Autoritärer Erziehungsstil (1. Text):

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Transkript:

Autoritärer Erziehungsstil (1. Text): Autoritärer Erziehungsstil: Er zeichnet sich durch hohe Kontrolle und geringe Responsivität aus. Die Erzieher sind hierbei dem zu Erziehenden gegenüber sehr zurückweisend und stark kontrollierend. Es werden strenge Regeln aufgestellt und die Autorität darf nicht hinterfragt werden. Bei unerwünschtem Verhalten wird harte Bestrafung angewendet, die auch physisch sein kann. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass autoritär erzogene Kinder eher später selbst zu Aggressionen neigen und sich durch eine geringe soziale Kompetenz und ein geringes Selbstwertgefühl auszeichnen. Der autoritäre Stil, der mit einem interventionalen Erziehungsbegriff einhergeht, setzt stark auf die Erziehungsmittel Belohnung und Bestrafung und weniger auf Überzeugung, vermittelt aber meist Sicherheit. Die Meinung des zu Erziehenden wird akzeptiert, zum Schluss bestimmt jedoch der Erzieher, der erst später in den Hintergrund tritt. Wie Ruth K. Chao aufgewiesen hat, ist Baumrinds Klassifikation insbesondere ihre Unterscheidung von autoritär und autoritativ ethnozentrisch und eventuell nur für die Beschreibung moderner westlicher Erziehungsstile geeignet. In kollektivistischen Kulturen wie z. B. China sind Erziehungssstile beheimatet, die hohe Kontrolle problemlos mit hoher Responsivität vereinen, westlichen Vorstellungen von autoritativer Erziehung aber ebenso wenig entsprechen, weil Bildung und Leistung in diesem Fall höher bewertet werden als soziale Kompetenzen und Selbstwertgefühl. (Einzelheiten siehe weiter unten.) Sonderform: Autokratische Erziehungsstile: Beim autokratischen Erziehungsstil wird gegenüber dem zu Erziehenden ein hohes Maß an Autorität ausgeübt. Eine mögliche Eigeninitiative und die Meinung des zu Erziehenden werden unterdrückt bzw. nicht berücksichtigt. Autoritärer Erziehungsstil (2. Text): Merkmale des autoritären Erziehungsstils sind, dass ein Großteil der Aktivitäten vom Erzieher oder den Eltern bestimmt werden. Das Kind wird in seinem Verhalten und Denken gelenkt, entsprechend den Vorstellungen des Erwachsenen. Dabei werden häufig Befehle und Anordnungen an den Zu- Erziehenden ausgesprochen. Die Eltern respektieren nur geringfügig die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder, da sie ihnen meistens vorgeben, was sie tun sollen. Oft wird das Kind, wenn es autoritär erzogen wird, zurechtgewiesen und getadelt. Autoritäre Eltern stellen eine hohe Anforderung an ihr Kind, geben ihnen aber wenig emotionale Unterstützung. Auswirkungen des autoritären Stils auf das Kind könnte eine Einschränkung der Kreativität und Spontanität sein, da die Eltern einen Großteil der Aktivitäten vorgeben und auf wenige Anreize der Kinder eingehen. Kinder, die autoritär erzogen werden, können aggressive Verhaltensweisen z. B. Schwächeren gegenüber, zeigen. Wenn die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder nicht wahrgenommen werden, so kann Aggression eine Art Hilferuf nach Aufmerksamkeit sein. Ein egozentrisches Sprachverhalten (ich, mein, mich, mir) kann bei den Zu-Erziehenden ebenfalls oft beobachtet werden, da sie diese Sprechweisen den Eltern nachahmen. Autoritäre Eltern fördern durch diesen Erziehungsstil nicht die Selbständigkeit der Kinder. Außerdem zeigt sich bei ihnen häufiger ein geringes Selbstwertgefühl. Merkmale: Der Erzieher bestimmt die Aktivitäten der Kinder, lobt und tadelt bestimmte Kinder, verhält sich gegenüber den Kindern freundlich, aber unpersönlich. Die Kinder wissen nicht, was als nächstes kommt. Der Erzieher arbeitet mit Drohungen und Einschüchterungen, gibt Befehle, übernimmt die Verantwortung

Autoritativer Erziehungsstil: Autoritativer Erziehungsstil: Der autoritative Erziehungsstil zeichnet sich durch hohe Kontrolle und hohe Responsivität (Akzeptanz) der Erziehenden aus und kann deshalb als kinderzentrierter Erziehungsstil bezeichnet werden. Die Eltern haben hohe Erwartungen an das kindliche Verhalten, sie setzen klare Standards und Regeln, auf deren strikte Einhaltung geachtet wird. Generell herrscht eine offene Kommunikation, wobei der kindliche Standpunkt geachtet, der eigene aber auch vertreten wird. Die Kinder zeigen eher hohe soziale und intellektuelle Kompetenzen und besitzen ein hohes Maß an Eigenkontrolle. Nach Baumrind zeichnet sich dieser Erziehungsstil einerseits durch hohe Anforderungen und andererseits durch einen hohen Grad an Unterstützung durch die Erzieher aus. Eltern müssen auf einer Forderung beharren und/oder einem Wunsch ihres Kindes entgegentreten, auch wenn dieses den Widerstand des Kindes hervorruft. Wenn die dabei entstehende Konfrontation zu einem zwangsfreien Aushandeln oder zu einer gemeinsam erarbeiteten Lösung führt, fördert dies die Selbstsicherheit eines Kindes und erweitert sein Repertoire an Kommunikationsmöglichkeiten. Dieser Erziehungsstil fördert die optimale Kompetenz, als höchstmöglicher Grad an Verbundenheit und Selbständigkeit, der Kinder am stärksten. Nach ihren Forschungsergebnissen sind die Entwicklung von Fertigkeiten, von positiven Selbstzuschreibungen und von sozial verantwortungsvollen Problembewältigungsstrategien ein Ausdruck dieser optimalen Kompetenz. Autoritativer Erziehungsstil: Der autoritative Erziehungsstil zeichnet sich durch hohe Kontrolle und hohe Responsivität (Akzeptanz) der Erziehenden aus und kann deshalb als kinderzentrierter Erziehungsstil bezeichnet werden. Die Eltern haben hohe Erwartungen an das kindliche Verhalten, sie setzen klare Standards und Regeln, auf deren strikte Einhaltung geachtet wird. Generell herrscht eine offene Kommunikation, wobei der kindliche Standpunkt geachtet, der eigene aber auch vertreten wird. Die Kinder zeigen eher hohe soziale und intellektuelle Kompetenzen und besitzen ein hohes Maß an Eigenkontrolle. Nach Baumrind zeichnet sich dieser Erziehungsstil einerseits durch hohe Anforderungen und andererseits durch einen hohen Grad an Unterstützung durch die Erzieher aus. Eltern müssen auf einer Forderung beharren und/oder einem Wunsch ihres Kindes entgegentreten, auch wenn dieses den Widerstand des Kindes hervorruft. Wenn die dabei entstehende Konfrontation zu einem zwangsfreien Aushandeln oder zu einer gemeinsam erarbeiteten Lösung führt, fördert dies die Selbstsicherheit eines Kindes und erweitert sein Repertoire an Kommunikationsmöglichkeiten. Dieser Erziehungsstil fördert die optimale Kompetenz, als höchstmöglicher Grad an Verbundenheit und Selbständigkeit, der Kinder am stärksten. Nach ihren Forschungsergebnissen sind die Entwicklung von Fertigkeiten, von positiven Selbstzuschreibungen und von sozial verantwortungsvollen Problembewältigungsstrategien ein Ausdruck dieser optimalen Kompetenz.

Vernachlässigender Erziehungsstil Permissive Eltern sind wenig lenkend und kontrollierend. Sie stellen wenig Anforderungen an der Kind und erlauben - den Impulsen des Kindes nachgebend - dass es sein Verhalten selbst steuert. Sie versuchen, so wenig wie möglich zu reglementieren; zum Beispiel vermeiden sie Bestrafungen. Maccoby (1992) hat aufgezeigt, dass Baumrinds Definition des autoritativen Stils rückblickend als Versuch gesehen werden kann, die Defizite von Lewins demokratischem Führungs- (und Erziehungs-) Stil zu überwinden. Baldwin, ein Schüler Lewins, hatte nämlich das Konzept der demokratischen Führung auf Eltern-Kind-Interaktionen angewendet und dabei festgestellt, dass die Kinder demokratisch erziehender Eltern zwar in vielen Entwicklungsmerkmalen am besten abschnitten, dass sie aber auch gegenüber Gleichaltrigen zu Dominanz und Aggressivität tendierten. - Neben diesem sachlichen Anknüpfungspunkt gibt es auch noch eine persönliche Verbindung, weil einer von Lewins Studenten, Hubert Coffey, zu Baumrinds akademischen Lehrern gehörte. Maccoby & Martin (1983) haben Baumrinds Typologie ergänzt, indem sie den permissiven Erziehungsstil weiter differenziert haben. Dazu griffen sie auf frühere Ergebnisse der Erziehungsstilforschung aus den fünfziger und sechziger Jahren zurück. Verschiedene Autoren hatten damals übereinstimmend zwei Grunddimensionen elterlicher Erziehung identifiziert: Liebe/Zuwendung vs. Feindseligkeit/Ablehnung und Autonomie/Selbstständigkeit vs. Lenkung/Kontrolle (z.b. Sears et al. 1957; Schaefer, 1965). Durch Kombination dieser beiden Dimensionen definierten Maccoby & Martin jene vier Typen elterlicher Erziehung, die in Abbildung 7-1 dargestellt werden: neben der autoritativen und der autoritären Erziehung sind das der nachgiebige (indulgent) und der vernachlässigende (neglectful) Erziehungsstil. - Eltern, die nachgiebig erziehen, sind tolerant, warmherzig und dem Kind zugewandt, aber gleichzeitig üben sie auch wenig Lenkung und Strukturierung aus und stellen wenig Forderungen an das Kind. Sie erlauben, dass es sein Verhalten weitgehend selbst steuert. - Bei der vernachlässigenden Erziehung sind die Eltern in jeder Hinsicht unbeteiligt, vielleicht weil sie so sehr mit den eigenen Problemen beschäftigt sind, dass sie sich aus ihrer Erziehungsaufgabe zurückgezogen haben. Weder sind sie emotional dem Kind zugewandt, noch haben sie ein Interesse daran, das Verhalten des Kindes zu bewerten und entsprechend zu lenken.

Verwöhnung Verwöhnung oder Verzärtelung ist ein Beziehungsmuster zwischen dem Individuum und der Gemeinschaft, das in der frühen Kindheit durch die Haltung der Erzieher (Erziehungsstil) und die schöpferische Antwort des Kindes (Lebensstil) geprägt wird. Verwendung des Begriffs: Die Verwendung des Begriffs in der Psychologie geht auf den Wiener Arzt und Begründer der Individualpsychologie Alfred Adler zurück. Die heutige Tiefenpsychologie verwendet für diese Erziehungseinflüsse den englischen Begriff Overprotection. Verwöhnender Erziehungsstil : Der verzärtelnde oder verwöhnende Lebensstil eines Menschen kann gemäß Adler sowohl das Resultat des verwöhnenden als auch des vernachlässigenden Erziehungsstils sein. Er betonte jedoch, dass ein solcher Lebensstil nicht aus dem Verhalten der Mutter abgeleitet werden kann, sondern es ist die Schöpfung des Kindes, die sich häufig auch dort durchsetzt, wo von Verzärtelung durch eine zweite Person keine Rede sein kann. Ein Individuum mit einem verzärtelten Lebensstil sei ein Mensch, der vielmehr verwöhnt werden will, als jemand, der wirklich verwöhnt worden ist. Die Verwöhnung tritt in vielen Varianten und Ausprägungen auf. Schriftsteller wie Iwan Alexandrowitsch Gontscharow in seinem Roman Oblomow haben dieses treibhausartige und symbiotische Erziehungsklima genau beschrieben. Anhaltspunkte für verwöhnende Erziehung sind nach Wexberg: Überhäufen mit Zärtlichkeit, überschwängliche Bewunderung für jede Leistung, maßlos auf seine Schönheit und Intelligenz eingebildet zu sein, das Kind all dies merken zu lassen und es zum Mittelpunkt der Familie machen, jeden Wunsch von den Augen ablesen, dem Kind gehorchen und sich von ihm beherrschen und tyrannisieren zu lassen, dem Kind alles abnehmen und ihm gleichzeitig jede Möglichkeit der eigenen Entwicklung zu nehmen. Mit Helikopter-Eltern und ähnlichen Begriffen werden heute verschiedene Aspekte des Verhaltens von Eltern umschrieben, die in ständiger Sorge und mit überhöhten Erwartungen um ihre zum Lebensmittelpunkt gemachten Kinder schwirren, um ihnen alle Steine aus dem Wege räumen zu können.[4] Verwöhnung darf nicht mit echter emotionaler Zuwendung verwechselt werden, denn diese stärkt das Kind, in dem es ihm den nötigen Beistand und Rückhalt zur tätigen Auseinandersetzung mit den Lebensaufgaben gibt. Die Verwöhnung dagegen schwächt das Kind, weil es an einer aktiven Lebensbewältigung gehindert wird. Charakterzüge des verwöhnten Kindes: Die Situation in der das verwöhnte Kind aufwächst, wird in der Individualpsychologie mit einer unrealistischen Welt verglichen, in der das Kind das Gefühl entwickelt, dass sein Eigenwert nur darin besteht, da zu sein. Es lernt nicht, einen nützlichen Beitrag an die Gemeinschaft zu geben. Unbewusst verhindert der Erzieher, dass ein soziales Interesse entstehen kann. Das Kind erwartet alles von den anderen, aber hat diesen nichts zu geben. Es möchte immer im Mittelpunkt stehen und wird zum Spielverderber, wenn das nicht möglich ist. Es leidet unter dem Gefühl, zu kurz zu kommen, wenn es im Leben die verwöhnende Situation nicht mehr gibt. Der Mangel an Gemeinschaftsgefühl erschwert den verwöhnten Kindern das Sicheinreihen und das Mitmachen.

Die Stellungnahme des Verwöhnten zur Schule und den Lebensaufgaben: Für den Individualpsychologen zeigt sich die Kooperationsfähigkeit des Kindes beim Eintritt in die Schule. Ohne die schützende Nähe der Mutter und ohne Mittelpunktstellung fühlt sich das verwöhnte Kind schwach und entmutigt. Es braucht die psychologische Hilfe des Lehrers, der das Kind beruhigt und zur Kooperation anleitet. Die Individualpsychologie unterscheidet die drei Lebensaufgaben Liebe, Arbeit und Gemeinschaft. Da diese sozialer Natur sind, ist der Verwöhnte mit seinem Mangel an Gemeinschaftsgefühl für diese Aufgaben schlecht vorbereitet. Es fällt ihm schwer, sich auf andere Beziehungspersonen als die Mutter einzulassen. Mögliche psychische Störungen: Die Neurosenlehre der Individualpsychologie sieht seelische Fehlschläge nicht als grundsätzlich andere seelische Phänomene als bei gesunden Menschen. Der Auslöser für psychische Erkrankungen ist oft eine Aufgabe, für deren Lösung der Betroffene ein entwickeltes Gemeinschaftsgefühl benötigen würde. Psychische Erkrankungen können demzufolge ein mögliches Resultat einer verwöhnenden Erziehung sein. Psychoanalytische Betrachtungsweise: Freud betrachtete den Ödipuskonflikt als normales und universelles Stadium des menschlichen Lebens, während sie für Adler das Ergebnis der falschen Erziehung eines verwöhnten Kindes darstellte. Für die Neopsychoanalytikerin Karen Horney ist der Ödipuskomplex eine Art Entwicklung, die bei einem schon vorher verwöhnten Kind eintritt.