Elliptische Funktionen

Ähnliche Dokumente
Elliptische Funktionen, elliptische Kurven und Modulformen Die Weierstraß sche -Funktion. Carina Sobotta

5. Die Liouville'schen Sätze

Das Additionstheorem für die Weierstrass sche -Funktion und elliptische Integrale. Peychyn Lai

Die Weierstaÿ'sche -Funktion

1 Die vier Sätze von LIOUVILLE

Die Modulgruppe SL(2, Z)

Doppel-periodische Funktionen und die Weierstraßsche -Funktion. 1 Doppelt-periodische Funktionen

Beispiel Wenn p ein Polynom vom Grad größer gleich 1 ist, ist q : C Ĉ definiert durch q (z) =

Transformationsverhalten der Sigma-Funktion und Existenz sowie Darstellung von elliptischen Funktionen

Meromorphe Funktionen

Der Körper der elliptischen Funktionen Seminar Funktionentheorie bei Prof. Dr. Janko Latschev

2. Klausur zur Funktionentheorie SS 2009

Übungen zur Funktionentheorie

6.7 Isolierte Singularitäten

Probeklausur zu Funktionentheorie, Lebesguetheorie und gewöhnlichen Differentialgleichungen

Komplexe Analysis D-ITET. Serie 8

Perioden. Vortrag zum Seminar Elliptische Funktionen und elliptische Kurven, David Friedrich

Zusammenfassung Analysis 2

4 Anwendungen des Cauchyschen Integralsatzes

Die Weierstraßsche Funktion

Übungen zur Vorlesung Funktionentheorie Sommersemester Lösungshinweise zum Klausurvorbereitungsblatt. (z) i f. 2xe (x2 +y 2) i2ye (x2 +y 2 ) 2

86 Klassifizierung der isolierten Singularitäten holomorpher

Übungen zur Vorlesung Funktionentheorie Sommersemester Musterlösung zu Blatt 10. f(z) f(z) dz

Komplexe Funktionen für Studierende der Ingenieurwissenschaften

a 0, a 1, a 2, a 3,... Dabei stehen die drei Pünktchen für unendlich oft so weiter.

3 Windungszahlen und Cauchysche Integralformeln

Musterlösungen zur Funktionentheorie II-Klausur vom. März

23 Laurentreihen und Residuen

Geometrische Form des Additionstheorems

6.1 Holomorphe Funktionen und Potenzreihen. n=0 α n (z z 0 ) n mit Konvergenzradius größer oder gleich r existiert und

Grenzwerte und Stetigkeit

Potenzreihenentwicklung im Reellen und Komplexen

Kapitel 4. Der globale Cauchysche Integralsatz

10 Logarithmus- und Potenzfunktion

6 Julia-Mengen. 114 Kapitel 2 Konforme Abbildungen

Skriptum Konstruierbare Zahlen. Projekttage Mathematik 2007

1 Reihen von Zahlen. Inhalt:

H.J. Oberle Komplexe Funktionen SoSe Residuensatz

c < 1, (1) c k x k0 c k = x k0

Definition:Eine meromorphe Modulform vom Gewicht k Z ist eine meromorphe. f : H C. (ii) C > 0, so daß f(z) im Bereich Im z > C keine Singularität hat.

Die reellen Zahlen als Dedekindsche Schnitte. Iwan Otschkowski

Die Thetafunktion. Björn Walker und ϑ(τ, z) ist in z sowie in τ eine analytische Funktion, denn:

1 Das Additionstheorem und Folgerungen

n=1 a n mit reellen Zahlen a n einen

Folgen und Reihen Folgen

x, y 2 f(x)g(x) dµ(x). Es ist leicht nachzuprüfen, dass die x 2 setzen. Dann liefert (5.1) n=1 x ny n bzw. f, g = Ω

11. Folgen und Reihen.

1 Angeordnete Körper und Anordnung

DIRICHLET-L-REIHEN UND SATZ VON DIRICHLET ÜBER PRIMZAHLEN IN ARITHMETISCHEN PROGRESSIONEN

5 Die Picardschen Sätze

f(x 0 ) = lim f(b k ) 0 0 ) = 0

Residuum. Für eine in einer punktierten Kreisscheibe D\{a} analytische Funktion f definiert man das Residuum im Punkt a als.

Lösungen zur Klausur Funktionentheorie I SS 2005

Ferienkurs Analysis 1 - Wintersemester 2014/15. 1 Aussage, Mengen, Induktion, Quantoren

Analysis I - Einige Lösungen und Ergänzungen

Laurent-Reihen. Definition 1 (Laurent-Reihe) Unter einer Laurent-Reihe versteht man eine Reihe der Form. c n (z z 0 ) n (2) n=0

30 Metriken und Normen

5 Teilmengen von R und von R n

Kapitel 5 Reihen 196

Topologische Grundbegriffe II. 1 Begriffe auf Mengen

Ultrametrik. Christian Semrau Metrische Räume

KAPITEL 2. Folgen und Reihen

Typ der Residuum Funktion Test Singularität bei a bei a. ; a = i, Res(f; i) = lim z 2 +1 (z i)(z+i) z i 2i

Absolute Konvergenz. Definition 3.8. Beispiel 3.9. Eine Reihe. a n. konvergent ist. Die alternierende harmonische Reihe aber nicht absolut konvergent.

3 Folgen, Reihen, Grenzwerte 3.1 Zahlenfolgen Definition: Eine Folge ist eine geordnete Menge von Elementen an (den sogenannten Gliedern ), die

Die reellen Zahlen als Äquivalenzklassen rationaler Cauchy-Folgen. Steven Klein

c r Addiert man nun beide Reihendarstellungen, so folgt f (ζ) Nach dem Cauchyschen Integralsatz gilt dann auch

Kapitel 3: Die Sätze von Euler, Fermat und Wilson. 8 Der Satz von Euler

3 Meromorphe Funktionen und der Residuenkalkül

Musterlösung. Aufgabe 1 a) Die Aussage ist falsch. Ein Gegenbeispiel ist die Funktion f : [0, 1] R, die folgendermaßen definiert ist:

Thema 4 Limiten und Stetigkeit von Funktionen

Elemente der mengentheoretischen Topologie

Analysis I. 6. Beispielklausur mit Lösungen

2. Integration. {x : f(x) <a+ 1 n }

Abbildungen zwischen Riemannschen Flächen und ihre Eigenschaften Seminar Funktionentheorie bei Prof. Dr. Janko Latschev

Kapitel 24. Entwicklungen holomorpher Funktionen Taylor-Reihen (Potenzreihen und holomorphe Funktionen;

Vollständige Induktion. Analysis I. Guofang Wang. Universität Freiburg

= (n 2 ) 1 (Kurzschreibweise: a n = n 2 ) ergibt die Zahlenfolge 1, 4, 9, 16, 25, 36,.

die gewünschte Schranke gefunden, denn es gilt (trivialerweise) für n N

MAA = MAB + B AA = B CA + CAA BA A Nun sehen wir mit Proposition 10.7 aus dem Skript, dass A M AB gelten muss.

Folgen und Reihen. Thomas Blasi

Wirtschaftsmathematik für International Management (BA) und Betriebswirtschaft (BA)

Übungen zur Funktionentheorie

D-INFK Analysis I FS 2017 Prof. Dr. Özlem Imamoglu. MC-Fragen Serie 1. Einsendeschluss: Freitag, der :00 Uhr

Einführung in die Analysis

Folgen und Reihen. Folgen. Inhalt. Mathematik für Chemiker Teil 1: Analysis. Folgen und Reihen. Reelle Funktionen. Vorlesung im Wintersemester 2014

Kapitel 6. Exponentialfunktion

Konstruktion der reellen Zahlen

GRUNDLAGEN MATHEMATIK

Mathematisches Institut der Universität Heidelberg Prof. Dr. E. Freitag /Thorsten Heidersdorf. Probeklausur

Periodische Funktionen, Fourier Reihen

Die komplexe Exponentialfunktion und die Winkelfunktionen

3.4 Analytische Fortsetzung

28: Holomorphe Funktionen, Potenzreihen und Laurentreihen

Wenn man eine Folge gegeben hat, so kann man auch versuchen, eine Summe. a 0 + a 1 + a 2 +

AUFGABEN ZUR FUNKTIONENTHEORIE. von. Prof. Dr. H.-W. Burmann

11 Fourier-Analysis Grundlegende Begriffe

10 Kriterien für absolute Konvergenz von Reihen

Übungsaufgaben zu Partielle Differentialgleichungen Blatt III vom

7 KONVERGENTE FOLGEN 35. inf M = Infimum von M. bezeichnet haben. Definition. Sei (a n ) n N eine beschränkte Folge in R. Dann heißt.

Transkript:

Elliptische Funktionen Jeff Schomer Universität Freiburg (Schweiz) 27.09.2007

Einleitung In diesem Seminar werden wir über doppelt periodische und elliptische Funktionen sprechen. Nachdem wir grundlegende Definitionen und Eigenschaften bearbeitet haben, besteht unser Ziel darin einfache elliptische Funktionen zu konstruieren. Beginnen wir mit den doppelt periodischen Funktionen. 2 Doppelt periodische Funktionen 2. Definition : Sei f : C C. Dann heisst f periodisch mit P eriode ω 0, falls f(z + ω) = f(z), für alle z C. Sind ω und ω 2 Perioden, so auch mω + nω 2 für n, m Z. 2.2 Definition: f : C C heisst doppelt periodisch, wenn f zwei Perioden ω und ω 2 besitzt mit ω ω 2 Bemerkung : Sei ω ω 2 R. Dann gibt es 2 Fälle: - Sei ω /ω 2 Q, i.e. ω /ω 2 = a/b, mit a, b Z teilerfremd. Dann existieren m, n Z so dass mb + na =. Sei ω = mω + nω 2. Dann ist ω Periode, und man hat: ω = ω /b ω = bω und ω 2 = aω. Also sind ω, ω 2 ganze Vielfache der gleichen Periode ω. - Sei ω /ω 2 / Q. Dann hat f unendlich kleine Perioden und ist somit konstant. (cf. Satz 7.2, Apostol S.57) In beiden Fällen handelt es sich also nicht mehr um 2 unabhängige Perioden, und man kann nicht mehr von einer doppelt periodischen Funktion reden. / R 2.3 Definition: Sei f : C C doppelt periodisch mit Perioden ω, ω 2. Dann heisst (ω, ω 2 ) Fundamental-Paar jede Periode von f ist von der Form mω + nω 2, mit m,n Z. 2.4 Definition: Sei (ω, ω 2 ) ein Fundamental-Paar, dann heisst das von ω, ω 2 erzeugte Periodengitter. Ω = Ω(ω, ω 2 ) := Zω + Zω 2 Bemerkung : Die komplexe Ebene wird durch die Elemente von Ω = Ω(ω, ω 2 ) in kongruente Parallelogramme eingeteilt: Die Eckpunkte der Parallelogramme sind genau die Perioden ω = mω + nω 2. Zu den Randpunkten eines solchen P eriodenparallelogramms zählt man 2 sich schneidende Kanten und ihr Schnittpunkt. 2

2.5 Satz : Sei (ω, ω 2 ) ein Fundamental-Paar. Dann enthält das (abgeschlossene) Dreieck mit den Eckpunkten 0,ω,ω 2 keine weiteren Perioden. Umgekehrt ist jedes Paar von Perioden mit dieser Eigenschaft ein Fundamental-Paar. Beweis. : In einem Periodenparallelogramm befinden sich keine weiteren Perioden ausser den Eckpunkten. Folglich befinden sich auch keine weiteren Perioden in dem Dreieck. : Wenn sich in dem von 0, ω, ω 2 erzeugten Dreieck keine weiteren Perioden befinden, kann man zeigen dass sich wegen ω 2 /ω / R jede Periode als ω = mω + nω 2 schreiben lässt. Somit ist (ω, ω 2 ) ein Fundamental-Paar. 2.6 Definition: Seien (ω, ω 2 ), (ω, ω 2) komplexe Paare mit nicht reellem Quotienten. Dann heissen sie äquivalent, i.e. 2.7 Satz : (ω, ω 2 ) (ω, ω 2) : Ω(ω, ω 2 ) = Ω(ω, ω 2) Seien (ω, ω 2 ), (ω, ω 2) komplexe Paare mit nicht reellem Quotienten. Es gilt: ( ) a b (ω, ω 2 ) (ω, ω 2) A := GL(2, Z) mit det(a) = ±, so dass c d ( ) ( ) ( ) ω 2 a b ω2 = c d ω ω Offensichtlich handelt es sich bei um eine Aequivalenzrelation. 3 Elliptische Funktionen 3. Definition: Sei f : C C. f heisst elliptisch f doppelt periodisch und f meromorph. Nun folgen einige einfache Eigenschaften elliptischer Funktionen: 3.2 Satz : Sei f eine elliptische Funktion. Falls f nicht konstant ist existiert ein Fundamental-Paar von Perioden. Beweis. Weil f elliptisch ist, existieren 2 Perioden mit nicht reellem Quotienten. Man sucht zuerst eine Periode, die sich am nächsten zum Ursprung befindet. Anschliessend sucht man eine geeignete linear unabhängige Periode und benützt Satz 2.5. Bemerkung: Seien f, g elliptische Funktionen (g 0) mit Perioden ω, ω 2, so sind auch f ± g, f g, f/g, f und g elliptische Funktionen mit gleichen Perioden. 3

3.3 Satz : Sei f eine elliptische Funktion. Ist f ohne Pole oder ohne Nullstellen in einem Periodenparallelogramm, so ist f konstant. Beweis. Weil f ohne Pole ist, ist f stetig und beschränkt auf dem Abschluss eines Periodenparallelogramms. Durch die Periodizität ist f auf ganz C beschränkt. Anhand des Satzes von Liouville erhält man, dass f konstant ist. 3.4 Definition: Als Zelle bezeichnet man ein Parallelogramm, das durch Translation aus einem Periodenparallelogramm hervorgeht und weder Pole noch Nullstellen auf dem Rand aufweist. 3.5 Satz : Das Integral von f über den Randzyklus einer Zelle ergibt Null. Beweis. Die Integralbestandteile über parallele Kanten einer Zelle heben sich wegen der Periodizität auf. 3.6 Satz : Die Summe der Residuen einer elliptischen Funktion verschwindet. Beweis. Der Residuensatz und Satz 3.5 angewandt auf eine Zelle ergibt, dass die Summe aller Residuen gleich 0 sein muss. 3.7 Satz : Eine nichtkonstante elliptische Funktion hat in jedem Periodenparallelogramm gleich viele Nullstellen wie Polstellen (jede Anzahl mit Multiplizität gezählt). Beweis. Ist f elliptisch, dann auch f /f. Das Integral von f /f über den Randzyklus Z einer Zelle ergibt also 0. Mit der Formel #Nullstellen #P olstellen = f (z) 2Πi Z f(z) dz erhält man dann das gewünschte Resultat. 3.8 Definition : Die Anzahl der Nullstellen (oder Pole) einer elliptischen Funktion f in einem Periodenparallelogramm heisst die Ordnung der Funktion f. Jede nicht konstante elliptische Funktion hat Ordnung 2. 4 Konstruktion elliptischer Funktionen Das nächste Problem besteht darin eine nicht konstante elliptische Funktion zu erstellen. Dies erreicht man mit folgendem Satz: 4. Satz Sei f(z) = (z ω) 3, wobei Ω = Zω + Zω 2. ω Ω Dann ist f eine elliptische Funktion mit Perioden ω, ω 2 und einem Pol der Ordnung 3 in jeder 4

Periode ω Ω. Um die Konvergenz dieser Reihe zu beweisen, benötigen wir folgende Lemmata: 4.2 Lemma Sei α R. Die unendliche Reihe ω Ω,ω 0 ist absolut konvergent genau dann, wenn α > 2. ω α Beweis. Seien r respektiv R die kleinste respektiv grösste Distanz vom Nullpunkt zu den Kanten des Periodenparallelogramms. Dann erhält man, r ω R für 8 Perioden des Gitter, resp. 2r ω 2R für 2 8 Perioden, usw. Folglich hat man, R ω für 8 Perioden r und des weiteren: R α ω α für 8 Perioden, rα..., (nr) α ω α für n 8 Perioden. (nr) α Nimmt man nun die Summe über die ersten n dieser Ungleichungen, so erhält man: 8 n 8 n R α S(n) kα r α k α (*), wobei S(n) := ω α über die 8( +... + n) k= k= Perioden, die am nächsten bei 0 liegen. Aus (*) kann man schliessen, dass S(n) für α > 2 konvergiert und für α 2 divergiert. 4.3 Lemma 2 Sei α > 2 und R > 0. Die Reihe ω >R (z ω) α ist absolut und gleichmässig konvergent in der Scheibe z R. Beweis. Man suche M (abhängig von R und α), so dass für α gilt: z ω M α ω. Anhand von Lemma garantiert diese Ungleichung die Konvergenz der Reihe. α Obige Ungleichung ist erfüllt für: M = ( R R+d ) α mit d = ω R > 0 minimal. Beweis des Satzes: Nach Lemma 2 ist die Konvergenz von f für ω > R in der Scheibe z R gegeben. Die restlichen Terme der Reihe ( ω > R) sind analytisch, abgesehen von den endlich vielen Polen 3. Ordnung in den Perioden in der Scheibe z R. f ist also eine meromorphe Funktion. Da ω ω (resp. ω ω 2 ) alle Perioden in Ω durchläuft mit Polen der Ordnung 3 in der Scheibe z R folgt wegen der absoluten Konvergenz der Reihe, dass f(z + ω ) = f(z) = f(z + ω 2 ). Also ist f elliptisch. 5 Bibliographie T. Apostol: Modular functions and Dirichlet series in number theory,s.-9,57 5