Die Anatomie der Schulter

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Transkript:

Die Anatomie der Schulter Univ.Doz. Dr. Georg Lajtai Wie sieht das Schultergelenk innen aus und wie funktioniert es? Die Schulter ist das Gelenk mit dem größten Bewegungsumfang des menschlichen Körpers. Daraus ergibt sich, das alle Gelenkspartner bei den Bewegungen des Armes fein aufeinander abgestimmt sein müssen. Insgesamt sind folgende Gelenke und Gegebenheiten an den Bewegungen der Schulter beteiligt: das Schultergelenk zwischen Oberarmkopf und Schultergelenkspfanne am Schulterblatt (Glenohumeralgelenk) das Schultereckgelenk zwischen dem äußeren Ende des Schlüsselbeins und dem Schulterdach (Akromioclavikulargelenk) das Gelenk zwischen dem inneren Ende des Schlüsselbeins und dem Brustbein (Sternoclaviculargelenk) die Verschiebeschicht zwischen Schulterblatt und hinterem Brustkorb auf den Rippen (skapulothorakale Gleitschicht) Das Schultergelenk setzt sich aus dem Oberarmkopf (Humerus) und der Gelenkpfanne (Glenoid) zusammen. Jedes Gelenk hat diverse Hilfseinrichtungen, damit sich diese Verbindung nicht ohne weiteres lösen kann und die Bewegungen ungehindert ausgeführt werden können. Solche Hilfseinrichtungen sind die Gelenkkapsel (Capsula articularis), Gelenklippe (Labrum glenoidale), Bänder (Liggamenta), Schleimbeutel (Bursae) und Muskeln (Musculi). Die Gelenkkapsel ist durch diverse Bänder, die Glenohumeralbänder (Liggamenta glenohumeralia) verstärkt. Durch die umgebende Muskulator (Rotatorenmannschette) werden die Gelenkskapsel und damit das Schultergelenk noch zusätzlich stabilisiert. Univ.Doz. Dr. G. Lajtai - Anatomie Schulter - 2010 1

Weitere Bänder am Schultergürtel: Lig. Coracoclaviculare, welches Acromion und Processus miteinander verbindet und ein Teil des Schulterdaches ist Lig. Coracoclaviculare: verbindet Processus coracoideus mit der Clavicula Lig. Coracohumerale: verbindet den Hals des Processus coracoideus mit dem Caput humeri Das Schultergelenk ist das beweglichste im gesamten Körper, dies ergibt sich aus der im Verhältnis zum Oberarmkopf kleinen Gelenkpfanne und der hauptsächlich muskulären Stabilisation des Gelenkes. Der Arm kann im Raum nach vorne gehoben (Anteversion), nach Hinten gehoben (Retroversion), nach der Seite gehoben (Abduktion), zum Körper geführt (Adduktion), nach außen und nach innen rotiert werden. Nochmals die Bewegungen zusammengefasst: Abduktion Adduktion Anteversion Retroversion Innen-, Aussenrotation Bei den oben genannten Bewegungen ist aber nicht das Schultergelenk alleine daran beteiligt, vielmehr setzt sich jede Bewegung aus den Bewegungen aller Gelenke zusammen. Dies erklärt auch den großen Bewegungsumfang des Armes. Bei einer Bewegung des Armes über der Schulterebene (Überkopfarbeiten), muss das Schulterblatt seine Stellung verändern und somit auch die Stellung der Gelenkpfanne, wodurch ein größerer Bewegungsradius des Armes erreicht wird (Bewegungen der Scapula an der Brustwand). Die Gelenke sind Einheiten in welchen Bewegungen stattfinden, die Bewegung selbst jedoch wird von Muskeln ausgeführt. Dabei unterscheidet man Gelenk- von den Schultergürtelmuskeln. Gelenkmuskeln sind Muskeln, welche im Schultergelenk Bewegungen ausführen können. Univ.Doz. Dr. G. Lajtai - Anatomie Schulter - 2010 2

Eine wichtige Muskelgruppe der Gelenkmuskeln ist die sogenannte Rotatorenmanschette. Hierbei handelt es sich um vier Muskeln, die am Schulterblatt entspringen, über das Glenohumralgelenk ziehen, um am Oberarmkopf (Humerus) und an der Gelenkskapsel ansetzen. Es sind dies der M. supraspinatus (SSP), infraspinatus (ISP), subscapularis (SSC) und M. teres minor. Diese Muskulatur ist notwendig, um den Oberarmkopf in der Gelenkspfanne und bei Bewegungen im Gelenk zentriert zu halten. Bei Rupturen dieser können Schmerzen, Funktionseinschränkungen und Kraftverlust im Schultergelenk auftreten. Über der Rotatormanschette befindet sich der konturgebende Muskel des Schultergürtels, der Musculus deltoideus. Mit seinen drei Anteilen, können unterschiedliche Bewegungen ausgeführt werden. Dieser große, voluminöse Muskel kann bei Verletzungen der Rotatormanschette teilweise deren Funktion übernehmen. Ein weiterer Muskel ist der lange Bizepskopf (M. biceps brachii), welcher am oberen Gelenksrand der Pfanne entspringt und in einer Rinne (Sulcus intertubercularis) über den Oberarmkopf läuft. Bei Veränderung kann er Auslöser für Schmerzen im Schultergelenk sein. Univ.Doz. Dr. G. Lajtai - Anatomie Schulter - 2010 3

Schultergürtelmuskeln sind solche, die Bewegungen des Schulterblattes bewirken. Sie können das Schulterblatt nach hinten, vorne, oben und unten bringen, ja sogar die Scapula rotieren, um die Stellung der Gelenkpfanne (Glenoid) zu jedem Zeitpunkt je nach Bedarf zu optimieren. Diese Bewegungen sind hochkomplex. Sie finden in den beiden Schlüsselbeingelenken und durch Bewegungen der Scapula an der Thoraxwand statt. Die Muskeln dabei heißen: M. trapezius, levator scapulae, Mm rhomboideii, teres major, pectoralis minor und serratus anterior. Eine dritte Gruppe von Muskeln soll nicht unerwähnt bleiben. Es sind jene Muskeln, die sowohl Bewegungen des Oberarmes (Glenohumeralgelenk), als auch Bewegungen der Scapula an der Thoraxwand bewirken. Um dies zu bewerkstillen, müssen sie beide Gelenke durch ihren Verlauf überlagern. Diese sind: M. pectoralis major und latissimus dorsi. In ihrem Verlauf überziehen sie sowohl Scapula, als auch das Glenohumeralgelenk und setzen (inserieren) unterhalb des Oberarmkopfes (Caput humeri) an. Univ.Doz. Dr. G. Lajtai - Anatomie Schulter - 2010 4

Aus der Komplexität der gesamten Schulter und des Schultergürtels ergeben sich eine Vielzahl von Faktoren, welche bei Beeinträchtigung oder Erkrankung erhebliche Auswirkungen hinsichtlich Funktion, Kraft, Schmerzempfinden und Folgekomplikationen haben. Es ist daher wichtig, Erkrankungen der Schulter früh zu erkennen, deren Diagnose zu sichern und eine adäquate, dem Standard entsprechende, Therapie einzuleiten, um eine gute Funktion und Beschwerdefreiheit für die Zukunft zu gewährleisten. Univ.Doz. Dr. G. Lajtai - Anatomie Schulter - 2010 5