Vorlesung Immobilienrecht, Hypotheken- und Grundschuldrecht 14. März 2017

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Transkript:

Vorlesung Immobilienrecht, Hypotheken- und Grundschuldrecht 14. März 2017 1 1. Zweck der Rechte Grundschuld abstrakt 1191, 1192 BGB Sicherung von Forderungsbündeln Hypothek akzessorisch: 1113 Abs. 1, 1180 BGB Sicherung einer bestimmten Forderung 2. Zwecksicherung Grundschuld: Sicherungsabrede Hypothek: Akzessorietät 2 1

3. Entstehung Grundschuld: 873 BGB, Einigung und Eintragung Hypothek: 873 BGB, Einigung und Eintragung, aber auch Entstehen der Forderung, vor Entstehung der Forderung: Eigentümergrundschuld, 1163, 1177 BGB Achtung: Eigentümergrundschulden 903, 873 BGB Bestellung und Eintragung 3 Fall nach RG, Urt. v. 3. 1. 1928, V 128/22, RGZ 106, 136 E bewilligt seiner Ehefrau F, die davon nichts weiß und ihm auch kein Darlehen gegeben hatte, eine Darlehensbriefhypothek über 20.000, die in das Grundbuch eingetragen. Ein Jahr später verkauft E sein Grundstück der Beklagten; der Vertrag wurde vollzogen. Wieder ein Jahr später trat F mit Zustimmung von E die Hypothek durch beglaubigte Abtretungserklärung an den Fabrikanten G ab. Diese Abtretung wurde in das Grundbuch eingetragen. Tags zuvor war ein Veräußerungs- und Verfügungsverbot eingetragen worden, das der Beklagte, der die Bestellung der Hypothek anfechten wollte, mit einer einstweiligen Verfügung erwirkt hatte. Das Grundstück wurde 2011 versteigert. Für die Hypothek wurde 2.000 hinterlegt. Die Erben von G verlangen von der Beklagten die Zustimmung zur Freigabe. Zu Recht, wenn der Brief bei Eintragung des Verbots a) schon übergeben war, b) noch nicht übergeben war? 4 2

BGH, Urt. v. 20. 6. 2000 - XI ZR 237/99, NJW-RR 2000, 1431 Am 23. September 1994 schlossen die Eheleute E mit der beklagten Bank einen Darlehensvertrag über 324.000 DM mit einem sittenwidrig überhöhten Zinssatz. Sie bewilligten der Bank eine Grundschuld, die auch eingetragen wurde. Als die Bank trotzdem die Zwangsversteigerung beantragt, bitten die Eheleute E um Rat, wie sie die Zwangsversteigerung verhindern können. Was meinen Sie? 5 BGH, Urt. v. 28. 10. 1988 - V ZR 14/87, BGHZ 106, 1 V verkauft dem K seine Eigentumswohnung für 75.000, der auf Notaranderkonto gezahlt werden sollte. Nach dem Vertrag war K ermächtigt, bereits jetzt im Rahmen der Finanzierung des Kaufpreises die Eintragung von Grundpfandrechten auf dem veräußerten Wohnungseigentumsrecht zu bewilligen und zu beantragen". Im Anschluss an die Kaufvertragsverhandlung unterzeichnete K eine Urkunde vor demselben Notar, in der auf dem Wohnungseigentum eine Grundschuld in Höhe von 75.000 zugunsten der beklagten Bank bestellt "zur Sicherung aller bestehenden und künftigen - auch bedingten und befristeten - Ansprüche aus der Geschäftsverbindung" der Beklagten mit K. Die Beklagte zahlte auf Anweisung des K an einem Dritten 30.000 aus. Der Kaufpreis wird nicht gezahlt, K wird insolvent. Die Beklagte verlangt die Ablösung der Grundschuld. V verlangt von ihr, in die Löschung einzuwilligen. Zu Recht? BGH: ja 6 3

BGH, Beschl. v. 21. 4. 2016 V ZB 13/15, FGPrax 2016, 145 Nach dem Kaufvertrag der Parteien sollte das verkaufte Grundstück mit Grundpfandrechten bis zur Höhe des Kaufpreises zuzüglich bis zu 20 % Zinsen sowie einer einmalig fällig werdenden Nebenleistung von 10 % belastet und der sofortigen Zwangsvollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer unterworfen werden dürfen. Die Sicherheiten sollen ausschließlich der Finanzierung des Kaufpreises und der Abwicklung des Vertrages dienen, die Valutierungsansprüche der Verkäuferin sollen abgetreten, die aus den Sicherheiten Berechtigten sollen unwiderruflich angewiesen werden, nur nach Maßgabe des Vertrages auszuzahlen. Der Käufer erhält Vollmacht zur Vertretung der Beteiligten bei der Bestellung von Grundpfandrechten zur Finanzierung des Kaufpreises nach Maßgabe der vereinbarten Kaufpreisfinanzierung erteilt. Davon macht der Käufer im Rahmen und gemäß Vollmacht vom UR-Nr. Gebrauch. Das Grundbuchamt weist den Eintragungsantrag zurück. Zu Recht? 7 Lösung 1. Ausgangslage - Die Finanzierung des Kaufpreises setzt Verschaffung eines Grundpfandrechts für die Bank voraus. - Die Verschaffung des Grundpfandrechts setzt den Erwerb des Eigentums voraus, der wiederum von der Finanzierung des Kaufpreises abhängt. - Verkäufer muss an der Bestellung des Grundpfandrechts mitwirken. 2. Gestaltungsmöglichkeiten - Unbeschränkte Vollmacht und Sicherung des Verkäufers im Innenverhältnis durch die Einbindung des Notars - Beschränkte Vollmacht und Sicherung des Verkäufers durch Abhängigkeit der Vollmacht von dem Zustandekommen der Sicherungsabrede mit der Bank? 8 4

3. Bei inhaltlicher Beschränkung wie im Fall: - Nachweis der Vollmacht - Nachweis der Wirksamkeitsbedingungen, also meist der Abtretung des Auszahlungsanspruchs und bei einer Grundschuld - des Zustandekommens der Sicherungsabrede zwischen Verkäufer und Bank. - BGH: Es reicht, wenn in der Grundschuldbestellungsurkunde auch ein den Bedingungen der Bevollmächtigung entsprechendes Angebot an die Bank enthalten ist, das diese nach 151 BGB annehmen kann und dann spätestens mit der Entgegennahme der Eintragungsnachricht bzw. des Grundpfandrechtsbriefs auch annimmt. 9 Lehren - Eine Belastungsvollmacht ist materiell-rechtlich nur unbedenklich, wenn effektiv sichergestellt ist, dass sie nur zur Eintragung solcher Belastungen eingesetzt wird, die bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung oder Eigentumsumschreibung ausschließlich als Sicherheit für Beträge dienen, die tatsächlich mit Tilgungswirkung auf die Kaufpreisschuld geleistet werden. - Bei einer unbeschränkten Vollmacht muss der Notar intern dafür sorgen, dass die Belastung nicht ohne die Sicherstellung der Verwendung für die Kaufpreiszahlung erfolgt. Das kann auf unterschiedlichen Wegen geschehen. - Bei einer beschränkten Vollmacht muss das Zustandekommen der Bedingungen durch die Gestaltung der Urkunde sichergestellt werden. 10 5

4. Übertragung der Rechte a) Buchrechte Grundschuld: 873 BGB, Einigung und Eintragung Hypothek: schriftliche Abtretung der Forderung, Übergang der Hypothek ist die gesetzliche Folge der Abtretung, 1153, 1154 BGB b) Briefrechte Grundschuld: 873, 1154 BGB, Einigung und Briefübergabe Hypothek: schriftliche Abtretung der Forderung und Briefübergabe, Übergang der Hypothek ist die gesetzliche Folge der Abtretung, 1153, 1154 BGB 11 5. Sicherungszweck a) Hypothek: eingebaut b) Grundschuld: Sicherungsabrede 12 6

BGH, Urt. v. 19. 4. 2013 V ZR 47/11, BGHZ 197, 155 Die Beklagte, eine Bank, war Gläubigerin einer erstrangigen Gesamtgrundschuld, die Klägerin, eine Sparkasse, Gläubigerin einer nachrangigen Gesamtgrundschuld. Nach der Sicherungsabrede der Klägerin mit dem Eigentümer der Grundstücke als Sicherungsgeber tritt dieser ihr den, auch zukünftigen oder bedingten, Anspruch auf Übertragung oder Löschung oder Verzicht aller vor- und gleichrangigen Grundschulden und den Anspruch auf Zuteilung des Versteigerungserlöses ab, was die Klägerin zeigte der Beklagten anzeigte. Diese übertrug ihre nur noch teilweise valutierenden Grundschulden gegen Zahlung von rund 150.000 an eine andere Bank. Diese ließ die Grundschulden neu valutieren. Die Klägerin erlitt dadurch einen Schaden von 300.000, dessen Ersatz sie von der Beklagten verlangt. 13 6. Sicherungspflichten a) Verwahrung und Rückgewähr der Sicherheit b) Im Verwertungsfall: Bestverwertungspflicht 14 7

BGH, Urt. v. 29. 1. 2016 V ZR 285/14, BGHZ 209, 1 Die Klägerin belastete ihre beiden Grundstücke mit Sicherungsgrundschulden über rund 280.000. Das eine mit einer erstrangigen Grundschuld über 220.000 und eine zweitrangigen Grundschuld über 36.000 belastete Grundstück wurde auf Antrag der beklagten Grundschuldgläubigerin bei einem Verkehrswert von 308.000 aus der zweitrangigen Grundschuld zwangsversteigert. Die Beklagte vereinbarte mit einem Dritten, er solle das Grundstück für 200.000 erhalten. Dieser ersteigerte das Grundstück zu einem Bargebot von 175.000. Gegen Zahlung von weiteren 25.000 bewilligte die Beklagte die Löschung der erstrangigen Grundschuld und betrieb anschließend die Zwangsvollstreckung in das andere Grundstück, die für unzulässig erklärt wurde. Die Klägerin verlangt Ersatz ihres Schadens (= Versteigerungsergebnis abzüglich persönliche Forderung der Beklagten). Zu Recht? 15 Lösung 1. Grundlagen - Sicherungsabrede regelt (ausdrücklich oder konkludent) nicht nur die Voraussetzung der Verwertung des Pfandrecht. Sie regelt vielmehr auch die Bedingungen der Verwertung: Der Gläubiger muss das Pfandrecht bestmöglich verwerten. - Bei Verletzung dieser Pflicht: Haftung auf Schadensersatz (statt der Leistung) nach 280 ( 281) BGB. 2. Grenzen der Bestverwertungspflicht - Dazu Muss Gläubiger zwar nicht alle denkbaren Vorteile herauszuholen, also z. B. überschüssige Grundschuldzinsen beantragen, die dann dem Schuldner zum Nachteil nachrangiger Gläubiger zufallen (BGH, Urt. v. 4.2.2011 V ZR 132/10, BGHZ 188, 186 Rn. 13). 16 8

- Dazu gehört aber die Verpflichtung, die Vollstreckung so zu betreiben, dass der Schuldner von seinen Verbindlichkeiten, soweit wie möglich befreit wird. Lehren - Der Gläubiger muss das Pfandrecht so verwerten, dass der Schuldner weitgehend frei wird. - Dazu müsste er Grundschuldzinsen anmelden, wenn dieses Ziel sonst nicht zu erreichen ist. - Keinesfalls darf er das Grundpfandrecht gegen eine Zahlung aufgeben, die hinter dem Nominalwert zurückbleibt. - Bei Verletzung dieser Pflicht haftet er auf Schadensersatz, 280 Abs. 1 BGB. 17 6. Sicherungspflichten c) Geltendmachung von Grundschuldzinsen 18 9

BGH, Urt. v. 2. 3. 2012 - V ZR 133/11, NJW 2012, 1142 Die Klägerin bestellte ihrer Hausbank für Darlehen zwei Buchgrundschulden an erster und zweiter Rangstelle. Die erstrangige Grundschuld trat diese an die beklagte Bank ab, weil diese der Klägerin ein neues Darlehen gewährt hatte. Nach den Vertragsbedingungen muss die Beklagte keine über ihre Forderung hinausgehenden Ansprüche geltend machen und darf auch auf Mehrerlöse verzichten. Ihre Ansprüche auf Übertragung vorrangiger Grundschulden und auf Auskehrung des Erlöses trat die Klägerin an ihre Hausbank ab, was diese der Beklagten anzeigte. Einige Jahre später geriet die Klägerin in finanzielle Schwierigkeiten. Die Beklagte kündigte den Kredit und Betrieb die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Entgegen der Bitte der Klägerin meldete die Beklagte nur die zur Tilgung benötigten Grundschuldzinsen an. Der Rest von 4.000 ging an die Hausbank. Kann die Klägerin Schadensersatz verlangen? BGH: nein 19 7. Gutgläubiger Erwerb a) Buchrechte Grundschuld: 891, 892 BGB bei normaler Grundschuld: einredefreier Erwerb Sicherungsgrundschuld: Durchgriff und Erhalt der Einwände aus der Sicherungsabrede, 1192 Abs. 1a BGB Hypothek: Abtretung und Eintragung nach 1154 Abs. 3 BGB Einredefreier Erwerb: 1137, 1138 BGB 20 10

b) Briefrechte Grundschuld: 891, 892, 1155 BGB bei normaler Grundschuld: einredefreier Erwerb bei Sicherungsgrundschuld kein einredefreier Erwerb, 1192 Abs. 1a BGB Hypothek: Abtretung und Eintragung nach 1154 Abs. 3, 1155 BGB Einredefreier Erwerb nach 1137, 1138 BGB 21 RG, Urt. v. 29. 4. 1932 V 82/32, RGZ 137, 95 Der Kläger bestellte am 14. Juli an seinem Grundstück eine Darlehenshypothek über 6.000 für Ernst, mit der Vereinbarung, dass sich Ernst den Brief durch das Grundbuchamt solle aushändigen lassen. Die Hypothek wurde am 19. Juli eingetragen. Den gleichzeitig gebildeten Brief hielt das Grundbuchamt bis zur Bezahlung der Kosten zurück. Ernst trat durch öffentlich beglaubigte Urkunde die Hypothek an den Beklagten mit der Vereinbarung ab, dass er sich den Brief durch das Grundbuchamt aushändigen lassen könne. Dafür erhielt Ernst 5.000. Die Abtretung wurde am 8. August eingetragen, der Brief am 7. Oktober ausgehändigt, nachdem der Beklagte die Kosten bezahlt hat. Im September erfuhr er, dass Ernst dem Kläger kein Darlehen gegeben hatte. Der Kläger verlangt die Bewilligung der Umschreibung der Hypothek in eine Grundschuld. Zu Recht? 22 11

A verursacht einen Verkehrsunfall und bestellt dem Geschädigten G für den hohen Schadensersatzanspruch, den er nicht bezahlen kann, eine Briefhypothek an seinem Grundstück. G erhält von seiner eigenen Versicherung Ersatz, die von der Hypothek nichts weiß. Als er Geld braucht, tritt er die Hypothek formgerecht und unter Übergabe des Briefs an den gutgläubigen H ab. Ein vorrangiger Grundschuldgläubiger betreibt erfolgreich die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Die Hypothek des H erlischt. Ein Übererlös für H verbleibt nicht. H wendet sich an A wegen der Bezahlung. Da auch die Versicherung Zahlung verlangt, hinterlegt A die Schadensersatzsumme beim Amtsgericht. Die Versicherung verklagt H auf Zustimmung zur Auszahlung der Summe. Zu Recht? Nachlesen zum Problem: Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2015], 1138 Rn. 9 f. 23 BGH, Urt. v. 25. 10. 2013 V ZR 147/12, NJW 2014, 550 Die Kläger erwarben im Jahr 2000 ein Hausgrundstück und bestellten zu Gunsten von G 1 eine Buchgrundschuld in Höhe von 200.000 DM. Dieser trat die Grundschuld noch an demselben Tag zur Sicherung einer Finanzierung an die gutgläubige H Bank ab. Die Grundschuld wurde in das Grundbuch eingetragen; die Eintragung der Abtretung erfolgte im Jahr 2001. Die Bank H ihrerseits trat die Grundschuld nach Ablösung des Kredits im Jahr 2003 an den Beklagten ab. Diese Abtretung wurde erst am 22. September 2008 in das Grundbuch eingetragen. Der Beklagte betreibt die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Die Kläger behaupten, die Grundschuld habe ein Darlehen von G 1 sichern sollen, das nur zum Schein vereinbart und tatsächlich nicht ausgezahlt worden sei. Ihre darauf gestützte Vollstreckungsgegenklage hat in den Tatsacheninstanzen Erfolg gehabt. Wie sollte der BGH entscheiden? 24 12

BGH, Urt. v. 24. 10. 2014 V ZR 45/13, NJW 2015, 619 Der Kläger zeichnete Anfang März 2000 eine atypische stille Beteiligung an der S AG in Höhe von 60.000 DM. Der Einlagebetrag sollte zu 100 % finanziert, die Finanzierung von der S AG vermittelt werden. Deshalb bestellten der Kläger und sein Bruder der S AG an einem ihnen zu je ½ Anteil gehörenden Grundstück eine vollstreckbare Grundschuld. Die S AG trat die Grundschuld am 18. Mai 2000 an die Beklagte ab, um damit eigene Darlehensverbindlichkeiten gegenüber dieser abzusichern. Die Beklagte betreibt die Zwangsversteigerung aus der Grundschuld. Der Kläger will diese mit der Vollstreckungsgegenklage verhindern. Er behauptet, die S AG habe die Grundschuld von vornherein nicht zur Sicherung eines Kredits, sondern allein zur Geldbeschaffung für sich habe verwenden wollen und viele Anleger so betrogen. Die Beklagte, welche die meisten der von der Zedentin erlangten Grundschulden durch Abtretung erworben habe, habe hiervon gewusst. Die Beklagte erwidert, sie sei ebenfalls von der Zedentin betrogen worden und habe noch erhebliche Forderungen gegen diese. Was meinen Sie? 25 8. Verwertung 1147 BGB Zwangsversteigerung Voraussetzung Duldungsurteil oder Duldungsunterwerfung nach 794, 800 ZPO Klausel Zustellung und dann nach 869 ZPO mit ZVG entweder Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung. 26 13

OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 28. 7. 2009 18 U 3/08, bestätigt d. BGH, Beschl. v. 4. 3. 2010 V ZR 156/09 Der Kläger hat am Grundstück seines beklagten Bruders eine Grundschuld. Sie beruht auf einem Vergleich, den der Kläger 1985 mit der Mutter der beiden geschlossen hat, um einen Streit um seinen Pflichtteil nach seinem Vater zu regeln, der von der Mutter allein beerbt worden ist. Zu Lebzeiten seiner Mutter sollte der Kläger keine Rechte aus der Grundschuld geltend machen können. 2003 stirbt die Mutter. Sie wurde von dem beklagten Bruder allein beerbt. Im Jahre 2007 erhebt der Kläger Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld wegen des vollen Betrags und Zinsen ab 1985. Zu Recht? 27 BGH, VU. v. 27. 3. 2015 V ZR 296/13, NJW-RR 2015, 915 Die Klägerin bestellte der Rechtsvorgängerin der Beklagten 1975 an ihrem Grundstück zwei vollstreckbare Briefgrundschulden zu je 50.000 DM. Nach Tilgung der gesicherten Forderungen übersandte die Beklagte der Klägerin 1978 die vollstreckbaren Ausfertigungen der Grundschuldbestellungsurkunden sowie die Grundschuldbriefe und Löschungsbewilligungen. Die Grundschulden blieben bestehen. Jahre später vereinbarten die Parteien, dass die alten Grundschulden als Sicherheiten für neue Darlehen dienen sollten. 2003 ließ sich die Beklagte neue vollstreckbare Ausfertigungen der Grundschuldbestellungsurkunden erteilen und betreibt jetzt aus den dinglichen Rechten die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Mit ihrer auf Erklärung der Zwangsvollstreckung für unzulässig gerichteten Vollstreckungsgegenklage ist die Klägerin vor dem LG gescheitert. Auf ihre Berufung hat das OLG die Rechtswidrigkeit der Zwangsvollstreckung festgestellt. Die Revision der Beklagten an den BGH hatte Erfolg. Warum? 28 14

Lösung 1. Zulässigkeit der Klage a) Erster Instanz: kein Problem; die Klage war entweder als Titelgegenklage analog 767 ZPO oder so BGH - als Vollstreckungsgegenklage gemäß 767 ZPO zulässig. b) Zweite Instanz: Problem aa) Erledigung der Hauptsache durch Versteigerung des Grundstücks bb) Fortsetzungsfeststellungsantrag wie in 62 FamFG, 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kennt ZPO nicht cc) Feststellung der Rechtswidrigkeit der ZV kommt nicht in Betracht dd) Umstellung auf Leistungsklage auf Schadensersatz oder Feststellung eines Ersatzanspruchs 29 2. Wiederverwendung der vollstreckbaren Grundschuld a) Erledigung der Grundschuld durch Erfüllung? an sich ja b) Folgen der nicht erfolgten Löschung - Grundschuld stirbt nicht; sie schläft nur (Lazarus) - Grundschuld kann ohne Neubestellung und ohne neue Unterwerfung wiederauferweckt werden, wenn sie im Grundbuch stehenbleibt. - Voraussetzung: neue Sicherungsvereinbarung - Folge für Schuldner: Er darf von der erteilten Löschungsbewilligung keinen Gebrauch mehr machen 30 15

BGH, Beschl. v. 23. 4. 1025 V ZR 200/14, IBR 2015, 462 = juris Der Klägerin betreibt einen Schlachthof und bezog Schlachtvieh von dem beklagten Viehhändler. Als dieser 2003 wegen aufgelaufener Zahlungsrückstände von etwa 200.000 geliefertes Vieh wieder abholen lassen wollte, gelangte unter streitigen Umständen in den Besitz von Briefen zweier nicht mehr valutierender Grundschulden an dem Grundstück der Klägerin über 300.000 DM und 200.000 DM, die die Klägerin besaß, und setzte die Belieferung fort. Zu der angedachten Abtretung der Rechte kam es nicht. 2012 schlossen die Parteien einen Ratenzahlungsvergleich, ohne die Grundschuldbriefe anzusprechen. Die Klägerin verlangt deren Herausgabe. Das LG hat der Klage Zug um Zug gegen Zahlung von 146.370 stattgegeben. Das OLG hat die Vorbehalt aufgehoben. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat der BGH hat das Berufungsurteil nach 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgereicht zurückverwiesen. Warum? 31 Lösung 1. Prozessualer Ansatz a) Verletzung von Art. 103 GG Aufhebung des Berufungsurteils oder Verwerfungsbeschlusses nach 522 Abs. 2 ZPO durch BGH-Beschluss, wenn Art. 103 GG entscheidungserheblich verletzt. b) Hier Klassiker: Unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung 2. Materiell-rechtliches Problem: Was ist die Übergabe der Briefe? a) OLG: Vorbereitung der Abtretung Folge: Besitzrecht endet mit Scheitern der Abtretung Verfahrensrechtlicher Ansatz 32 16

b) BGH: Möglich auch die Verschaffung einer Sperrposition Folge: Besitzrecht besteht weiter, bis die Schuld, deren Sicherung die Sperrposition dient, erfüllt ist. aa) bb) Hintergrund: Nach Eintritt des Sicherungsfalls macht die Abtretung der Grundschuld für den Schuldner keinen Sinn, weil sie nicht zwingend, aber normalerweise - sogleich zum Verlust des Grundstücks führt. Effekt: Die Übergabe des Briefs gibt dem Gläubiger zwar kein Vollstreckungsmittel, aber eine Sperrposition: Der Schuldner kann über sein Grundstück nur mit der Grundschuld verfügen; für andere Gläubiger ist die Vollstreckung aus nachrangigen Rechten weniger attraktiv. 33 BGH, Urt. v. 14.6.2013 V ZR 148/12, MittBayNot 2014, 268 Die Klägerin bestellte einer Bank eine jederzeit fällige vollstreckbare Grundschuld über 850.000 DM nebst Zinsen an ihrem Grundstück, die später an eine andere Bank abgetreten wurde. Mit der Zessionarin vereinbarte die Klägerin in 2000, dass die Grundschuld u. a. einen Vorfinanzierungskredit von 35 Mio. DM einer GbR der Klägerin mit ihrem Ehemann sichern sollte. 2003/2004 kündigte die Zessionarin alle Kreditverhältnisse. Sodann trat sie die Grundschuld an eine Verwertungsgesellschaft ab, die sie wiederum einer Finanzinvestorin abtrat. Diese trat in den Sicherungsvertrag nicht ein, erhielt eine vollstreckbare Ausfertigung und bot der Klägerin an, in den Sicherungsvertrag einzutreten, was diese ablehnte. Die Klägerin beantragt, die Zwangsvollstreckung aus der Ausfertigung für unzulässig zu erklären. Was meinen Sie? 34 17

BGH, Urt. v. 21.10.2016 - V ZR 230/15, NJW 2017, 674 Die Klägerin bestellte an ihrem Grundstück in den Jahren 2003 und 2004 zugunsten der beklagten Bank (im Folgenden: Gläubigerin) zwei Sicherungsgrundschulden über 460.000 sowie über 40.000, und zwar jeweils nebst 15 % Zinsen. Am 7. Juni 2011 beantragte die Gläubigerin die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Von ihrem Vollstreckungsauftrag nahm sie die auf die Zeit vor dem 1. Januar 2008 entfallenden Grundschuldzinsen aus. Der dritte Versteigerungstermin sollte am 17. September 2013 stattfinden. Mit einem kurz zuvor - am 5. September 2013 - bei der Gläubigerin eingegangenen Schreiben berief sich die Klägerin erstmals auf die Verjährung der bis Ende 2007 entstandenen Zinsansprüche und erhob darauf gestützt Vollstreckungsabwehrklage. Im laufenden Verfahren hat die Gläubigerin ausdrücklich auf die verjährten Zinsen verzichtet. Was meinen Sie? 35 9. Haftungsumfang Grundstück Erzeugnisse, Bestandteile und Zubehör ( 1120 BGB) Miet- und Pachtforderungen ( 1123, 1124 BGB) Gebäudeversicherung ( 1127, 1128 BGB) 36 18

BGH, Urt. v. 4. 2. 2005 - V ZR 294/03, ZfIR 2005, 737 T wurde am 17. März 2003 auf Grund eines Kaufvertrags als Eigentümerin eines Gutshauses mit Äckern in das Grundbuch eingetragen. Am 18. Mai 2004 gab sie die eidesstattliche Versicherung ab. Sie lebt seit 2003 mit dem Studenten S zusammen. Dem vermietete sie am 10. Dezember 2003 die Wohnräume des Gutshauses zu einem monatlichen Mietzins von 200, der auf einen angeblich erbrachten Baukostenzuschuss von 100.000 zu verrechnen sei. Ebenfalls wegen des angeblichen Baukostenzuschusses verpachtete sie dem S die Äcker auf 10 Jahre für 2.000 jährlich. S verpachtet die Flächen an den Beklagten für 18.000 jährlich. Der Beklagte zahlte an den auf Antrag eines Grundschuldgläubigers gerichtlich eingesetzten Zwangsverwalter. Der Kläger, dem S seine Ansprüche abgetreten hat, meint, der Beklagte habe an ihn zahlen müssen, verlangt Zahlung von 46.000 wegen Rückständen. Zu Recht? BGH: nein 37 10. Gesamtgrundschuld a) Unterschiedliche Fälligkeit b) Änderung der Sicherungsvereinbarung c) Gläubiger des Löschungsanspruchs d) Gegenstand des Freigabeanspruchs 38 19

a) BGH, Beschl. v. 10. 6. 2010 - V ZB 22/10, BGHZ 186, 28 A und B steht je ein mit dem Sondereigentum an einer Garage verbundener Miteigentumsanteil an einem Grundstück zu. Auf beiden Anteilen lastet jeweils eine Grundschuld zugunsten einer Sparkasse Mit notariellem Vertrag vom 7. Mai 2009 tauschten sie ihre Anteile. Die bestellten Grundschulden sollten künftig an den eingetauschten Anteilen bestehen. Auch dem C steht ein solcher Miteigentumsanteil an dem Grundstück zu. Er hatte die Erbanteile seiner Schwester an dem Nachlass der verstorbenen Eltern erworben, zu dem dieser Miteigentumsanteil gehörte. Dieser Miteigentumsanteil soll für eine an anderen Grundstücken bereits bestehende ohne Kündigung fällige Sicherungsgrundschuld als weiteres Pfand haften. Das Grundbuchamt beanstandet die unterschiedlichen Kündigungsbedingungen der bestehenden Grundschulden und der durch Pfanderstreckung entstehenden Grundschulden. Zu Recht? BGH: nein 39 c) BGH, Urt. v. 12. 12. 2008 - V ZR 49/08, BGHZ 179, 146 Ein Stromerzeuger mit Sitz im früheren Westteil von Berlin hatte 1928 eine Anleihe von 5 Mio. US-Golddollar, eingeteilt in Teilschuldverschreibungen zu je 1000 US-Golddollar, begeben und diese durch eine Gesamtsicherungshypothek auf zahlreichen Grundstücken in Berlin und im Umland von Berlin gesichert. Als Vertreterin der Gläubiger ist die heutige Beklagte. Die Anleihe ist in einem zwischen den Parteien streitigen Umfang getilgt. Eines der zu ihrer Sicherung belasteten Grundstücke gelangte nach dem Einigungsvertrag an die Klägerin, die von der Beklagten die Teillöschung der Sicherungshypothek verlangt. Gegen den Klaganspruch wandte die Beklagte unter anderem ein, die Klägerin könne Löschung nicht allein, sondern nur zusammen mit den Eigentümern der anderen mithaftenden Grundstücke verlangen. Diese wären nur unter größten Schwierigkeiten festzustellen. Hat er Recht? 40 20

d) BGH, Urt. v. 19. 3. 2010 - V ZR 52/09, NJW-RR 2010, 1529 Der Klägerin und ihrem Ehemann gehört ein Wohngrundstück zu je ½ Anteil. Ihre Bank hat daran eine Buchgrundschuld über 300.000. Nach der Sicherungsabrede soll die Grundschuld sechs Darlehen im Ursprungsgesamtbetrag von 793.000 DM sichern, die die Beklagte dem Ehemann der Klägerin gewährt hatte. Mehrere Jahre später, im Jahr 2006, kündigten die Klägerin die Sicherungsabrede und die Beklagte die deren Ehemann gewährten Darlehen. Ihre Restforderung beziffert die Beklagte mit etwa 160.000. Die Klägerin beantragt mit außergerichtlich erklärtem Einverständnis ihres Ehemanns die Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung der Löschung der Grundschuld, auf ihrem hälftigen Miteigentumsanteil insgesamt, hilfsweise auf ihrem Miteigentumsanteil in Höhe eines Teilbetrags von 178.000, weiter hilfsweise auf dem Gesamtgrundstück in Höhe eines Teilbetrags von 140.000. Was meinen Sie? 41 11. Löschungsanspruch des Hypothekengläubigers BGH, Urt. 27. 4. 2012 - V ZR 270/10, BGHZ 193, 144 Die klagende Sparkasse hatte dem Schuldner ein Darlehen in Höhe von 100.000 gewährt und einen Kontokorrentkredit in Höhe von 50.000 eingeräumt und dafür zwei nachrangige Grundschulden erhalten. Ihr war in der Sicherungsvereinbarung auch der Rückgewähranspruch des Schuldners auf Löschung vorrangiger Grundschulden abgetreten. Die vorrangige Grundpfandrecht valutierte nach Erfüllung der gesicherten Forderung nicht mehr. Deren Gläubigerin zeigte die Sparkasse die Abtretung der Rückgewähransprüche gegenüber der Volksbank an. Danach wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Das Grundstück wurde versteigert, ein Übererlös von rund 27.000 an den Insolvenzverwalter ausgekehrt, nachdem die vorrangige Gläubigerin auf ihr Recht verzichtet hatte. Den beansprucht die Sparkasse. Zu Recht? 42 21

12. Mitwirkungspflichten des Gläubigers BGH, Urt. v. 30. 4. 2015 IX ZR 301/13, NJW-RR 2015, 850 Dem insolventen Schuldner gehört ein ¼-Miteigentumsanteil an einem Wohnungseigentum, der mit zwei von F gepfändeten Grundschulden im Gesamtbetrag von etwa 18.000, einer Zwangssicherungshypothek zugunsten des F über weitere etwa 204.500 und einer Zwangssicherungshypothek zugunsten der beklagten Gemeinde G über 31.600 belastet ist. Der Insolvenzverwalter (IV) schätzt den Wert des gesamten Rechts auf 80.000 und möchte den Anteil des Schuldners für 40.000 an dessen Schwester verkaufen, der ebenfalls ein ¼-Miteigentumsanteil an dem Recht zusteht und die zusammen mit dem Schuldner Erbin des restlichen hälftigen Miteigentumsanteils ist. Von dem Erlös sollen die Masse und F je 20.000 erhalten, G nur 200. Dem stimmt F zu, aber nicht G zu, die der IV nun auf Zustimmung verklagt hat, im Ergebnis ohne Erfolg. Warum? 43 Lösung 1. Vollstreckungsverhältnis (VollstV) als Anspruchsgrundlage a) Ärgerliche Lage: Die Gemeinde würde bei einer Verwertung ausfallen, weil ihre Zwangssicherungshypothek letztrangig ist und der voraussichtliche Verwertungserlös nicht für alle reicht. b) VollstV als Anspruchsgrundlage aa) Bindung des Gläubigers an Treu und Glauben ist anerkannt (BGHZ 172, 218 Rn. 26), aber nur als Schranke prozessualer Rechte bb) VollstV als Grundlage von Ansprüche cc) Frage: nur Schutzpflichten nach 241 Abs. 2 BGB oder auch Leistungspflichten? BGH: möglich. 44 22

2. Zustimmungspflicht des nachrangigen Gläubigers? a) Keine positive Antwort des BGH b) Wohl aber negative Antwort: aa) Der nachrangige Gläubiger ist nicht verpflichtet, dem vorrangigen Gläubiger die Vollstreckung zu erleichtern oder ihn bei einem besseren Erfolg zu unterstützen. bb) Der nachrangige Gläubiger darf pokern ebenso wie hier der Insolvenzverwalter, der ebenfalls keinen Anspruch auf Anteil am Erlös hatte. 45 23