5. Pankreastumoren und Pankreasläsionen

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Transkript:

5. Pankreastumoren und Pankreasläsionen Die meisten Tumoren des exokrinen Pankreas sind maligne, aber es existieren auch eine Reihen von benignen Pankreastumoren oder Tumoren mit ungewissem malignen Potential (sogenannte Borderline- Tumoren)(33). Neben einer Reihe von zum Teil sehr unterschiedlichen Klassifikationen für Pankreastumoren, umfasst die von der World Health Organization (WHO) vorgeschlagene Klassifikation die Einteilung von Pankreastumoren hinsichtlich der Dignität und nach klinischen Gesichtspunkten unter der Annahme, dass Patienten nach Resektion eines benignen Tumors ein längeres Überleben aufweisen, als Patienenten nach Resektion eines Borderline-Tumors oder eines malignen Tumors (Tabelle 5.1) (34,35). Tumoren des Pankreas enstehen aus duktalen, azinären, stromalen oder Inselzellen. Der allgemeine Begriff Pankreaskarzinom wird hierbei in der Regel nur für die exokrinen Pankreastumoren verwendet. Die endokrinen Inselzell-Tumoren des Pankreas werden in der Gruppe der endokrinen Tumoren des Gastroenteropankreatischen Systems zusammengefasst (siehe Kapitel 5.3) (36,37). Zystische Tumoren des Pankreas sind insgesamt relativ selten anzutreffen, sie stellen aber bei der Unterscheidung von zystischen Pankreastumoren versus Pseudozysten, pankreatischer versus peripankreatisch zystischer Läsionen, sowie bei der Unterscheidung intraduktal papillär muzinöser Tumoren (IPMT) versus chronischer Pankreatitiden, sowie bei der Differenzierung von benignen versus -21-

malignen Zystadenomen mitunter eine erhebliche Herausforderung für die Diagnostik dar (siehe Kapitel 5.1., 5.2.2.). Tabelle 5.1: WHO-Klassifikation der Pankreastumoren (33) Benigne Tumoren Seröses Zystadenom Muzinöses Zystadenom Intraduktal papillär muzinöses Adenom Teratom Borderline Tumoren Muzinös zytischer Tumor mit mässiger Dyplasie Intraduktal papillär muzinöser Tumor mit mässiger Dysplasie Solid-pseudopapillärer Tumor Maligne Tumoren Schwere duktale Dysplasie carcinoma in situ Duktales Adenokarzinom Muzinöses nicht-zystisches Karzinom Adenosquamöses Karzinom Anaplastische Karzinom Gemischt-duktal-endokrines Karzinom Ostoklastenähnlicher Riesenzelltumor Seröses Zystadenokarzinom Muzinöses Zystadenokarzinom Intraduktal papillär muzinöses Karzinom Azinuszellkarzinom Azinuszellzystadenokarzinom Gemischt-azinär-endokrines Karzinom Pankreatoblastom Solid-pseudopapilläres Karzinom 5.1 Benigne und Borderline-Tumoren des Pankreas 5.1.1. Epidemiologie und Symptome bei Zystadenomen und IPMT Patienten mit serösen Zystadenomen und muzinösen Zystadenomen haben bei Diagnosestellung ein durchschnittliches Alter von 50 Jahren mit einem gehäuften Vorkommen bei Frauen (Verhältnis Mann:Frau = -22-

4:1. In einzelnen Publikationen wurde sogar diskutiert, ob muzinöse Zystadenome nur bei Frauen anzutreffen sind (38). Die Patienten mit Zystadenomen sind in der Mehrzahl asymptomatisch und der Nachweis der zystischen Pankreasraumforderung erfolgt oft zufällig im Rahmen der Diagnostik uncharakteristischer Abdominalbeschwerden oder im Rahmen einer Routinediagnostik. Wenn Beschwerden vorhanden sind, dann sind diese in der Regel auf den raumfordernden Charakter besonders grosser Läsionen zurückzuführen, ein Ikterus ist bei zystischen Pankreastumoren untypisch und betrifft auch bei grossen zystischen Läsionen im Pankreaskopf, im Gegensatz zu duktalen Adenokarzinomen des Pankreas, nur etwa 10% der Patienten. Ebenso fehlen regelmässig bei der Mehrzahl der Patienten mit Zystadenomen Symptome wie Gewichtsverlust, Rückenschmerzen, oder Krankheitsgefühl. Obwohl einige Untersucher einen Zusammenhang mit in der Vorgeschichte durchgemachten (oder vermuteten) Pankreatitiden in bis zu 20% der Patienten berichtet haben, so gibt es dennoch nur sehr vereinzelt Daten, bei denen ein muzinöses Zystadenom nach einer gutdokumentierten akuten Pankreatitis diagnostiziert wurde (39,40). Patienten mit intraduktal papillär muzinösen Tumoren sind gewöhnlich älter als Patienten mit Zystadenomen. Das durchschnittliche Patientenalter beträgt ungefähr 65 Jahre. Im Unterschied zu den serösen -23-

und muzinösen Zystadenomen des Pankreas kommen IPMT etwas häufiger bei Männern vor. Obwohl ungefähr 20% der Patienten mit IPMT keine Beschwerden aufweisen (inbesondere beim IPMT vom Branch- Duct-Type ), finden sich bei der Mehrzahl der Patienten mit IPMT uncharakteristische Bauchschmerzen und Episoden von rezidivierenden akuten Pankreatitiden. Noch häufiger finden sich Beschwerden wie bei chronischer Pankreatitis mit z.b Gewichtsverlust und Steatorrhoe. Bei intraduktal muzinösen Karzinomen kann die Beschwerdesymptomatik mit Ikterus, Schmerzen und Gewichtsverlust der klinischen Symptomatik eines duktalen Adenokarzinoms entsprechen (41). 5.1.2 Seröses Zystadenom Das seröse Zystadenom besteht aus multiplen kleinen Zysten. Hierbei kann die Grösse dieser Zysten Durchmesser von 1 mm bis zu 2 cm Durchmesser aufweisen. Der Zysteninhalt besteht aus seröser, wasserklarer Flüssigkeit. Seröse "mikrozystische " Adenome sind die häufigsten serösen Neubildungen mit schwammartiger Konfiguration am Pankreas. Die Zysten werden umgeben von einer einreihigen Schicht kuboider Zellen mit runden Nuclei und klarem Zytoplasma. Die viel seltenere Variante in Form des serösen oligozystischen Adenoms besteht makroskopisch aus weniger zystischen Räumen, gelegentlich findet sich sogar nur eine einzige Zyste. Der histologische Aufbau entspricht dem von mikrozystischen Tumoren. Die meisten serös zystischen Neubildungen am Pankreas sind benigne, aber es gibt vereinzelte Beispiele von Tumoren mit sehr ähnlicher -24-

Histologie, die der Gruppe der malignen Pankreastumoren zugeordnet werden und als seröse Zystadenokarzinome klassifiziert werden (42). Insgesamt werden in der gesamten Literatur aber weniger als 10 Fälle von serösen Zystadenokarzinomen beschrieben, so dass einerseits die Gruppe der serösen Zystadenome des Pankreas therapeutisch konzeptuell von einigen Autoren als benigne Tumoren betrachtet werden, andererseits aber auch aufgrund der zwar ausgesprochen seltenen, aber grundsätzlich vorhandenen Möglichkeit der Malignität die Therapieentscheidung in Anhängigkeit von dem operativen Risiko getroffen werden sollte (43). 5.1.3 Intraduktal papillär-muzinöser Tumor (IPMT) Intraduktal papillär-muzinöser Tumor (IPMT) ist heute der bevorzugte Terminus für ein Spektrum von Epithel-Proliferationen des Pankreas, die ehemals unter verschiedenen Bezeichnungen (z.b. muzinöse Duktektasie, duktekatischer Tumor, oder intraduktal muzinhypersekretorischer Tumor) beschrieben wurden. IPMT sind Tumoren mit duktaler Epithelialproliferation, die ihren Ausgang im Ductus pancreaticus major ( Main-Duct-Type) oder in den grösseren Seitenästen ( Branch-Duct-Type ) haben. Das Erscheinungsbild ist variabel, ebenso das Ausmass von papillären oder nicht papillären Epithel, das die Gänge auskleidet. Die produzierte Muzin-Menge variiert, und es finden sich unterschiedlich starke Gangerweiterungen. Desweiteren variiert das Ausmass an epithelialer Dysplasie und Invasion. Der Gang kann hierbei erheblich erweitert sein. -25-

Im allgemeinen werden nicht-invasive Tumoren ohne oder mit geringer Epithel-Dysplasie auch als Adenom bezeichnet. Nicht-invasive Tumoren mit mässiggradiger epithelialer Zellatypie werden als intraduktal papillärmuzinöse Tumoren mit mässiger Dysplasie bezeichnet und als Borderline-Tumor kategorisiert, um anzuzeigen, dass ein ungewisses malignes Potential vorliegt. Die Tumoren mit schwerer Dysplasie werden als intraduktal-papilläre muzinöse Karzinome und als maligne Pankreastumoren klassifiziert und weiter bezüglich ihrer Invasivität als invasiv oder nicht-invasiv kategorisiert (36,44). 5.1.4 Muzinöses Zystadenom Das muzinöse Zystadenom ist ein zystischer Tumor mit einer Wand bestehend aus hochdifferenziertem, muzin-produzierenden Epithelien. Die Grösse dieser Tumoren ist bei Diagnosestellung sehr variabel und kann zwischen 2 cm und 20 cm liegen. Die Tumoren sind meistens im Pankreaskorpus- oder Schwanz lokalisiert und kommen gehäuft bei Frauen vor. Histologisch ähneln die Tumoren den IPMT, wobei die Patienten oft jünger sind als die Patienten mit IPMT oder duktalem Adenokarzinom. IPMT und muzinös zystische Tumoren sind häufiger in Asien als in Europa und Nordamerika beobachtet worden. Es ist jedoch unklar, ob es sich hier um tatsächlich unterschiedliche Inzidenzen oder aber um die Folge inkonsistenter Nomenklaturen bzw. Klassifikationen handelt (44,45). -26-

Die Unterscheidung von muzinösen Zystadenomen und intraduktal papillär muzinösen Tumoren kann gelegentlich Schwierigkeiten bereiten. Die Berücksichtigung der Tumorlokalisation kann hier hilfreich sein, da ungefähr 90% der muzinösen Zystadenome im Pankreaskorpus oder schwanz lokalisiert sind (46). IPMT können an jeder Stelle des duktalen Systems des Pankreas entstehen und bei einigen Tumoren, die längerstreckig im Ductus pancreaticus lokalisiert sind, ist ein primärer Ausgangspunkt nicht immer sicher zu identifizieren. IPMT kommen etwas häufiger im Pankreaskopf vor (60%-70%), Lokalisationen im Pankreaskorpus (15%-25%), oder aber diffuse (15%-25%) Manifestationen im Pankreas sind jedoch auch recht häufig anzutreffen (44,47-49). Makroskopisch unterscheiden sich IPMT und muzinöse Zystadenome üblicherweise, da muzinöse Zystadenome häufig rund sind und die zystischen Räume bei fehlendem Anschluss an das Gangsystem von einer fibrösen Kaspel umgeben werden. Im Gegensatz hierzu, sind IPMT nicht immer als klar demarkierte Läsion zu erkennen, insbesondere bei Tumoren im Pankreashauptgang mit einem unregelmässig erweiterten, muzin-gefüllten Ductus pancreaticus. IPMT der Seitenäste des Ductus pancreaticus (sogenannter IPMT vom Branch-Duct-Type) wurden erstmals unter der Bezeichnung "duktektatisches muzinöses Zystadenom" beschrieben. Es handelt sich hierbei um stärker umschriebene, lobulierte Läsionen der Seitenäste des Ductus pancreaticus mit Anschluss an das Gangsystem, die insgesamt eine -27-

bessere Prognose als IPMT des Hautganges ( Main-Duct-Type) zu haben scheinen (50-52). 5.2 Maligne Pankreastumoren Nur etwa 10% der Tumoren des Pankreas sind benigne oder Borderline- Tumoren. Die meisten malignen Tumoren des Pankreas gehen vom exokrinen Pankreas aus. Hierbei sind ungefähr 90 % duktale Adenokarzinome bzw. Varianten des duktalen Adenokarzinoms (53). 5.2.1 Pankreaskarzinom Epidemiologie und Ätiologie In den vergangenen 40 Jahren wurde in den Ländern der westlichen Welt eine deutlich steigende Inzidenz des Pankreaskarzinoms beobachtet. Das Pankreaskarzinom ist nach dem kolorektalen Karzinom der zweithäufigste Tumor des Gastrointestinaltrakts und die fünfthäufigste tumorbedingte Todesursache in Europa und Nordamerika. Ungefähr 5% aller tumorbedingten Todesfälle werden durch ein Pankreaskarzinom versursacht. Die Inzidenz des Pankreaskarzinoms beträgt in Europa heute ungefähr 8 bis 12/100.000/Jahr, wobei sich die Zahl der Neuerkrankungen in den letzten 4 Jahrzenten mehr als verdoppelt hat. Die Häufigkeit des Pankreaskarzinoms ist abhängig von Geschlecht und Herkunft. Die höchste Zahl von Neuerkrankungen finden sich bei Männern in Neuseeland, Hawaii und Polynesien mit über 15/100.000/Jahr (54,55). -28-

Bis vor ungefähr 10 Jahren galt das Pankreaskarzinom als Malignom der männlichen Bevölkerung. Innerhalb der letzten Jahre hat sich das Verhältnis der Inzidenz Mann zu Frau jedoch auf bis zu 1,3:1,0 verschoben. Zum Zeitpunkt der Diagnose liegt das Durchschnittsalter der Patienten mit Pankreaskarzinom bei etwa 65 Jahren (56-58). Die Ätiologie des Pankreaskarzinoms ist weitestgehend ungeklärt. Der Nikotinabusus stellt einen gesicherten Risikofaktor dar, das Erkrankungsrisiko für Raucher ist hierbei zwei- bis dreifach erhöht. Basierend auf Schätzungen von europäischen und amerikanischen Studien sind ungefähr 30% dieser Erkrankungen durch Nikotinabusus bedingt. Tierexperimentell konnten sowohl durch Inhalation, als auch bei parenteraler Applikation von N-Nitrosaminen bzw. anderer N- Nitrosoderivate Malignome des Pankreas induziert werden (59-62). Auch die vermehrte Exposition gegenüber ß-Naphtylamin und Benzidin wird als Risikofaktor diskutiert. Darüberhinaus fand sich in Regionen mit verbreitetem Einsatz von Pestiziden eine erhöhte Inzidenz von Pankreaskarzinomen. Weiterhin wird der Einfluss nutritiver Substanzen als möglicher Einflussfaktor der Karzinogenese diskutiert. Hierbei wird insbesondere der Konsum von grossen Fleischmengen mit hohem Proteinanteil als karzinogen angesehen. Umgekehrt soll Gemüse und frisches Obst einen protektiven Faktor darstellen (56,63-65). Ein erhöhtes Risiko gilt sowohl bei der chronisch alkoholbedingten, als auch der nicht-alkoholisch bedingten Pankreatitis als gesichert (66,67), aber der Anteil dieser Patienten beträgt weniger als 1% (68). Desweiteren -29-

sind familiäre Häufungen beim gleichzeitigen Auftreten mit anderen Malignomen beschrieben worden (54,69,70). Klinische Symptome und Beschwerden Beim Pankreaskarzinom finden sich überwiegend unspezifische Beschwerden, wie Oberbauch-, Rücken- oder nicht lokalisierbare Schmerzen, Appetitlosigkeit, Leistungsknick und Gewichtsverlust. Daher sollte bei einer entsprechenden Beschwerdesymptomatik umgehend eine entsprechende Diagnostik durchgeführt werden. Ein Ikterus als Ausdruck einer biliären Abflussbehinderung findet sich in Abhängigkeit von der Tumorlokalisation bei einem Teil der Patienten mit Pankreaskopfkarzinomen als initiales Symptom, ist aber dann auch oft bereits Ausdruck eines fortgeschrittenen Tumorstadiums. Selten kann auch ein neuaufgetretener Diabetes mellitus hinweisend auf ein Pankreaskarzinom sein (71,72). Pathologie Pankreaskarzinome sind in ungefähr 75-80% der Fälle im Pankreaskopf lokalisiert, ungefähr 10-15% entwickeln sich im Korpus- und 5-10% im Schwanzteil der Bauchspeicheldrüse. Das Pankreaskopfkarzinom führt häufig zur Infiltration des Ductus choledochus mit konsekutiver Gangobstruktion und Ikterus. Das Pankreaskopfkarzinom wird daher in der Regel früher klinisch symptomatisch als Karzinome im Pankreaskorpus oder Schwanz. -30-

Das duktale Adenokarzinom ist mit 80-85% die häufigste Variante beim humanen Pankreaskarzinom. Die Tumoren zeigen unterschiedliche Differenzierungsgrade (Grad 1-3) und das Ausmass der Muzin-Sekretion korreliert invers mit einem abnehmenden Differenzierungsgrad. Die differentialdiagnostische Unterscheidung eines Adenokarzinoms von einer chronischen Pankreatitis kann allein makroskopisch aufgrund eines ähnlichen derb fibrotischen Aussehens schwierig sein, und auch mikroskopisch zeigen schwerwiegende Strukturschäden bei der chronischen Pankreatitis zum Teil dem Pankreaskarzinom stark ähnelnde Veränderungen (33,73). In der Gruppe der duktalen Karzinome finden sich verschiedene Differenzierungsformen, die in unterschiedlicher Häufigkeit und zum Teil nebeneinander vorkommen. Bei grösseren Tumoren ist das gleichzeitige Vorkommen unterschiedlicher Zellarten nebeneinander ebenfalls nicht ungewöhnlich. Das Azinuszellkarzinom ist eine sehr seltener Tumor und tritt nur in etwa 1% der Pankreaskarzinome auf (74). Das Karzinom enthält große polygonale Zellen mit Zeichen der azinären Zelldifferenzierung mit granulärem Zytoplasma und unterschiedlich ausgereiften Granula. Bei dem Azinuszellkarzinom können Pankreasenzyme in die Organumgebung oder das Gefäßsystem freigesetzt werden und außerhalb des Organs autodigestiv Nekrosen erzeugen. Die Prognose beim Azinuszellkarzinom ist schlechter als bei endokrinen -31-

Pankreastumoren, einzelne Berichte deuten jedoch darauf hin, dass das Überleben etwas günstiger als beim duktalen Adenokarzinom ist (75). Stadieneinteilung des Pankreaskarzinoms Die dargestellte Stadieneinteilung entspricht der UICC/TNM-System in der fünften Modifikation von 1997 (76) TNM Klassifikation (76) Primärtumor (T): Tx Primärtumor ist nicht beurteilbar Tis Primärtumor in situ T1 Tumor begrenzt auf Pankreas, größte Ausdehnung maximal 2 cm T2 Tumor begrenzt auf Pankreas, größte Ausdehnung mehr als 2 cm T3 Tumor breitet sich direkt ins Duodenum, Ductus choledochus, und/oder peripankreatisches Gewebe aus. T4 Tumor breitet sich in Magen, Milz, Kolon und/oder benachbarte große Gefäße (Aorta, V. portae, Truncus coeliacus, A. mesenterica superior, A. oder V. mesenterica superior, nicht: Milzgefäße) aus. Regionäre Lymphknoten (N): Nx können nicht beurteilt werden N0 keine regionären Lymphknotenmetastasen N1 regionäre Lymphknotenmetastasen N1a Metastase in einem einzelnen regionären Lymphknoten N1b Metastasen in mehreren regionären Lymphknoten Fernmetastasierung (M): Mx Vorhandensein von Fernmetastasen nicht beurteilbar M0 keine Fernmetastasen M1 Fernmetastasen -32-

UICC-Klassifikation Stadium I T1,T2 N 0 M 0 Stadium II T 3 N 0 M 0 Stadium III T 1-3 N 1a/b M 0 Stadium IVa T 4 N 0/1a M 0 Stadium IVb jedes T jedes N M 1 Prognose Trotz einer Vielzahl von heute verfügbaren diagnostischen Modalitäten zur Bildgebung des Pankreas und des Oberbauches, wird die Mehrzahl der Patienten mit einem Pankreaskarzinom erst in fortgeschrittenen Tumorstadien und zu einem Zeitpunkt diagnostiziert, wenn der Tumor bereits lokal irresektabel oder metastasiert ist. Mit einer 5- Jahresüberlebensrate von < 2% ist die Prognose von Patienten mit Pankreaskarzinomen außerordentlich schlecht. In einer Metaanalyse aus 144 Studien mit insgesamt 37.000 Patienten betrug die mittlere Überlebenszeit nach Diagnosestellung 3 Monate und 90 % der Patienten verstarben innerhalb von 12 Monaten. Die einzige potentiell kurative Behandlungsoption besteht zur Zeit in der frühzeitigen und vollständigen chirurgischen Resektion (57,77). 5.2.2 Muzinöses Zystadenokarzinom Muzinöse Zystadenokarzinome zeigen eine unterschiedliches Ausmass an Epithelatypien. Umgebungsinfiltration und Metastasierung dokumentierten die Malignität die Tumoren. Vermutlich enstehen Zystadenokarzinome aus vorbestehenden IPMT oder muzinösen Zystadenomen. Das durchschnittliche Überleben von Patienten mit -33-

muzinösem Zystadenokarzinom ist länger als bei Patienten mit duktalem Adenokarzinom (78,79). 5.3 Neuroendokrine Pankreastumoren Tumoren des endokrinen Pankreas sind sehr viel seltener und werden in der neuen WHO-Klassifikation in der Gruppe der neuroendokrinen Neoplasien des Gastroenteropankreatischen Systems zusammengefasst. Aufgrund ihres langsamen Wachstums werden diese Tumoren teilweise erst nach jahrelanger Beschwerdefreiheit symptomatisch. Die Prognose von Patienten mit neuroendokrinen Tumoren des Pankreas ist im Vergleich zu Patienten mit Pankreaskarzinomen viel günstiger (80,81). In der Gruppe der neuroendokrinen Tumoren des Pankreas finden sich anhand ihrer Funktionalität unterschieden am häufigsten Insulinome oder Gastrinome, seltener Glukagonome. VIPOMe (Vasoaktives intestinales Polypetid) oder Somatostatinome kommen ausgesprochen selten vor. Bei fehlender Hormonaktivität (nichtfunktionelle neuroendokrine Tumoren) werden die Tumoren oft erst durch ihre raumfordernde Wirkung in fortgeschrittenen, metastasierten Stadien erkannt (37,82,83). -34-