Nachhaltige Finanzierbarkeit und Leistungsfähigkeit unserer Alterssicherungssysteme sicherstellen

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Nachhaltige Finanzierbarkeit und Leistungsfähigkeit unserer Alterssicherungssysteme sicherstellen Zusammenfassung Deutschland steht vor einer enormen demografischen Herausforderung. Unsere Gesellschaft altert: Die Lebenserwartung steigt und die Zahl der Älteren wächst. Gleichzeitig werden viel weniger Kinder geboren als früher. Die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung stellt dies vor große Schwierigkeiten, weil auf jeden Rentner immer weniger potenzielle Beitragszahler kommen. Deshalb war die Entscheidung des Gesetzgebers, das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung schrittweise zu senken und gleichzeitig die zusätzliche Altersvorsorge durch Steuervorteile und eine sozial gestaffelte Zulagenförderung zu erleichtern, geboten. Behauptungen, nach denen perspektivisch jedem Zweiten Altersarmut drohe, sind deutlich überzogen. Nach Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung Bund sind gegenwärtig noch nicht einmal 3 % der Altersrentner auf ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter angewiesen. Zwar kann diese Quote langfristig wachsen, dennoch ist wie Berechnungen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium gezeigt haben kein dramatischer Anstieg zu erwarten. Altersarmut wird also kein Massenphänomen werden. Zudem sollen sich laut Bundesregierung die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung bis 2029 um durchschnittlich mehr als 2 % pro Jahr erhöhen. Den Rentnern werden also voraussichtlich auch nach Abzug der Inflation noch reale Einkommenszuwächse verbleiben. Weitere Informationen zum Thema Altersarmut unter www.arbeitgeber.de > argumente. Gleichwohl besteht Handlungsbedarf: Wir brauchen Anpassungen unserer Alterssicherungssysteme, damit die gesetzliche Rentenversicherung tatsächlich nachhaltig leistungsfähig und finanzierbar bleibt und die zusätzliche Altersvorsorge ihre Aufgabe erfüllen kann, das Sinken des Rentenniveaus in zumutbarer Weise zu kompensieren. Gleichzeitig gilt es zu vermeiden, dass neue Fehler in der Rentenpolitik begangen und bereits beschlossene notwendige Veränderungen wieder zurückgenommen werden. Die wichtigste Voraussetzung für die weitere Funktionsfähigkeit unserer Alterssicherungssysteme ist und bleibt jedoch, dass die Bürger finanziell in der Lage sind, gesetzlich und darüber hinaus zusätzlich für das Alter vorzusorgen. Ein möglichst hohes Beschäftigungsniveau und eine Abgabenbelastung, die Raum zur Altersvorsorge lässt, sind daher zwingende Voraussetzung, um Altersarmut auch weiterhin wirksam verhindern zu können. Wichtig sind daher zum einen möglichst durchgehende Erwerbsbiografien und möglichst viel Vollzeit- und vollzeitnahe Beschäftigung. Das gilt auch deshalb, weil das Rentenniveau umso weniger sinkt, je höher die Erwerbsbeteiligung ausfällt. Zum anderen muss die extrem hohe Abgabenbelastung des Faktors Arbeit, die in Deutschland so hoch ist, wie in kaum einem anderen OECD-Land, spürbar gesenkt werden.

Im Einzelnen I. Gesetzliche Rentenversicherung auf künftige Herausforderungen vorbereiten 1. Wesentliche Grundsatzentscheidungen nicht in Frage stellen Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass die Renten nicht mehr im gleichen Umfang, sondern langfristig etwas weniger als die Löhne steigen sollen, war und ist unverzichtbar. Der sog. Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel berücksichtigt bei jeder Rentenanpassung, wie sich das Zahlenverhältnis von Beitragszahlern und Rentnern ändert. Dabei sollte es auch bleiben. Es besteht kein Grund, an dieser Entscheidung etwas zu ändern. Denn die vom Gesetzgeber festgelegten Ober- bzw. Untergrenzen für die künftige Beitragssatz- und Rentenniveauentwicklung (max. 20 % bis 2020 und max. 22 % bis 2030 bzw. min. 46 % bis 2020 und min 43 % bis 2030) werden nach dem Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung eingehalten. Im Übrigen erfolgt die Senkung des Rentenniveaus so langsam, dass dennoch die Beitragszahler sehr viel stärker als die Rentenbezieher die Kosten der Alterung tragen müssen: Während der Beitragssatz nach den Annahmen des Rentenversicherungsberichts der Bundesregierung bis 2029 um rund 15 % steigt, sinkt das Rentenniveau nur um etwa 7 % (Rentenversicherungsbericht 2015 der Bundesregierung). Notwendig war auch die Entscheidung des Gesetzgebers, die gesetzliche Regelaltersgrenze schrittweise von vormals 65 Jahren bis 2029 auf 67 Jahre anzuheben. Die Anhebung der Regelaltersgrenze hilft, den Rückgang des Arbeitskräftepotenzials zu begrenzen und verhindert, dass die deutlich gestiegene Lebenserwartung ausschließlich zu Lasten der Beitragszahler geht. Die Anhebung der Regelaltersgrenze ist auch zumutbar, weil sie zeitlich gestreckt erfolgt und ein vorzeitiger Rentenbeginn ab 63 Jahren auch weiterhin möglich bleibt. Zudem haben sich die Beschäftigungschancen Älterer deutlich verbessert: So hat sich der Anteil der Erwerbstätigen in der Altersgruppe von 55-64 Jahren seit dem Jahr 2000 von gut einem Drittel auf mittlerweile mehr als zwei Drittel verdoppelt. Näheres zur Notwendigkeit der schrittweisen Anhebung der Regelaltersgrenze unter www.arbeitgeber.de > Inhalte > Rentenversicherung. 2. Jüngste Fehlentscheidungen des Rentenpakets von 2014 korrigieren Die Anhebung der Regelaltersgrenze muss nun aber auch konsequent umgesetzt werden. Wegen der bestehenden Ausnahmeregelungen können heute mehr als ein Drittel aller Versicherten bereits vorzeitig abschlagsfrei in Rente gehen ( abschlagsfreie Rente ab 63 ). Dieses Rentenprivileg, von dem vor allem Bezieher besonders hoher Renten profitieren, belastet die Rentenkasse und sollte baldmöglichst auslaufen. Das würde sich auch positiv auf das Rentenniveau auswirken, da die Kosten der abschlagsfreien Rente ab 63 heute für alle Rentner die jährlichen Rentenerhöhungen verringern. Außerdem muss ein weiterer gravierender Fehler des 2014 beschlossenen Rentenpakets korrigiert werden: Die Finanzierung der zusätzlichen Kindererziehungszeiten ( Mütterrente ) darf als versicherungsfremde, gesamtgesellschaftliche Aufgabe nicht länger auf Kosten der Beitragszahler finanziert werden. Vielmehr muss der Bund die zur Finanzierung erforderlichen Mittel aus Steuermitteln bereitstellen. Auch dadurch würden die Rentenkassen entlastet werden und der Rückgang des Rentenniveaus vermindert. Ausführlich können die BDA-Kritikpunkte an der abschlagsfreien Rente ab 63 und der Finanzierung der Mütterrente unter www.arbeitgeber.de > Inhalte > Rentenversicherung nachgelesen werden. 3. Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand weiter flexibilisieren Der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand muss erheblich vereinfacht werden. Bei vorzeitigen Altersrenten mit Abschlägen sollte grundsätzlich auf eine Hinzuverdienstgrenze verzichtet werden. Wer vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine abschlagsbehaftete Rente bezieht, sollte grundsätzlich un- 2

begrenzt hinzuverdienen dürfen, so wie ab der Regelaltersgrenze auch. Die bisherige bürokratische Berechnung und Überwachung der Einhaltung der Hinzuverdienstgrenze (sowie ggf. Neuberechnungen der Renten) würde somit entfallen. Eine Streichung der Hinzuverdienstgrenzen bei vorzeitigen Altersrenten mit Abschlägen stellt für die gesetzliche Rentenversicherung im Ergebnis zudem keine finanzielle Belastung dar. Näheres zu den BDA-Vorschlägen unter www.arbeitgeber.de unter > Inhalte > Rentenversicherung > Vorschläge zur weiteren Flexibilisierung der Übergänge in den Ruhestand. Das jetzt von der Koalition geplante Flexirentengesetz sieht zwar auch leicht verbesserte Hinzuverdienstmöglichkeiten für beschäftigte Rentner vor, geht aber nicht weit genug. Die Hinzuverdienstmöglichkeiten sollten vom Gesetzgeber in größerem Umfang und in weniger bürokratischer Weise verbessert werden. Die ausführliche BDA- Stellungnahme zu den Koalitionsplänen findet sich unter www.arbeitgeber.de > Inhalte > Rentenversicherung. 4. Ost-West-Angleichung aufkommensneutral angehen Die im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vorgesehene Angleichung der aktuellen Rentenwerte würde nichts an den im Übrigen bestehenden Unterschieden zwischen ostund westdeutschem Rentenrecht ändern, im Ergebnis die Ungleichbehandlung von ostund westdeutschen Versicherten sogar verschärfen und die gesetzliche Rentenversicherung jährlich mit über 3 Mrd. belasten. Ziel muss es hingegen sein, ein einheitliches Rentenrecht für Gesamtdeutschland zu schaffen, die Ost-West-Angleichung aufkommensneutral anzugehen und sämtliche Differenzierungen zwischen den bisherigen Rechtskreisen abzubauen. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem Jahresgutachten 2008/09 (Randnummern 624 bis 645) aufgezeigt, wie kurzfristig ein einheitliches Rentenrecht geschaffen werden kann. Näheres zur BDA-Position zur Angleichung des Ost-West-Rentenrechts unter www.arbeitgeber.de > Inhalte > Rentenversicherung > Stellungnahme Rentenangleichung. 5. Solidarische Lebensleistungsrente wäre teuer und ungerecht Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Einführung der solidarischen Lebensleistungsrente muss unterbleiben. Sie ist nicht nur teuer, sondern auch ungerecht: Sie widerspricht dem bislang geltenden Grundsatz, dass sich die Höhe der Rente nach den zuvor eingezahlten Beiträgen richtet. Sie kann dazu führen, dass ein Versicherter, der höhere Beitragszahlungen als ein anderer Versicherter geleistet hat, trotzdem später eine geringere Altersrente erhält. Die solidarische Lebensleistungsrente erreicht auch nicht zielgenau die Gruppe der Geringverdiener, denn sie begünstigt nicht nur Beschäftigte mit niedrigen Stundenlöhnen, sondern auch Personen mit hohen Stundenlöhnen, die aber nur wenige Wochenstunden gearbeitet haben. Als Instrument gegen Altersarmut taugt die solidarische Lebensleistungsrente kaum. Wer 40 Jahre lang Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt und darüber hinaus noch zusätzlich für das Alter vorgesorgt hat, ist ohnehin nur selten von Altersarmut betroffen. Nach dem Koalitionsvertrag soll die solidarische Lebensleistungsrente aus Steuermitteln finanziert werden. Nach den Erfahrungen bei der Mütterrente ist aber zu befürchten, dass im Ergebnis doch auch wieder die Beitragszahler für die Kosten eintreten müssen und der Beitragssatz deshalb schon deutlich früher wieder steigen wird. II. Zusätzliche Altersvorsorge ausbauen Die Stärkung der privaten und betrieblichen Altersvorsorge durch das Altersvermögensgesetz im Jahr 2001 hat zu einem deutlichen Zuwachs bei der zusätzlichen Altersvorsorge geführt. Nach den Zahlen des Bundesarbeitsministeriums verfügen mittlerweile über 71 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über eine Betriebsrentenanwart- 3

schaft oder eine Riester-Vorsorge. Hinzu kommen 53 Mio. (weitere) kapitalbildende Lebensversicherungen bzw. private Rentenversicherungen. Außerdem müssen gerade vor dem Hintergrund der behaupteten Zunahme der Altersarmut weitere Formen der privaten Vorsorge wie Sparkonten, Festgeld, Sparbriefe, Investmentfonds und Aktien berücksichtigt werden. Auf eine hohe Altersvorsorgebereitschaft deutet auch die steigende Wohneigentumsquote hin. In der Altersgruppe der unter 65-Jährigen lebten zuletzt (2014) 47,5 % im Wohneigentum, während es 1991 erst 42,8 % waren, wie Auswertungen des IW Köln auf Basis des Soziooekonomischen Panels (SOEP) zeigen. Mit der Riester-Förderung, die bei Geringverdienern bereits ab 5 Monatsbeitrag in vollem Umfang gewährt werden kann, ist es gelungen, auch solchen Personen zusätzliche Vorsorge zu ermöglichen, die sie sich sonst nicht hätten leisten können (mehr als 60 % aller Riester-Sparer verdienen weniger als 30.000 im Jahr). Weitere Informationen zur Riester-Rente unter www.arbeitgeber.de > argumente. Dennoch besteht auch bei der zusätzlichen Altersvorsorge Handlungsbedarf: 1. Riester-Förderung erhöhen und für alle Erwerbstätigen öffnen Die Förderbeträge der Riester-Vorsorge sollten 15 Jahre nach Inkrafttreten der Reform angepasst werden. Heute muss ein Durchschnittsverdiener deutlich mehr Beiträge für die unverändert hohe Grundzulage von 154 zahlen. Auch aufgrund der Niedrigzinsphase ist eine Anpassung geboten, da eine gleich hohe Rente heute einen höheren Sparaufwand erfordert. Eine Erhöhung der Grundzulage von 154 auf 200 bzw. eine Erhöhung des zulässigen Sonderausgabenabzugs von 2.100 auf 3.000 wäre aufgrund der seit 2001 eingetretenen Lohn- und Gehaltsentwicklung angemessen. Die Riester-Förderung sollte außerdem endlich allen Erwerbstätigen und insbesondere auch allen Selbstständigen offenstehen. Die bisherige Begrenzung des Berechtigtenkreises kompliziert das Zulageverfahren und schließt ausgerechnet viele derjenigen von der Riester-Förderung aus, die sich ohne Zulagenförderung keine ergänzende Altersvorsorge leisten können und in kein obligatorisches Alterssicherungssystem einbezogen sind (z. B. Kleingewerbetreibende). 2. Rahmenbedingungen der betrieblichen Altersvorsorge verbessern Ebenso dringlich ist eine Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge, deren Rahmenbedingungen sich in den letzten Jahren spürbar verschlechtert haben. Immer mehr Arbeitgeber fragen sich daher, ob sie ihr bisheriges Engagement im gleichen Umfang aufrechterhalten können: Heute können Arbeitgeber teilweise nur noch die Hälfte ihres Aufwands für betriebliche Altersvorsorge steuerlich geltend machen, weil der Steuergesetzgeber trotz Niedrigzinsphase von einem Zinssatz von 6 % ausgeht. Auch hat der Steuergesetzgeber trotz Niedrigzinsphase den steuerlichen Zuwendungsrahmen für betriebliche Altersvorsorge nicht angepasst, was zwangsläufig die Höhe künftig möglicher Betriebsrenten reduziert. Zudem hat auch die Komplexität des Betriebsrentenrechts immer weiter zugenommen. Dabei täte eine deutliche Entbürokratisierung Not: Dazu gehören einfache Regelungen, wie Betriebsrenten im Zeitverlauf zu erhöhen sind, ebenso wie bessere Möglichkeiten zur Abfindung von Kleinstbetriebsrenten und -anwartschaften. Alle BDA-Forderungen zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge unter www.arbeitgeber.de > Themen > Soziale Sicherung > Betriebliche Altersvorsorge. III. Vorsorgepflicht für Selbstständige einführen Alle Selbstständigen, die bislang nicht Mitglied eines obligatorischen Alterssicherungssystems sind, sollten zur Altersvorsorge verpflichtet werden, sofern sie im steuerlichen Sinne leistungsfähig und daher zur Altersvorsorge in der Lage sind. Eine Vorsorgepflicht für diese Selbstständigen wäre ein 4

sinnvoller Beitrag zur Vorbeugung künftiger Altersarmut und ist insbesondere dringlicher als zusätzliche Vorsorge bei denjenigen zu erreichen, die ohnehin bereits in einem obligatorischen Alterssicherungssystem Mitglied sind. Wie Selbstständige ihrer Vorsorgeverpflichtung nachkommen, sollte ihnen grundsätzlich selbst überlassen bleiben. Abzulehnen ist insbesondere die zwangsweise Einbeziehung der Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung. Denn dadurch würden zusätzliche künftige Finanzierungslasten für die gesetzliche Rentenversicherung geschaffen, obwohl deren Finanzierungsbasis angesichts der demografischen Entwicklung absehbar schrumpfen wird. Zu befürchten ist zudem, dass die zusätzlichen Einnahmen durch neue Beitragszahler sofort wieder für Leistungsausweitungen verwendet würden, obwohl diesen Ansprüchen langfristig zusätzliche Leistungsansprüche entgegenstehen. Im Ergebnis würde damit die nachhaltige Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung sogar geschwächt. Ansprechpartner: BDA DIE ARBEITGEBER Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Soziale Sicherung T +49 30 2033-1600 soziale.sicherung@arbeitgeber.de Die BDA ist die sozialpolitische Spitzenorganisation der gesamten deutschen gewerblichen Wirtschaft. Sie vertritt die Interessen kleiner, mittelständischer und großer Unternehmen aus allen Branchen in allen Fragen der Sozial- und Tarifpolitik, des Arbeitsrechts, der Arbeitsmarktpolitik sowie der Bildung. Die BDA setzt sich auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene für die Interessen von einer Mio. Betrieben mit ca. 20 Mio. Beschäftigten ein, die der BDA durch freiwillige Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbänden verbunden sind. Die Arbeitgeberverbände sind in den der BDA unmittelbar angeschlossenen 50 bundesweiten Branchenorganisationen und 14 Landesvereinigungen organisiert. 5