Ein Portrait deutscher Multi-Markt Exporteure und Importeure

Ähnliche Dokumente
Welche Firmen profitieren wie vom internationalen Handel?

Zur Dynamik der Import- und Exportbeteiligung von Industrieunternehmen in Hamburg und Schleswig-Holstein

Statistik II. I. Einführung. Martin Huber

1. Einleitung. 1.1 Phasen einer ökonometrischen Analyse

Zur Exporttätigkeit unternehmensnaher Dienstleister in Niedersachsen. Welche Aussagen ermöglicht das Umsatzsteuerstatistikpanel

Empirische Analysen mit dem SOEP

Auswirkungen des demographischen Wandels auf den Arbeitsmarkt

Exporte und Produktivität in Industriebetrieben - Niedersachsen im interregionalen und internationalen Vergleich. von Joachim Wagner

Presse-/Präsentationsfassung. von o. Univ. Prof. Dr. DDr. h.c. Friedrich Schneider *) und Mag. Michael Holzberger **) Linz, am 26.

Import, Export und Produktivität in niedersächsischen Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes. von Alexander Vogel und Joachim Wagner

Exporte und Firmenerfolg: Welche Firmen profitieren wie vom internationalen Handel? von Joachim Wagner

Forschungsdatenzentren in Deutschland - Zugang und Weiterentwicklung von Mikrodaten

Statistik II Übung 4: Skalierung und asymptotische Eigenschaften

Exportaktivitäten und Rendite in niedersächsischen Industrieunternehmen*

Warum ist die Erwerbsneigung ostdeutscher Frauen höher als die westdeutscher Frauen?

Exportierende Unternehmen unterscheiden sich

Analysen zur außenwirtschaftlichen. Mit Input-Output-Tabellen

Übungsblätter zu Methoden der Empirischen Sozialforschung IV: Regressionsanalyse. Lösungsblatt zu Nr. 2

Forschungsstatistik I

Klausurvorbereitung - Statistik

Aufgaben zu Kapitel 4

Der Einfluss der Vertragsarztdichte auf die Inanspruchnahme sekundärer präventiver Leistungen in Deutschland Eine räumliche Analyse

Die Geographie der kreativen Klasse und deren Wirkungen im (Stadt-)Raum - Empirische Ergebnisse für Deutschland und Europa Michael Fritsch

Anwendung von Multi-Level Moderation in Worst Performance Analysen

Inhaltsverzeichnis. 1 Über dieses Buch Zum Inhalt dieses Buches Danksagung Zur Relevanz der Statistik...

Der Einfluss der Vertragsarztdichte auf die Inanspruchnahme sekundärer präventiver Leistungen in Deutschland Eine räumliche Analyse

Import Export Konsumgüter Vorleistungsgüter AUSSENHANDEL. Zielländer Maschinen Verbrauchsgüter. Herkunftsländer. Chemische Erzeugnisse.

Determinants of the Perceived Power Relationship between Works Council and Management Results of an Empirical Investigation in 1000 German Firms

Übungen (HS-2010): Urteilsfehler. Autor: Siegfried Macho

Migration: Potential und Effekte für den deutschen Arbeitsmarkt

1 Einleitung. 1.1 Was ist Ökonometrie und warum sollte man etwas darüber lernen?

Drittvariablenkontrolle in der linearen Regression: Trivariate Regression

Raff Reale Außenwirtschaft WS 07/08 Folie 2-1

Analyse von Querschnittsdaten. Signifikanztests II Advanced Stuff

Zeit- und Einkommensarmut in Deutschland

Wer wird subventioniert? Subventionen in deutschen Industrieunternehmen

Parametrische vs. Non-Parametrische Testverfahren

Übung V Lineares Regressionsmodell

Globalisierung und Lohnentwicklung Exportierende Betriebe bezahlen besser

Statistische Messdatenauswertung

Biometrische und Ökonometrische Methoden I! Lösungen 9

Exportaktivitäten und Rendite in niedersächsischen Industrieunternehmen. von Joachim Wagner. University of Lüneburg Working Paper Series in Economics

Amtliche Firmendaten für Deutschland (AFiD) Neue Entwicklungen

Entwicklung des deutschen Außenhandels

Kapitel 1: Empirische Bestandsaufnahme des europäischen Außenhandels

Statistische Methoden in der Geographie

» S C H R I T T - F Ü R - S C H R I T T - A N L E I T U N G «M U L T I P L E L I N E A R E R E G R E S S I O N M I T S P S S / I B M Daniela Keller

2. Generieren Sie deskriptive Statistiken (Mittelwert, Standardabweichung) für earny3 und kidsunder6yr3 und kommentieren Sie diese kurz.

Empirische Wirtschaftsforschung

Der Einfluss der Vertragsarztdichte auf die Inanspruchnahme sekundärer präventiver Leistungen in Deutschland Eine räumliche Analyse

Statistik II Übung 1: Einfache lineare Regression

Bivariate Zusammenhänge

Außenhandel der österreichischen Bundesländer

John Komlos Bernd Süssmuth. Empirische Ökonomie. Eine Einführung in Methoden und Anwendungen. 4y Springer

Markteintritte, Marktaustritte und Produktivität. Empirische Befunde zur Dynamik in der Industrie. Joachim Wagner

1 Einführung Ökonometrie... 1

Dr. Maike M. Burda. Welchen Einfluss hat die Körperhöhe auf das Körpergewicht? Eine Regressionsanalyse. HU Berlin, Econ Bootcamp

Grundlagen der Datenanalyse am Beispiel von SPSS

Biometrische und Ökonometrische Methoden I Lösungen 9

Statistik II Übung 1: Einfache lineare Regression

Die Regressionsanalyse

Export, Import und Produktivität wissensintensiver KMUs in Deutschland. von Alexander Vogel und Joachim Wagner

STATISTISCHE MUSTERANALYSE - DARSTELLUNGSVORSCHLAG

Produktion oder Wertschöpfung -

Teil: lineare Regression

Glossar. Cause of Effects Behandelt die Ursache von Auswirkungen. Debriefing Vorgang der Nachbesprechung der experimentellen Untersuchung.

Datenstrukturen. Querschnitt. Grösche: Empirische Wirtschaftsforschung

Entwicklung des grenzüberschreitenden Warenhandels

Der Inflationsschutz von Immobilien Direktanlagen und Immobilienaktien im Vergleich

Zufriedenheit in Münchner Flüchtlingsunterkünften Ein Datengeleiteter Erklärungsansatz

Stichwortverzeichnis. Symbole

Wiederholungsübungen zu den Kapiteln 7 bis 11

1 Beispiel zur Methode der kleinsten Quadrate

P 15: Betriebsgrößenabhängige Schwellenwerte und Arbeitsplatzdynamik in mittelständischen Firmen

Statistikpraktikum. Carsten Rezny. Sommersemester Institut für angewandte Mathematik Universität Bonn

BMWi-IA4 Mai Leistungsbeschreibung für die Ausschreibung eines Forschungsvorhabens zum Thema

Empirische Wirtschaftsforschung

Hypothesentests mit SPSS

Zeitreihenanalyse. Zerlegung von Zeitreihen Saisonindex, saisonbereinigte Zeitreihe Trend und zyklische Komponente Prognose Autokorrelation

Forschungsbericht Luftfrachtnachfrage

Fragestunde zur Übung

Die wichtigsten Handelspartner Deutschlands (Teil 1)

Statistik, Geostatistik

Hypothesentests mit SPSS

Aufgaben zu Kapitel 4

Exportprämien unternehmensnaher Dienstleister in Niedersachsen. von Alexander Vogel. University of Lüneburg Working Paper Series in Economics. No.

Der Ablauf bei der Erstellung empirischer Arbeiten

1900 zählte die Schweiz 1,6 Millionen Erwerbstätige, davon arbeiteten 0,7 Millionen in der Industrie und im Gewerbe über 40 Prozent der

Vorlesung 3: Schätzverfahren

Thüringer Landesamt für Statistik

Signifikanzprüfung. Peter Wilhelm Herbstsemester 2014

Wachstumswirkungen steigender Ungleichheit. Dr. Judith Niehues Institut der deutschen Wirtschaft Köln

Statistik II. IV. Hypothesentests. Martin Huber

Übung zur Empirischen Wirtschaftsforschung V. Das Lineare Regressionsmodell

Mikrodatenbank Direktinvestitionen (MiDi)

Internationale Mikroökonomik Kurs, 3h, Do , HS VO8: Ausländisches Outsourcing

Anwendung auf den internationalen Handel: Handelsgewinne und Handelspolitik. Konzept der Renten im Internationalen Handel

Konjunktur Wochenrückblick

Empirische Forschung. Übung zur Vorlesung Kognitive Modellierung. Kognitive Modellierung Dorothea Knopp Angewandte Informatik/ Kognitve Systeme

Transkript:

Aktiv auf vielen Auslandsmärkten Ein Portrait deutscher Multi-Markt Exporteure und Importeure AFiD-Workshop, Berlin, 29.-30. März 2017 Joachim Wagner Leuphana Universität Lüneburg und IZA, Bonn 1

Motivation Deutschland ist Nummer 3 im weltweiten Export und Import von Gütern Internationaler Handel sehr wichtig für Dynamik der deutschen Wirtschaft Verlässliche Informationen über Ursachen und Folgen von Exporten und Importen wichtige Basis für Analysen der deutschen Wirtschaft Empirische Analysen zum internationalen Handel seit 25 Jahren zunehmend auf Basis von Daten der Exporteure und Importeure Firmendaten (für Betriebe bzw. Unternehmen) stammen für Deutschland hierbei (fast) nur aus Erhebungen der amtlichen Statistik AFiD-Typ-Daten Jahresdaten aus Monatsbericht plus KSE plus ; 2

Motivation Grenzen dieser Datenbasis: Nur Informationen über Exporte (Importe ja/nein aus USt-Statistik) Nur Informationen über Wert der Exporte, nicht über exportierte Güter und nicht über Zielländer (bis auf Eurozone vs. Nicht-Eurozone) Wer exportiert wieviel? Weitergehende Informationen aus Außenhandelsstatistik: Transaktionsdaten für Exporte und Importe plus Firmenidentifikator Wer exportiert / importiert wieviel (Gewicht / Wert) von welchen Gütern in/aus welche(n) Länder(n)? 3

Motivation Daten aus Erhebungen der Statistischen Ämter enthalten viele Informationen über die Firmen aber nur wenige Informationen über Außenhandel Daten auf Basis der Außenhandelsstatistik enthalten viele Informationen über den Außenhandel aber nur wenige Informationen über die beteiligten Firmen Kombiniere Daten für Industrieunternehmen und detaillierte Daten zu Exporten und Importen dieser Unternehmen auf Basis der Transaktionsdaten! (Literatur-Survey zu rund 150 internationalen Studien: Wagner, ROWE 2016.1) 4

Motivation Bisher im Fokus von Analysen der extensive margins of foreign trade : Entweder Anzahl Länder (im Export bzw. im Import) oder Anzahl Güter (im Export bzw. im Import) und Rolle von Firmeneigenschaften hierbei In diesem Beitrag: Anzahl Auslandsmärkte (im Export bzw. Import), wobei ein Auslandsmarkt definiert ist als Kombination eines Gutes (entsprechend der detaillierten HS6- Klassifikation) und eines Ziel-bzw. Ursprungslands Daten verfügbar für Deutschland 2009 2012; rund 160 Millionen (!) Exportund Importtransaktionen 5

Fakten A: Export 100 000 bis 120 000 exportierende Firmen pro Jahr Hoch konzentriert: Anteil der größten 3 (50) rund 12% ( ein Drittel) Die Masse der Firmen ist nur auf wenigen Märkten aktiv (Median = 6) Aber die ganz großen sind echte Multi-Markt Exporteure (über 1000 Märkte bei den Top-1%) Anteil der 100 Exporteure mit der höchsten Anzahl von Märkten am gesamten Export: 30 Prozent 6

Fakten B: Import 115 000 bis 140 000 importierende Firmen pro Jahr Hoch konzentriert: Anteil der größten 3 (50) rund 7% ( 30%) Die Masse der Firmen ist nur auf wenigen Märkten aktiv (Median = 5 bis 6) Aber die ganz großen sind echte Multi-Markt Importeure (rund 300 Märkte bei den Top-1%) Anteil der 100 Importeure mit der höchsten Anzahl von Märkten am gesamten Import: rund 20 Prozent 7

Wer sind die Multi-Markt Exporteure und Importeure? Multi-Markt Exporteure und Importeure sind von entscheidender Bedeutung für den Außenhandel Deutschlands Identität dieser Firmen (für mich) nicht erkennbar wg. vertraulicher Einzeldaten Aber: Eigenschaften dieser Firmen aus AFiD-Daten Industrieunternehmen kombiniert mit Daten zur Anzahl von Märkten im Export und Import auf Basis der Transaktionsdaten der Außenhandelsstatistik erkennbar (Datenbasis: Monatsbericht aggregiert zu Jahresangaben auf Unternehmensebene plus KSE plus URS; gematcht mit Angaben zur Anzahl Märkte im Export und Import. Daten für 2009 bis 2012. Rund 6 500 exportierende bzw. importierende Firmen pro Jahr.) 8

Empirische Hypothesen Basis: Umfangreiche Literatur zur Rolle von Firmeneigenschaften für die extensiven Margen des Außenhandels ( Details im Paper) Die Anzahl der Auslandsmärkte im Export bzw. Import ; H1: ; steigt mit der Firmengröße (gemessen als Anzahl tätiger Personen) H2: ; steigt mit der Produktivität (gemessen als Arbeitsproduktivität = Wertschöpfung pro Kopf) H3: ; steigt mit der Humankapitalintensität (gemessen als Lohn pro Kopf) H4: ; steigt mit der Forschungs- und Entwicklungsintensität (gemessen als Beschäftigtenanteil in FuE) 9

Empirische Hypothesen (Fortsetzung) H5: ; steigt mit dem Firmenalter (Messung anhand des Eintritts in den Monatsberichtskreis alt: bis 1995; mittelalt: 1996-2002; jung > 2002) H6: ; ist größer für auslandskontrollierte Firmen (Messung anhand URS- Angabe über Auslandskontrolle mit > 50% Anteil durch Ausländer) Empirische Modelle kontrollieren für detaillierten Wirtschaftszweig (4Steller) 10

Ökonometrische Untersuchung: Ansatz Schätzungen nutzen Querschnittsdaten für jedes Jahr 2009 2012 (kein Panelansatz, da nur geringe Within-Variation und neue KSE 2012) Deskriptive Statistiken für 2012: Handout, Tabelle 3 Schätzungen sind OLS-Schätzungen: log (Anzahl Märkte) = f(.) (Anzahl Märkte ist eine zero-truncated count variable ; Schätzungen mit zero-truncated negative binomial regression tnbreg liefern identisches Bild) Schätzungen für jede Hypothese H1 H6 getrennt und für alle zusammen Achtung keine kausalen Effekte, nur Korrelationen zwischen Firmeneigenschaften und Anzahl Märkte (bei Kontrolle für WZ4-Steller und ceteris paribus) 11

Ökonometrische Untersuchung: Ergebnisse (exemplarisch für 2012) A: Exporte Handout, Tabelle 4 Tests von H1 bis H6 getrennt in Spalten 1 bis 6 und gemeinsam in Spalte 7 Ergebnisse der getrennten Schätzungen alle wie Hypothesen Ergebnisse der gemeinsamen Schätzung dito bis auf H2 (Produktivität) wegen hoher Korrelation von Produktivität und Humankapitalintensität Interpretation der geschätzten Regressionskoeffizienten: ß *100 = approx. prozentuale Veränderung Anzahl Märkte bei Änderung der Firmeneigenschaft um eine Einheit ( Semi-Elastizität ) Geschätzte Koeffizienten zeigen dass Zusammenhänge nicht nur statistisch hoch signifikant sondern auch aus ökonomischer Sicht relevant sind 12

Ökonometrische Untersuchung: Ergebnisse (exemplarisch für 2012) B: Importe Handout, Tabelle 5 Tests von H1 bis H6 getrennt in Spalten 1 bis 6 und gemeinsam in Spalte 7 Ergebnisse der getrennten Schätzungen alle wie Hypothesen Ergebnisse der gemeinsamen Schätzung dito bis auf H2 (Produktivität) wegen hoher Korrelation von Produktivität und Humankapitalintensität Interpretation der geschätzten Regressionskoeffizienten: ß *100 = approx. prozentuale Veränderung Anzahl Märkte bei Änderung der Firmeneigenschaft um eine Einheit ( Semi-Elastizität ) Geschätzte Koeffizienten zeigen dass Zusammenhänge nicht nur statistisch hoch signifikant sondern auch aus ökonomischer Sicht relevant sind 13

Schlussbemerkungen Daten für mehr als 160 Millionen Transaktionen im Export und Import von Gütern aus den Jahren 2009 bis 2012 zeigen, dass Firmen, die auf sehr vielen Auslandsmärkten aktiv sind, von entscheidender Bedeutung für den deutschen Außenhandel sind Kombinierte Daten aus Erhebungen der amtlichen Statistik in Unternehmen und aus der Außenhandelsstatistik zeigen, dass diese Multi-Markt Firmen größer, produktiver, humankapitalintensiver, älter, forschungs- und entwicklungsintensiver und häufiger auslandskontrolliert sind. Dies zeigt das hohe Analysepotenzial von Firmendaten, die Informationen aus Erhebungen der statistischen Ämter mit (prozessproduzierten) Daten aus anderen Quellen kombinieren. 14