Der eiskalte Jargon der Verachtung

Ähnliche Dokumente
Ökonomisierung der Gesellschaft und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Anna Klein

IKG Institut für interdisziplinäre

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft. Fachtagung Radikalisierung junger Menschen vorbeugen. Daniela Krause 10.

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Entstehung und Überwindung (un)bewusster Vorurteileund Feindbilder

Behindertenfeindlichkeit als Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit - Folge einer desintegrierten Gesellschaft?

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit Eine Auswertung der GMF-Surveys für den Regierungsbezirk Gießen

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern

Gespaltene Mitte Feindselige Zustände Gespaltenes Land?

Startseite Kontakt Sitemap Impressum. Suche. Sprache. Beiträge Über Uns Institutionen Service Kalender Judentum. Datum / Zeitraum: Beitragsart:

Deutsche Zustände Unruhige Zeiten. Presseinformation. zur Präsentation der Langzeituntersuchung Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Integration ohne Angst und Gewalt Prof. Dr. Andreas Zick

Diskriminierung bleibt? Ergebnisse der Studie Homophobie in NRW

Die Abwertung von Menschen mit Behinderung in Deutschland Ein Element der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit im Fokus von Effizienzkalkülen

Zusammenfassung zentraler Ergebnisse

Muslimfeindlichkeit in Berlin 2003 bis Eine Sonderauswertung von Langzeitstudien im Auftrag des Mediendienstes Integration. von Daniela Krause

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und soziale Ausgrenzung

Von der Ungleichwertigkeit zur Ungleichheit: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Arbeitslos, nutzlos, abgewertet. Vorurteile gegenüber Arbeitslosen sind in Deutschland weit verbreitet.

Die Mitte in der Krise

Die Mitte in der Krise

Presse-Handout. Zusammenfassung zentraler Ergebnisse. Berlin,

IKG Institut für interdisziplinäre

Zentrale Ergebnisse aus der Befragung in Altenburg

Rechtsradikale Wahlergebnisse und soziale Problemlagen in Niedersachsens Regionen

Institut für Soziologie Werner Fröhlich, Christian Ganser, Benjamin Gedon, Andreas Schneck. Methoden der quantitativen Sozialforschung I

Deutsche Zustände Das entsicherte Jahrzehnt. Presseinformation. zur Präsentation der Langzeituntersuchung Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Vorurteile und ihre Hintergründe Ergebnisse aus der 10-Jahres Studie Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Religion ohne Gewalt? (I) Sozialpsychologische Perspektiven

Deutsche Zustände. in Zeiten der Krise. Presseinformation. zur Präsentation der Langzeituntersuchung Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Rechtsextreme Kampagnen Organisationsstrategien in Norddeutschland

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Ja-Prozente bei 6-stufigen Antwortskalen

Die Wirkung von gemeinsamen Werten auf die Schaffung eines nachhaltigen gemeinsamen Friedens in Europa

Muslimfeindlichkeit in Mecklenburg-Vorpommern bis Eine Sonderauswertung von Langzeitstudien im Auftrag des Mediendienstes Integration

Spezialisten für die Zukunft. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17. September 2006, S. 60

Aktuelle Daten zur Gesellschaft Christoph Huth und Robert Römer. VSOP-Jahrestagung Erfurt,

Xenophobie & Anforderungen an das Lehrerhandeln. Kurzreferat, Heterogenität M 2.4, Dr. Lütjen von Katharina Hopf & Rebecca Molitor

Vermögensungleichheit in Deutschland

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Gemeinschaftsschule im Kontext gesellschaftlicher Exklusion

Bedingungsloses Grundeinkommen

Das Projekt. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Europa

Vorurteile haben nur die anderen Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Homophobie in Nordrhein-Westfalen Sonderauswertung der Studie Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Parallelgesellschaft, Ghettoisierung und Segregation Norbert Gestring

Die enthemmte Mitte Autoritäre und rechtsextreme Einstellung in Deutschland -

Soziale Beziehungen & Gesellschaft - Proseminar Sommersemester

Was sind Werte wert? Christian Friesl 22. April 2010

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Rassismus in der Mitte der Gesellschaft. (c) Laura Wallner, M.A., Universität Würzburg, GSiK

Dr. Barbara Lindemann. Fragebogen. Kolloquium zur Externen Praxisphase. Dr. Barbara Lindemann 1

Bildung. oder die Möglichkeiten selbstbestimmter Lebensführung. Heinz-Elmar Tenorth

Kernlehrplan Politik / Wirtschaft der Graf-Engelbert-Schule Bochum Jahrgangsstufe 9

Presseunterlage. EU-SILC: Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung sinkt weiter

Meinungen zum Islam und Muslimen. in Deutschland und Europa. Andreas Zick & Beate Küpper

Ökonomische Situation österreichischer Landwirtinnen und Landwirte

Die Währungsunion ist krisenfester, als viele denken

Kleiner politischer Aufguß aus dem neoliberalen Jetzt:

Herzlich Willkommen!

Zwischenergebnisse 5 Berufseinstieg und subjektive Verunsicherung

Sicherheit und Bedrohung

RECHTSEXTREMISMUS AKTUELLE ENTWICKLUNGEN IN SCHLESWIG-HOLSTEIN UND DITHMARSCHEN

Prof. Dr. Andreas Zick

Wie der Euro Europa spaltet

Arm an Einkommen arm an Beteiligungschancen?

Migration, Sucht und Gesundheit: politische Aktualität und Perspektiven

Abstiegsängste in der Arbeitswelt von heute. Prof. Dr. Bettina Kohlrausch 2. März 2018

Editorial. Bildung und Kompetenzen Schüssel zu einem Wachstum, von dem alle profitieren

Gesundheitliche Auswirkungen von Armut

Wer nicht von Reichtum redet, sollte über Armut schweigen

Martin Siegel Verena Vogt Leonie Sundmacher. Dienstag, 18. März Technische Universität Berlin Gesundheitsökonomisches Zentrum (BerlinHECOR)

Marktwirtschaft. Zu den unternehmerischen Vorteilen und notwendigen Rahmenbedingungen einer sozialen Utopie

Verbundenheit mit der EU bzw. Verbundenheit mit Deutschland:»Menschen fühlen sich unterschiedlich stark mit Deutschland, Europa, ihrem Bundesland und

AndersOrte Ulrich Brand, St. Virgil Salzburg,

Erster Armuts- und Reichtumsbericht Baden-Württemberg

Schweizer Mittelschichtsfamilien im Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie

Im Fokus: Privathaushalte in Deutschland

Krise trifft voll den Arbeitsmarkt

Ungleichheit: Wahrnehmung und Wirklichkeit - Ein internationaler Vergleich

Ungleichheit: Wahrnehmung und Wirklichkeit - Ein internationaler Vergleich

Gerechtigkeit alles eine Frage der Wahrnehmung

LEBENSZEITEN UND MIGRATION

Eine Veranstaltungsreihe

Andreas Mielck. Gliederung Einführung Methodische Ansätze Empirische Studien in München Zusammenfassung und Ausblick

Wichtigkeit der Aufgabenbereiche der Landwirtschaft

Mobbing aufgrund von Fremdheit. Seminar zum Thema Heterogenität Dienstag, Uhr Bildungswissenschaften Modul 2.4 Fr. Dr.

INFRASTRUKTURPOLITIK IN ZEITEN KNAPPER ÖFFENTLICHER BUDGETS

DEUTSCHER PRÄVENTIONSTAG

Feminin femininer Feminismus Wie viel Weiblichkeit verträgt die Politik?

Altersbilder neu denken

Lucius Teidelbaum Obdachlosenhass und Sozialdarwinismus. Eine Einführung in das Phänomen der Obdachlosenfeindlichkeit.

Die Wirtschaft nach der Krise und in der Schuldenbremse Eine Analyse der Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft

Jeder Mensch ist von Gelegenheiten umgeben. Aber diese existieren erst, wenn er sie erkannt hat. Und er erkennt sie nur, wenn er nach ihnen sucht!

Die Vorurteile der anderen. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sta9 Toleranz und Weltoffenheit von Andreas Zick

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Sachsen

Zur Rolle von Wirtschaftswachstum im Lichte der modernen Glücksforschung

Religiöse Pluralität als Bedrohung oder kulturelle Bereicherung?

Theoretische Rahmenkonzepte

Professor Dr. Robert Kappel CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag

Transkript:

10. Armutskonferenz 20 Jahre Armutspolitik und Politik gegen Armut Der eiskalte Jargon der Verachtung Die Ökonomisierung der Gesellschaft als Nährboden für Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in oberen Statusgruppen Bildungszentrum St. Virgil, Salzburg, 23. Februar 2015 Eva Groß

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit = Vorurteile

Syndrom Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit Muslimfeindlichkeit

Ökonomisierung der Gesellschaft

Ökonomisierungstendenzen (Bröckling 2007) Konkurrenz als allgemeingültiges Prinzip Wettbewerbsmechanismen generalisiert Markt = Universales Modell der Vergesellschaftung Erfolgsprinzip ersetzt Leistungsprinzip => Spaltung/Dichotomisierung der Gesellschaft in Gewinner und Verlierer (Neckel, 2008) Gesellschaftliches Leitbild des unternehmerischen Selbst (Bröckling 2007) -> hat Einfluss auf Mentalitäten und Lebenseinstellungen der Individuen

Die Aufrufungen des unternehmerischen Selbst sind totalitär. Ökonomischer Imperativ und ökonomischer Imperialismus Fallen darin zusammen Ulrich Bröckling 2007

Das Leitbild des unternehmerischen Selbst: Anforderungen an das Individuum Ziel: eigener Lebensweise eine unternehmerische Form zu geben Ständige Veränderung, um auf Marktturbulenzen reagieren zu können Sich selbst optimieren Dieser Typ Mensch macht wirtschaftliches und persönliches Wachstum möglich!

Messung und Ausmaße unternehmerischer Universalismus Zustimmung in Prozent, GMF Survey 2014 (2010) Trifft... Anteil Zustimmung (4 oder 5 auf 5- stufiger Skala) gültige N Unternehmerischer Universalismus Jeder hat heute die Möglichkeit etwas aus sich zu machen Wer sich nicht selbst motivieren kann, ist selber schuld wenn er scheitert Wer nicht bereit ist, was Neues zu wagen, ist selbst schuld wenn er scheitert Wer keine Ideen hat, wie er sich gut verkaufen kann, ist selbst schuld wenn er scheitert 68,2 (2010, 4- stufig) 836 56 1898 62,1 1896 37,5 1895

Verteilung nach dem subjektiven Sozialstatus Zustimmung in Prozent, Survey 2014

Messung und Ausmaße Wettbewerbsideologie Zustimmung in Prozent, Survey 2014 (Fragile Mitte, feindselige Zustände) Trifft... Anteil Zustimmung (4 oder 5 auf 5- stufiger Skala) N Wettbewerbside ologie Der Schlüssel zum Erfolg ist, besser als die Anderen zu sein 56,8 1915 Fortschritt gibt es nur durch Wettbewerb. 61,8 1915

Verteilung nach dem subjektiven Sozialstatus Zustimmung in Prozent, Survey 2014

Ökonomisierung und Menschenfeindlichkeit Wer wertet wen warum ab?

Fokus langzeitarbeitslose Personen und andere vermeintlich ökonomisch Nutzlose Stehen ganz unten in der neoliberalen Hierarchie (Gewinner/Verlierer, vgl. Neckel 2008) Zur Zementierung der»dichotomien im Gesellschaftsbild der Gegenwart«(Neckel 2009: 1) werten insbesondere obere Statusgruppen im Namen des neoliberalen Leibildes ab (SDT, vgl. Sidanius, Pratto 1999) Insbesondere in Zeiten der Krise, wenn die bestehende Statushierarchien gefährdet sind, sollte dieser Mechanismus greifen

Einzelitems GMF Erhebung 2014 Abwertung von Langzeitarbeitslosen 2007 2008 2009 2010 2011 2014 Die meisten Langzeitarbeitslosen sind nicht wirklich daran interessiert, einen Job zu finden. 49,3 50,5 47,0 47,4 52,7 44,8 Ich finde es empörend, wenn sich die Langzeitarbeitslosen auf Kosten der Gesellschaft ein bequemes Leben machen. 60,8 63,4 57,2 58,9 61,2 61,8

Zustimmung zu einzelnen Facetten von GMF in verschiedenen Altersgruppen

Zustimmung zu allen Facetten von GMF nach sozioökonomischer Selbstverortung (Erhebung 2014)

(Exemplarisch) Wettbewerbsideologie und Abwertung in unterschiedlichen Statusgruppen (Erhebung 2014)

Korrelationen Bsp.: Zusammenhang Fremdenfeindlichkeit und Einkommen Einkommen (0-5000 Euro) Fremdenfeindlichkeit -,26 Korrelationskoeffizienten können einen Wert von -1 bis 1 annehmen: -1: perfekter negativer Zusammenhang (alle Personen mit geringem -Einkommen sind stark fremdenfeindlich, alle Personen mit hohem Einkommen sind es nicht) -,26: tendenziell gilt, je höher das Einkommen, desto geringer ist die Fremdenfeindlichkeit (negativer Zusammenhang) 0: es gibt keinen Zusammenhang zwischen Einkommen und Fremdenfeindlichkeit,26: tendenziell gilt, je höher das Einkommen, desto höher ist die Fremdenfeindlichkeit (positiver Zusammenhang) 1: perfekter positiver Zusammenhang (alle Personen mit hohem Einkommen sind stark fremdenfeindlich, alle Personen mit niedrigem Einkommen sind es nicht)

Korrelationen zwischen Wettbewerbsideologie und GMF

Abwertung durch Wettbewerbsideologie in unterschiedlichen Statusgruppen (Erhebung 2014)

Korrelationen zwischen Wettbewerbsideologie und GMF

Also: Ökonomistische Ideologien gehen in der oberen Status Gruppe insgesamt deutlich stärker mit der Abwertung schwacher Gruppen einher als in der mittleren und unteren Statusgruppe Aber: Was ist mit Krise und Bedrohung des Status? Der Kriseneffekt #1

Zusammenhänge von Bedrohung mit Wettbewerbsideologie in unterschiedlichen Statusgruppen

Zusammenhänge von Bedrohung mit unternehmerischem Universalismus in unterschiedlichen Statusgruppen

Was bewirken die ökonomistischen Ideologien in den unterschiedlichen Statusgruppen wenn durch Statusbedrohung befeuert? Der Kriseneffekt #2

Zusammenfassung Ökonomistische Ideologien weisen insbesondere in der oberen Statusgruppen starke Zusammenhänge mit GMF auf Der Kriseneffekt #1: Individuelle Krisenbedrohung verstärkt Ökonomisierung in Form ökonomistischer Ideologien (Einstellungsebene) insbesondere in der oberen Statusgruppe Der Kriseneffekt #2: Gleichzeitig nimmt der Zusammenhang mit Abwertung unter der Bedingung einer individuellen Krisenbedrohung insbesondere in der oberen Statusgruppe zu

Diskussion Welche Rolle kommt den oberen Statusgruppen zu? Warum sind sie wichtig? Insbesondere in Krisenzeiten scheinen über ökonomistische Ideologien Abwertungsmechanismen und Entsolidarisierung in den oberen Statusgruppen begünstigt zu sein Was tun mit ökonomistischen Ideologien und Leibildern? Sind sie Trittbretter für die Abwertung von Nutzlosen, oder notwendig um zu überleben? AfD und PEGIDA und HOGESA?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit