtem (ohne Auszubildende) durchschnittlich 1.035 Euro für Weiterbildung aufgewendet. Differenziert nach Unternehmensgröße zeigt sich, dass kleine Unternehmen mit 1.066 Euro leicht über diesem Mittelwert liegen, mittlere Unternehmen mit 993 Euro leicht darunter und große Unternehmen mit 1.030 nahezu auf dem Durchschnitt. Kleine Unternehmen sehen geringeren Bedarf an Weiterbildung als andere Unternehmen Kleine Unternehmen geben als Hemmnis für Weiterbildungsaktivitäten häufiger als mittlere und große Unternehmen an, dass in ihrem Unternehmen kein Bedarf an Weiterbildung besteht. Dieser Unterschied kann weder durch die unterschiedliche Betroffenheit von Stellenbesetzungsproblemen noch anhand einer anderen Struktur von Kleinunternehmen beispielsweise anderer Branchenzugehörigkeit oder geringerer Innovationstätigkeit erklärt werden. Möglicherweise unterschätzen kleine Unternehmen die Bedeutung der Weiterbildung und die Option, durch Qualifizierung den eigenen Fachkräftebedarf zu decken. Dies spiegelt sich auch in der geringeren Zustimmung zu der Aussage Der Fachkräftemangel erfordert eine verstärkte betriebliche Weiterbildung seitens der kleinen Unternehmen wider. Herausforderungen für kleine und mittlere Unternehmen Kleine und mittlere Unternehmen sehen Weiterbildung primär als Möglichkeit, den Unternehmenserfolg zu beeinflussen. Die zweite, ebenso wichtige Bedeutung von Weiterbildung die Attraktivität des Unternehmens zu erhöhen und die Mitarbeiterbindung zu stärken wird von vielen KMU noch nicht erkannt. Personalpolitische Dimension von Weiterbildung berücksichtigen Kleine Unternehmen sehen häufiger als mittlere und große Unternehmen keinen Bedarf an Weiterbildung auch wenn sie vergleichbare Unternehmensmerkmale wie mittlere und große Unternehmen haben. Die häufige Nennung eines fehlenden Weiterbildungsbedarfs erhärtet den Befund, wonach die Mitarbeiterbindung und die Attraktivität von kleinen Unternehmen nicht als Anlass für Weiterbildung gesehen werden. Bedarf an Weiterbildung neben kurzfristigen Effizienzgesichtspunkten auch davon ableiten, dass Weiterbildung genutzt werden kann, um die Attraktivität des Unternehmens zu erhöhen Der Anteil an Freizeit, den Beschäftigte in KMU für Weiterbildung einbringen, ist höher als in Großunternehmen. Dies ist insbesondere in kleinen Unternehmen notwendig, um bei der relativ hohen Stundenzahl an Weiterbildung die Kosten auf einem tragbaren Niveau zu halten. Der hohe Freizeiteinsatz zeigt aber auch, dass die Beschäftigten durchaus bereit sind, Zeit in Weiterbildung zu investieren. Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihre Freizeit einzubringen, im Gespräch ermitteln Die geringere Bedeutung der Weiterbildung als personalpolitisches Instrument hat eine Ursache möglicherweise darin, dass kleine Unternehmen seltener über eine strategische Personalentwicklung verfügen und daher Weiterbildung nicht immer in einem langfristigen Kontext sehen. Auch die Bedeutung der Weiterbildung als Mittel, um den zukünftigen Fachkräftebedarf zu decken, wird seltener erkannt. Instrumente zur Personalbedarfsplanung nutzen, um zukünftigen Personalbedarf zu ermitteln (Personalbedarfsplanung)

Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) 3 Sollte Qualifizierungsbedarf festgestellt werden, dann können verschiedene Handlungsempfehlungen im Bereich Fachkräfte qualifizieren auf der Internetseite www.kompetenzzentrum-fachkraeftesicherung.de Hilfestellung geben. Kleine Unternehmen greifen seltener auf die staatliche Förderung von Weiterbildung zurück als mittlere und große Unternehmen In dieser Studie werden die Anteilswerte von Unternehmen unterschiedlicher Größe miteinander verglichen. Unterschiede zwischen den drei Unternehmensgrößenklassen sind dann signifikant, wenn die Unterschiede zwischen den Gruppen nicht auf generellen Unterschieden in der befragten Stichprobe beruhen (beispielsweise auf unterschiedlichen Strukturmerkmalen von kleinen und großen Unternehmen). Die Signifikanz wurde anhand multivariater Analysen ermittelt, die folgende Unternehmensmerkmale berücksichtigt: Staatliche Förderung nutzen Branchenzugehörigkeit Die siebte IW-Weiterbildungserhebung Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln führt alle drei Jahre eine Befragung von Unternehmen zu ihren Weiterbildungsaktivitäten durch. Die vorliegende siebte IW-Weiterbildungserhebung erfolgte ebenso wie die beiden Vorgänger per Online-Befragung. Insgesamt haben 2.254 Unternehmen an der Befragung teilgenommen, in denen 2010 knapp 9,5 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigt waren. Unternehmensgrößenklassen Im Folgenden werden drei Unternehmensgrößenklassen unterschieden: kleine Unternehmen haben ein bis 49 Beschäftigte, mittlere Unternehmen haben 50 bis 249 Beschäftigte und große Unternehmen haben 250 oder mehr Beschäftigte. Interpretation der Unterschiede zwischen den Unternehmensgrößenklassen Strukturmerkmale des Unternehmens (Alters- und Qualifikationsstruktur der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) die Entwicklung der Beschäftigung und des Umsatzes Innovationen im Unternehmen Existenz von Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder alternativen Regelungen zur Weiterbildung Existenz von Betriebsrat oder Mitarbeitervertretung Zugehörigkeit zum Handwerk West- oder Ostdeutschland Unterschiede in den Prozentwerten können also beispielweise auf unterschiedlichen Branchenzugehörigkeiten beruhen und nicht ausschließlich Folge der Unternehmensgröße sein. Die Signifikanz lässt sich daher nicht direkt anhand der Differenz der Prozentwerte zwischen den Unternehmensgrößen ablesen, da diese prozentualen Werte die anderen Unternehmensmerkmale, die die Ergebnisse ebenfalls beeinflussen, nicht widerspiegeln. Der Begriff signifikant gibt nur Auskunft darüber, dass Unterschiede bestehen, er trifft aber im Gegensatz zum allgemeinen Sprachgebrauch keine Aussage über ihre Größe.

4 Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) Weiterbildungsaktivitäten von kleinen und mittleren Unternehmen Traditionell liegt der IW-Weiterbildungserhebung ein vergleichsweise weit gefasster Begriff betrieblicher Weiterbildung zugrunde. Um den wichtiger werdenden Bereich der nicht formalisierten Weiterbildung angemessen zu berücksichtigen, werden neben formellen Weiterbildungsveranstaltungen wie beispielsweise Lehrgängen und Seminaren auch informelle Maßnahmen wie Unterweisungen am Arbeitsplatz, die Teilnahme an Informationsveranstaltungen oder selbstgesteuertes Lernen mit Medien zur betrieblichen Weiterbildung gezählt. Das grundlegende Kriterium ist, dass die Unternehmen die Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter direkt oder indirekt, vollständig oder teilweise finanzieren. Es werden folgende Formen der Weiterbildung unterschieden: Formelle Weiterbildung umfasst eigene Lehrveranstaltungen, die als Seminare, Vollzeit- und berufsbegleitende Teilzeitlehrgänge definiert sind, sowie sonstige Lehrveranstaltungen, deren inhaltliche Planung und Organisation in der Verantwortung der Unternehmen liegt, externe Lehrveranstaltungen, die von außenstehenden Weiterbildungsanbietern geplant und durchgeführt werden. Informelle Weiterbildung umfasst Informationsveranstaltungen wie Vorträge oder Tagungen, Lernen in der Arbeitssituation in Form von Unterweisungen oder Schulungen am Arbeitsplatz und selbstgesteuertes Lernen mit Medien wie beispielsweise das Lesen von Fachliteratur und computergestütztes Lernen. Werden die verschiedenen Formen der betrieblichen Weiterbildung nach Unternehmensgrößen differenziert betrachtet, resultieren daraus zwei zentrale Aussagen (Tabelle 1). Kleine Unternehmen bieten häufiger informelle als formelle Weiterbildung an, bei mittleren und großen Unternehmen bestehen hier keine nennenswerten Unterschiede. Die Weiterbildungsbeteiligung nimmt mit der Unternehmensgröße zu. So liegt der Anteil der weiterbildungsaktiven Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten bei 82,7 Prozent, bei mittleren Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten bei 95,2 Prozent, und mit 98 Prozent bieten nahezu alle Großunternehmen Weiterbildung an. Auch Bellmann et al. (2011) zeigen, dass mit zunehmender Unternehmensgröße das Weiterbildungsengagement der Unternehmen steigt. Tabelle 1: Formen der betrieblichen Weiterbildung nach Unternehmensgröße In Prozent, Mehrfachnennungen, 2010, n = 2.254 alle Formelle Weiterbildung gesamt 74,5 91,8 96,0 75,1 Eigene Lehrveranstaltungen 63,8 84,2 91,8 64,6 Externe Lehrveranstaltungen 61,9 81,5 89,6 62,7 Informelle Weiterbildung gesamt 77,2 90,6 95,8 77,8 Informationsveranstaltungen 68,1 85,4 90,8 68,8 Lernen in der Arbeitssituation 67,5 84,6 90,6 68,2 Selbstgesteuertes Lernen mit Medien 62,4 79,5 86,5 63,0 Weiterbildung insgesamt 82,7 95,2 98,0 83,2

Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) 5 Abb. 1: Weiterbildungsaktive Unternehmen nach Unternehmensgröße In Prozent, n = 2.254 100 95 90 85 80 75 70 65 60 55 50 2007 2008 2009 2010 Quellen: IW-Weiterbildungserhebung 2008 und 2011 Die IW-Weiterbildungserhebung zeigt zudem, dass Weiterbildungsaktivitäten konjunkturabhängig sind. In wirtschaftlich schlechten Zeiten sinkt auch das Weiterbildungsengagement der Unternehmen. Aus theoretischer Sicht sind die Wirkungen einer Krise auf die Weiterbildungsaktivität eines Unternehmens nicht eindeutig zu bestimmen. Einerseits sind die Erträge der Weiterbildungsinvestitionen mit größerer Unsicherheit verbunden, denn es besteht die Gefahr, dass krisenbedingte Entlassungen unvermeidbar sind. Andererseits können Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zeiten schlechter Auftragslage leichter für Weiterbildung freistellen als in wirtschaftlichen Boomphasen. Gleichzeitig sendet die Arbeitgeberin/ der Arbeitgeber mit einer Investition in Weiterbildung das positive Signal, dass sie/er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trotz der Krise weiterbeschäftigen will. Werden die Weiterbildungsaktivitäten in den letzten Jahren betrachtet, zeigt sich, dass die Wirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise auf die Weiterbildungsaktivitäten in Abhängigkeit der Unternehmensgröße variieren (Abbildung 1). Während die Weiterbildungsbeteiligung großer Unternehmen im Krisenjahr 2008 nur marginal abnahm, ist bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen eine deutliche Abnahme der Weiterbildungsaktivitäten zu beobachten. Dieser Unterschied lässt sich auf verschiedene Wirkmechanismen zurückführen: Es ist möglich, dass kleine Unternehmen auf Weiterbildung verzichten, da den Unternehmen gerade in der Krisensituation die notwendigen Ressourcen fehlen. Kleine und mittlere Unternehmen waren weniger von der Krise betroffen, da sie weniger exportabhängig sind als große Unternehmen (Heckmann et al., 2009). Das bedeutet auch, dass sie weniger Zeit für die Freistellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hatten, um diese weiterzubilden. In Kombination mit der Unsicherheit, wie sich die Krise zukünftig auf das Unternehmen auswirkt und ob Entlassungen notwendig und Bildungsinvestitionen damit unrentabel werden, scheint in KMU die negative Wirkung der Krise auf die Weiterbildungsaktivitäten zu überwiegen. Nach dem Einbruch der Weiterbildungsaktivitäten im Jahr 2008 vor allem bei KMU war jedoch bereits 2009 wieder ein Zuwachs zu verzeichnen. Im Jahr 2010 entspricht das Weiterbildungsengagement von kleinen und mittleren Unternehmen nahezu wieder dem Vorkrisenniveau von 2007. Große Unternehmen dagegen konnten ihr Weiterbildungsangebot sogar noch etwas ausbauen. Dies kann auch darauf zurückgeführt werden, dass viele Unternehmen die Kurzarbeit in der Krise für die Qualifizierung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genutzt haben. So zeigen Daten des Qualifizierungsmonitors des IW Köln, dass 50,3 Prozent der großen Unternehmen und 41,8 Prozent der mittleren Unternehmen, die Kurzarbeit in Anspruch nahmen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dieser Zeit weiter qualifiziert haben. Bei kleinen Unternehmen waren es nur 25,2 Prozent (Werner et al., 2010). Umfang und Intensität betrieblicher Weiterbildung Um ein genaueres Bild der Weiterbildungsaktivitäten zu erhalten, wurden die Unternehmen gebeten, sowohl für die eigenen und externen Lehrveranstaltungen als auch für die Informationsveranstaltungen das entsprechende Weiterbildungsvolumen anzugeben. Für diese drei Weiterbildungsformen wurden die Anzahl der Ver-

6 Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) Tabelle 2: Anzahl der Veranstaltungen und Stundenumfang nach Unternehmensgröße (inklusive Auszubildende) in weiterbildungsaktiven Unternehmen, n = 2.058 Veranstaltungen je 100 Beschäftigte Stundenumfang je Beschäftigtem Eigene Lehrveranstaltungen 41,1 12,3 20,1 12,0 7,5 18,1 Externe Lehrveranstaltungen 40,1 16,4 13,0 10,6 7,9 17,5 Informationsveranstaltungen 49,2 9,3 4,7 8,7 4,3 2,8 Summe 130,4 38,0 37,8 31,3 19,7 38,4 anstaltungen und der Teilnehmerstunden abgefragt (Tabelle 2). Betrachtet werden hier ausschließlich die weiterbildungsaktiven Unternehmen. So ist ein Vergleich möglich, der nicht dadurch verzerrt ist, dass kleine Unternehmen seltener weiterbildungsaktiv sind. Bei der Anzahl der Veranstaltungen zeigt sich folgendes Bild: Kleine Unternehmen, die weiterbildungsaktiv sind, bieten im Jahr 2010 gut 130 Lehrveranstaltungen je 100 Beschäftigte an. Mittlere und große Unternehmen bieten insgesamt weniger als ein Drittel davon an Veranstaltungen an. Kleine Unternehmen bieten am häufigsten die Möglichkeit, Informationsveranstaltungen zu besuchen, gefolgt von eigenen und externen Lehrveranstaltungen, die etwa gleich oft angeboten werden. Mittelgroße Unternehmen nutzen am häufigsten externe Lehrveranstaltungen, gefolgt von eigenen Lehrveranstaltungen. Informationsveranstaltungen werden am wenigsten genutzt. Große Unternehmen nutzen primär eigene Lehrveranstaltungen, externe Lehrveranstaltungen liegen in der Mitte und nur ein geringer Teil der Veranstaltungen entfällt auf Informationsveranstaltungen. Hinsichtlich des Stundenumfangs ergibt sich ein anderer Befund als bei der Zahl der Veranstaltungen (Tabelle 2). In kleinen Unternehmen erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insgesamt durchschnittlich 31,3 Stunden Weiterbildung. Dieser Wert liegt deutlich über der Weiterbildungszeit in mittleren Unternehmen (19,7 Stunden), ist aber immer noch niedriger als in großen Unternehmen (38,4 Stunden). Bei kleinen Unternehmen weisen eigene Lehrveranstaltungen (12 Stunden) den größten Stundenumfang auf, gefolgt von externen Lehrveranstaltungen (10,6 Stunden). Informationsveranstaltungen werden mit 8,7 Stunden in geringerem Umfang genutzt. Eigene und externe Lehrveranstaltungen haben bei mittleren und großen Unternehmen in etwa die gleiche Dauer. Informationsveranstaltungen werden im Vergleich zu kleinen Unternehmen sowohl relativ als auch absolut in deutlich geringerem Umfang genutzt. Kleine Unternehmen sind zwar seltener in der Weiterbildung aktiv, aber diejenigen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterbilden, tun dies sehr intensiv. Sie bieten deutlich mehr Veranstaltungen an als mittlere und große Unternehmen. Bei den Großunternehmen wird dies durch eine höhere Stundenanzahl, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Weiterbildung verbringen, kompensiert. Mittelgroße Unternehmen hingegen weisen mit Ausnahme der Informationsveranstaltungen geringere Stundenzahlen auf als kleine und große Unternehmen, sodass das Weiterbildungsvolumen in den mittelgroßen Unternehmen am geringsten ist.

Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) 7 Abb. 2: Eigene Lehrveranstaltungen Weiterbildungsaktive Unternehmen Angaben in Prozent, n = 2.058 Abb. 3: Externe Lehrveranstaltungen Weiterbildungsaktive Unternehmen Angaben in Prozent, n = 2.058 Seminar 66,4 92,0 83,8 Seminar 67,9 89,9 82,7 sonstige 54,0 75,4 67,9 sonstige 45,7 60,9 72,9 Teilzeitlehrgang 28,5 48,9 66,3 Teilzeitlehrgang 28,8 54,2 72,3 Vollzeitlehrgang 33,9 16,1 51,0 Vollzeitlehrgang 19,4 36,5 59,3 0 20 40 60 80 100 0 20 40 60 80 100 Formen der betrieblichen Weiterbildung Werden die verschiedenen Formen der formellen und informellen Weiterbildung innerhalb der weiterbildungsaktiven Unternehmen differenziert betrachtet, ergibt sich folgendes Bild: Eigene Lehrveranstaltungen sind definiert als Seminare, Vollzeit- und berufsbegleitende Teilzeitlehrgänge sowie sonstige Lehrveranstaltungen, deren inhaltliche Planung und Organisation in der Verantwortung der Unternehmen liegt. Unabhängig von der Unternehmensgröße dominiert hier die klassische Form des Seminars mit einer Dauer von weniger als einem Tag bis maximal fünf Tagen (Abbildung 2). 66,4 Prozent der kleinen Unternehmen und 83,8 Prozent der mittelgroßen Unternehmen bieten ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern diese Form betrieblicher Weiterbildung an. Berufsbegleitende Teilzeitlehrgänge, beispielsweise in Form regelmäßiger Kurse, werden von 28,5 Prozent der kleinen und 48,9 Prozent der mittelgroßen Unternehmen angeboten. Schlusslicht bilden die zeitintensiven Vollzeitlehrgänge mit einer Dauer von sechs Tagen und mehr. Abb. 4: Informationsveranstaltungen Weiterbildungsaktive Unternehmen Angaben in Prozent, n = 2.058 Fachvorträge sonstige Fachmessen Fachtagungen Erfahrungsaustausch 49,4 46,4 0 20 40 60 80 100 90,4 83,1 68,0 64,4 81,5 74,5 79,6 63,1 70,1 71,3 88,0 86,2 88,5 Externe Lehrveranstaltungen werden im Gegensatz zu eigenen Lehrveranstaltungen durch externe Weiterbildungsanbieter geplant und durchgeführt. Auch in diesem Bereich überwiegt der Anteil der Unternehmen, die Seminare anbieten, während Vollzeitlehrgänge eher selten in Anspruch genommen werden (Abbildung 3). Teilzeitlehrgänge werden von 28,8 Prozent der kleinen und 54,2 Prozent der mittleren Unternehmen unterstützt und liegen somit im Mittelfeld. Zu den Informationsveranstaltungen zählen neben Fachmessen und Fachvorträgen auch Fachtagungen, Erfahrungsaustauschkreise und sonstige Informations-

8 Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) Abb. 5: Lernen im Prozess der Arbeit Weiterbildungsaktive Unternehmen Angaben in Prozent, n = 2.058 interne Unterweisung externe Unterweisung sonstige 91,7 85,1 76,4 66,5 60,0 43,1 60,9 47,4 38,6 veranstaltungen. Obwohl sie ähnlich wie die formellen Weiterbildungsformen eine überwiegend organisierte Veranstaltungsform aufweisen, zählen Informationsveranstaltungen zur informellen Weiterbildung. Die meisten KMU unterstützen in diesem Bereich den Besuch von Fachvorträgen und Fachmessen (Abbildung 4). Fachtagungen und Erfahrungsaustauschkreise werden etwas seltener für die Qualifizierung genutzt. Workshops Job-Rotation Qualitätszirkel Auslandsaufenthalte 64,1 44,5 25,9 37,0 21,9 17,1 47,2 30,0 16,9 27,9 11,1 4,4 0 20 40 60 80 100 Quellen: IW-Weiterbildungserhebung 2011 Abb. 6: Selbstgesteuertes Lernen mit Medien Weiterbildungsaktive Unternehmen Angaben in Prozent, n = 2.058 Fachliteratur CBT, WBT, elearning sonstige Leittexte 50,5 40,0 30,6 41,9 34,9 29,8 37,9 23,5 17,6 85,2 81,0 72,3 0 20 40 60 80 100 Lernen im Prozess der Arbeit hat ebenfalls eine vergleichsweise große Bedeutung. Besonders oft werden in diesem Kontext Unterweisungen oder Schulungen am Arbeitsplatz durch Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzte praktiziert. Externes Lehrpersonal wird hierfür dagegen seltener in Anspruch genommen, dicht gefolgt von sonstigen Formen des Lernens in der Arbeitssituation und Workshops (Abbildung 5). 16,9 Prozent der kleinen und 30,0 Prozent der mittelgroßen Unternehmen nutzen Qualitätszirkel, Lernstatt oder Lerninseln und 17,1 bzw. 21,9 Prozent der Unternehmen Job-Rotation. Schlusslicht bilden gerade bei den kleinen Unternehmen Auslandsaufenthalte, da vor allem kleine Unternehmen in der Regel nicht über Niederlassungen, Tochtergesellschaften oder Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner im Ausland verfügen. Selbstgesteuertes Lernen mit Medien umfasst neben der Lektüre von Fachliteratur und computergestütztem Lernen auch das Arbeiten mit Leittexten und Selbstlernprogrammen. In diesem Bereich überwiegt sehr deutlich die Lektüre von Fachzeitschriften (Abbildung 6). Wesentlich seltener werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Hilfe von computergestütztem Lernen oder Leittexten qualifiziert. Allgemein lässt sich sagen, dass die Weiterbildungsaktivitäten unabhängig von der Weiterbildungsform bzw. der detaillierten Organisationsform grundsätzlich mit der Unternehmensgröße ansteigen. Lediglich bei internen Unterweisungen und sonstigen Formen des Lernens im Prozess der Arbeit (Abbildung 5) sowie dem sonstigen Lernen mit Medien (Abbildung 6) lassen sich keine signifikanten Unterschiede nach Unternehmensgröße feststellen. Quellen: IW-Weiterbildungserhebung 2011

Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) 9 Merkmale weiterbildungsaktiver Unternehmen Kleine und mittlere Unternehmen, die weiterbildungsaktiv sind, zeichnen sich durch folgende Merkmale aus (Übersicht 1): Sie zählen eher zur Industrie als zum Handwerk. Darüber hinaus zählen gerade kleine weiterbildungsaktive Unternehmen häufig zum Dienstleistungssektor (mit Ausnahme des Hotel- und Gastgewerbes sowie des Grundstücks- und Wohnungswesens). Positiv auf das Weiterbildungsengagement in KMU wirken sich zudem ein hoher Anteil qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ein hoher Anteil jüngerer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus. Unternehmen, in denen ein Betriebsrat oder eine alternative Interessenvertretung existiert, bieten mehr Weiterbildung an als andere Unternehmen. Alternative Weiterbildungsvereinbarungen (außerhalb von Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung) und Rückzahlungsvereinbarungen gehen ebenfalls mit einem höheren Weiterbildungsengagement einher. Die Gültigkeit eines Flächentarifvertrages sowie Bindungsklausen sind nur für die Weiterbildungsaktivitäten von kleinen Unternehmen von Bedeutung, ebenso wie die Einführung neuer Produkte oder Dienstleistungen. Motive betrieblicher Weiterbildung Dem Weiterbildungsengagement von Unternehmen können unterschiedliche Motive zugrunde liegen. Zum einen bestehen auf den Unternehmens- und Innovationserfolg gerichtete Motive, zum anderen können auch personalpolitische Motive das Weiterbildungsengagement begründen. Bei den Motiven, die auf den Unternehmenserfolg gerichtet sind, zeigen sich keine Unterschiede nach Unternehmensgrößenklassen (Abbildung 7), beziehungsweise die bestehenden Unterschiede zwischen den Betriebsgrößen sind nicht auf die Unternehmensgröße selbst zurückzuführen, sondern auf die unterschiedliche Zusammensetzung der Belegschaften oder Übersicht 1: Merkmale weiterbildungsaktiver Unternehmen n = 2.058 Merkmal Kleine Unternehmen Mittelgroße Unternehmen Industrie (Referenz: Handwerk) + Branche (Referenz: verarbeitendes Gewerbe) Handel & Reparatur + / Banken & Versicherungen + / Grundstücks- & Wohnungswesen - Unternehmensnahe Dienstleistungen + - Sonstige Dienstleistungen + Hotel & Gastgewerbe - Anteil an Geringqualifizierten - / Anteil an Akademikerinnen und Akademikern + Anteil junger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter + Betriebsrat/ Interessenvertretung + Flächentarifvertrag + / Alternative Regelungen + Rückzahlungsvereinbarungen + Bindungsklauseln + / Einführung neuer Produkte oder Dienstleistungen + / Signifikante Zusammenhänge anhand multivariater Regressionen; + erhöht Weiterbildungsengagement; - verringert Weiterbildungsengagement, / kein Einfluss Lesebeispiel: Wenn ein Unternehmen zur Industrie und nicht zum Handwerk zählt, dann erhöht dies bei kleinen und mittleren Unternehmen die Wahrscheinlichkeit, dass sie weiterbildungsaktiv sind.

10 Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) Abb. 7: Auf den Unternehmenserfolg gerichtete Motive Angaben in Prozent¹, n = 2.100 Durch die Einführung neuer Technologien entsteht Qualifizierungsbedarf der Mitarbeiter. 60,9 63,2 76,5 Weiterbildung trägt zur Sicherung der Innovationsfähigkeit unseres Unternehmens bei. 79,1 82,6 88,8 Durch Weiterbildung steigt die Leistungsfähigkeit und Produktivität unserer Mitarbeiter. 84,6 88,6 92,4 Die Resultate betrieblicher Weiterbildung tragen zur Wertschöpfung und zum Geschäftserfolg bei. 86,7 90,0 93,0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ¹ Rest zu 100: weiß nicht/keine Angabe Abb. 8: Personalpolitische Motive für betriebliche Weiterbildung Angaben in Prozent¹, n = 2.100 Weiterbildung erhöht die Attraktivität des Unternehmens für neue Mitarbeiter. 55,4 66,3 81,2 Weiterbildung erhöht die Beschäftigungsfähigkeit älterer Mitarbeiter. 62,8 59,8 70,3 Weiterbildung ist ein zentraler Bestandteil unserer strategischen Personalentwicklung. 64,7 74,4 85,4 Weiterbildung trägt zur Mitarbeiterbindung bei. 68,1 79,0 87,7 Weiterbildung erhöht die Motivation und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter. 80,5 86,0 93,0 Mit Weiterbildung können wir die Kompetenzen der Mitarbeiter angemessen fördern. 87,7 91,8 94,8 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ¹ Rest zu 100: weiß nicht/keine Angabe

Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) 11 der Branchenzugehörigkeit. Werden hinsichtlich der Strukturmerkmale vergleichbare Unternehmen betrachtet (beispielsweise mit gleichem Anteil an Hochqualifizierten, gleicher Bedeutung von Innova tionen im Unternehmen, gleicher Branche etc.), dann bestehen keine Unterschiede bei der Nennung der Motive. Bei den personalpolitischen Motiven hingegen finden sich viele Differenzen zwischen Unternehmen unterschiedlicher Größe (Abbildung 8). Einzige Ausnahme ist das Motiv Mit Weiterbildung können wir die Kompetenzen der Beschäftigten angemessen fördern, das von allen Unternehmen gleichermaßen genannt wird. Dieses Motiv findet auch insgesamt die höchste Zustimmung (Kleine: 87,7 Prozent, Mittlere: 91,8 Prozent, Große: 94,8 Prozent). Bei den anderen Motiven ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen den Größenklassen. Kleine Unternehmen nennen alle anderen Motive signifikant seltener als große Unternehmen einzige Ausnahme ist das Motiv der Beschäftigungsfähigkeit Älterer hier bestehen keine signifikanten Unterschiede zwischen kleinen und großen Unternehmen. Besonders groß ist der Unterschied beim Motiv Weiterbildung erhöht die Attraktivität des Unternehmens für neue Beschäftigte (Kleine: 55,4 Prozent, Mittlere: 66,3 Prozent; Große: 81,2 Prozent). Kleine Unternehmen setzen Weiterbildung seltener aus personalpolitischen Gründen ein, sondern orientieren sich primär am Unternehmenserfolg. Auch bei mittelgroßen Unternehmen spielen personalpolitische Motive eine weniger wichtige Rolle als bei großen, wenn auch nicht eine so geringe wie in kleinen Unternehmen denn drei der personalpolitischen Motive werden von mittleren Unternehmen signifikant seltener genannt als von großen (Weiterbildung erhöht die Motivation und Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten, Weiterbildung ist zentraler Bestandteil unserer strategischen Personalplanung, Weiterbildung erhöht die Attraktivität des Unternehmens für neue Beschäftigte). Hemmnisse betrieblicher Weiterbildung Auch für den Verzicht auf Weiterbildungsmaßnahmen lassen sich unterschiedliche Erklärungen finden, die je nach Unternehmensgröße variieren können. Die Hemmnisse wurden getrennt für informelle und formelle Weiterbildung abgefragt. Die Unterschiede zwischen großen, mittleren und kleinen Unternehmen im Bereich informeller Weiterbildung erweisen sich weitgehend als nicht signifikant, das heißt, hier sind die bestehenden Unterschiede zwischen den Unternehmensgrößen nicht auf die Mitarbeiterzahl sondern auf andere Strukturmerkmale zurückzuführen. Auch bei vier der sieben abgefragten Hemmnisse für formelle Weiterbildung lassen sich keine Unterschiede feststellen, die auf die Unternehmensgröße zurückzuführen sind (keine internen Kapazitäten für Organisation und Planung der Weiterbildung; zu geringes Interesse der Beschäftigten, keine passenden Angebote am Weiterbildungsmarkt, Lehrveranstaltungen sind kein geeignetes Instrument für unseren Weiterbildungsbedarf) (Abbildung 9). Bei den Hemmnissen Keine Zeit für Freistellung der Beschäftigten und Weiterbildung ist zu teuer ist keine eindeutige Interpretation möglich. Ein deutlicher Größeneffekt existiert lediglich bezüglich der Aussage, dass kein konkreter Weiterbildungsbedarf besteht. Mehr als die Hälfte der kleinen Unternehmen stimmt dieser Aussage zu. Dieser Wert (52,1 Prozent) ist signifikant höher als bei mittleren und großen Unternehmen. Das heißt, in Bezug auf dieses Hemmnis lassen sich auch dann Unterschiede zwischen unterschiedlich großen Unternehmen feststellen, wenn die Unternehmen eine vergleichbare Struktur haben. Dies kann verschiedene Gründe haben: Ein Grund für den geringeren Weiterbildungsbedarf könnte sein, dass kleine Unternehmen seltener Rekrutierungsprobleme haben als andere Unternehmen und daher auch seltener einen Weiterbildungsbedarf sehen. Und tatsächlich zeigen die Daten, dass kleine Unternehmen signifikant selte-

12 Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) ner Probleme bei der Rekrutierung von Akademikern haben als Großunternehmen. 1 Bei der Rekrutierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit abgeschlossener Berufsausbildung und mit Fortbildungsabschluss bestehen jedoch keine Unterschiede zwischen den Unternehmensgrößenklassen. Diese Zahlen stehen im Einklang mit Ergebnissen des Qualifizierungsmonitors, der ebenfalls belegt, dass kleine Unternehmen geringere Probleme mit der Rekrutierung von Akademikerinnen und Akademikern haben als mittlere und große (Werner et al., 2010). Allerdings zeigen die multivariaten Berechnungen, dass kleine Unternehmen auch dann noch signifikant häufiger angeben, keinen Weiterbildungsbedarf zu haben, wenn die geringeren Stellenbesetzungsprobleme bei Akademikerinnen und Akademikern berücksichtigt werden. Kleine Unternehmen könnten auch deshalb einen geringeren Weiterbildungsbedarf sehen, weil sie weniger innovativ sind und seltener im internationalen Wettbewerb stehen als mittlere und große. Die Analyse der IW-Weiterbildungserhebung zeigt jedoch, dass auch dann, wenn man Unternehmen mit vergleichbarer Mitarbeiterstruktur, der gleichen Branche und einem ähnlichen Innovationsgrad vergleicht, kleine Unternehmen einen geringeren Weiterbildungsbedarf sehen. Abb. 9: Hemmnisse formeller Weiterbildung nach Unternehmensgröße Angaben in Prozent, n = 553 Kein konkreter Weiterbildungsbedarf 26,1 40,4 52,1 Keine Zeit für Freistellung der Mitarbeiter 30,7 49,3 53,1 Keine internen Kapazitäten für Organisation und Planung der Weiterbildungen 35,4 41,2 49,7 Weiterbildung zu teuer/ kein entsprechendes Budget verfügbar 39,5 46,7 42,4 Zu geringes Interesse der Mitarbeiter 30,6 31,6 26,9 Keine passenden Angebote am Weiterbildungsmarkt 24,3 23,4 16,6 Lehrveranstaltungen sind kein geeignetes Instrument für unseren Weiterbildungsbedarf 21,1 23,4 20,0 0 10 20 30 40 50 60 1 Diese Aussagen beziehen sich auf die Unternehmen, die Stellen für Akademiker zu besetzen haben. Generell haben kleine Unternehmen seltener Stellen für Akademiker zu besetzen, aber wenn dies der Fall ist, haben sie signifikant weniger Probleme, passende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden.

Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) 13 Abb. 10: Fachkräftemangel erfordert verstärkte betriebliche Weiterbildung Zustimmung in Prozent nach Unternehmensgröße, n = 1.593 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 64,6 klein 75,8 mittel 86,1 groß Weder anhand von Stellenbesetzungsproblemen noch anhand anderer Strukturmerkmale von Kleinunternehmen kann der Unterschied in der Nennung des Hemmnisses kein konkreter Weiterbildungsbedarf erklärt werden. Somit scheinen andere Faktoren, die in der Untersuchung nicht abgefragt werden konnten, eine Rolle zu spielen. Möglicherweise unterschätzen kleine Unternehmen die Bedeutung der Weiterbildung. Diese Hypothese wird durch die geringere Zustimmung zu der Aussage Der Fachkräftemangel erfordert eine verstärkte betriebliche Weiterbildung seitens der kleinen Unternehmen gestützt (Abbildung 10). Große Unternehmen stimmen mit 86,1 Prozent zu, kleine Unternehmen nur mit 64,6 Prozent und damit signifikant weniger. Beschäftigte von kleinen Unternehmen bringen mehr Freizeit ein Betriebliche Weiterbildung nutzt einerseits dem Unternehmen, da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dank verbesserter Kenntnisse und Fertigkeiten den Unternehmenserfolg steigern können. Andererseits erhöhen sich aufgrund von Weiterbildung die Chancen der Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt, sofern es sich nicht um eine rein betriebsspezifische Qualifikation handelt, da die erworbenen Kompetenzen ihr Human kapital steigern. Daher wird die Frage nach einer angemessenen Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Kosten der Weiterbildung diskutiert. Die IW- Weiterbildungserhebung ergänzt den Befund aus dem IAB-Betriebspanel (Bellmann/Leber, 2010, 19), wonach sich nur etwa ein Viertel der Beschäftigten an den direkten Kosten beteiligt. In der IW-Weiterbildungserhebung spiegelt sich dies wider, denn nur 17,4 Prozent aller Unternehmen fordern, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker finanziell an den direkten Kosten betrieblicher Weiterbildungsmaßnahmen beteiligen sollen (Abbildung 11). Hingegen wünschen sich deutlich mehr Unternehmen einen verstärkten Einsatz von Freizeit (52,4 Prozent aller Unternehmen) oder mehr Eigeninitiative (55,4 Prozent aller Unternehmen). Signifikante Unterschiede nach Mitarbeiterzahl existieren nur in zwei Fällen: mittelgroße Unternehmen fordern etwas häufiger als große, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Freizeit einbringen sollen, und dass sie sich verstärkt auf eigene Initiative hin weiterbilden. Abb. 11: Beschäftigte müssen sich stärker engagieren Angaben in Prozent, n = 1.406 Mitarbeiter sollten mehr Freizeit für die eigene Weiterbildung einbringen. 51,9 65,6 62,8 Mitarbeiter sollten sich stärker an den direkten Kosten von umfangreicheren betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen beteiligen. 17,2 23,1 25,3 Zur Sicherung ihrer Beschäftigungsfähigkeit müssen sich Mitarbeiter verstärkt auf eigene Initiative hin weiterbilden. 55,1 61,7 65,2 0 10 20 30 40 50 60 70 86,7

14 Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) Abb. 12: Weiterbildung während der Arbeitszeit (AZ) und in der Freizeit (FZ) Angaben in Prozent, n= 2.254 Kleine Unternehmen Mittlere Unternehmen Große Unternehmen 41,4 34,6 25,0 58,6 65,4 75,0 in AZ in FZ Die Daten der siebten IW-Weiterbildungserhebung zeigen, dass Weiterbildungsaktivitäten bereits teilweise in die Freizeit verlagert wurden. Während im Jahr 2007 insgesamt nur ein Fünftel der Weiterbildungsveranstaltungen in der Freizeit stattgefunden hat, beträgt dieser Anteil 2010 bereits ein Drittel. Eine Erklärung für den verstärkten Einsatz von Freizeit ist sicherlich, dass Kurzarbeit und Überstundenabbau während der Krise mehr Freizeitkapazitäten geschaffen haben. Daher bleibt abzuwarten, ob sich dieser Trend auch in Zukunft fortsetzen wird. Ein Blick auf die Anteile von Weiterbildung in der Arbeitszeit nach Unternehmensgrößenklasse zeigt, dass der Anteil der Weiterbildung in der Arbeitszeit mit der Unternehmensgröße steigt. Während in kleinen Unternehmen nur 58,6 Prozent der Weiterbildung während der Arbeitszeit stattfindet, sind es in großen Unternehmen 75 Prozent (Abbildung 12). Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen zeigen damit eine hohe Bereitschaft, Freizeit für ihre Weiterbildung einzubringen. Weiterbildung zur Fachkräftesicherung Die Bedeutung der Weiterbildung in Zeiten bestehender und sich weiter zu verstärken drohender Fachkräfteengpässe wird von der Mehrheit der Unternehmen erkannt. Knapp zwei Drittel aller Unternehmen stimmen der Aussage zu, dass der Fachkräftemangel eine verstärkte betriebliche Weiterbildung erfordert. Wenn nicht genügend Personen mit den gewünschten und erforderlichen Qualifikationen zur Verfügung stehen, bleibt den Unternehmen letztlich nur die Möglichkeit, bereits beschäftigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter zu qualifizieren. Inwieweit sich die Erkenntnis, dass Weiterbildung zur Fachkräftesicherung eingesetzt werden kann, in den Unternehmen bereits praktisch durchgesetzt hat, lässt sich anhand der Fragen zur Weiterbildung spezifischer Zielgruppen (Abbildung 13 und 14) näher beleuchten. Angesichts des zahlenmäßigen Rückgangs von qualifizierten Arbeitskräften gewinnt die Integration von bislang weniger im Fokus stehenden Beschäftigtengruppen, zu denen ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie An- und Ungelernte zählen, an Bedeutung. Die Ergebnisse der IW-Weiterbildungserhebung legen nahe, dass für die Deckung des Bedarfs an Fachkräften primär ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie An- und Ungelernte als Potenzial verstanden und verstärkt weiterqualifiziert werden. Dieser Befund gilt für alle Unternehmensgrößen. Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Bei der Aussage, dass Arbeiten in altersgemischten Teams mehr Vorteile bringt als Weiterbildung für Ältere, stimmt mehr als die Hälfte der Unternehmen zu unabhängig von der Unternehmensgröße. Auch bei der Zustimmung zur geringen Motivation Älterer finden sich keine Unterschiede, die auf die Größe der Unternehmen zurück geführt werden können zwischen 37,4 und knapp 45 Prozent der Unternehmen stimmen hier zu (Abbildung 13). Anders verhält es sich

Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) 15 Abb. 13: Weiterbildung für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Angaben der Unternehmen in Prozent, n = 1.578 Weiterbildung älterer Mitarbeiter lohnt sich seltener als bei jüngeren, weil sie nicht mehr so lange im Unternehmen tätig sind. 9,2 16,0 14,6 Ältere Arbeitnehmer sind schwerer für Weiterbildung zu motivieren als jüngere. 37,4 45,3 44,9 Das Arbeiten in altersgemischten Teams bietet mehr Vorteile als Weiterbildung für Ältere. 52,2 55,6 57,7 0 10 20 30 40 50 60 70 86,7 Abb. 14: Weiterbildung für An- und Ungelernte Angaben der Unternehmen in Prozent, n = 1.578 An- und Ungelernte zeigen weniger Interesse an Weiterbildung als besser qualifizierte Mitarbeiter. Die Kosten der Weiterbildung An- und Ungelernter übersteigen häufig den konkreten Nutzen für das Unternehmen. 20,2 20,0 20,6 18,2 13,6 28,4 Wir ermöglichen An- und Ungelernten, sich durch Weiterbildung schrittweise bis zum Berufsabschluss zu qualifizieren. 18,8 28,8 34,1 Dank Weiterbildung können An- und Ungelernte auch qualifizierte Tätigkeiten ausüben. 43,0 53,7 60,9 0 10 20 30 40 50 60 70 bei der Frage, ob sich Weiterbildung älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seltener lohnt, weil sie nicht mehr so lange im Unternehmen tätig sind. Dies bejahen mit 16 Prozent signifikant mehr kleine Unternehmen als große (9,2 Prozent). Hier könnte für kleine Unternehmen noch Potenzial bestehen, durch Weiterbildung Älterer ihre Fachkräftebasis zu verbreitern. An- und Ungelernte Auch bei den An- und Ungelernten zeigen sich wenig Unterschiede, die auf der Unternehmensgröße beruhen. Die größte Zustimmung in diesem Bereich erhält in allen Unternehmen die Aussage, dass An- und Ungelernte dank Weiterbildung auch qualifizierte Tätigkeiten ausüben können. Eine systematische Weiterbildung dieser Gruppe in Form einer schrittweisen Qualifizierung bis zum Berufsabschluss ermöglichen immerhin knapp 20 Prozent aller Unternehmen die Unterschiede zwischen den Größenklassen sind nicht signifikant (Abbildung 14). Da es sich hierbei um umfangreichere Qualifizierungen mit hohem Zeitbedarf handelt, dürften die Kosten derzeit (noch) viele Unternehmen davon abhalten, sich in diesem Bereich zu engagieren. Grundsätzlich sind die Kosten für die Weiterbildung dieser Zielgruppe jedoch nur in jedem fünften Unternehmen ein entscheidender Grund, um auf Weiterbildungs-

16 Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) maßnahmen für An- und Ungelernte zu verzichten. Unter Berücksichtigung der Unternehmensmerkmale unterscheiden sich KMU hier nicht von Großunternehmen. Neben den Kosten ist auch das mangelnde Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ein Fünftel aller Unternehmen ursächlich für den Verzicht auf Weiterbildung von An- und Ungelernten. Hier zeigt sich, dass mittelgroße Unternehmen dieser Aussage häufiger zustimmen als andere Unternehmen. Trotz der relativ positiven Grundhaltung gegenüber der Weiterbildung von An- und Ungelernten in den Unternehmen zeigen Personenbefragungen, dass die Weiterbildungsbeteiligung von Geringqualifizierten deutlich hinter jener von Höherqualifizierten zurückbleibt. Personen ohne Berufsabschluss nehmen seltener sowohl an betrieblicher Weiterbildung (10 Prozent) als auch an individueller berufsbezogener Weiterbildung (10 Prozent) teil, während es bei Personen mit (Fach-)Hochschulabschluss 43 Prozent (betriebliche Weiterbildung) und 22 Prozent (individuelle berufsbezogene Weiterbildung) sind (BIBB, 2012, 291). Kosten betrieblicher Weiterbildung Die Weiterbildungskosten werden in direkte und indirekte Kosten unterteilt. Zu den direkten Kosten zählen Honorare, Lehrgangs- und Teilnehmergebühren, Reise-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten, Medien und Lernmaterialien sowie Mieten. Die indirekten Kosten entstehen durch den Ausfall von Arbeitsstunden. Insgesamt haben die Unternehmen im Jahr 2011 je Beschäftigtem (ohne Auszubildende) durchschnittlich 1.035 Euro für Weiterbildung aufgewendet. Differenziert nach Unternehmensgröße zeigt sich, dass kleine Unternehmen mit 1.066 Euro leicht über diesem Mittelwert liegen, mittlere Unternehmen mit 993 Euro leicht darunter und große Unternehmen mit 1030 Euro nahezu auf dem Durchschnitt (Tabelle 3). Großunternehmen geben anteilig und absolut am meisten Geld für eigene Lehrveranstaltungen aus, während KMU am stärksten in externe Lehrveranstaltungen investieren. Das zeigt, dass sowohl KMU als auch Großunternehmen stärker in formelle Weiterbildung (bestehend aus eigenen und externen Lehrveranstaltungen) investieren. Größere Unterschiede treten bei den Informationsveranstaltungen auf, für die KMU wesentlich mehr Geld ausgeben als Großunternehmen. Kleine und mittlere Unternehmen geben außerdem im Vergleich zu Großunternehmen anteilig mehr Geld für direkte Kosten aus und weniger für indirekte Kosten. Das spiegelt den Befund wider, dass in KMU deutlich mehr Weiterbildung in der Freizeit stattfindet, weshalb weniger Arbeitsausfall stattfindet und somit auch weniger Lohnkosten entstehen. Tabelle 3: Kosten der betrieblichen Weiterbildung im Jahr 2010 Direkte und indirekte Kosten je Beschäftigtem ohne Auszubildende nach Weiterbildungsform in Euro, n = 932 Kostenarten Kleine Unternehmen Mittlere Unternehmen Große Unternehmen Direkte Kosten Indirekte Kosten gesamt Direkte Kosten Indirekte Kosten gesamt Direkte Kosten Indirekte Kosten Eigene Lehrveranstaltungen 73 200 273 71 174 245 130 270 400 Externe Lehrveranstaltungen 210 169 379 164 190 354 93 230 324 Informationsveranstaltungen 36 127 162 28 94 121 13 31 44 Lernen in der Arbeitssituation 34 73 107 29 64 93 12 115 127 Selbstgesteuertes Lernen mit Medien 10 30 40 11 18 29 10 42 52 Sonstige Weiterbildungskosten 10 10 12 12 6 6 Weiterbildungspersonal 94 94 139 139 77 77 Insgesamt 469 597 1.066 453 539 993 341 689 1.030 gesamt

Weiterbildung in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) 17 Motive, Freizeiteinsatz und Weiterbildungskosten in kleinen und mittleren Unternehmen Werden die Motive, die Anteile der Weiterbildung in der Freizeit und die Weiterbildungskosten betrachtet, so ergibt sich folgendes Bild: Kleine und mittlere Unternehmen setzen Weiterbildung seltener aus personalpolitischen Motiven ein und sehen häufiger keinen konkreten Weiterbildungsbedarf. Weiterbildung als Mittel zur Mitarbeiterbindung und -rekrutierung wird noch relativ wenig eingesetzt. Gleichzeitig absolvieren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in KMU mehr Weiterbildung in der Freizeit. Dies passt zu dem Befund, dass Weiterbildung nicht zur Mitarbeitermotivation eingesetzt wird, da sie mit hohem Freizeiteinsatz verbunden ist und somit für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unattraktiver sein dürfte als in größeren Unternehmen. Gleichzeitig zeugt der hohe Freizeiteinsatz aber auch von einem großen Engagement und einem großen Interesse der Beschäftigten an Weiterbildung. Im Qualifizierungsmonitor 2012 (GIB, 2012) wird erfragt, wie Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen, die sich Weiterbildung wünschen. Die Auswertungen zeigen, dass kleine Unternehmen eher bereit sind, die Kosten (teilweise) zu übernehmen als die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freizustellen. Die Bereitschaft der kleinen Unternehmen, eher die Kosten zu übernehmen als die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freizustellen, passt auch zu dem Befund, dass kleine Unternehmen vergleichsweise hohe direkte Kosten für Weiterbildung haben. Bei kleinerer Belegschaft ist die Freistellung schwieriger. Andererseits könnte der hohe Freizeiteinsatz ein wichtiger Grund dafür sein, dass Weiterbildung in KMU in so hohem Umfang betrieben wird. So können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterqualifiziert werden ohne die Unternehmen finanziell zu stark zu belasten. Kleine Unternehmen klagen auch nicht häufiger als andere Unternehmen über zu hohe Kosten. Der Qualifizierungsmonitor zeigt jedoch, dass kleine Unternehmen seltener staatliche Förderung für Weiterbildung in Anspruch nehmen als mittlere und große Unternehmen (GIB, 2012). Literatur Bellmann, Lutz/Leber, Ute, 2010, Betriebliche Weiterbildung In der Krise bleibt das Bild zwiespältig, in: IAB-Forum, Heft 1, S. 16 19 BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung, 2012, Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2012, Bonn Bellmann, Lutz/Hohendanner, Christian/Hujer, Reinhard, 2011, Regional Determinants of Employer- Provided Further Training, in: Schmollers Jahrbuch, 131. Jg., Nr. 4, S. 581 598 GIB Gesellschaft für Innovationsforschung und Beratung, 2012, Empiriegestütztes Monitoring zur Qualifizierungssituation der deutschen Wirtschaft, 1. Zwischenbericht, Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, Berlin Heckmann, Markus/Kettner, Anja/Pausch, Stephanie/ Szameitat, Jörg/Vogler-Ludwig, Kurt, 2009, Wie Betriebe in der Krise Beschäftigung stützen, IAB-Kurzbericht 18 Lenske, Werner/Werner, Dirk, 2009, Umfang, Kosten und Trends der betrieblichen Weiterbildung Ergebnisse der IW-Weiterbildungserhebung 2008, in: IW-Trends, 36. Jg., Nr.1, S. 51 66 Werner, Dirk/Neumann, Michael/Erdmann, Vera, 2010, Qualifizierungsmonitor Empiriegestütztes Monitoring zur Qualifizierungssituation der deutschen Wirtschaft, Köln Seyda, Susanne/Werner, Dirk, IW-Weiterbildungserhebung 2011 Gestiegenes Weiterbildungsvolumen bei konstanten Kosten, in: IW-Trends, 39. Jg., Nr. 1, S. 37 54