Behinderung und Rechte Herzlich Willkommen! DSA David Sporschill MCI - Studiengang für Soziale Arbeit, BA 19.4.2012
Vorstellung Ausbildung Beruf Aug. 1995 bis Aug 1999 Mitarbeiter im Alexihaus Jän. 1996 bis Nov. 1999 Mitarbeiter im Bundessozialamt Sept. 1999 bis Juli 2002 SOZAK in Innsbruck Aug. 2002 bis Dez 2005 Sozialarbeiter im RZ Häring März 2005 bis Dez. 2006 Mitarbeit am Forschungsprojekt Das Bildnis eines behinderten Mannes Seit Jän. 2006 Koordinator bei Selbstbestimmt Leben Innsbruck, derzeit in Bildungskarenz Seit Herbst 2010 Masterstudium Soziale Arbeit, Sozialpolitik & -management am MCI
Übersicht - Angebot Kein Verständnis...? Exkurs ins Verfassungsrecht UN-Behindertenrechtskonvention Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz ASVG - Pensionsversicherung Zusammenfassung Handlungsspielräume
Behinderung und Rechte Ziele dieses Referat? Es werden verschiedene Rechten von Menschen mit Behinderungen vorgestellt. Es werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie sich Menschen mit Behinderungen gegen Diskriminierungen wehren können. Eine Kritik am Verständnis von Behinderung nach dem ASVG wird geübt Versuch einer besseren Verknüpfung von Selbstbestimmt Leben und weiteren Bereichen der Sozialen Arbeit.
Kein Verständnis...? Stationäre Reha SV...? Soziale Arbeit Ambulante Dienste SLI UNO
Verfassungsrecht = Der Bundesstaat wird gebildet aus den selbständigen Ländern: Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg, Wien. Art 2. Abs 2 B-VG (+ weiteren Bestimmungen des B-VGs) Bundes- und Länderkompetenzen (Art. 10-15 B-VG)
Verfassungsrechtlicher Diskrimmierungsschutz Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten. Art. 7 B-VG seit 1.7.1997 Die Österreichische Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt. Das Nähere bestimmen die Gesetze. Art. 8 Z 3 B-VG seit 1.9.2005 Staatszielbestimmungen
UN-Behindertenrechtskonvention Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen BGBl. III - Ausgegeben am 23. Oktober 2008 - Nr. 155 seit 26.10.2008 CRPD = Convention on the Rights of Persons with Disabilities
UN-Behindertenrechtskonvention Grundsätzliches: Die UN-Konvention ist ein Staatsvertrag. Ein Staatsvertrag ist ein Bundesgesetz. Bedarf/Bedürfnis Recht Menschen mit Behinderungen haben Rechte
UN-Behindertenrechtskonvention Grundsätze: 1. Achtung der dem Menschen innewohnende Würde 2. Nichtdiskriminierung 3. Volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft 4. Achtung der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen 5. Chancengleichheit 6. Zugänglichkeit 7. Gleichberechtigung von Mann und Frau 8. Achtung von Kindern mit Behinderungen CRPD Art 3
UN-Behindertenrechtskonvention Behinderung entsteht durch Barrieren 6 Dimensionen von Barrierefreiheit: Physische Barrierefreiheit Kommunikative Barrierefreiheit Intellektuelle Barrierefreiheit Soziale Barrierefreiheit Ökonomische Barrierefreiheit Institutionelle Barrierefreiheit (vgl. Monitoringausschuss v. 22.2.2012)
UN-Behindertenrechtskonvention Nicht-Defintion von Behinderung : In der Erkenntnis, dass das Verständnis von Behinderung sich ständig weiterentwickelt und dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern. (CRPD - Präambel, lit. e)
UN-Behindertenrechtskonvention Nicht-Defintion von Behinderung Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. (CRPD - Artikel 1)
UN-Behindertenrechtskonvention Interpretation: Verständnis von Behinderung entwickelt sich ständig weiter Behinderung entsteht aus der Wechselwirkung von Menschen mit Behinderungen und Barrieren, die an der gleichberechtigten Teilhabe hindern (= Diskriminierung)
UN-Behindertenrechtskonvention Interpretation: Menschenrechtliche Definition des sozialen Modells von Behinderung: Be-hindert werden to be disabled Barrieren Verursacht durch die Gesellschaft + Be-hindert sein impairment körperliche Beeinträchtigung gehört zur eigenen Person = Menschen mit Behinderungen - People with disabilities (vgl. Monitoringausschuss v. 3.2.2010)
UN-Behindertenrechtskonvention Rechte: Rechte werden gewährleistet; nur für Menschen mit Behinderungen Verknüpfung von Freiheitsrechten und Sozialrechten Einzelne Rechte für Menschen mit Behinderungen und ihre Familienangehörigen Artikel 4 Artikel 19 Artikel 24 Artikel 28 Allgemeine Verpflichtungen Unabhängige Lebensführung und Teilhabe an der Gesellschaft Bildung Angemessener Lebensstandard und sozialer Schutz
Behandlung von formlosen Individualbeschwerden Büro des Unabhängigen Monitoringausschusses c/o Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Stubenring 1 1010 Wien buero@monitoringausschuss.at UN-Behindertenrechtskonvention Rechte: Unabhängiger Monitoringausschuss zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen www.monitoringausschuss.at Öffentliche Sitzungen der Monitoringausschusses Stellungnahmen zu vielen Themen der UN-Behindertenrechtskonvention siehe Homepage
UN-Behindertenrechtskonvention Rechte: Ideen für eine Individualbeschwerde an den Monitoringausschuss: Auszüge aus der Lebensgeschichte IST-Situation SOLL-Situation Oder W-Fragen nach Geiser: Was? - Warum? - Wohin? - Was ist (nicht) Gut? - Woraufhin? Wie und Womit? Welche Rechte der CRPD verletzt?
UN-Behindertenrechtskonvention Rechte: UN-Fachausschuss in Genf Staatenbericht alle 4 Jahre Schattenbericht alle 4 Jahre Individualbeschwerden Innerstaatlicher Rechtsweg (= OGH, VwGH, VfGH) muss abgeschlossen sein! UN-Hochkommissar für Menschenrechte: http://www.ohchr.org/en/hrbodies/crpd/pages/crpdindex.aspx
UN-Behindertenrechtskonvention Warum begeistern Menschenrechte? Menschenrechte sind Bundesgesetze und eine Realutopien einer gerechten Gesellschaft!
Gleichbehandlungsrecht in Österreich Gleichbehandlungsgesetz - GlBG Bundes-Gleichbehandlungsgesetz B-GlBG Gesetz der Gleichbehandlungs-Kommission und Gleichbehandlungs-Anwaltschaft GBK/GAW-Gesetz Behinderteneinstellungsgesetz BEinstG Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz - BGStG Gleichbehandlungsgesetze der Bundesländer
Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz BGBl. I, Nr. 82/2005 vom 10.8.2005 + Novellen seit 1.1.2006
Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz Geltungsbereich: Verwaltung des Bundes (hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Bereich) Private Rechtsverhältnisse (einschließlich Anbahnung und Begründung) Güter und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen Jedenfalls: Verbrauchergeschäfte im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes (vgl. 2 BGStG) Bundeszuständigkeiten
Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz Geschützter Personenkreis: Menschen mit Behinderungen Person auf Grund ihres Naheverhältnisses zu einer Person mit Behinderungen: Eltern, die ein behindertes Kind betreuen LebenspartnerInnen Kinder Persönliche AssistentInnen ( 4 BGStG)
Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz Diskriminierung durch Barrieren Barrierefrei gestaltete sind Lebensbereiche (z.b. bauliche Anlagen, Verkehrsmittel, Informationssysteme), wenn sie für Menschen mit Behinderungen zugänglich und nutzbar sind - in der allgemein üblichen Weise - ohne besondere Erschwernis - grundsätzlich ohne fremde Hilfe Beurteilung: Stand der technischen Entwicklung, Normen und Richtlinien 6 Abs. 5 BGStG
Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz Rechte: Ziel: Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen oder zu verhindern; Gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gewährleisten; Selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen; Verbot von mittelbarer und unmittelbarer Diskriminierung und Belästigung auf Grund der Behinderung. Schlichtungsverfahren beim Bundessozialamt Klage beim Zivilgericht
Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz Schlichtungsverfahren: Verpflichtend vor dem Gerichtsverfahren Zuständig: Bundessozialamt alle Landesstellen Betroffene können Vertrauenspersonen mitnehmen Ziel: Ausgleich der Interessengegensätze Mediation durch externe, geprüfte Mediatoren/innen ist anzubieten
Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz Rechtsfolgen: Unmittelbare und mittelbare Diskriminierung: Schadenersatz (materiell und immateriell) Belästigung: Schadenersatz (immaterieller Schadenersatz mindestens 1000)
Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz Beratung: Selbstbestimmt Leben Innsbruck Mag. Paso Zengin Anton-Eder-Straße 15 6020 Innsbruck 0512 57 89 89 p.zengin@selbstbestimmt-leben.at
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG seit 1.1.1956 (mit Novellen)
Pensionsversicherung Berufsunfähigkeit bei Angestellten: Als berufsunfähig gilt der Versicherte, dessen Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. (Wenn Berufsschutz vorliegt.) ( 273 ASVG) Die Berufsunfähigkeit muss voraussichtlich 6 Monate dauern für eine Berufsunfähigkeitspension ( 271 Abs 1 Z 2 ASVG)
Pensionsversicherung Interpretation: Behinderung = körperlichen oder geistigen Zustand, der weniger als die Hälfte ist als bei einem Gesunden herabgesunken ist Festgestellt durch medizinische Gutachten Pensionen können niedrig sein (Ausgleichszulage) Bei gleichbleibender Behinderung bzw. Geburtsbehinderung keine Berufsunfähigkeit --> keine Pension Bei unbefristeter I-/BU-Pension: Mann/Frau kann nur einmal in Pension gehen
Pensionsversicherung Interpretation: Behinderung ist kein Zustand Vergleich Behindert Nichtbehindert Vergleich an der Norm Der Vergleich verhindert Interaktion zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen. Bei der BU-Pensionsfeststellung besteht minimaler Mitgestaltungsspielraum
Pensionsversicherung Originäre Behinderung - Geburtsbehinderung Als invalid (...) gilt der (die) Versicherte auch dann, wenn er (sie) bereits vor der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner (ihrer) körperlichen oder geistigen Kräfte außer Stande war, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen, dennoch aber mindestens 120 Beitragsmonate der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat. ( 255 Abs. 7 ASVG)
Interpretation: Pensionsversicherung
Pensionsversicherung Interpretation: Erwerbsunfähig vor dem ersten Job. Behinderung bleibt gleich. 10 ARBEITSjahre sind notwendig, obwohl die Wartezeit kürzer ist /sein kann. Eine Ausnahme von Zustand herabgesunken Bei kurzfristigen Beschäftigungen -> keine I-/BU-Pension Jobchancen von Menschen mit Behinderungen? Diskriminierung Monitoringausschuss
Pensionsversicherung Interpretation: Österreichische Sozialversicherung ist erwerbsorientiert. Wer nicht arbeitet und kein Geld verdient, hat keine/wenig Sozialversicherung. Kurzfristige Forderung : Mind. 10 Jahre richtiges Geld für richtige Arbeit. Pension für alle? Ziel: Erfüllung des Menschenrecht auf angemessen Lebensstandard für alle.
Zusammenfassung Es gibt verschiedene Gruppen von Rechten für Menschen mit Behinderungen: Verfassungsrechte Menschenrechte UN-Behindertenrechtskonvention Gleichbehandlungsrecht in Österreich Gleichstellungsrechte für Menschen mit Behinderungen Leistungsrechte Bundes- und Sozialversicherungsleistungen Leistungen der Länder
Zusammenfassung Welche Rechte sind 'hilfreich'? Verfassungsrechte Menschenrechte Leistungsrechte Gleichstellungsrechte
Zusammenfassung Verschiedene Durchsetzungsmöglichkeiten von Rechten Verschiedene Verständnisse von Behinderung werden verwendet. Bspw.: vgl. CRPD vs. ASVG (!) Wann, wo und wie Teilhabe und Selbstbestimmung garantiert wird, ist unterschiedlich. Das SV-Recht macht keine Aussagen, wie Teilhabe und Selbstbestimmung garantiert wird. These : Je konkreter die Rechte (i.s. v. garantiertes Geld), desto schwieriger wird die Durchsetzung.
Handlungsspielräume der Gesetzgeber: Gesetzliche Anpassung an die UN- Behindertenrechtkonvention. Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen für gleichberechtigte Teilhabe von Betroffenen bei der Leistungsbemessung Derzeitige Gesetze als Basis beibehalten und Leistungen und Verfahren anpassen. (durch Verordnungen, Richtlinien, Handlungen etc.) Es geht um viel Geld, rechtliche und politische Änderungen sind schwierig, aber menschenrechtlich notwendig. Vom 'Pickerl' zum Bedarf zum Menschenrecht
Handlungsspielräume von SozialarbeiterInnen: Wissen, dass es verschiedene Rechte von Menschen mit Behinderungen gibt mit verschiedenen Durchsetzungsmöglichkeiten. Unterschiedliche Rahmenbedingungen von SozialarbeiterInnen anerkennen. Risiko des Brückenbaus zwischen Sozialversicherung, ambulanten/gemeindenahen Diensten, Selbstbestimmt Leben und SozialarbeiterInnen verschiedener Handlungsfelder eingehen.
Handlungsspielräume von SozialarbeiterInnen: Die tatsächliche Situation von KundInnen/ KlientInnen/PatientInnen ganz genau anschauen und beschreiben Betroffene unterstützen, dass sie selbst ihre Situation bei Sozialversicherungen, Ämtern- und Behörden darstellen (eigener Briefkopf, eigene Unterschrift, persönliches Vorsprechen..) Wissen, dass eine Unterversorgung (an PA, Geld, etc..) eine Menschenrechtsverletzung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention ist. Argumentieren, rechnen und Beschwerden schreiben!
Literatur Prasad, Nivedita: Mit Recht gegen Gewalt. Die UN- Menschenrechte und ihre Bedeutung für die Soziale Arbeit, Verlag Barbara Budrich, 2011 Hessel Stéphane: Empört Euch!, Ullstein, 6. Auflage, 2011 Monitoringausschuss, Stellungnahme is EinschätzungsVO v. 3.2.2010 Monitoringausschuss, Stellungnahme Förderungen v. 22.2.2012 Chancengleichheit - Das Gleichbehandlungsrecht in Österreich Download: https://broschuerenservice.bmask.gv.at/, Abruf 11.4.2012
Links http://ris2.bka.gv.at/ Rechtsinformation des Bundes https://www.sozdok.at/ Dokumentation des Österreichischen SV-Rechts http://www.sozialversicherung.at/ Portal der Österreichischen Sozialversicherung http://www.pensionsversicherung.at/ Pensionsversicherungsanstalt http://www.selbstbestimmt-leben.net/ Selbstbestimmt Leben Innsbruck http://www.chancen-gleichheit.at/ Chancengleichheit - Gleiches Recht und gleiche Chancen für alle!
Danke! DSA David Sporschill david@sporschill.at Folien: Mci4me-Plattform http://www.sporschill.at/sozialarbeit/