Aufbauschulung III 2010 Alle Wege führen zum Ziel? Verhaltenstherapeutische Methoden in der Beratung pathologischer Glücksspieler Dipl.-Psych. Eva Korell Psych. Psychotherapeutin (VT) München, 13.07.2010/23.02.2011 Nürnberg, 20.07.2010 Inhalt der Schulung Verhaltenstherapie (VT) Historisches und Grundlegendes Herzstück der VT: die Verhaltensanalyse (SORK-Schema) Standard-Methoden in der VT Vorteile & Grenzen der VT 2 1
Historie: Die Lerntheorien Edward L. Thorndike (ab 1898) assoziative Verknüpfungen Iwan P. Pawlow (ab 1927) klassisches Konditionieren Burrhus F. Skinner (ab 1930) operantes Konditionieren 3 Grundlegendes In der VT finden sich die Gesetzmäßigkeiten der Lerntheorien wieder: 1. Lernen erfolgt durch die Bildung von assoziativen Verknüpfungen (S R) 2. Auch zunächst unbeteiligte Reize lassen sich verknüpfen und führen zu der konditionierten Reaktion 3. Ein Verhalten wird beibehalten oder verworfen, abhängig von den Konsequenzen 4 2
Situation Grundlegendes II Verhalten einen angenehmen Zustand anstreben Belohnung C+ einen unangenehmen Zustand beenden 4 Ebenen: - kognitiv: Gedanken und Bewertungen - physiologisch: körperliche Reaktionen - emotional: beteiligte Gefühle - motorisch: tatsächliches (Problem-) Verhalten Vermeidung von Bestrafung C/ Konsequenzen - kurzfristig - langfristig 5 Transfer zwischen Lerntheorien und VT Die VT ist nicht die Lerntheorien, sondern nutzt die erforschten Gesetzmäßigkeiten. Grundlegende Annahme der VT bezüglich der Entwicklung psychischer Störungen ist, dass eine Person über ungünstige Problemlösestrategien verfügt, die sie fälschlicherweise beibehält, weil es kurzfristig sinnvoll ist: Eine psychische Störung ist das Ergebnis eines dauerhaft ungünstigen Verhaltens in (schwierigen) Situationen, das sich automatisiert und damit chronifiziert hat! 6 3
Ursachen psychischer Störungen Lernen beginnt in der Kindheit durch erfahrene Konsequenzen durch (elterliche) Modelle geprägt durch relevante Life-Events (schwierige Lebensumstände) Bio-psycho-soziales Krankheitsmodell Genetische Disposition Charakterliche Ausprägungen Unterstützung durch das Umfeld 7 Psychologisches Störungsmodell: Klassische und operante Konditionierung 1. Initialzündung Unerwarteter Geldgewinn, z.b. am Automaten Automatengeräusche, Anblick einer Spielkarte, Casinoatmosphäre etc. Klassische Konditionierung: Wohlbefinden, Glücks- und Kompetenzerleben, Reichtumsphantasien ( Selbstwertsteigerung) 2. Pathologisierung und Chronifizierung Stresserleben, z.b. durch Verluste, Konflikte etc. Spielen als dysfunktionale Form der Stressbewältigung Stressauslöser bestehen weiterhin Glücksspiel wird zusätzlicher Konfliktherd Operante Konditionierung: Positive und negative Verstärkerprozesse (Nervenkitzel, Emotionsregulation, Ablenkung) 8 4
Situation Verhaltensanalyse (SORK) Organismus Reaktion Konsequenzen Arbeitsplatzgefährdung Finanzielle Sorgen Angespannt nach Hause kommen, Frau meckert, Kinder sind schlecht drauf, Pat. hat noch 50,- in der Tasche Körperl. Zustände (körperl. Erkrankungen) Nicht gelernt/ verlernt: Stressbewältigung Möglichkeiten zu Entspannen, für sich sorgen, neinsagen etc. Lebensregeln: Wer hart arbeitet, hat etwas verkehrt gemacht. Ich bin ein Looser! Gedanken: Das wird mir hier zuviel. Keiner nimmt auf mich Rücksicht. Die können mich alle mal Gefühle: Überforderung, Frustration, Unsicherheit Körper: Anspannung, Müdigkeit, Erschöpfung (Problem-) Verhalten: In die Spielhalle gehen und spielen Positiv: Abschalten, Ruhe, Hoffnung auf Gewinn, Kick Negativ durch Beinahe- Gewinnsituation Negativ: Positiv: Negativ: Geldverlust, Steigerung der finanziellen Negativ Sorgen, Ärger mit der Ehefrau, Vernachlässigung privater und beruflicher Verpflichtungen, keine Lernmöglichkeit adäquater Problemlösung -> Teufelskreis und Chronifizierung 9 Situation Interventionsmöglichkeiten Organismus Reaktion Konsequenzen Auslösekontrolltechniken Körperl. Zustände Gedanken: Verbesserung der körperlichen Gesundheit und Fitneß Nicht gelernt/ verlernt: Skills-Training (z.b. soziale Kompetenz, interaktionelle Fähigkeiten, Geld- Management, etc.) Lebensregeln: Kognitive Umstrukturierung (Relativierung von dysfunktionalen Grundannahmen) Kognitive Umstrukturierung (Überprüfung irrationaler Annahmen, Erarbeitung hilfreicher Gedanken), Realitätsprüfung Gefühle: Körper: (Problem-) Verhalten: Reaktionskontrolltechniken Erarbeitung altenativer Coping-Strategien (z.b. Stressbewältigung, positive Aktivitäten etc.) Selbstbelohnung für erreichte (Teil-) Ziele Bearbeitung der Funktionalität der Spielsucht Schuldenregulierung Aufbau langfristiger Lebensziele 10 5
Vorteile Vorteile und Grenzen der VT Grenzen orientiert sich an empirischen Befunden Transparenz konkret beobachtbares Verhalten Individuelles Erklärungsmodell Entpathologisierendes Krankheitsbild Problemverhalten macht Sinn! Problem- und Zielorientierung der aktive Patient prä-kognitive (Lern-) Erfahrungen Bindungsstil Systemische Rollen Vernachlässigung von nonverbalen Behandlungsverfahren Umgang mit (angemessenen) Emotionen wie Wut, Scham etc. körperorientierte Verfahren Aktiver Therapeut Modellfunktion Danke für die Aufmerksamkeit! 11 6