FACHSPRACHE. Einführung

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Transkript:

FACHSPRACHE Einführung

FACHTEXT Der Fachtext ist Instrument und Resultat der im Zusammenhang mit einer spezialisierten gesellschaftlich-produktiven Tätigkeit ausgeübten sprachlich-kommunikativen Tätigkeit; er besteht aus einer endlichen, geordneten Menge logisch, semantisch und syntaktisch kohärenter Sätze (Texteme) oder satzwertiger Einheiten, die als komplexe sprachliche Zeichen komplexen Propositionen im Bewusstsein des Menschen und komplexen Sachverhalten in der objektiven Realität entsprechen. Zitiert nach ROELCKE (1999, 21).

FACHTEXT Roelcke selbst definiert den Fachtext wie folgt: * + als komplexe und zugleich kohärente sprachliche Äußerungen (in der Regel oberhalb der Satzgrenze) im Rahmen der Kommunikation innerhalb eines bestimmten menschlichen Tätigkeitsbereiches * +, deren sprachliche Merkmale hierbei eine kommunikationsunterstützende Wirkung zeigen (sollen). * + Eine solche semiotische Bestimmung von Fachtexten fasst fachliche Texte als kohärente Zeichenkomplexe im Rahmen der Kommunikation eines bestimmten Fachbereiches auf, deren sprachliche und nichtsprachliche Strukturen eine kommunikationsunterstützende Wirkung zeigen.

FACHSPRACHE Es gibt keine einheitliche Definition der Fachsprache, sondern es gibt mehrere. Zum Beispiel FLUCK (1996, 11) bietet folgende Benennungen der Fachsprache an: Arbeitssprache, Berufssprache, Gruppensprache, Handwerkersprache, Sekundärsprache, Sondersprache, Standessprache oder Teilsprache. Wir können feststellen, dass in diesen Benennungen verschiedene Begriffe (Inhalt, Funktion, sprachliches Material) unterschiedlicher sprachwissenschaftlichen Disziplinen mehr oder weniger berücksichtigt werden

FACHSPRACHE Aus der Mitte der 70er Jahre stammt die bekannte Definition der Fachsprache von HOFFMANN: Fachsprache das ist die Gesamtheit aller sprachlichen Mittel, die in einem fachlich begrenzbaren Kommunikationsbereich verwendet werden, um die Verständigung zwischen den in diesem Bereich tätigen Menschen zu gewährleisten. Zitiert nach ROELCKE (1999, 17).

FACHSPRACHE Nach FLUCK (1996, 194) ist die Fachsprache durch eine charakteristische Auswahl, Verwendung und Frequenz sprachlicher Mittel besonders auf den Systemebenen Morphologie, Lexik, Syntax und Text bestimmt. MÖHN und PELKA (1984, 26) verstehen die Fachsprache als eine Variante der Gesamtsprache, die sich durch eine spezifische Auswahl und Nutzung sprachlicher Mittel in morphologischer, lexikalischer (z.b. Fachwörter oder Termini), syntaktischer (z.b. Passiv, partizipiale Attribute) und textlicher Hinsicht auszeichnet (MÖHN und PELKA 1984, 26)

Die Fachsprachen können nach unterschiedlichen Kriterien gegliedert werden. Wir richten uns auf horizontale und vertikale Gliederung. Die erstere folgt Fächergliederungen und Fachbereichseinteilungen, die letztere folgt Abstraktionsebenen innerhalb eines einzelnen Faches (ROELCKE 1999, 34, 38).

Bei der horizontalen Gliederung werden die Fächer bzw. Fachsprachen nebeneinander gestellt. Es gibt keine Angaben über die Zahl der Fachsprachen. Man kann aber annehmen, dass es etwa ebenso viele Fachsprachen wie Fachbereiche gibt. Es sollte darauf hingewiesen werden, dass man als einen Fachbereich nicht nur große Komplexe wie Wirtschaft oder Medizin betrachtet, sondern es werden deren Teilbereiche einbezogen wie Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft, Rechnungswesen, bzw. Anatomie, Pathologie, Pharmazie usw.

Die wohl bekannteste und innerhalb der meisten fachsprachenlinguistischen Ansätze anerkannte Gliederung sieht drei fachlich wie sprachlich zu unterscheidende Bereiche vor. In sprachlicher Hinsicht handelt es sich um Fachsprachen (ROELCKE 1999, 34 ff.): 1) der Wissenschaft 2) der Technik 3) der Institutionen

Ad 1) Zur Wissenschaftssprache gehören dann die Sprache der Naturwissenschaft und die Sprache der Geisteswissenschaft. Die Wissenschaftssprache wird auch als Theoriesprache bezeichnet. Die Bildung der Theorie sowie deren sprachliche Erfassung und Vermittlung spielen bei der Wissenschaftssprache eine entscheidende Rolle.

Als Beispiel einer vertikalen Fachsprachengliederung ist die von ISCHREYT zu nennen. Er setzt dabei drei fachliche und sprachliche Abstraktionsebenen an: 1) Wissenschaftssprache stellt die obere Abstraktionsebene dar und wird in Forschung oder Entwicklung unter Spezialisten zumeist in der Schriftform verwendet. 2) Fachliche Umgangsprache stellt die mittlere Abstraktionsebene dar und dient der unmittelbaren und zumeist mündlichen Kommunikation unter den Spezialisten selbst. 3) Werkstattsprache stellt die unterste Abstraktionsebene dar und kommt sowohl in schriftlicher, als auch in mündlicher Form vor. Sie wird in Produktion, Verwaltung oder Verkauf vor allem im Rahmen der Techniksprache verwendet. Zitiert nach ROELCKE (1999, 38 40).

1) Sprache der theoretischen Grundlagenwissenschaften Sie zeichnet sich semiotisch durch den (partiellen) Gebrauch von künstlichen Symbolen für Elemente wie Relationen. 2) Sprache der experimentellen Wissenschaften Deren semiotische Charakteristika bestehen in dem Gebrauch künstlicher Symbole für Elemente und natürlichsprachiger Syntax für Relationen.

3) Sprache der angewandten Wissenschaften und der Technik Semiotisch ist diese durch natürliche Sprache mit starker Terminologisierung und verbindlicher Syntax zu charakterisieren. 4) Sprache der materiellen Produktion Deren Kennzeichen sind zum einen eine natürliche Sprache mit verhältnismäßig starker Terminologisierung und einer vergleichsweise unverbindlichen Syntax.

5) Sprache der Konsumtion Sie zeigt eine natürliche Sprache mit wenigen Termini und weitgehend unverbindlicher Syntax. Ad 1) und 2) entspricht der Wissenschaftssprache und ad 3) und 4) der fachlichen Umgangssprache und schließlich ad 5) der Werkstattsprache aus der oben genannten Gliederung von Ischreyt.

Bibliographie FLUCK, Hans-Rüdiger (1996): Fachsprachen: Eine Einführung und Bibliographie. 5. Aufl. Tübingen Basel MÖHN, Dieter, PELKA, Roland (1984): Fachsprachen. Eine Einführung. Tübingen ROELCKE, Thorsten (1999): Fachsprachen. Berlin