Nationale Open-Access-Strategie für die Schweiz

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Transkript:

Nationale Open-Access-Strategie für die Schweiz Einleitung Mit Brief vom 4. Dezember 2015 beauftragte das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) swissuniversities, mit der Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) eine nationale Strategie für Open-Access-Publikationen (OA) auszuarbeiten. Das SBFI legte den Schwerpunkt insbesondere auf: Förderung von OA als vorrangigem Ziel Kostentransparenz für öffentliche Gelder Koordination der Beteiligten, insbesondere der Hochschulen und ihrer Bibliotheken Diese nationale OA-Strategie wurde durch die repräsentative und von swissuniversities eingesetzte Arbeitsgruppe erarbeitet und von der Plenarversammlung von swissuniversities am 31. Januar 2017 verabschiedet. 1. Warum Open Access für Publikationen? Die Entwicklungen in der Informationstechnologie haben den Austausch von Wissen revolutioniert. Der Begriff Open Science steht für eine Kultur, die sich durch Offenheit und «die Art und Weise, wie Forschende arbeiten, zusammenarbeiten, interagieren, Ressourcen teilen und Ergebnisse verbreiten» 1 auszeichnet. Eine solche Wissenskultur ist nur dann möglich, wenn sich Wissenschaft und Forschung öffnen und sich das Publikationswesen grundsätzlich wandelt. Open-Science-Praktiken, insbesondere OA, gewinnen weltweit an Bedeutung. Sie sind Ausdruck davon, dass öffentlich finanzierte Forschungsergebnisse ein öffentliches Gut darstellen, das nur dann vollumfänglich genutzt werden kann, wenn alle freien und unbeschränkten Zugang dazu haben. OA-Initiativen wurden hauptsächlich als Reaktion der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft auf unhaltbare und kostensteigernde Entwicklungen im wissenschaftlichen Publikationswesen lanciert. Im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte sind die Subskriptionskosten rapide gestiegen. Gewinnorientierte Verlagshäuser spielten bis anhin bei der Veröffentlichung und Verbreitung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse eine bestimmende Rolle 2. Die starke Position dieser Verlagshäuser stützt sich darauf, dass Forschende die Inhalte der bei den Verlagshäusern publizierten Arbeiten schätzen. Auch fungieren sie in der Rolle von Autoren, Lektoren und Herausgebern als Partner der Verlage. Basierend auf den derzeitigen Bewertungs- und Reputationsmechansimen sind sie selbst darauf angewiesen, ihre Forschungsresultate bei denselben Verlagen zu veröffentlichen, um optimale Karrierechancen zu haben. Als Folge davon ist der Grossteil der mit öffentlichen Geldern finanzierten Forschung nicht frei verfügbar. Weltweit setzen sich OA-Initiativen dafür ein, dass Forschungsresultate möglichst frei zugänglich sind. Das liegt im Interesse der Wissenschaft selbst sowie der Öffentlichkeit. Sie bieten ausserdem die Gelegenheit, auf Mängel und Effekte der derzeitigen Bewertungs- und Reputationsmechanismen in der Wissenschaft hinzuweisen. 1 Amsterdam Call for Action on Open Science, Seite 4: http://www.eu2016.nl/binaries/eu2016/documenten/rapporten/2016/04/04/amsterdam-call-for-action-on-openscience/amsterdam-call-for-action-on-open-science.pdf 2 Jedoch spielen in verschiedenen Forschungsdisziplinen auch kleine und mittelgrosse Verlage mit viel niedrigeren Gewinnmargen eine wichtige Rolle. 1

Forschungsförderorganisationen und akademische Institutionen unterstützen diese Initiativen, indem sie entsprechende OA-Politiken einführen und die notwendigen finanziellen Ressourcen und die erforderliche Infrastruktur (z. B. Repositorien) zur Verfügung stellen. Studien haben den positiven Einfluss von OA in verschiedenen Bereichen aufgezeigt: höhere Sichtbarkeit von Forschungsresultaten, Wissenstransfer, Forschungseffizienz, gute wissenschaftliche Praxis, Medienaufmerksamkeit, potenzielle Zusammenarbeits- sowie neue Arbeits- und Finanzierungsmöglichkeiten, mehr Effizienz und rascherer wissenschaftlicher Fortschritt sowie Stärkung von Bewegungen wie Citizen Science. Daher bietet OA auch Vorteile in Bezug auf heutige Rankings und die Bemühungen um Exzellenz 3. Da die Schweiz ganz zentral auf erstklassige Ausbildung, Forschung und Innovation baut, kann die flächendeckende Einführung von OA einen wichtigen Beitrag zur Prosperität leisten. Die Umstellung würde sich nicht nur auf wissensintensive Berufsfelder etwa in der Medizin, dem Journalismus und der Bildung auswirken, sondern auch auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU). 2. Gegenwärtige Situation OA hat sich an den Hochschulen zu einem Kernthema entwickelt und ist im Begriff, sich rasch zu einem neuen Standard in der Spitzenforschung zu etablieren. Führende Persönlichkeiten in der europäischen Wissenschaft und Politik haben betont, wie wichtig die Einführung von Open Access 4 ist und diesbezüglich ehrgeizige Ziele definiert. Dabei gilt es zu bedenken, dass die Publikationslandschaft ausserordentlich vielfältig ist und ganz verschiedene Forschungsbereiche abdeckt. Und doch werden Publikationen in renommierten und weithin anerkannten Zeitschriften in der Regel von einigen wenigen Verlagen kontrolliert. OA kann auf verschiedene Arten implementiert werden. Die gängigsten sind: Der grüne OA-Weg: Archivierung von Forschungsergebnissen in frei zugänglichen Repositorien: Preprints und Postprints oder Verlagsversionen. Der goldene OA-Weg: Die Erstveröffentlichung ist OA, zum Beispiel in einer OA-Zeitschrift oder als OA-Buch oder in einem anderen OA-Publikationsformat. Entweder verlangt der Verlag Publikationsgebühren (Article Processing Charges APCs) und der Autor bezahlt (Gold OA) oder die APCs werden vollumfänglich von einer nicht gewinn-orientierten Organisation wie einem Forschungsförderer, einer Gesellschaft oder Universität (Platinum oder Diamond OA) finanziert. Hybrid OA: Publikation in einer gebührenpflichtigen Zeitschrift, die OA zu einzelnen Artikeln gegen eine zusätzliche Bezahlung von APCs gewährt. Es gibt zahlreiche weitere OA-Modelle. Die derzeitige unbefriedigende Situation hat zu neuen und innovativen Publikationsformen geführt, die von Berufsverbänden oder interessierten Geldgebern unterstützt werden. Weltweit haben verschiedene Länder OA-Strategien eingeführt oder sind im Begriff, dies zu tun. Zum Beispiel hat das US Office of Science and Technology bereits 2013 verfügt, dass die Ergebnisse aller bundesstaatlich 3 Ein Beispiel sind amerikanische Universitäten mit grossen medizinischen Fakultäten, die in der Regel beträchtliche Mittel der National Institutes of Health (NIH) erhalten. Da alle mit NIH-Geldern entstandenen Publikationen nach nicht mehr als 12 Monaten uneingeschränkt im PubMed-Central-Archiv abgelegt werden müssen, haben diese Universitäten einen konkurrenzfähigen Sichtbarkeitsvorteil. Dies bildet die bessere Grundlage für ein optimales Ranking als in der Schweiz, wo es keine Open-Access-Implementierung gibt. 4 Siehe zum Beispiel die Schlussfolgerungen des EU-Rates für Wettbewerbsfähigkeit vom 26. und 27. Mai: http://www.consilium.europa.eu/fr/meetings/compet/2016/05/26-27/. 2

finanzierten Forschungsprojekte OA-publiziert werden. Der grüne Weg wurde beispielsweise in Portugal und Dänemark gewählt. Im Gegensatz dazu hat die EU unter dem Präsidium der Niederlande OA für öffentlich finanzierte Forschung, die unter dem Horizon-2020-Programm erfolgt, für obligatorisch erklärt. GB und NL haben den goldenen Weg gewählt. Viele Länder haben sich für Strategien entschieden, ohne ein bestimmtes OA-Modell festzulegen. 3. Leitlinien 1. Ein starker und einheitlicher Ansatz Da die Schweiz ein kleines Land mit einem stark dezentralisierten Bildungs- und Forschungssystem ist, müssen alle Stakeholder, Politiker, Hochschulen (und ihre Bibliotheken) sowie Geldgeber ihre Kräfte bündeln, damit sie gemeinsame Ziele verfolgen können. Eine Umstellung auf OA erfordert einen starken politischen Willen aller Beteiligten. Auch eine Zusammenarbeit mit Partnern im Ausland sollte in Betracht gezogen werden. 2. Unterstützung und Engagement von Forschenden Eine Zusammenarbeit dieser Art erfordert ein hohes Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten, denn sie müssen ihren Teil dazu beitragen, um den Erfolg der Strategie zu sichern. Es ist deshalb entscheidend, dass sich die Forschenden für OA engagieren. 3. Kostentransparenz und Kostenneutralität OA sollte mittel- und langfristig für die Schweiz nicht zu höheren Publikationskosten führen (Kostenneutralität), obwohl während der Umbauphase zusätzliche Kosten anfallen werden. Eine Voraussetzung für die Implementierung von OA ist ein umfassender und transparenter Kostenüberblick von Seiten der Forschungs- und Förderorganisationen. Solange die internationale Wissenschaftsgemeinschaft den grossen gewinnorientierten Verlagen erlaubt, die Veröffentlichung wissenschaftlicher Texte zu dominieren, werden die wirtschaftlichen Vorteile von Open Access durch hohe Publikationspreise unterminiert nicht mehr wegen der Lizenzen, sondern wegen der OA-Publikationsgebühren. 4. Sicherstellung der Kontrolle und Diversität des wissenschaftlichen Produktionsprozesses Die gegenwärtige Marktkonzentration und die Preiserhöhungen sind das grösste Hindernis für faire, offene, effiziente und finanziell tragbare Publikationstätigkeiten. Diese Situation erfordert eine mehrgleisige Strategie. Neue und zukunftsweisende Publikationsformen müssen gefördert werden; dazu gehören auch Publikationsformen, bei denen Stakeholder miteinbezogen werden. 5. Neuregelung des Qualitätsbewertungssystems Zahlreiche aktuelle akademische Bewertungssysteme, die sich stark auf einige wenige Zeitschriften stützen, werden weithin als unzureichend und beschränkt angesehen (siehe DORA Erklärung) und sollten überprüft werden. Wie bereits erwähnt, bestimmen Bewertungssysteme und der Reputationsgewinn, wo Wissenschaftler ihre Forschungsresultate veröffentlichen. Die Kriterien für Qualitätsmessung sollten deshalb Open Access und Open Science mit einschliessen. Ein neues Bewertungssystem kann jedoch nur wirksam sein, wenn es von den Forschenden mitgetragen wird. 4. Vision Unter Berücksichtigung der oben erwähnten Grundlagen möchte die nationale OA-Strategie für die Schweiz in Übereinstimmung mit internationalen Standards folgende Ziele erreichen: Bis 2024 sollte Wissenschaftliches Publizieren in der Schweiz OA sein, alle mit öffentlichen Geldern finanzierten wissenschaftlichen Publikationen müssen im Internet frei zugänglich sein. Die OA-Landschaft wird aus verschiedenen OA-Modellen bestehen. 3

5. Massnahmen Um diese Vision zu verwirklichen, erklären sich die Schweizer Hochschulen und Forschungsinstitutionen sowie Forschungsförderer und Entscheidungsträger im Bereich der Forschungsförderung mit folgenden Massnahmen einverstanden: 1. Einführung und Abstimmung von OA-Politiken Eine OA-Politik definiert die Position einer Institution oder Wissenschaftsgemeinschaft und zeigt auf, welche Anforderungen konkret damit verknüpft sind. Die Einführung von OA-Richtlinien bringt eine institutionelle Verpflichtung zum Ausdruck und ist somit ein wichtiger Schritt in der Umsetzung der OA-Strategie. Fragen im Bereich Monitoring und Compliance müssen in den Vorgaben ebenfalls thematisiert werden. Sie sollen zudem disziplinenspezifische Publikationspraktiken berücksichtigen und im Hinblick auf nationale und internationale Regelungen abgestimmt werden. 2. Verhandlungen mit Verlagshäusern Bei Verhandlungen sollten verschiedenste Modelle berücksichtigt werden, wie Lizenzklauseln zum grünen OA- Weg, Mitgliedschaften bei Open-Access-Verlagen und Offset Vereinbarungen mit OA-Komponenten. Eine Ausstiegsoption muss vorgesehen sein, falls die Verhandlungen scheitern. Obwohl Offset Agreements die Stellung bestehender grosser Verlagshäuser durch die Ausweitung ihrer Rolle in die Welt von OA stärken, werden die Vereinbarungen als eine notwendige Übergangsmassnahme eingeschätzt. Für die Verhandlungen muss ein bestehendes und erfahrenes Gremium (z.b. das Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken) durch führende Persönlichkeiten im Hochschulwesen ergänzt werden, die über die notwendigen Ressourcen und entsprechende politische Unterstützung verfügen. 3. Koordinierung und Zusammenlegung der Ressourcen Die vorhandenen Ressourcen können effizienter eingesetzt werden, wenn alle Beteiligten zusammenarbeiten. Die meisten forschungsintensiven Institutionen haben bereits Infrastrukturen geschaffen (z.b. Repositorien) und Supportdienste eingeführt. Auch zahlreiche kleinere Initiativen sind entstanden. Diese verschiedenen Initiativen sind aber national und international nicht aufeinander abgestimmt. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang Qualitätsmanagement, Peer review, Controlling und gemeinsame Infrastrukturen. 4. Alternative Publikationsformen Offset Agreements sind zwar eine gute Übergangslösung, die eine Abkehr von Subskriptionsmodellen ermöglichen, doch weisen sie einige Mängel auf: Es gibt keine Kostentransparenz und die fehlende Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Seite bleibt problematisch. Um OA voranzubringen, braucht es hochwertige Publikationsmodelle, die die Position der Wissenschaft gegenüber den Verlagen stärken. Durch das Zusammenlegen von Ressourcen sollte es möglich sein, alternative OA-Modelle (Pilotprojekte) zu finanzieren. Alternative Finanzierungsmodelle sollten in Betracht gezogen werden. 5. Kommunikation und Sensibilisierung OA stellt einen wichtigen Schritt für die Forschungsgemeinschaft dar, und die Unterstützung der Forschenden ist entscheidend. Es braucht deshalb eine klare Kommunikation über die Chancen und Herausforderungen von OA. Auch die Gesellschaft als Ganzes muss vermehrt sensibilisiert werden. Forschende sollen den Dialog mit der breiten Öffentlichkeit suchen, damit die Sichtbarkeit von Forschungsresultaten grösser wird. Auch Citizen Science und die Verbreitung von Wissen können so gestärkt werden. Ausserdem wird die Schweiz eine aktivere Rolle in der internationalen Debatte spielen. 4

6. Unterstützender regulatorischer Rahmen Um einen nachhaltigen OA-Umbau zu gewährleisten, sollte der regulatorische Rahmen so ausfallen, dass er OA- Praktiken und Folgenutzung nicht nur erlaubt, sondern fördert. Die derzeitige Revision des Urheberrechtsgesetzes der Schweiz sollte sicherstellen, dass Text- und Data-Mining (TDM) auf forschungsfreundliche Art und Weise (z. B. ohne zusätzliche Kosten) gewährleistet ist und ein bedingungsloses Recht auf eine zweite Publikation (Sekundärpublikationsrecht) garantiert wird, wie dies während der Konsultation von den Forschenden verlangt wurde. 7. Nationales Monitoring Alle Forschungsinstitutionen sollen sicherstellen, dass ihre Forschungsartikel in einem passenden Repositorium hinterlegt werden, unabhängig vom Publikationskanal. Die Implementierung von Open Access muss auf nationaler Ebene überwacht werden, um zu garantieren, dass alle Parteien den freien Zugang zu schweizerischen Forschungsresultaten entwickeln und durchsetzen. 6. Implementierung Um diese Vision zu verwirklichen, beginnt die Strategieumsetzung ohne Verzug. Bis zum Sommer 2017 wird ein Aktionsplan passende Lösungen für Publikationen festlegen, die sowohl mit privaten als auch öffentlichen Geldern finanziert werden. Der Plan basiert auf den oben beschriebenen Massnahmen. 5