Selbstbestimmtes Lernen im jahrgangsübergreifenden Unterricht und verbindliche Anforderungen Ein Beitrag von Olaf Schemionneck, Andrea Hennecke und Heike Ditzhaus, OGGS Haarhausen, Wuppertal Individuelle Förderung des einzelnen Kindes und Förderung des selbstverantwortlichen Lernens sind seit Jahren Leitlinien der Unterrichtsarbeit an der OGGS Haarhausen. Gemäß den Forderungen der Richtlinien des Landes NRW soll der Unterricht die Fähigkeit und Bereitschaft des Kindes fördern, um bewusst und zielgerecht zu lernen und zu kooperieren (vgl. Richtlinien NRW 2003, S. 17). Die konsequente Mischung der Jahrgänge 1 bis 4, die seit Beginn des Schuljahres 2004/2005 an der OGGS Haarhausen praktiziert wird, ist als Schritt in diese Richtung zu verstehen. In diesem Zusammenhang steht die Öffnung des Unterrichts im Mittelpunkt, um die Neigungen und Interessen der Kinder aufzugreifen, zu fördern und eigene Lernwege zu ebnen. Wesentliche Bestandteile des selbstverantwortlichen Lernens der Kinder im Unterrichtsalltag sind u.a. - ihre Arbeit mit den (vom Kollegium entwickelten) Lernhäusern für Mathematik, Deutsch und Sachunterricht sowie - die schriftliche Dokumentation ihrer Ergebnisse in Form von Arbeitsplänen 1
Das Lernhauses Mathematik Das Lernhaus für das Fach Mathematik ist auf der Grundlage der aktuellen Richtlinien und Lehrpläne des Landes NRW konzipiert worden. Außerdem bezieht sich das Lernhaus Mathematik auf das in unserer Schule angewandte Lehrwerk Das Zahlenbuch. Ziel dieses Lernhauses ist es, dass die Bereiche des Faches Mathematik (Arithmetik, Geometrie und Sachrechnen) für alle vier Schuljahre den Kinder transparent gemacht werden sollen. In dem Lernhaus sind sowohl viele grafische Abbildungen als auch die dazugehörigen mathematischen Erklärungen enthalten. Es wurde dabei besonders Wert darauf gelegt, dass die Texte und Bilder für die Kinder verständlich sind. Alle Schülerinnen und Schüler verfügen über unterschiedliche Lernvorausetzungen und Lernmöglichkeiten in Mathematik. Daher ist es von besonderer Wichtigkeit, dass die Kinder bei ihrem individuellen Lernen auf eigenen Wegen unterstützt werden. Das Lernhaus Mathematik bietet den Schülerinnen und Schülern vielfältige Möglichkeiten dort weiter zu lernen, wo sie gerade stehen. Sie können mit Hilfe des Lernhauses ihre bereits erworbenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse nachvollziehen und ihr weiteres Lernen selbstständig und individuell weiterentwickeln. Außerdem können sich die Kinder über die Bereiche des Mathematikunterrichtes austauschen und gemeinsame Planungen entwickeln. 2
Die Arbeitspläne Neben frei gewählten Aufgabenschwerpunkten aus den Lernhäusern und eigenen Übungen arbeiten die Kinder an ihren monatlichen Pflichtaufgaben. Auf diesem Wege sollen die verbindlichen Anforderungen des Lehrplans berücksichtigt und Grundlagen zur Überprüfung der Leistungen geschaffen werden. Im Folgenden sind Beispiele für Arbeitspläne aus den vier Jahrgangsstufen abgebildet. 3
Vorwissen erfassen sinnvolle Lernschritte planen Selbstständigkeit stärken Wissen überprüfen Da Leistungsstände der Schülerinnen und Schüler sehr unterschiedlich sind und man auch bei Kindern des selben Jahrgangs bei der Einführung eines neuen Themas nicht davon ausgehen kann, dass alle bei Null anfangen, hat sich das Kollegium vorgenommen, vor der Einführung umfangreicher, vermeintlich neuer Themen die bereits bei den Kindern vorhandenen Kompetenzen zu ermitteln. So wird z. B. im Rahmen eines Schnupper-Nachmittags, zu dem die zukünftigen Erstklässler eingeladen sind, mittels eines kleinen Zahlenheftes! ermittelt, mit welchen mathematischen Kompetenzen das einzelne Kind zur Schule kommen wird. Die Kolleginnen und Kollegen können sich dann anhand der Auswertung viel gezielter auf den Mathematikunterricht der ersten Wochen zu Schuljahresbeginn vorbereiten und am tatsächlichen Vorwissen der Kinder anknüpfen. 1 4 5 2 6 3 2 Beispielseiten aus dem Zahlenheft. Auftrag zur linken Seite: Verbinde die Würfelbilder mit den Zahlen. Auftrag zur rechten Seite: Wie viele Dinge zählst du? Schreibe die Zahl in den Kreis. Zudem wird den Kindern durch den Einsatz eines Zahlenalbums direkt zu Beginn des ersten Schuljahres im Sinne einer natürlichen Differenzierung ein großer Freiraum gewährt. Die individuellen Vorkenntnisse sind Ausgangspunkt des Lernens, das Vorwissen wird nicht durch eine gleichförmige, gestufte Bearbeitung unterdrückt. Zugleich erhält die Lehrerin bzw. der Lehrer weitere Informationen über das Können jedes einzelnen Kindes. 4
sieben 7 Beispiel einer Seite aus dem Zahlenalbum. Ein weiterer thematischer Bereich, bei dem mittels eines Fragebogens der Wissensstand der Kinder ermittelt wird, ist die Zahlenraumerweiterung. Um die Schülerinnen und Schüler optimal zu fördern und zu fordern, werden sie noch vor der Aufnahme des Themas in die Monatspläne gebeten, sich an folgenden Aufgaben zu versuchen. Beispiel eines Fragebogens für Zweitklässler. 5
Nach der Auswertung wird mit den Kindern im gemeinsamen oder individuellen Gespräch überlegt, was sie bereits gut können, was sie noch lernen müssen und wie sie sich diesen Stoff im Laufe der nächsten Wochen mittels der Bearbeitung der vielfältigen Angebote zu diesem Thema selbstständig aneignen können. So kann sich jedes Kind seinen Arbeitsplan individuell zusammenstellen, wobei für Leistungsstarke weiterführende Angebote bereit stehen, sie sich aber auch mit anderen Themen befassen können. Am Ende der Übungseinheit wird mit einem neuen, aber sehr ähnlichen Fragebogen erfasst, was jede Schülerin / jeder Schüler nun kann. Im Vergleich mit dem ersten Fragebogen wird jedem Kind deutlich, was es dazu gelernt hat, ob es den notwendigen Lernstoff nun beherrscht oder woran es ggf. noch arbeiten muss.! Vgl.: Knapstein, K. / Spiegel, H.: Testaufgaben zur Erhebung arithmetischer Vorkenntnisse zu Beginn des 1. Schuljahres. In: Müller, G. N. / Wittmann, E. Ch. (Hrsg): Mit Kindern rechnen. (S. 65-73) Arbeitskreis Grundschule Der Grundschulverband e.v. Frankfurt am Main. 1995 6