Risikomanagementstrategien MRC Credit Strategy Kreditrisiken differenzierter steuern
Mit der aktuellen Wirtschaftskrise sinken die am Markt verfügbaren Deckungssummen für Kreditversicherungen, sodass der kundenseitige Bedarf nicht mehr in angemessenem Umfang bedient werden kann. Im Gegensatz zu anderen Versicherungen greift bei Kreditversicherern in Krisenzeiten nicht der übliche Risikoausgleich im Kollektiv. Die Insolvenzwahrscheinlichkeit von Unternehmen, und somit der Risikoumfang auf Seiten des Versicherers, wird direkt von der konjunkturellen Entwicklung beeinflusst. Wahrgenommene Probleme Der Kreditversicherer sichert nicht alle Kundenforderungen ab. Die Zuverlässigkeit des Kreditversicherers wird z. B. durch die überraschende Kündigung von Deckungen auf Portfoliobasis angezweifelt. Ein positiver Wertbeitrag der angebotenen Deckung scheint nicht mehr gegeben zu sein. Es gibt Zweifel, ob die PD*-Schätzungen des Versicherers kundenspezifisch und ausreichend valide sind. Der aktuelle Kreditversicherungsprämiensatz ist kompetitiv. Wenn allerdings Limite gestrichen oder reduziert werden, sind zusätzliche bzw. alternative Deckungen sofern verfügbar sehr teuer. Zur Abschätzung der Insolvenzwahrscheinlichkeit einzelner Debitoren werden kennzahlenorientierte Ratings herangezogen. Der hierbei betrachtete Zeitraum umfasst in der Regel die letzten drei bis fünf Geschäftsjahre. Somit werden im Wesentlichen auch nur die in den letzten Jahren eingetretenen Risiken berücksichtigt. Aufgrund dieser historischen Betrachtungsweise besteht die Gefahr, dass im Rating-Prozess selten auftretende Risiken wie z. B. Wirtschaftskrisen nicht ausreichend in Betracht gezogen werden. Diese Form des Ratings bewirkt zunehmend Unsicherheit hinsichtlich seiner Aussagekraft, was sich wieder negativ auf die Bereitstellung von Limiten für Forderungsausfälle auswirken kann. Problemursachen Der Kreditversicherer hat vermutlich nicht die Risikotragfähigkeit, um ein Kreditrisiko über den Konjunkturzyklus hinweg abzusichern. In konjunkturellen Schwächephasen mit höheren marktökonomischen Risiken erfolgt eine Reduzierung des Versicherungsvolumens Der Kreditversicherer stützt sich im Wesentlichen auf traditionelle, also vergangenheitsbezogene Finanz-Ratings und hat keine simulationsbasierten Ratings, um zukünftige Risiken adäquat in der PD-Schätzung zu erfassen. Rückzug aus dem Risiko, da fehlende valide PD-Schätzung Implikationen Notwendig sind alternative oder ergänzende Formen des Umgangs mit Kreditrisiken, da strukturelle Ursachen für die Probleme in der Branche der Kreditversicherer bestehen. *PD = Probability of Default / Ausfallwahrscheinlichkeit 1
Um Unternehmen dabei zu unterstützen, sich aus der Abhängigkeit (hinsichtlich Risikoinformation und -transfer) von Kreditversicherern zu lösen und langfristige Absicherungsstrategien für Kreditrisiken zu schaffen, ist ein alternativer Lösungsansatz notwendig. Es gilt, ausgehend von den individuellen Zielen und Rahmenbedingungen des jeweiligen Unternehmens, kombi- nierbare Lösungsansätze zu entwickeln, diese sowohl qualitativ als auch quantitativ zu bewerten und zu einem Gesamtkonzept zu integrieren. Dies wird durch folgenden Top-down-Ansatz erreicht: Top-down-Ableitung eines nachhaltig optimalen Gesamtkonzeptes Grundidee Um alle denkbaren innovativen Steuerungsmöglichkeiten im Lösungsansatz berücksichtigen zu können, wird ein Top-down-Ansatz unter Einbeziehung lokaler und globaler Unternehmensinteressen gewählt. Vorgehensweise 1 Ausrichtung an Unternehmenszielen und Rahmenbedingungen 2 Erarbeitung möglicher (auch kombinierbarer) Lösungsansätze 3 Bewertung der einzelnen Lösungsansätze, bezogen auf die Ziele und Rahmenbedingungen gemäß Punkt 1: a) qualitative Bewertung mit Vor- und Nachteilen b) quantitative Bewertung, bezogen auf den Beitrag zum Unternehmensziel 4 Entwicklung eines integrierten Gesamtkonzeptes auf Basis der gemäß Vorauswahl geeigneten Lösungsansätze (Globales Konzept unter Berücksichtigung lokaler Interessen) 5 Bewertung des entwickelten Gesamtkonzeptes a) qualitative Bewertung mit Vor- und Nachteilen b) quantitative Bewertung, bezogen auf den Beitrag zum Unternehmensziel 6 Umsetzungsplanung und Umsetzung des gewählten Gesamtkonzeptes 2
I. Risikokomponenten identifizieren / Lösungsansätze bestimmen 1. Einzelausfall: Welche Lösungskomponente hilft mir, wenn ein konkreter einzelner Kunde insolvent geworden ist? 2. Ausfallwahrscheinlichkeit der Deckung: Welche Lösungskomponente sichert mich ab, wenn der Grad der Insolvenzwahrscheinlichkeit aller Kunden bekannt ist. 3. Ungewissheit gegenüber der konjunkturellen Ausfallwahrscheinlichkeit: Wie sichert man sich angesichts von Schwankungen und Unsicherheiten hinsichtlich der durchschnittlichen Insolvenzwahrscheinlichkeiten von Unternehmen ab? Alle Lösungskomponenten können dabei selbst eine Ausfallwahrscheinlichkeit aufweisen. II. Mögliche Risikoträger identifizieren 1. Kunde: Verlagerung des Risikos auf den Kunden, z.b. mittels Vertragsgestaltung 2. Fremdkapitallösung: Transfer des Risikos auf Dritte (Risikoträger) 3. Alternative Risikofinanzierung: Kombination von Fremdkapital- und Eigenkapitallösungskomponenten 4. Eigenkapitallösung: Selbsttragung Die Wahl der Risikolösungsansätze beeinflusst ggf. den zu allokierenden Risikoumfang. Kern dieses Ansatzes ist es, unterschiedliche Komponenten eines Risikos inhaltlich voneinander abzugrenzen und diesen Risikokomponenten wirksame Lösungsansätze zuzuordnen. Weiterhin gilt es, mögliche Risikoträger für die Lösungsansätze zu bestimmen. Durch die intelligente Verknüpfung der Risikokomponenten, der ihnen zugeordneten Lösungsansätze sowie den dafür zur Verfügung stehenden Risikoträgern entstehen Handlungsalternativen, die eine unternehmens- wie auch forderungsindividuelle Umsetzung des Risikotransfers ermöglichen. Von Marsh Risk Consulting entwickelte simulationsbasierte Rating-Prognoseverfahren ermöglichen eine zukunftsorientierte Schätzung der Insolvenzwahrscheinlichkeit eines Debitors. Diese Verfahren zeigen im Gegensatz zur punktuellen Betrachtung von Ratings auch die Konsequenzen von bisher unbekannten oder selten auftretenden Risiken auf. So ist das Unternehmen in der Lage, eigenständig zukunftsgerichtete Debitorenbewertungen durchzuführen und die Risikosteuerung entsprechend dieser Bewertungen anzupassen. Neben verursachungsgerechten Techniken zum Transfer von Forderungsausfallkosten, wie risikogerechte Preispolitiksysteme, Anzahlungen oder intelligente Bonussysteme, existiert weiterhin die Möglichkeit, Kreditrisiken über Derivate abzusichern. Will man das Unternehmen insgesamt gegen einen konjunkturbedingten Anstieg von Forderungsausfällen oder den Anstieg der Prämien der Kreditversicherung absichern, können hierfür ebenfalls Lösungen unter Einsatz von z. B. Put-Optionen auf Aktienindizes (einer Branche oder global) genutzt werden. Mit einer solchen Put-Option erwirbt der Käufer das Recht, ein den Index abbildendes Wertpapier oder ein vergleichbares Derivat innerhalb eines festgelegten Zeitraums zum vereinbarten Preis zu verkaufen, und generiert somit trotz der erhöhten Insolvenzwahrscheinlichkeit im Rahmen einer Wirtschaftskrise positive Erträge. 3
Risikokomponenten Risikoträger Einzelausfall Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) der Deckung Ungewissheit gegenüber der konjunkturellen Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) Kunde 1: Sicherheiten (Eigentumsvorbehalt, Vorkasse) 2a: Rabatt / Bonussystem 2b: Selbstselektionsprogramme (Zahlungsziele, Anzahlung, Vorkasse etc.) 3: Alternative Kreditversicherungsprodukte i) Top-up-Deckung ii) XL-Deckung iii) Ausschnittsdeckung Fremdkapitallösung 4a: Selektive Credit Default Swap (CDS)-Deckung 4b: Kapitalmarktprodukte Alternative Risikofinanzierung Eigenkapitallösung 5: Captive / Alternativer Risikotransfer (ART) 6: Direkte Eigenkapitaltragung Als weitere Absicherungsstrategien werden Captives und Alternative Risikotransfer-Lösungen (ART) in Betracht gezogen, die insbesondere einer intelligenten Finanzierung des Kreditausfallrisikos dienen. Sie sind zudem geeignete Hilfsmittel, um im Sinne der viel diskutierten Multiline- und Multiyear-Lösungen unterschiedliche Arten von Risiken durch Diversifikationseffekte bestmöglich zu strukturieren und zu transferieren. In der Praxis ist weder die unveränderte Fortführung von Kreditversicherungen oder aufgesattelten Zusatzdeckungen (sogenannten Exzedenten-Lösungen) noch die komplette Substitution der geeignete Weg. Sinnvoll ist die Entwicklung unternehmensindividueller Lösungen, die aus den beispielhaft dargestellten Absicherungsstrategien den passenden Mix bilden. Dies ermöglicht eine optimale und sich den ändernden Rahmenbedingungen anpassende Lösung für einzelne Forderungen. Über MRC Marsh Risk Consulting: Die Marsh Risk Consulting GmbH (MRC), ein Tochterunternehmen der Marsh GmbH, ist eine interdisziplinäre Beratungseinheit, die Unternehmen beim Auf- und Ausbau eines strategischen und operativen Risikomanagements unterstützt. Ziel der Beratung ist es, die Transparenz in Unternehmen zu erhöhen, fundierte Entscheidungsgrundlagen für das Management zu schaffen und Maßnahmen zur Risikobewältigung zu entwickeln. Das Leistungsspektrum von MRC reicht von der integrierten Betrachtung und Steuerung sämtlicher unternehmerischer Risiken und Chancen sowie der Bewertung der finanziellen Auswirkungen auf die Finanzkennzahlen über die alternative Risikofinanzierung bis hin zur Beratung zu Sachrisiken, Betriebsunterbrechungen, Not- und Katastrophenfallvorsorge und Krisenmanagement. Kontakt: Marsh Risk Consulting GmbH Olaf Keller Lyoner Straße 36 60528 Frankfurt Telefon: (069) 6676-407 olaf.keller@marsh.com 4