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Transkript:

Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 887 26. 10. 2016 Antrag der Fraktion der AfD und Stellungnahme des Staatsministeriums Freihandelsabkommen Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen, I. zu berichten 1. ob es zutrifft so die Zeitung taz vom 26. Mai 2015 dass Baden-Württemberg für eine Zustimmung im Bundesrat für das CETA-Abkommen zur Voraussetzung gemacht hat, dass der umfassende Gestaltungsspielraum von Ländern und Kommunen bei der öffentlichen Daseinsvorsorge durch Freihandelsabkommen nicht beeinträchtigt werden darf ; 2. ob es zutrifft, dass laut taz das Gutachten, mit dem sie den Europarechtler Prof. Dr. Nettesheim beauftragt hatte, die Aussage trifft, dass CETA weder Dienstleistungen des Allgemeininteresses umfassend freistellt noch die Wasserversorgung ausnimmt; 3. ob es zutrifft, dass so die taz das Gutachten zum 8. Januar 2016 fertiggestellt worden war, seine Existenz aber sogar dem TTIP-Beirat der Landesregierung bei dessen Beratungen über Auswirkungen von CETA auf die Daseinsvorsorge verschwiegen wurde und ein Mitglied des Beirats über vier Wochen später zufällig bei anderer Gelegenheit vom Gutachter auf die Existenz des Gutachtens hingewiesen wurde; 4. ob es zutrifft und wenn ja, warum, dass das Gutachten nach diesem Vorfall einem Mitglied des Beirats dem Verein Mehr Demokratie zunächst verweigert und dann erst zur Verfügung gestellt wurde, nachdem dieses einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt hatte; 5. ob es zutrifft, dass das Gutachten nun auf einer untergeordneten Seite der Homepage aufgerufen werden kann, über die Suchfunktion der Homepage aber nicht zu finden ist, es keine Pressemitteilung dazu gibt und keine Bewertung ihrerseits dazu bekannt ist; Eingegangen: 26. 10. 2016 / Ausgegeben: 30. 11. 2016 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1

6. ob es zutrifft so die Bundestagsfraktion der GRÜNEN in der Veröffentlichung Freihandelsabkommen CETA ablehnen vom 15. September 2016, dass in CETA trotz aller Bemühungen und Absichtsbekundungen der Landesregierung immer noch Klageprivilegien für ausländische Investoren über den Investor-Staats-Schiedsmechanismus (ISDS) nicht nur noch enthalten sind, sondern auch ausgeweitet werden sollen; 7. ob sie CETA im Bundesrat zustimmen würde, wenn in dem Abkommen nicht ausdrücklich, eindeutig und dezidiert ein Ausnahmekatalog enthalten wäre, der kommunale Daseinsvorsorge, öffentliche und soziale Dienstleistungen und Infrastruktur (so die Aufzählung der Bundestagsfraktion der GRÜNEN in o. g. Papier) schützt und gleichzeitig die Aufweichung von Standards im Verbraucher- und Umweltschutz verhindert sowie das Vorsorgeprinzip erhält; 8. ob sie CETA im Bundesrat zustimmen würde trotz der im Vertrag enthaltenen regulatorischen Kooperation, die bedeutet, dass möglicherweise entscheidende Teile der Vertragsregelungen ohne nochmalige Befassung der nationalen Parlamente geändert werden können, was nach Aussage von Sven Giegold, Mitglied der Fraktion der GRÜNEN im Europaparlament in seinem Interview mit der Jungen Welt vom 20. Oktober 2016 ( Die Hoffnung der Kritiker ruht auf dem Bundesrat ) nichts anderes darstelle als eine Institutionalisierung eines verstärkten Lobbyeinflusses ; 9. ob sie im als Reaktion auf die Kritik am ISDS Wegfall der privaten, geheim tagenden Schiedsgerichte und ihrer Ersetzung durch einen ständigen Gerichtshof mit 15 von Kanada und der EU berufenen Mitgliedern einschließlich Berufungsinstanz den Wegfall eines Zustimmungshindernisses sieht oder die Kritik teilt (so unter anderem MdEP Giegold GRÜNE), wonach es sich um ein Täuschungsmanöver handele und einseitige Klagen gegen demokratische Entscheidungen weiterhin möglich seien (so MdEP Ska Keller gegenüber der TAZ vom 2. Juni 2016 Schiedsgerichte light ); II. einen Kabinettsbeschluss herbeizuführen mit dem Inhalt, dass sie ohne durchgreifende, den Bedenken der Kritiker vollständig und vollinhaltlich Rechnung tragende Änderung des CETA-Abkommens diesem Abkommen im Bundesrat ihre Zustimmung verweigern wird. 26. 10. 2016 Dr. Meuthen, Baron und Fraktion Begründung Zu I. Das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA ist politisch äußerst umstritten. Kritiker sehen darin nicht nur eine Liberalisierung des Freihandels, sondern auch einen Abbau deutscher und europäischer Umwelt- und Verbraucherstandards, die Gefährdung kommunaler Daseinsvorsorge, einen Machtzuwachs des Wirtschaftslobbyismus und die Einführung einer in der Erstfassung von CETA undemokratischen und von unparteiischen Gerichten nicht überprüfbaren halbprivaten und geheimen Schiedsgerichtsbarkeit. CETA wird als Blaupause für das entsprechende Abkommen mit den USA (TTIP) gesehen. Bündnis 90/Die GRÜNEN haben auf ihrer 29. Landesdelegiertenkonferenz CETA in der ursprünglichen Form abgelehnt, und Schätzungen zufolge lehnen 90 Prozent der Basis der Grünen CETA ab (TAZ vom 11. Mai 2016). Die Bundestagsfraktion der GRÜNEN lehnt CETA auch in der gegenwärtigen Form aktuell strikt ab, auch nach der Änderung des Schiedsgerichtswesens hin zu einem ständigen Gerichtshof. 2

Die baden-württembergischen GRÜNEN haben im Koalitionsvertrag mit der CDU Bedingungen für eine Zustimmung zu Freihandelsabkommen formuliert, die nach Auffassung der Antragsteller nicht erfüllt sind im Gegenteil spricht die Handhabung eines von der Landesregierung selbst erstellten Gutachtens dagegen. Im Anschluss an die Anhörung zu CETA im Landtag in Stuttgart hat die Abgeordnete der GRÜNEN, Andrea Lindlohr geäußert: Die Bedenken, die wir bei CETA vor allem hinsichtlich der sensiblen Bereiche Verbraucherschutz, Umweltschutz und kommunale Daseinsvorsorge geäußert haben, sind für uns nach der Anhörung nicht ausgeräumt (Online-Ausgabe Schwäbische Zeitung vom 30. September 2016 Mehrheit der Fraktionen bekennt sich nach Anhörung zu Ceta ). Zu II. Die Bedenken, die bei CETA vor allem hinsichtlich der sensiblen Bereiche Verbraucherschutz, Umweltschutz und kommunale Daseinsvorsorge von den GRÜ- NEN geäußert wurden, sind auch für die AfD nach der Anhörung nicht ausgeräumt. Des Weiteren schließen wir uns den Bedenken, die führende GRÜNE außerhalb der Landespartei und Landtagsfraktion zum Ausdruck bringen, an und lehnen CETA ab. Folgerichtig fordern wir die Landesregierung auf, CETA im Bundesrat abzulehnen. Stellungnahme Mit Schreiben vom 23. November 2016 Nr. V-0147-CETA nimmt das Staatsministerium in Abstimmung mit dem Ministerium der Justiz und für Europa, dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration sowie dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport zu dem Antrag wie folgt Stellung: Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen, I. zu berichten, 1. ob es zutrifft so die Zeitung taz vom 26. Mai 2015 dass Baden-Württemberg für eine Zustimmung im Bundesrat für das CETA-Abkommen zur Voraussetzung gemacht hat, dass der umfassende Gestaltungsspielraum von Ländern und Kommunen bei der öffentlichen Daseinsvorsorge durch Freihandelsabkommen nicht beeinträchtigt werden darf ; Zu 1.: In ihrem Koalitionsvertrag vom 13. März 2016 haben die die Landesregierung tragenden Parteien von Bündnis 90/Die Grünen und der CDU deutlich gemacht, dass aus der Sicht des Landes aus Handelsverträgen und Handelspartnerschaften zwischen der Europäischen Union (EU) und Drittstaaten Chancen, aber auch Risiken erwachsen können. Gleichzeitig haben die Regierungsparteien vereinbart, die Zustimmung zu solchen Abkommen von der Einhaltung der für die EU vereinbarten Standards in den Bereichen Verbraucherschutz und Verbraucherrechte, Arbeitsschutz, Umweltschutz, Datenschutz, soziale Sicherheit, Gesundheitsversorgung, kommunale Daseinsvorsorge, Kultur, Bildung und öffentliche Gerichtsbarkeit bei den Investor-Staats-Klagen abhängig zu machen. Außerdem unterstreichen die Vertragspartner, dafür einzutreten, dass das Recht auf Regulierung und die Verwirklichung berechtigter politischer Ziele auf kommunaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene erhalten bleibt und weiterentwickelt werden kann. Als Basis für die Bewertung der Ergebnisse von ausgehandelten Handelsabkommen betrachtet die Landesregierung weiterhin ihr Eckpunktepapier zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) vom 17. März 2015. Darin heißt es hinsichtlich der öffentlichen Daseinsvorsorge unter anderem, dass der umfassende 3

Gestaltungsraum und die Entscheidungsfreiheit der nationalen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften für die Organisation der Daseinsvorsorge... durch die TTIP nicht beeinträchtigt werden dürfen. Das Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) der EU mit Kanada gilt als ein sogenanntes gemischtes Abkommen, das aus einem unionsrechtlichen Teil und einem europarechtlichen Teil besteht. Nach Unterzeichnung des Abkommens am 30. Oktober 2016 auf dem EU-Kanada-Gipfel ist nun von der EU geplant, die Teile des Abkommens, die in die Zuständigkeit der EU fallen, nach der für Frühjahr erwarteten Erteilung der Zustimmung durch das Europäische Parlament vorläufig anzuwenden. Der mitgliedsstaatliche Teil des Abkommens kann erst nach einer erfolgreichen Ratifizierung in allen EU-Mitgliedstaaten in Kraft treten. Die Bundesregierung hat sich hinsichtlich der Ratifizierung des mitgliedstaatlichen Teils des Abkommens in Deutschland nach Kenntnis der Landesregierung noch nicht formell festgelegt, ob der hierfür notwendige Gesetzesentwurf als Einspruchs- oder als Zustimmungsgesetz auszugestalten ist. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat allerdings am 6. Juli 2016 in einer Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages bereits angekündigt, die Bundesregierung werde den Entwurf eines Ratifizierungsgesetzes vorlegen, das auch im Bundesrat zustimmungspflichtig sei. Als Zustimmungsgesetz würde das Gesetz der Zustimmung der einfachen Mehrheit des Bundesrates bedürfen, um in Kraft treten zu können, wohingegen die Länderkammer bei einer Ausgestaltung als Einspruchsgesetz lediglich die Möglichkeit hätte, einen Einspruch gegen ein Inkrafttreten des Gesetzes einzulegen. Auch ist der Landesregierung keine offizielle Verlautbarung der Bundesregierung bekannt, wann mit Vorlage eines entsprechenden Gesetzesentwurfes zu rechnen ist. Sobald der zur innerstaatlichen Ratifizierung des mitgliedstaatlichen Teils des Abkommens in Deutschland notwendige Gesetzesentwurf vorliegt, wird die Landesregierung diesen im Lichte der Festlegungen des Koalitionsvertrages prüfen und ihr Abstimmungsverhalten im Bundesrat angesichts der Ergebnisse dieser Prüfungen festlegen. 2. ob es zutrifft, dass laut taz das Gutachten, mit dem sie den Europarechtler Prof. Dr. Nettesheim beauftragt hatte, die Aussage trifft, dass CETA weder Dienstleistungen des Allgemeininteresses umfassend freistellt noch die Wasserversorgung ausnimmt; 3. ob es zutrifft, dass so die taz das Gutachten zum 8. Januar 2016 fertiggestellt worden war, seine Existenz aber sogar dem TTIP-Beirat der Landesregierung bei dessen Beratungen über Auswirkungen von CETA auf die Daseinsvorsorge verschwiegen wurde und ein Mitglied des Beirats über vier Wochen später zufällig bei anderer Gelegenheit vom Gutachter auf die Existenz des Gutachtens hingewiesen wurde; 4. ob es zutrifft und wenn ja, warum, dass das Gutachten nach diesem Vorfall einem Mitglied des Beirats dem Verein Mehr Demokratie zunächst verweigert und dann erst zur Verfügung gestellt wurde, nachdem dieses einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt hatte; 5. ob es zutrifft, dass das Gutachten nun auf einer untergeordneten Seite der Homepage aufgerufen werden kann, über die Suchfunktion der Homepage aber nicht zu finden ist, es keine Pressemitteilung dazu gibt und keine Bewertung ihrerseits dazu bekannt ist; Zu 2. bis 5.: 4 In der vorangegangenen Wahlperiode des baden-württembergischen Landtags hat das Staatsministerium, in dem zu dieser Zeit die Europapolitik der Landesregierung ressortierte, bei Professor Dr. Martin Nettesheim von der Universität Tübingen ein Gutachten zu CETA in Auftrag gegeben. Das Gutachten zu den Auswirkungen von CETA auf den politischen Gestaltungsspielraum von Ländern und Gemeinden wurde dem Staatsministerium im Januar 2016 zugeleitet, musste jedoch aufgrund der damals stattfindenden Nachverhandlungen zwischen der EU und Kanada auf Basis des im Februar überarbeiteten CETA-Vertragstextes erneut überprüft werden. Professor Dr. Nettesheim kam in seiner Überprüfung zum Schluss, dass ungeachtet

der damaligen Nachverhandlungen an den Ergebnissen seines Gutachtens festgehalten werden konnte und keine Überarbeitung notwendig war. Die Studie wurde nach Abschluss der Überprüfung am 24. Mai 2016 auf der Hauptthemeninternetseite des Staatsministeriums zu TTIP und CETA im Internet veröffentlicht und ist dort auch weiterhin zu finden. Zugleich wurden auch die Mitglieder des TTIP-Beirats der Landesregierung über das Gutachten informiert. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung steht in keinem Zusammenhang mit etwaigen Anfragen im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes, sondern war ohnehin beabsichtigt. Die Ergebnisse des Gutachtens, die sich nunmehr auf den Stand des Vertragstextes vom Frühjahr 2016 beziehen, unterstützen die Arbeit des Beirates der Landesregierung und fließen in die politische Bewertung des Handelsabkommens zwischen der EU und Kanada ein. Festzuhalten ist allerdings, dass es zwischenzeitlich Veränderungen bezüglich des gemeinsamen Auslegungsinstrumentes der Vertragsparteien sowie der offiziellen deutschen Übersetzung des Vertragstextes gegeben hat. Ergänzend hinsichtlich Frage 2: Die Aussage der taz trifft nicht zu. In Bezug auf die angesprochene Wasserversorgung heißt es in dem Gutachten auf Seite 25 und 26 im Gegenteil: Es sei am Rande erwähnt, dass der von der EU eingelegte Vorbehalt im Bereich der Wasserwirtschaft als Gegenbeispiel für eine gelungene Freistellung dienen kann. Er bezieht sich nicht lediglich auf den Marktzugang, sondern auch auf die Inländerbehandlung. Sachlich ist er so umfassend und eindeutig erklärt, dass keine Zweifel an der Reichweite und der Tragfähigkeit bestehen. 6. ob es zutrifft so die Bundestagsfraktion der GRÜNEN in der Veröffentlichung Freihandelsabkommen CETA ablehnen vom 15. September 2016, dass in CETA trotz aller Bemühungen und Absichtsbekundungen der Landesregierung immer noch Klageprivilegien für ausländische Investoren über den Investor- Staats-Schiedsmechanismus (ISDS) nicht nur noch enthalten sind, sondern auch ausgeweitet werden sollen; 7. ob sie CETA im Bundesrat zustimmen würde, wenn in dem Abkommen nicht ausdrücklich, eindeutig und dezidiert ein Ausnahmekatalog enthalten wäre, der kommunale Daseinsvorsorge, öffentliche und soziale Dienstleistungen und Infrastruktur (so die Aufzählung der Bundestagsfraktion der GRÜNEN in o. g. Papier) schützt und gleichzeitig die Aufweichung von Standards im Verbraucher- und Umweltschutz verhindert sowie das Vorsorgeprinzip erhält; 8. ob sie CETA im Bundesrat zustimmen würde trotz der im Vertrag enthaltenen regulatorischen Kooperation, die bedeutet, dass möglicherweise entscheidende Teile der Vertragsregelungen ohne nochmalige Befassung der nationalen Parlamente geändert werden können, was nach Aussage von Sven Giegold, Mitglied der Fraktion der GRÜNEN im Europaparlament in seinem Interview mit der Jungen Welt vom 20. Oktober 2016 ( Die Hoffnung der Kritiker ruht auf dem Bundesrat ) nichts anderes darstelle als eine Institutionalisierung eines verstärkten Lobbyeinflusses ; 9. ob sie im als Reaktion auf die Kritik am ISDS Wegfall der privaten, geheim tagenden Schiedsgerichte und ihrer Ersetzung durch einen ständigen Gerichtshof mit 15 von Kanada und der EU berufenen Mitgliedern einschließlich Berufungsinstanz den Wegfall eines Zustimmungshindernisses sieht oder die Kritik teilt (so unter anderem MdEP Giegold GRÜNE), wonach es sich um ein Täuschungsmanöver handele und einseitige Klagen gegen demokratische Entscheidungen weiterhin möglich seien (so MdEP Ska Keller gegenüber der TAZ vom 2. Juni 2016 Schiedsgerichte light ); Zu 6. bis 9.: Es ist nicht die Aufgabe der Landesregierung, Aussagen von Fraktionen oder einzelnen Mitgliedern des Deutschen Bundestages oder des Europäischen Parlaments zu kommentieren oder zu bewerten. Zu Fragen des Investitionsschutzes und des zugehörigen Streitbeilegungsmechanismus in dem am 30. Oktober 2016 zwischen der EU und Kanada unterzeichneten Abkommen verweist die Landesregierung auf 5

Kapitel 8 des öffentlich zugänglichen Vertragswerkes. Zur Frage der Festlegung des Abstimmungsverhaltens der Landesregierung zu CETA im Bundesrat sei auf die Antwort auf Frage 1 verwiesen. II. einen Kabinettsbeschluss herbeizuführen mit dem Inhalt, dass sie ohne durchgreifende, den Bedenken der Kritiker vollständig und vollinhaltlich Rechnung tragende Änderung des CETA-Abkommens diesem Abkommen im Bundesrat ihre Zustimmung verweigern wird. Zu II.: Zur Frage der Festlegung des Abstimmungsverhaltens der Landesregierung zu CETA im Bundesrat sei auf die Antwort auf Frage 1 verwiesen. Murawski Staatsminister und Chef der Staatskanzlei 6