PCR-SBT ANALYSE VON HLA KLASSE I GENEN

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E - 2 RAINER BLASCZYK E - 2.1 Einleitung Die Sequenzierung eines Gens liefert die zuverlässigste und genaueste Information über dessen Polymorphismus. Im Vergleich zu anderen molekulargenetischen Typisierungsmethoden, die nur die bekannten variablen Regionen abgreifen, werden mit der Sequenzierung zusätzlich die nicht variablen Regionen überprüft, so daß auch das seltene Ereignis einer neuen Mutation in konservierten Bereichen entdeckt werden kann. Der Polymorphismus der HLA Klasse I Gene ist nahezu ausschließlich in den die α1 und α2 Domänen kodierenden Exonen 2 und 3 lokalisiert. Durch Sequenzierung dieser Exone lassen sich fast alle HLA-A,B und C Allele unterscheiden (1). Das 1. Exon sowie die 3 Exone 4-8 enthalten insbesondere bei den HLA-A und C Genorten ebenfalls geringfügige Sequenzvariabilitäten, die jedoch, von wenigen Ausnahmen abgesehen (Tabelle 1), auf der Basis der aktuellen Sequenzdatenbank keine weiteren Typisierungsinformationen liefern. Zudem spielen nach derzeitigem Kenntnisstand über Struktur und Funktion der HLA Klasse I Moleküle Variationen außerhalb der Exone 2 und 3 aus transplantationsimmunologischer Sicht keine Rolle. Die hier beschriebene Sequenzierung beschränkt sich daher auf die Analyse des 2. und 3. Exons. Die Methode der Sequenzierung typisierungsrelevanter Genabschnitte wird als Sequencing Based Typing bezeichnet und mit SBT bzw. als postpcr-verfahren mit PCR-SBT abgekürzt. Tabelle 1. HLA-A, B und C Allele, die durch Sequenzierung des 2. und 3. Exons nicht unterschieden werden können HLA-A 1 HLA-B 1 HLA-C 1 A*0101 = A*0104 2 (Exon 4) B*1512 = B*1519 (Exon 4) A*0201 = A*0209 (Exon 4) B*5101 = B*5111 2 (Exon 4) A*0207 = A*0215 2 (Exon 4) A*2402 = A*2409 2 = A*2411 2 (Exon 4) A*2601 = 2611 2 (Exon 4) A*7401 = A*7402 (Exon 1) 1 Das in Klammern aufgeführte Exon gibt die Lage des allelischen Unterschiedes an. Cw*1801 = Cw*1802 (Exon 5) 2 A*0104, 0215, 2409, 2611 und B*5111 werden wegen eines Stopcodons in Exon 4 nicht exprimiert. DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998 113

Die Entwicklung von routinefähigen Methoden zur HLA Klasse I Sequenzierung befindet sich noch im experimentellen Stadium. Eine einheitliche Technik hat sich daher bisher nicht durchsetzen können. Zudem bedingen Fortschritte in der Sequenzierchemie sowie das unaufhaltsame Anwachsen der Sequenzdatenbank eine kurze Lebensdauer bereits beschriebener Methoden. Die methodischen Anleitungen dieses Kapitels beschreiben daher die Prinzipien sowie die praktischen und theoretischen Probleme der HLA Klasse I Sequenzierung am Beispiel des HLA-A Genorts (2). Zusätzlich ist im Literaturverzeichnis eine Arbeit zur HLA- B Sequenzierung aufgelistet (3). Die Weiterentwicklungen der bisher noch in der Erprobungsphase befindlichen Klasse I Sequenzierstrategien wird hoffentlich für die nächste Ausgabe dieses Handbuches die Präsentation validierter Sequenziertechniken für alle drei klassischen HLA Klasse I Genorte erlauben. E - 2.2 Methodische Aspekte der HLA Klasse I Sequenzierung E - 2.2.1 Prinzip Allen für die HLA Sequenzierung bisher beschriebenen Methoden ist gemeinsam, daß sie auf dem von Sanger et al. (4) beschriebenen Abbruchverfahren enzymatisch synthetisierter Extensionsprodukte an einer komplementären DNA Matrize beruhen. Ansonsten verbirgt sich hinter dem Begriff Sequencing Based Typing jedoch ein äußerst heterogenes Feld verschiedener methodischer Ansätze (Tabelle 2). Um die Validität eines Sequenzierergebnisses beurteilen zu können, ist es unbedingt erforderlich, die verwendete Methode zu kennen. Tabelle 2. Heterogenität der Sequencing Based Typing Methoden Unterschiedliches Ausgangsmaterial: Unterschiedliche Amplifikationsstrategie: mrna genomische DNA genspezifisch gruppenspezifisch Unterschiedliche Region amplifiziert: Exons 2 und 3 Exons 2, 3 und 4 komplettes Gen Unterschiedliche Sequenzierstrategie: Unterschiedliche Sequenzierchemien: Direkte Sequenzierung Indirekte Sequenzierung (Klonierung) Manuelle, radioaktive Sequenzierung: TaqPolymerase 114 DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998

Tabelle 2. Heterogenität der Sequencing Based Typing Methoden Sequenase Automatische Fluoreszenz Sequenzierung: TaqPolymerase mit Dye Terminatoren TaqPolymerase mit Dye Primern Sequenase mit Dye Terminatoren Sequenase mit Dye Primern Die Entwicklung von Sequenzierstrategien beinhaltet die Entscheidung für die Verwendung von mrna oder genomischer DNA als Ausgangsmaterial, die Auswahl einer direkten oder indirekten (Klonierung) Sequenziertechnik, die Etablierung geeigneter Amplifikations- und Sequenzierprimer sowie die Wahl einer Sequenzierchemie. E - 2.2.2 Probenmaterial Prinzipiell besteht die Möglichkeit mrna oder genomische DNA als Startmaterial zu verwenden. Der größte Teil der Sequenzdatenbank wurde durch Sequenzierung von mrna gewonnen und auch die erste systematische Arbeit über die HLA Klasse I Sequenzierung zu Typisierungszwecken (5,6) beschreibt die Verwendung von mrna als Ausgangsmaterial. Der Einsatz von mrna bietet den Vorteil, die durch Sequenzhomologien der zahlreichen HLA Klasse I Pseudogene und Genfragmente bedingten amplifikationstechnischen Probleme umgehen zu können. Es besteht weiterhin der Vorteil, daß die typisierungsrelevanten Exone 2 und 3 nicht vom 240 bp großen 2. Intron unterbrochen werden, und somit die insgesamt 546 bp umfassenden Exone 2 und 3 in einer einzigen Sequenzierreaktion dargestellt werden können. Der Vorteil genomischer DNA besteht in ihrem unproblematischen Handling und ihrer leichten Verfügbarkeit. Zusätzlich bietet sie den Vorteil, daß genort- und gruppenspezifische nicht-kodierende Motive für Amplifikations- und Sequenzierprimer genutzt werden können. Die begrenzte Zahl gruppenspezifischer kodierender Motive außerhalb der Exone 2 und 3 erlaubt beim Einsatz von mrna entweder keine haplotypspezifischen Amplifikationen oder erfordert zur PCR vermittelten Haplotypentrennung die Nutzung polymorpher Exon 2 und 3 Motive, die dann jedoch nicht durch Sequenzierung dargestellt werden können. Die hier beschriebene Sequenzierstrategie beruht daher auf der Verwendung genomischer DNA als Ausgangsmaterial. DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998 115

E - 2.2.3 Sequenzierstrategie Die Klonierung von PCR Produkten liefert die saubersten Sequenzierergebnisse. Sie löst alle mit der Heterozygotie der HLA Klasse I Genorte sowie mit sequenzhomologen Pseudogenen assoziierten Probleme. Diese Vorteile sind jedoch mit einem hohen Arbeitsaufwand verbunden, der den Einbau des PCR Fragmentes in ein Plasmid, die Expansion der Klone, das Screening der Klone und die durch TaqPolymerase-Ungenauigkeiten bedingte Notwendigkeit von Mehrfachsequenzierungen für jeden Haplotyp beinhaltet. Zur sicheren Feststellung einer Homozygotie sollten 6 zufällig ausgewählte Klone das gleiche Sequenzierergebnis liefern. Die Wahrscheinlichkeit, einen Haplotyp übersehen zu haben, liegt dann bei 0,5 6 (0,016). Zur Ausschaltung von Fehlpolymerisierungen während der PCR sollte bei Heterozygoten jeder Haplotyp 3 mal durch Sequenzierung dargestellt werden. Der hohe Arbeitsaufwand der Klonierung vermindert erheblich den Probendurchsatz des Labors und beschränkt damit die Möglichkeit der klinisch orientierten Anwendung. Die hier beschriebene Sequenzierstrategie beruht daher auf einer direkten Sequenzierung von PCR Produkten. E - 2.2.4 Amplifikationsstrategie Die Amplifizierung polymorpher Systeme zur direkten Sequenzierung kann genort- oder haplotypspezifisch erfolgen. Die haplotypspezifische Vorgehensweise hat den entscheidenden Vorteil, daß die cis/trans Kopplung aller polymorphen Sequenzmotive definiert werden kann. Direkt Sequenzierungen ohne haplotypspezifische Amplifizierung können die cis/trans Kopplung variabler Sequenzbereiche nicht festlegen und entsprechen in ihrer Typsierungskapazität der Hybridisierung mit sequenzspezifischen Oligonukleotiden nach generischer PCR (PCR-SSO). Die Betrachtung der exonischen Sequenzdatenbank zeigt, daß die Diversifizierung der HLA Klasse I Loci überwiegend auf Genkonversionsereignissen beruht, die vornehmlich zwischen unterschiedlichen Allelen eines Genortes stattfanden. Dies wird regelmäßig durch die neu entdeckten Allele bestätigt, die von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht durch neue Sequenzmotive gekennzeichnet sind, sondern alternative Kombinationen bereits bekannter Motive darstellen. Überlegungen über die tatsächlich vorhandene allelische Vielfalt auf der Basis der freien Kombination aller Sequenzmotive läßt einen nicht unerheblichen Anteil bisher nicht entdeckter Allele vermuten. Aus dieser Betrachtung kann abgeleitet werden, daß, wenn die cis/trans Kopplung der variablen Positionen in der Sequenzierung nicht definiert wird, neue Allele als heterozygote Kombinationen bekannter Allele fehlgedeutet werden könnten. Schon jetzt sind Sequenzchromatogramme denkbar, die mehrdeutig sind und somit trotz des hohen Aufwandes einer Sequenzierung mit mindestens zwei Heterozygotenkombinationen von Allelen vereinbar sind (Tabelle 3). 116 DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998

Tabelle 3. Mehrdeutige Heterozygotenkombinationen G 209 C 209 2407 6602 6802 2402?? 6603?? 6803?? Daraus ergeben sich nachfolgende uneindeutige Heterozygotenkombinationen A*2402,6602 A*2402,6802 A*6603,6802 A*2407,6603 A*2407,6803 A*6602,6803 Legende: Uneindeutige Heterozygotenkombinationen auf der Basis des Dimorphismus der Position 209 im 2. Exon des HLA-A Locus. Die vertikal und horizontal aufgelisteten Allele unterscheiden sich innerhalb ihrer Gruppe nur an der Position 209. Dies hat Konsequenzen für die Strategie der direkten Sequenzierung. Die Allelzuordnung nach generischer Amplifizierung und Sequenzierung beruht auf dem Vergleich aller theoretisch möglichen cis/trans Kopplungen der nachgewiesenen Heterozygotenpositionen mit der aktuellen Sequenzdatenbank. Eindeutige Sequenzierergebnisse sind somit nur auf der Basis der jeweils gültigen Sequenzdatenbank eindeutig. Mit der Entdeckung neuer Allele können diese Ergebnisse jedoch im Laufe der Jahre mehrdeutig werden. Diese Entwicklung ist in den letzten fünf Jahren für die HLA-DRB1 und DPB1 Genorte bereits eingetreten und ist auch für die HLA Klasse I Genorte zu erwarten. Nur wenn die cis/trans Kopplung polymorpher Motive definiert wird, kann sichergestellt werden, daß Sequenzierergebnisse unabhängig von einer wachsenden Sequenzdatenbank eindeutig bleiben. Dies hat insbesondere dann Bedeutung, wenn Sequenzierergebnisse für klinische Studien zur Feststellung der Relevanz von HLA Klasse I Subtypen-Mismatchen verwendet werden sollen, da erst lange nach der immungenetischen Spender-/Empfängerevaluierung die Bewertung der klinischen Daten erfolgen kann. Zu diesem Zeitpunkt ist die Sequenzdatenbank weiter angewachsen, so daß, wenn generische Amplifizierungen verwendet wurden, die Gefahr besteht, daß vormals eindeutige Sequenzierergebnisse nun mehrdeutig und somit für die klinische Analyse unbrauchbar geworden sind. Die hier beschriebene Amplifikationstechnik zur Herstellung der Sequenziertemplates beruht daher auf einer haplotypspezifischen PCR unter Verwendung gruppenspezifischer Sequenzmotive in Anlehnung an die serologisch definierten Antigene (Tabellen 4.1, 4.2 und 5). Die zur Templateherstellung verwendeten Primermixe arbeiten unter identischen PCR- Bedingungen, um einen adäquaten Probendurchsatz zu gewährleisten. Die Auswahl der Primermixe für die Sequenzierung setzt eine vorausgegangene Serologie-äquivalente Definition der vorliegenden Haplotypen voraus. Nach Definition ihrer Gruppenzugehörigkeit DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998 117

kann auf der Basis der aktuellen Sequenzdatenbank eine Vorhersage über konservierte Sequenzmotive des amplifizierten Allels erfolgen und die geeigneten Primer zur Herstellung der Sequenziertemplates ausgewählt werden. Tabelle 4. Amplifikationsprimer Primer Sequenz L Tm Lokalisation 5 FR-243 S 5 AGT GTC TTC GCG GTC GCT C 3 19 62 C -53-71 5' fr 5'FR-251 S 5 GTG TCG TCG CGG TCG CTG 3 18 62 C -53-70 5' fr 5'FR-273 S 5 CAT GCC GAG GGT TTC TCC CA 3 20 64 C -360-379 5' fr 5'FR-279 S 5 GCT GTT TCT TTT CTC CCT CTG 3 21 62 C -163-183 5' fr E1-203 S 5 CCT GAC CCA GAC CTC GGC A 3 19 64 C 54-72 exon 1 I1-210 S 5 ACC CGG GAA GCC GGG CCT 3 18 64 C 72-89 intron 1 I1-214 S 5 CGC CTG GCG GGG GGG CAA 3 18 66 C 53-70 intron 1 I1-221 S 5 GGG AGC GGC GCC GGG AC 3 17 64 C 77-93 intron 1 I1-223 S 5 GTG AGT GCG GGG TCG TGG 3 18 62 C 1-19 intron 1 I1-225 S 5 GCC GGG AGG AGG GAC GGT 3 18 64 C 86-103 intron 1 I1-226 S 5 CTC TGT GGG GAG AAG CAA C 3 19 60 C 29-47 intron 1 I1-240 S 5 GGA GGA GGG TCG GGC GGA 3 18 64 C 90-107 intron 1 I3-233 AS 5 GGC CCA AGG CTG CTG CCT 3 18 62 C 274-291 intron 3 I3-236 AS 5 GTC TGT CAG GAA GAG TCA GAA 3 21 62 C 583 - +2 intron 3 - exon 4 I3-249 AS 5 CAG AGT CAC TCT CTG GTA CAG 3 21 62 C 148-168 intron 3 I3-250 AS 5 GTC AGA GAG CAG GGC GGA A 3 19 62 C 172-190 intron 3 I3-280 AS 5 GCG ATC GTC TTC CCG TCA C 3 19 62 C 220-238 intron 3 I3-282 AS 5 AGA GTC ACT CTC TGG TAC AGA 3 21 60 C 147-167 intron 3 I3-284 AS 5 ACC TGA GTG GAG GCT GAG A 3 19 60 C 370-388 intron 3 Legende: S - Sense; AS - Antisense; L - Länge; fr - flanking region 118 DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998

Tabelle 5. PCR-SBT Primermixe Primer mix Sense primer Antisense Size of HLA-A specificity No. Name primer product 1 1.4 5 FR-251 I3-284 1448 bp A*01,3601 2 2 I1-226 I3-249 1056 bp A*02 3 3 I1-221 I3-280 1077 bp A*03 4 11 5 FR-243 I3-249 1229 bp A*11 5 9 I1-214 I3-249 1034 bp A*23,24 6 10.1 I1-210 I3-236 1452 bp A*25,26,34,43,66 7 28.1 5 FR-273 I3-233 1659 bp A*68,69 8 19.1 I1-223 I3-249 1084 bp A*29,31,32,33,74 9 19.2 I1-240 I3-249 996 bp A*31,33 10 19.3 5 FR-279 I3-250 1362 bp A*29,32,74 11 30.1 I1-225 I3-249 1000 bp A*30,0102 12 80 E1-203 I3-282 1102 bp A*8001 E - 2.2.5 Sequenzierchemie Für die Sanger-Sequenziertechnik stehen an automatischen Sequenziergeräten mehrere Methoden zur Verfügung, die sich in Qualität und notwendigem Aufwand erheblich unterscheiden. Die höchste Sequenzierqualität wird mit Fluoreszenz-markierten Primern (Dye Primer Technik) und Sequenase als Sequenzierenzym erreicht. Diese Technik besitzt die größte Zuverlässigkeit zur Darstellung heterozygoter Positionen. Die Verwendung von AmpliTaq FS (Perkin Elmer) oder ThermoSequenase (Amersham) liefert bei etwas geringerem Aufwand nur etwas schlechtere Ergebnisse. Wenn ein One-Lane Sequenziergerät von Applied Biosystems (ABI370, 373 oder 377) genutzt wird, kann der Arbeitsaufwand durch den Einsatz unterschiedlich markierter Terminatoren (Dye Terminatoren Technik) weiter reduziert werden. Diese Technik ist jedoch insbesondere bei Verwendung von AmpliTaq oder AmpliTaq FS als Sequenzierenzyme kaum in der Lage, verläßlich mehrere Heterozygotenpositionen darzustellen. Neue, doppelt Fluoreszenz-markierte Dye Terminatoren von PE Applied Biosystems (Big Dyes) scheinen dieses Problem lösen zu können. Wegen der Notwendigkeit bei generischer Amplifizierung zuverlässig alle Heterozygotenpositionen erkennen zu müssen, kann nach generischer Amplifizierung nur die aufwendigere DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998 119

Dye Primer Technik angewandt werden. Dies ist auch deswegen notwendig, um Sequenzchromatogramme zu erhalten, die Computer-gestützt auswertbar sind, da eine manuelle Auswertung komplexer Heterozygotenmuster aufwendig und fehlerträchtig ist. Dabei sind heterozygote Positionen in den Auswerteprogrammen über Schwellenwerte definiert, um eine Unterscheidung vom fluoreszierenden Hintergrund zu ermöglichen. Die Einhaltung konstanter Schwellenwerte kann mit den inhomogenen Dye Terminatoren Chromatogrammen nicht erreicht werden. Die zeitsparenden Dye Terminatoren Techniken bleiben daher der unabhängigen Sequenzierung der Haplotypen vorbehalten. Bei gleichzeitiger Sequenzierung von zwei Allelen in einer Extensionsreaktion treten nicht selten in den Abschnitten der Heterozygotien Peak Shifts auf, die Insertionen nachahmen und die Zuordnung der heterozygoten Positionen erschweren. Diese Problematik erfordert die Sequenzierung der Templates in beide Richtungen. Da Peak Shifts bei Sequenzierungen nur eines Haplotyps nicht auftreten, ist die Darstellung nur einer Sequenzrichtung ausreichend. Der bei der haplotypspezifischen Amplifizierung erforderliche Mehraufwand durch die unabhängige Sequenzierung beider Haplotypen in zwei Extensionsreaktionen relativiert sich somit durch die fehlende Notwendigkeit, in beide Richtungen sequenzieren zu müssen. Eine haplotypspezifische Amplifizierungen zur Templateherstellung kann die nachteilige Notwendigkeit bedingen, daß die Extensionsreaktionen mit verschiedenen Sequenzierprimern durchgeführt werden müssen, die unterschiedliche Sequenzierqualitäten liefern. Dieser Nachteil kann durch die Verwendung von PCR Primern mit einer universellen -21M13 Erkennungssequenz am 5 Ende ausgeglichen werden, so daß für jede Sequenzierrichtung ein einziger Sequenzierprimer ausreichend ist. Da bei dieser Technik unerwünschte Amplifikate immer mitsequenziert werden, stellt die Anwendung dieser Methode höchste Anforderungen an die Qualität des PCR Produktes, die für die HLA Klasse I Region nicht in allen Fällen erreicht werden kann. Mit der Verwendung von nested Sequenzierprimern kann ein zusätzlicher Spezifitätsschritt eingeführt werden, der die Initiierung einer Sequenzierreaktion bei unspezifisch amplifizierten Fragmenten verhindert. Dies steigert erheblich die Qualität der Extensionsreaktion. Intraexonische nested Sequenzierungen erfordern jedoch bei haplotypspezifischer Amplifizierung häufig auch die Anwendung haplotypspezifischer Extensionsprimer, so daß mehrere Sequenzierprimer bereitgehalten werden müssen. Die Notwendigkeit der Bevorratung mehrerer Sequenzierprimer läßt jedoch zum einen die Anwendung der Dye Primer Technik teuer und unpraktikabel werden und macht zudem die Sequenzierung komplexer und unübersichtlicher. Da aufgrund der Beschränkungen der Sanger-Sequenziertechnik die ersten 5 Basenpositionen nicht zuverlässig gelesen werden können, entgeht zudem beim Einsatz intraexonischer nested Sequenzierprimer ein Teil der Sequenz der Beurteilung. Zur Umgehung dieser Beschränkungen werden in der hier beschriebenen Methode für das 2. und 3. Exon je ein intraintronischer Sequenzierprimer auf Sequenzmotiven des 2. Introns verwendet, die zum einen genortspezifisch und zum anderen allen HLA-A Haplotypen gemeinsam sind (Abbildung 1). Diese Technik nutzt die Vorteile der nested Sequenzierung ohne die Notwendigkeit, mehr als zwei Extensionsprimer verwenden zu müssen. Da zudem beide 120 DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998

Primer 68 bp von den Intron/Exon-Grenzen entfernt liegen, muß in beide Richtungen nur eine Fragmentlänge von maximal 350 bp dargestellt werden. Diese kurzen Fragmentlängen gewährleisten eine hohe Robustheit dieser Sequenziertechnik. Die zur PCR-vermittelten Trennung der Haplotypen verwendeten Motive entsprechen der serologisch definierten Vielfalt, so daß auch nur bei serologisch heterozygoten Proben unabhängige Amplifizierungen der Haplotypen erreicht werden können (Tabelle 5). Dies ist bei ca. 95% der zu untersuchenden Proben der Fall. Bei den übrigen 5% kann keine separate Amplifikationsstrategie zur Templateherstellung eingesetzt werden. In diesen Fällen besteht die Möglichkeit des Vorliegens einer Subtypenheterozygotie, die erst durch die Sequenzierung erfaßt werden kann. Da bei diesen eng verwandten Allelen nur wenige heterozygote Positionen dargestellt werden müssen, kann dies mit einer Dye Terminator Technik gelingen. Das Hauptproblem dieser amplifikationstechnisch nicht trennbaren Haplotypen liegt in der Definition der cis/trans Kopplung der Sequenzmotive, wenn sich die gemeinsam amplifizierten Allele in mehr als einer Nukleotidposition unterscheiden. Bei Allelen, die in zwei oder mehr Positionen differieren, kann unter der Voraussetzung, daß die heterozygoten Positionen mindestens fünf Nukleotide auseinander liegen, durch eine zweite allelspezifische Extensionsreaktion unter Verwendung des gleichen Template, das bei der ersten Sequenzierung verwendet wurde, mit einem Sequenzierprimer auf der ersten oder letzten Heterozygotenposition die cis Kopplung der Motive eines Allels festgestellt werden (7). Die Kopplung der Motive des zweiten Allels kann dann indirekt aus dem ersten Chromatogramm ermittelt werden. Heterozygote Positionen, die dichter als fünf Nukleotide zusammen liegen, erfordern meistens eine allelspezifische Amplifizierung. Die Entwicklung individueller Primermixe ist jedoch häufig sehr zeitaufwendig, so daß eine Klonierung schneller zum Ziel führen kann. E - 2.3 Praktische Durchführung der HLA Klasse I Sequenzierung E - 2.3.1 Apparative Voraussetzungen und Material Grundausstattung eines molekulargenetischen Labors; automatischer Sequencer von Applied Biosystems (ABI370, 373, 377 oder 310), MWG (LI-COR 4000 oder 4000L), Pharmacia Biotech (ALF oder ALF express) oder Molecular Dynamics (Vistra 725). Für geringen Probendurchsatz auch manuelle, radioaktive Sequenziereinheit möglich. E - 2.3.1.1 PCR Primer Die Sequenz und Lokalisation der PCR Primer für den HLA-A Genort sind in Tabelle 4 aufgelistet. Die Spezifität der Primermixe zur Templateherstellung ist in Tabelle 5 aufgeführt. Die Auswahl der Primermixe für die Sequenzierung erfolgt auf der Basis einer niedrigauflösenden Vortypisierung. DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998 121

E - 2.3.1.2 Sequenzierprimer Für jede amplifizierte Gruppe erfolgt die Sequenzierung mit den gleichen Sequenzierprimern. Ein 3 Primer (ASEQ3; 5 TCG GAC CCG GAG ACT GTG 3, 18mer, T m =60 C) für das 2. Exon und ein 5 Primer (ASEQ5; 5 GTT TCA TTT TCA GTT TAG GCC A 3, 22mer, T m =60 C) für das 3. Exon (Abbildung 1). Beide Sequenzierprimer liegen in konservierten Regionen des 2. Introns, die bei allen HLA-A Haplotypen identisch sind. Abbildung 1: Prinzip der HLA Klasse I Sequenzierung zu Typisierungszwecken HLA Klasse I Sequenzierung universelle Sequenzierprimer Intron 1 Exon 2 Exon 3 Intron 3 270 bp Intron 2 240 bp 276 bp gruppenspezifische Amplifikationsprimer Die Template-Herstellung erfolgt mit gruppenspezifischen Amplifikationsprimern, die Extension wird unabhängig vom amplifizierten Haplotyp mit universellen Sequenzierprimern im 2. Intron durchgeführt. E - 2.3.2 Durchführung E - 2.3.2.1 PCR Protokoll Das PCR Protokoll ist für alle Primermixe identisch. Die PCR Amplifizierung wird in einem Endvolumen von 50µl durchgeführt und ergibt eine ausreichende Menge PCR Produkt für 122 DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998

mehrere Sequenzierreaktionen. Einer der beiden PCR Primer ist Biotin-markiert, um eine einfache, schnelle, effiziente und verlustarme Reinigung mit Streptavidin-gekoppelten Dynabeads (Dynabeads M-280) zu ermöglichen. PCR Reaktions-Mix: Volumen pro Reaktion 5X PCR buffer 1 10,0µl DMSO 1,0µl 2.5mM eines jeden dntp 5,0µl ddh 2 O 26,8µl 42,8µl Biotinylierter Primer (5pmol/µl) 1,0µl Unmarkierter Primer (5pmol/µl) 2,0µl TaqPolymerase (5U/µl) 0,2µl Genomic DNA (100ng/µl) 4,0µl Total 50,0µl 1 5X PCR buffer: 75mM (NH 4 ) 2 SO 4, 17,5mM MgCl 2, 300mM Tris-HCL, ph 9.0 PCR Zyklus Parameter Die PCR Zyklus Parameter wurden auf ein Perkin Elmer System 9600 Thermozykler abgestimmt. Nach initialer Denaturierung folgt eine erste Amplifikationsrunde mit 10 zwei- Temperatur Zyklen, gefolgt von einer zweiten mit 20 drei-temperatur Zyklen. 1.) Initiale Denaturierung bei 95 C für 5 min 2.) 10 Zyklen i) Denaturierung bei 95 C für 30 Sekunden ii) Annealing and Extension bei 65 C für 50 Sekunden 3.) 20 Zyklen i) Denaturierung bei 95 C für 30 Sekunden ii) Annealing bei 62 C für 50 Sekunden iii) Extension bei 72 C für 30 Sekunden Die Amplifikation wird durch Untersuchung von 10µl des PCR Produktes in einem mit Ethidiumbromid vorgefärbten (0,2 µg/ml) Agarosegel überprüft. Das hier beschriebene Protokoll beschreibt die Anwendung der Cycle-Sequencing Technik mit AmpliTaq FS und Dye Terminatoren für ein One-Lane Sequencer von Applied DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998 123

Biosystems. Eine Anpassung des Protokolls für andere Sequenzierenzyme und Geräte ist mit geringen Modifikationen möglich. Die Reinigung des PCR Produktes von überschüssigen Amplifikationsprimern wird mit Streptavidin-gekoppelten Dynabeads (Dynabeads M-280) durchgeführt. Dazu werden 20µl Beads 3x in 20µl 1fachem Binding & Washing Puffer (B&W; 2x B&W Puffer: 2M NaCl, 10mM Tris-HCl ph 7.5, 1mM EDTA) gewaschen, in 40µl 2fach B&W resuspendiert, mit 40µl PCR Produkt gemischt und bei 40 C für 15 Minuten inkubiert. Anschließend wird der Überstand verworfen, der Beads/PCR-Produkt-Komplex 3X in 60µl 1fach B&W gewaschen und in 20µl ddh 2 O resuspendiert. Die Proben können so mehrere Wochen bei 4 C gelagert werden. Für die Anwendung der Dye Primer Technik ist eine Reinigung des PCR Produktes nicht unbedingt notwendig, da die von den überschüssigen Amplifikationsprimern initiierten Extensionsreaktionen nicht fluoreszenzmarkiert sind. In diesen Fällen muß das PCR Produkt ausreichend verdünnt werden, um einen Templateüberschuß zu verhindern und das ausgewogene Verhältnis der dntps und ddntps im Sequenziermix zu erhalten. E - 2.3.2.2 Extensionsreaktion, Elektrophorese und Datensammlung 1µl des gereinigten PCR Produktes, 3µl Sequenzierprimer (1pmol/µl) und 8µl ddh 2 O werden zu 8µl des gebrauchsfertigen Sequenziermixes (Ready Reaction DyeDeoxy Dye Terminator Cycle Sequencing Kit) pipettiert. Das Extensionsgemisch wird in einem Perkin Elmer Thermozykler 9600 für 25 Zyklen bei 95 C 10 Sekunden, 50 C 5 Sekunden und 60 C 4 Minuten inkubiert. Anschließend wird das Extensionsgemisch durch Zentrifugation durch eine Sephadex G50 Säule (Pharmacia Biotech) von nicht inkorporierten Dye Terminatoren gereinigt, in einer Vakuumzentrifuge getrocknet und in 4µl einer 5:1 Mischung Formamid-25mM EDTA, ph 8,0 mit 50mg/ml Dextran Blau resuspendiert. Nach 2 Minuten Denaturierung bei 90 C werden je nach Gerätetyp (ABI370, 373, 377, 310) 1-4µl dieser Lösung auf ein 6%iges Polyacrylamid-8M Harnstoff (ABI370 und 373) bzw. 5%iges Polyacrylamid-7M Harnstoff (ABI377) Sequenziergel bzw. die Sequenziermatrix (ABI310) aufgetragen und die Elektrophorese je nach Gerätetyp bei 30-48 Watt für 4-8 Stunden pro Gel (ABI370-377) oder Probe (ABI310) durchgeführt. Nach der Datensammlung können die Sequenzchromatogramme direkt ausgedruckt werden oder mit den Sequenzanalyse-Programmen (Sequence Navigator und Factura bzw. Match Tools Navigator, Match Maker ) nach Belieben bearbeitet werden. Eine Computer-gestützte Ergebnisinterpretation wie für die HLA-DRB1 Sequenzierung steht von Applied Biosystems zur Zeit noch nicht zur Verfügung. 124 DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998

E - 2.4 Fehlerquellen und Problemlösungen 1. Gel polymerisiert nicht: Ammoniumpersulfat frisch ansetzen 2. Hoher fluoreszierender Hintergrund: weniger Template in der Extensionsreaktion einsetzen Reinigung der Extensionsprodukte verbessern 3. Luftblasen im Gel: Gießtechnik ändern Grundreinigung der Platten durchführen (z.b. für mehrere Stunden in Alconox einlegen) 4. Peaks im Plate check: saubere Platten und Gellösungen verwenden evtl. Grundreinigung der Platten durchführen 5. Schlechte Spacing Werte: ausreichend langen Vorlauf (30 Minuten) durchführen Gel nicht zu schnell polymerisieren lassen nicht zu alte Polyacrylamidlösung verwenden Gelzusammensetzung überprüfen 6. Schwache Signale bzw. zu niedrige Peaks: zu hoher Templateverlust bei der Beadsreinigung durch (i) zu hohe Konzentration des biotinylierten Primers oder (ii) ineffizientes Waschen der Beads vor Kopplung des PCR Produktes 7. Überlaufen der Proben in benachbarte Taschen: keine ausreichende Klammerung des Vorkammes den Vorkamm statt des umgedrehten Haifisch-Kamms als Platzhalter verwendet beim Einsetzen des Haifisch-Kamms Seiten vertauscht Haifisch-Kamm nicht weit genug vorgeschoben zu schnelle Befüllung der Taschen Taschen zu klein, da Kamm zu tief eingeschoben Zugabe von Dextran-Blau zum Auftragspuffer DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998 125

8. Verschiebung der Tracking Lanes: Proben nicht versetzt aufgetragen und 5 minütigen Zwischenlauf nicht durchgeführt 9. Zu niedrige C und T Peaks nach einem G: ddh2o im Reaktionsmix verunreinigt zu hohe Salzreste in der DNA-Probe 10. Zu niedrige G Peaks nach einem A: Sequenzierchemie wechseln (Sequenase Dye Terminatoren oder Dye Primer) E - 2.5 Indikationen und Einsatzgebiete 1. Knochenmarktransplantation mit alternativen Spendern 1. Keine eindeutige Typisierung mit anderen Techniken möglich. 1. Verdacht auf ein neues Allel 1. Forensische Fragestellungen E - 2.6 Literatur 1. Arnett KL and Parham P. HLA class I nucleotide sequences, 1995. Tissue Antigens 1995: 46: 217-57 Zur Zeit aktuellstes, publiziertes HLA Klasse I Sequenzalignment. 2. Blasczyk R, Wehling J, Weber M, Salama A. Sequence analysis of the 2nd intron revealed common sequence motifs providing the means for a unique sequencing based typing protocol of the HLA-A locus. Tissue Antigens 1996: 47: 102-10 Beschreibung der HLA-A Sequenzierung wie in dieser Arbeitsanleitung, aber unter Verwendung der Sequenase Dye Terminatoren Chemie. 3. Petersdorf EW, Hansen JA. A comprehensive approach for typing the alleles of the HLA-B locus by automated sequencing. TissueAntigens 1995: 46: 73-85 Beschreibung einer direkten HLA-B Sequenzierung zu Typisierungszwecken nach limitierter gruppenspezifischer Amplifizierung über Exon 2 und 3 Motive. Cycle Sequencing Dye Terminatoren Sequenzierchemie. Keine nested Extensionsprimer, sondern Sequenzierung mit den Amplifikationsprimern. Individuelle PCR Bedingungen für die einzelnen Primermixe. PCR Produkt-Reinigung über Agarosegel- Elektrophorese. 4. Sanger F, Nicklen S, Coulson AR. DNA sequencing with chain-terminating inhibitors. Proc Natl Acad Sci USA 1977: 74: 5463-67 Beschreibung der Originalmethode des Kettenabbruchverfahrens. 5. Santamaria P, Lindstrom AL, Boyce-Jacino MT, Myster SH, Barbosa JJ, Faras AJ, Rich SS. HLA class I sequence-based typing. Human Immunol 1993: 37: 39-50 Beschreibung einer direkten HLA-A,B und C Sequenzierung aus mrna nach generischer Amplifizierung. Radioaktive, manuelle Sequenzierchemie. Ein Großteil der in dieser Arbeit beschriebenen neuen Allele stellte sich später als Fehlsequenzierung heraus. 126 DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998

6. Domena JD, Little AM, Arnett KL, Adams EJ, Marsh SG, Parham P. A small test of a sequence-based typing method: definition of the B*1520 allele. Tissue Antigens 1994: 44: 217-24 Kritische Stellungnahme zu der unter 5. beschriebenen Methode. 7. Blasczyk, M. Weber, A. van Lessen, N. Schwella, D. Huhn, and A. Salama. Discrimination of HLA-B27 alleles by group-specific amplification followed by solid-phase sequencing. Human Immunology 1996: 45: 117-23 Beschreibung allelspezifischer Extensionsreaktionen am Beispiel der HLA-B*27 Allele für haplotypspezifische Sequenzierungen, bei denen keine PCR-vermittelte Trennung der Haplotypen möglich ist. Sequenase Dye Terminatoren Sequenzierchemie. 8. Ennis PD, Zemmour J, Salter RD, Parham P. Rapid cloning of HLA-A,B cdna by using the polymerase chain reaction: frequency and nature of errors produced in amplification. Proc Natl Acad Sci USA 1990: 87: 2833-7 9. Wang H, Tokunaga K, Akaza T, Tadokoro K, Shibata Y, Juji T. Identification of HLA-C alleles using PCRsingle-strand-conformation polymorphism and direct sequencing. Tissue Antigens 1997: 49: 134-40 10. Eberle M, Knapp LA, Iwanaga KK, Domanico MJ, Aiyer K, Watkins DI. HLA-B typing by allele separation followed by direct sequencing. Tissue Antigens 1997: 49: 365-75 11. Norgaard L, Fugger L, Jakobsen BK, Svejgaard A. Sequencing-based typing of HLA-A locus using mrna and a single locus-specific PCR followed by cycle-sequencing with AmpliTaq DNA polymerase, FS. Tissue Antigens 1997: 49: 455-65 WWW Adressen http://www.icnet.uk/axp/tia/index.html Tissue Antigen Laboratory, ICRF London. Von Steven Marsh aktualisierte HLA Nomenklatur und EMBL Accession-Nummern für neu beschriebene Allel. Alignment der HLA-Sequenzen verfügbar. http://www.swmed.edu/home_pages/ashi/ashi.htm Von Marcel Fernandez-Viña und Peter Stastny aktualisierte HLA Klasse I Sequenzdatenbank. DGI Technisches Handbuch Histokompatibilität & Immungenetik 1998 127

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