Krisenintervention Wege für medizinische Berufe 15.05.2013 Was ist eine Krise? Psychosoziale Krisen- Definition, Aspekte, Erscheinungsbilder Es handelt sich bei Krisen um eine Problemlage, die als Folge einer außergewöhnlichen Belastung entstanden ist, die zunächst als bedrohlich, überfordernd und negativ bewertet wird und deren Lösung nicht durch bisher erfolgreiche Problemlösemuster möglich ist. (Fritz Simon) Aspekte psychosozialer Krisen 1. Es liegt eine vom Normalzustand deutlich abweichende Belastung vor 2. Dabei besteht ein vorübergehendes Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und Ressourcen bzw. dies wird entsprechend bewertet 3. als Folge steigt die emotionale Belastung stark an- Angst, Hilflosigkeit, Wut, Verzweiflung, Überforderung, etc. 4. Es kommt zu stressassoziierten Symptomen wie Schlaflosigkeit, Unruhe, Appetitmangel und somatischen Beschwerden 5. Die Suggestibilität ist erhöht 6. Es entsteht Handlungsdruck. Daraus resultieren vielfältige Versuche, die als unerträglich erlebte psychische Belastung zu bewältigen bzw. zu reduzieren 7. Die Alltagsbewältigung ist beeinträchtigt, das soziale Umfeld ist involviert 8. Der Ausgang psychosozialer Krisen ist prinzipiell offen 9. Krisen sind zeitlich begrenzt Krisenintervention Wege
Krisenkonzepte Traumatische Krisen 1. Die traumatische Krise 2. Die Veränderungskrise 3. Die chronische Krise 4. Der psychiatrische Notfall Definition traumatischer Ereignisse nach ICD 10 Eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes (kurz oder lang anhaltend), die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Nach DSM IV Ereignisse, die eine Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod oder mit Gefahr für eigene oder fremde körperliche Unversehrtheit beinhalten Phasen der traumatischen Krise 1. Schockphase (Betäubung) 2. Reaktionsphase (Konfrontation mit Realität und Emotionen, Versuche der Integration) 3. Bearbeitungsphase (Lösung, Integration, oder Blockade und Symptomentwicklung) 4. Neuorientierung (Selbstwert wieder stabil, Krise ist überwunden) (Cullberg, 1978) Veränderungskrisen Phasen der Veränderungskrise 1. Konfrontation (Problemwahrnehmung, Ressourcenprüfung, gesteigerte Aktivität) 2. Versagen (Anstieg der Anspannung, Selbstwert sinkt) 3. Mobilisierung (aller inneren und äußeren Ressourcen), ggf. Versuche der Betäubung 4. Vollbild der Krise (Eskalation, Entscheidung) 5. Bei günstigem Verlauf: Bearbeitung und Neuorientierung (Caplan, 1964) Krisenintervention Wege
Verlauf chronischer Krisen Der psychiatrische Notfall Erscheinen im ersten Augenblick wie akute Krisen Keine klar abgrenzbaren Phasen Grundlegende Instabilität mit aufflackernden Krisenspitzen (Achtung: möglicher Notfall) Der psychiatrische Notfall Eskalationsstufe von psychosozialen Krisen Eigen- bzw. Fremdgefährdung sind anzunehmen Patienten sind nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erreichbar und vertragsfähig Es müssen sofort Maßnahmen ergriffen werden, um den Patienten außer Gefahr zu bringen Eine psychiatrische Intervention ist notwendig, oftmals stationär Suizidalität Der psychiatrische Notfall- Schlüsselsyndrome Erregungszustände (Eigen- oder Fremdgefährdung- Schizophrenie, Manien, Intoxikation, organische Störungen) Akute psychotische Zustände mit Kontrollverlust (Wahn, Unruhe, Verkennung der Realität) Verwirrtheitszustände (Epilepsie, Demenz, Insult, Trauma, Intoxikation, psychischer Schock etc.) Krisenbewältigung Bewusstseinsstörungen- quantitativ (Vigilanz) und qualitativ (Klarheit, Orientierung) Intoxikation Entzugsdelir Stupor (Depression, Katatonie, malignes neuroleptisches Syndrom) Definition: alle Handlungen, die das Ziel haben, die durch die Krise entstandenen Belastungen innerpsychisch zu verarbeiten und/oder durch Handeln die Ursachen zu beseitigen- egal ob konstruktiv oder destruktiv Krisenintervention Wege
Krisenbewältigung Drei typische Bewältigungsstile: aktive Auseinandersetzung, Verleugnung, depressiver Rückzug Veränderungen durch Assimilations- und Akkomodationsprozesse (Piaget) Persönliche, soziale und instrumentale Ressourcen (Copingstrategien) (Stein, 2009) Krisenintervention Was bedeutet Krisenintervention? Krisenintervention ( ) umfasst alle Aktionen, die dem Betroffenen bei der Bewältigung seiner aktuellen Schwierigkeiten helfen. Damit können negative soziale, psychische und medizinische Folgen, die als Fehlanpassungen oder psychischer Zusammenbruch jeder Krise immanent sind, verhütet werden. Sonneck, 2000 Ziele von Krisenintervention Kurzfristig: Gefahrenabwehr, Entlastung, Beseitigung von quälenden Symptomen, Stabilisierung Mittelfristig: Wiederherstellung des Selbstwertes, Wiederherstellung von Handlungsfähigkeit, Erweiterung des Handlungsspektrums, Etablierung neuer funktionaler Verhaltensmuster Krisenintervention: Das BELLA-System (Sonneck, 2000) B: Beziehung aufbauen E: Erfassen der Situation L: Linderung von Symptomen L: Leute einbeziehen, die unterstützen A: Ansatz zur Problembewältigung finden Der er Krisendienst Vermittlung notwendiger Informationen Vermittlung von Zuversicht Kontrakte eingehen Prüfung der Vermittlung weiterer Hilfen Nach der Krise: Rückblick und Bilanz Krisenintervention Wege
Angebote des er Krisendienst Telefonische Beratung /Krisenintervention Persönliche Gespräche in den Standorten Krisenbegleitung durch Folgegespräche Aufsuchende Krisenintervention Eigener fachärztlicher Hintergrunddienst Erreichbarkeit 24 Stunden, 7 Tage/ Woche Anonym und kostenlos Angebote des er Krisendienst Zielgruppen des er Krisendienst Menschen in akuten psychosozialen Krisen und psychiatrischen Notfällen Menschen mit psychischen Erkrankungen Menschen mit Behinderungen Selbst- und fremdgefährdende Menschen Angehörige Professionelle Einrichtungen und Helfer/innen Wichtige Kooperationspartner Polizei und Feuerwehr Kliniken, Krisenstationen Sozialpsychiatrische Dienste Ärzt/innnen und Therapeut/innen Komplementärpsychiatrischer Bereich Jugendämter Jugendhilfe Wohnungslosenhilfe Selbsthilfeträger Frauenhäuser Behindertenhilfe Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Krisenintervention Wege