FAQ zum Thema Natura Schutzgebietsausweisungen

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Transkript:

FAQ zum Thema Natura 2000- Schutzgebietsausweisungen 1. Was ist Natura 2000? Natura 2000 ist das von der Europäischen Union (EU) angestrebte größte ökologische Netzwerk von Schutzgebieten der Welt zur Erhaltung oder Wiederherstellung der biologischen Vielfalt. Aufgrund dieses Bestrebens wurden in den 90er Jahren die Länder aufgefordert, schützenswerte Gebiete und Lebensräume seltener Tier- und Pflanzenarten im jeweiligen Bundesland zu ermitteln und an die EU zu melden. Diese prüfte die übermittelten Daten und setzte die sogenannten Fauna-Flora-Habitat- Gebiete und Vogelschutzgebiete fest, die durch die von der EU erlassene FFH- Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie bis zur endgültigen Unterschutzstellung durch die zuständigen Naturschutzbehörden durch Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebietsverordnung vor erheblichen Veränderungen und Beeinträchtigungen (das sog. Verschlechterungsverbot) gesichert sind. Nach einigen Startschwierigkeiten in Bezug auf die abschließende Sicherung der Gebiete und nach einigen Aufforderungen durch die EU und Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens, hat sich Niedersachsen nun verpflichtet, die o.g. Gebiete bis spätestens Ende 2018 durch Schutzgebietsverordnungen zu sichern und zudem für jedes Gebiet bis 2020 Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen in einem sog. Maßnahmen- oder auch Managementplan festzulegen. 2. Was regelt die FFH-Richtlinie? Ziel der Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, kurz: FFH-Richtlinie) der EU ist die Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt. Diese umfasst die Vielfalt der Arten, die Vielfalt innerhalb der Arten (genetische Vielfalt) und die Vielfalt der Ökosysteme. Die FFH-Richtlinie leistet damit einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung und zur Bewahrung des gemeinschaftlichen Naturerbes. Sie gibt den EU- Mitgliedstaaten auf, besondere Schutzgebiete auszuweisen, um den günstigen Erhaltungszustand von natürlichen Lebensräumen und Arten von gemeinschaftlichem Interesse zu entwickeln, wiederherzustellen und/oder zu wahren. In Deutschland gehören z.b. Fischotter, Biber und Feldhamster sowie zahlreiche Fledermausarten wie die Teichfledermaus, das Große Mausohr oder die Bechsteinfledermaus zu den Arten von gemeinschaftlichem Interesse. Zu den Lebensräumen zählen u.a. Moore, Sümpfe, Heiden und Eichen-Buchenwälder. Oberstes Ziel ist Schaffung eines zusammenhängenden europäischen ökologischen Netzes von besonderen Schutzgebieten, den sog. Natura 2000-Schutzgebieten, siehe dazu Nr. 1. 3. Was regelt die Vogelschutz-Richtlinie? Die Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten oder auch

Vogelschutzrichtlinie ist ebenfalls Teil des Aufgabengebietes Natura 2000. Sie thematisiert den immer stärkeren Rückgang von Vogelbeständen und das daraus resultierende biologische Ungleichgewicht. Um die betroffenen Vogelarten und ihre Lebensräume effektiv schützen zu können, gilt es, durch die Ausweisung von Vogelschutzgebieten, den Erhalt, die Wiederherstellung sowie die Pflege einer ausreichenden Artenvielfalt und Flächengröße der Lebensräume zu sichern. 4. Was sind FFH-Lebensraumtypen? FFH-Lebensraumtypen (LRT) sind natürliche Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse. Es sind Oberbegriffe, welche eine bestimmte schützenswerte Art von Landschaft/Lebensraum beschreiben. Sie leiten sich aus bestimmten Biotoptypen ab. Die FFH-Richtlinie benennt insgesamt 231 LRT (Anhang I der FFH-Richtlinie). Die FFH-Richtlinie definiert sie als diejenigen Lebensräume, die: a) im Bereich ihres natürlichen Vorkommens vom Verschwinden bedroht sind oder b) infolge ihres Rückgangs oder aufgrund ihres an sich schon begrenzten Vorkommens ein geringes natürliches Verbreitungsgebiet haben oder c) typische Merkmale einer oder mehrerer von neun biogeographischen Regionen aufweisen (z.b. alpine und atlantische Regionen sowie Schwarzmeer- und Steppenregionen. Beispiele für LRT sind z.b. Riffe, Dünen, Eichenwälder, Heiden, natürliche und naturnahe Gewässer sowie Moore. Ist ein LRT als prioritär eingestuft, so ist dieser nicht nur gefährdet, sondern ist vom Verschwinden bedroht. Für diese kommt dem entsprechenden Land eine besondere Verantwortung zu. Für diese gelten besonders strenge Schutzvorschriften. Das gleiche gilt natürlich auch für besonders streng geschützte Arten des Anhanges II der FFH- Richtlinie, für die Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Beispielhaft sei hier genannt, dass aktuell für Deutschland 22 LRT und 17 Tier- und Pflanzenarten entsprechend eingestuft sind (Quelle: https://www.bfn.de, 26.05.2016). 5. Was ist das Verschlechterungsverbot und wann gilt es? Nach Art. 6 Abs. 2 bis 4 der FFH-Richtlinie gilt das sogenannte Verschlechterungsverbot (zu finden auch in Art. 13 der Vogelschutzrichtlinie). Das bedeutet, dass keine Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete an die EU gemeldet wurden und nun auszuweisen sind, eintreten darf (s. auch Frage Nr. 1). Das EU-Recht auf Bundesebene umgesetzt, findet sich das Verschlechterungsverbot auch im 33 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG): Alle Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000- Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen, sind unzulässig.

Das heißt, das Verschlechterungsverbot besteht bereits seit Jahren, also seit dem Zeitpunkt der Erklärung zum Natura 2000-Gebiet. Es besteht somit ein Schutz per Gesetz für jedes FFH- und Vogelschutzgebiet vor erheblichen Beeinträchtigungen, unabhängig von einer Schutzgebietsausweisung durch die unteren Naturschutzbehörden! Die anschließende Sicherung durch eine Verordnung konkretisiert somit das bestehende Verschlechterungsverbot durch speziell für das Gebiet angepasste Geund Verbote. Und hebt damit das pauschal umfassende Verschlechterungsverbot auf. 6. Wie und bis wann sind die FFH- und Vogelschutzgebiete zu sichern? Die rechtliche Sicherung der Gebiete hat nach den europäischen Vorgaben zu erfolgen. Das bedeutet, dass zur Sicherung, Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der im Gebiet vorkommenden schützenswerten Tierund Pflanzenwelt Schutzgebiete einzurichten sind, also eine sog. hoheitliche Sicherung durch eine Verordnung zu erfolgen hat, wobei vorrangig durch Naturschutzgebietsverordnung zu sichern ist. Die an die EU gemeldeten Gebiete hätten jedoch bereits bis spätestens Ende 2013 durch Schutzgebietsausweisungen entsprechend hoheitlich gesichert werden müssen. Letzte Sicherungsfrist für die erste gemeldete sog. Tranche von Gebieten an die EU war 2010, Frist für die letzte gemeldete Tranche war 2013 und damit die Frist, bis zu der alle Gebiete hätten hoheitlich gesichert werden müssen. Das daraufhin in 2014 von der EU eingeleitete Pilotverfahren (Vorstufe zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens, mögliche Folge: Vertragsverletzungsstrafe gegen die Bundesrepublik Deutschland) führte zu einer zwischen dem Nds. Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU) sowie dem Nds. Landkreistag (NLT) geschlossenen Zielvereinbarung vom 31.07.2014, die die unteren Naturschutzbehörden dazu auffordert, die hoheitliche Sicherung der FFH-Gebiete zeitnah, spätestens bis Ende 2018, abzuschließen, um die hohen finanziellen Folgen eines Vertragsverletzungsverfahrens zu verhindern. Zwischenzeitlich wurde das offizielle Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland von Seiten der EU eröffnet (Ausgang noch unbekannt), so dass es zum jetzigen Zeitpunkt umso wichtiger ist, regelmäßig die EU darüber in Kenntnis zu setzen, dass das Ziel Natura 2000 durch abgeschlossene hoheitliche Sicherungen deutlich voran getrieben wird. 7. Warum reicht ein Naturschutzvertrag oder eine andere freiwillige Vereinbarung nicht aus? Von der vorherigen Landesregierung (bis 2013) wurde der Vertragsnaturschutz als vorrangiges Sicherungsmittel für die Natura 2000- Gebiete empfohlen. Der europäische Gerichtshof hat jedoch in vielen seiner Entscheidung u.a. vom 25.11.1999 (vgl. EuGH, Rs. C 96/98) entschieden, dass ausschließlich eine dauerhafte Sicherung durch Schutzgebietsverordnung eine EU-konforme Sicherung darstellt. Es wurde weiter ausgeführt, dass der Vertragsnaturschutz zwar eine naturschutzgerechte Bewirtschaftung von Gebieten ermöglichen kann. Ein

ausreichend dauerhafter, unveränderbarer Schutz wird jedoch nicht gewährleistet (z.b. aufgrund von gesetzlich bedingter begrenzter Bindungsfristen, Generationswechseln etc.). Zudem kommt der vertraglichen Vereinbarung mangels ihrer Rechtswirkung gegenüber Dritten (Vertrag gilt nur zwischen zwei Parteien, nicht für unbeteiligte Außenstehende wie Bürger) ausschließlich eine den hoheitlichen Schutz durch Verordnung ergänzende Funktion zu, z. B. als Grundlage für zukünftige Pflege-, Entwicklungs- oder Wiederherstellungsmaßnahmen (s. hierzu auch Nds. Drucksache 17/1896 des Nds. Landtages). 8. Verletzt die Ausweisung eines Schutzgebietes das Privateigentum? Art. 14 Grundgesetz legt fest, dass der Gebrauch des Privateigentums auch dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll. Höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. z.b. BVerwG, Urteil vom 24.06.1993 7C 26.92 und Urteil vom 17.01.2000 6 BN 2.99) hat ebenfalls verdeutlicht, dass die Sicherung eines Gebietes durch Schutzgebietsverordnung durch die oben beschriebene Sozialbindung des Eigentums gedeckt ist. Auch eine aus dem Schutzzweck und den Schutzzielen der Verordnung (was gilt es zu schützen, zu entwickeln und wiederherzustellen, wozu/wem dient das Schutzgebiet) abgeleitete und zu dessen Erreichung notwendige Regelung/ Einschränkung von gegenwärtig ausgeübten Nutzungen ist, so lange diese Nutzungen weiterhin vom Grundsatz her zulässig sind, als Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums zu sehen und damit vom Eigentümer entschädigungslos hinzunehmen. Die Regelungen in der Verordnung konkretisieren letztendlich nur die o.g. Sozialbindung, die dem Grundstück aufgrund seiner Situationsgebundenheit ohnehin anhaftet. Eine Verordnung kann aber auch weitergehende Beschränkungen von rechtmäßig bestehenden Nutzungen festlegen, die dann einen Entschädigungsanspruch auslösen würden. Entsprechende Entschädigungsansprüche sind in den jeweils aktuellen Fassungen der Erschwernisausgleichsverordnung zu Grünland und Wald geregelt. 9. Was ist der Unterschied zwischen einem Landschaftsschutzgebiet und einem Naturschutzgebiet? Das Naturschutzgebiet stellt grundsätzlich den strengeren Gebietsschutz dar. Denn hier ist alles verboten, was nicht in der Verordnung freigestellt ist. Denn: Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind verboten (s. 23 BNatSchG). Es dient hauptsächlich der Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten oder aber es gewährleistet einen besonderen Schutz aufgrund der Seltenheit, besonderen Eigenart oder Schönheit des Gebietes und seiner Fauna und Flora. Sie können, aber müssen nicht, der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Meist wird die empfindliche Fauna und Flora durch ein Wegegebot geschützt. Dies ist je nach Einzelfall zu entscheiden. Zu berücksichtigen sind hier z.b. Aspekte wie Störungsempfindlichkeit der Arten und ihrer Lebensstätten, der im Gebiet vorhandenen Lebensraumtypen sowie Größe des Gebietes, Intensivität der vorhandenen Nutzungen etc.

Ein Landschaftsschutzgebiet soll insbesondere auch dem Naturgenuss und der Erholung des Menschen dienen. Aber auch hier gilt es einen besonderen Schutz von Natur und Landschaft zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten zu erzielen (s. 26 BNatSchG) Grundsätzlich ist hier aber alles erlaubt, was nicht in der Verordnung verboten ist oder z.b. einer Erlaubnis bedarf. Die Wahl der Schutzkategorie liegt im Ermessen der unteren Naturschutzbehörden. Es muss jedoch immer gewährleistet sein, dass die EU-rechtlichen Ziele erreicht und die Wahl des Sicherungsinstruments einen günstigen Erhaltungszustand der im Gebiet vorkommenden Arten und Lebensräume auf Dauer sicherstellt. 10. Was ist ein günstiger Erhaltungszustand? Unter dem Erhalt und der Wiederherstellung der mit Natura 2000 bezweckten biologischen Vielfalt wird sowohl die Bewahrung als auch die Wiederherstellung eines "günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tierund Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse" verstanden. Der Erhaltungszustand für die Lebensraumtypen wird definiert als "die Gesamtheit der Einwirkungen, die den betreffenden Lebensraum und die darin vorkommenden charakteristischen Arten beeinflussen und die sich langfristig auf seine natürliche Verbreitung, seine Struktur und seine Funktionen sowie das Überleben seiner charakteristischen Arten auswirken können" (s. Art. 1 e FFH-Richtlinie). Analog definiert Artikel 1 i der Richtlinie den Erhaltungszustand für die Arten als "Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten auswirken können". Einerseits sind abiotische (z. B. Klima, Wasserhaushalt, Böden) und biotische Faktoren (z. B. Vorkommen und bestehende Konkurrenzen zwischen den Arten) zu betrachten. Andererseits sind die direkten und indirekten Einflüsse des menschlichen Wirtschaftens zu berücksichtigen, sofern diese sich auf die Verbreitung und den Bestand der Lebensraumtypen und Arten auswirken. Günstig ist der Erhaltungszustand dann, wenn die Flächen und Populationen ausreichend groß sind, langfristig stabil bleiben oder sich ausdehnen und gleichzeitig keine Verschlechterungen bezüglich der qualitativen Ausstattung (Funktionen, Struktur, Lebensraumgröße) eintreten. Ein günstiger Erhaltungszustand entspricht somit einem geringen Gefährdungsgrad für das Schutzgut. Bundesweit wurden anhand bestimmter Kriterien einheitliche Bezeichnungen für die Bewertung des Erhaltungszustandes einer Art/eines Lebensraumtyps entwickelt. Ein hervorragender Erhaltungszustand ist der Kategorie A zugeordnet, Erhaltungszustand B bezeichnet einen guten Erhaltungszustand und C einen mittleren bis schlechten Erhaltungszustand. Die Kategorien A und B entsprechen hierbei dem anzustrebenden günstigen Erhaltungszustand.

11. Was ist ein Maßnahmen- bzw. Managementplan? Für die Natura 2000- Gebiete haben die unteren Naturschutzbehörden geeignete und notwendige Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, die sich an den individuellen Erhaltungs- und Entwicklungszielen für jedes Gebiet orientieren, festzulegen. Ziel ist es, den günstigen Erhaltungszustand herzustellen bzw. zu erhalten und weiterzuentwickeln. Maßnahmen können hierbei rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art sein (s. Art. 6 Abs. 1 FFH-Richtlinie). Diese Konzepte nennt man Maßnahmen- oder auch Managementpläne. Deutschland hat sich verpflichtet, diese Pläne bis 2020 für alle Natura 2000-Gebiete aufzustellen. In Zukunft kommt es somit darauf an, den Schutz der biologischen Vielfalt durch ein geeignetes und effektives Management und Monitoring (Durchführung von Maßnahmen, Erfolgskontrollen, Überwachung, Berücksichtigung von Entwicklungen etc.) der Gebiete in der Praxis zu etablieren. 12. Welche Möglichkeiten habe ich als Bürger mich in den Ausweisungsprozess eines Schutzgebietes mit einzubringen? Hier gilt es zwei Intensitäten von Betroffenheit zu unterscheiden. Sind Sie Betroffener aufgrund von Eigentum im geplanten Schutzgebiet oder eines Pacht- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses, so sind Sie direkt von der Schutzgebietsausweisung betroffen. Vor Einleitung des offiziellen Auslegungs- und Beteiligungsverfahren strebt der Landkreis Nienburg als untere Naturschutzbehörde, über die gesetzlich festgelegten Erfordernisse hinaus, bei Ausweisungen Gespräche oder Informationstermine mit Betroffenen (mindestens mit den Hauptinteressensgruppen) an, um bereits im Vorfeld Hinweise, Ängste oder Einwände aufzunehmen und zu prüfen. Ziel soll es sein, bereits frühst-möglich Bedenken abzubauen und die unterschiedlichsten Interessen aufzunehmen, abzuwägen und ggf. im Verordnungsentwurf zu berücksichtigen. Schlussendlich besteht aber auch im Auslegungsverfahren (alle Unterlagen werden nach vorheriger Bekanntmachung in der örtlichen Presse einen Monat bei der Gemeinde, deren Gebiet betroffen ist und beim Landkreis Nienburg ausgelegt) die Möglichkeit eine Stellung-nahme abzugeben. Während des Auslegungsverfahrens hat zudem jedermann, ob nun ortsansässig, direkt betroffen oder nicht, die Möglichkeit eine Stellungnahme innerhalb der o.g. Monatsfrist einzureichen. 12. Welches Gewicht haben eingereichte Stellungnahmen im Rahmen des Auslegungsverfahrens? Jede Stellungnahme wird ausgewertet, geprüft, schriftlich abgewogen und ggf. in die Verordnung, die Begründung zur Verordnung oder in die Verordnungskarte eingearbeitet. Das Ergebnis des Auslegungs- und Beteiligungsverfahrens wird dem Ausschuss für Landschaftspflege, Natur und Umwelt (ALNU) schriftlich mit sämtlichen Stellungnahmen sowie deren Abwägungen/Auswertungen zum Beschluss vorgelegt. Anschließend wird die Abwägung auch auf der Internetseite des Landkreises unter dem Menüpunkt Politik und Verwaltung/Politik/Kreistag/Kreistag online veröffentlicht, so dass jedermann einsehen kann, wie mit seiner Stellungnahme verfahren wurde und ob/wie diese im Verordnungsentwurf Berücksichtigung gefunden hat. Haben Sie weitere Fragen? Gerne können Sie sich per E-Mail unter natur@kreis-ni.de oder telefonisch unter 05021/967 875 an das Team des Fachdienstes Naturschutz wenden.